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Nr. 573 Sonnabend, den S. November Havpischristletter: Dr. Sverlh, Leipzig Derlpg: Dr. Reinhold L To.» Leipzig 1V18 Abdankung des Kaisers Verzicht des Kronprinzen — Wahlen zur Konstituante Berlin, V. November. (Drahtbericht.) Amtlich wird gemeldet: Der Kaiser und König hat sich entschlossen, dem Throne z« entsagen. Der Reichs kanzler bleibt noch so lange im Amte, bis die mit der Abdankung des Kaisers, dem Lhronverzicht des Kronprinzen und der Einsetzung der Regentschaft verbundenen Fragen geregelt find. Er beabsichtigt, dem Regenten die Ernennung des Abg. Eösrt zum Reichs kanzler nnd die Vorlage eines Gesetzentwurfes wegen Lee sofortigen Aus.chrerbung allge meiner Wahlen für eine verfassunggebende NatiorraLversammlung vorzu chlagen, der es obliegen würde, die künftige Staatsform des deutschen Volkes ein.chiretzlrch der Volks teile, die ihren E ntritt in die Reichsgrenzen wünschen sollten, endgültig sestzustellen. Berlin, den S. Novomber 1V18. Der Reichskanzler. Max, Prinz von Baden. Köln, S. November. (Eigener Drahtbericht.) Lauk ^öla. Ztg.' Hal die Kaiserfrage insofern eine Klärung erfahren, elS nunmehr von allen MehrheilSparleieu der Riick- lrlll des Kaisers als notwendig erkannt worden ist. Dem Reichstag ist bereits Mitteilung davon gemacht worden, daß das Oberkommando in den Marken zur Verhütung eines Streiks in den Borsigwerken der Direktion dieser Werke mitgeieilt habe, der Rücktritt des Kaisers sei bereits erfolgt. Berlin, S. November. (Eigener Drahtbericht.) Aus zuverlässiger Quelle erfahren wir, daß die Aeichsregle- Der Umschwung in Berlin Beide sozialdemokratischen Parteien bilden den Arbeiter- und SoldatL-rat. — Generalstreik. <D Berlin, S. November. (Eigener Drahtbericht.) Der „Vorwärts" verbreitet folgendes Extrablatt: Der Arbeiler- und Soldatenrat von Berlin Hai den Generalstreik be schulen. Alle Betriebe stehen still. Die notwendige Versorgung der Bevölkerung wird aufrechkerhalten. Ein grofzer Teil der Garnison hat sich in geschloffenen Truppenkörpern mit aschinengewehren und Geschliffen dem Arbeiter- und Soldatenrat zur Verfügung gestellt. Die Bewegung wird gemein schaftlich geleitet von der sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der unabhängigen so zialdemokratischen Partei Deutschlands. Ar beiter, Soldaten, sorgt für Aufrechterhaltung der Ruhe und Ord nung. Es lebe die Sozialrepnblik. Der Arbeiter- und Soldatenrat. Die neuen Gewalten in Dresden «td. Dresden, 9. November. (Drahtbericht.) Mit dem gestrigen Abend ist die Leitung der gesamten Geschäfte der Gar nison Dresden la die Hände des provisorischen Sol daten- und Arbeiterrates übergegangen. Sämtliche Militär- und Zivilbehörden arbeiten in ihrer bisherigen Zusammen setzung weiter unter der Leitung und Aussicht des provisorischen Soldaten- und ArbeiterrateS. Dagegen verpflichtet sich der provisorische Soldaten- und Ar beiterrat, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln Ausschrei tungen und Plünderungen sowie jedes Vergehen gegen die öffent liche Ordnung zu verhindern. Das Privateigentum und die per sönlich« Freiheit werden unter allen Umständen gewahrt werden. 2m Interest« der baldigen Wiederherstellung geordneter Verhält nisse hat sich Hauptmann Thlerlg vom stellv. Generytirc^m^ndo ' bl reit erklärt, la de» Soldatenrat elnzulreten. Die Bewegung im Reiche Stuttgart, 8. November. (Elg. Draht der.) Die Stutt garter Arbeiterschaft hat für heute -rotze Versammlungen auf dem Plötzener Platz einberuseu mit der Tagesordnung: eine würllem- bergische Republik. Der König soll gezwungen werde», abzudaukeu. Seil d«» Morgenstunden strömen lausende von Personen nach dem Schlohplatz zusammen, wo die Versammlungen flatlfind.n. Die meisten Fabriken and Betriebe sind geschloffen. Der .Schwäbisch« Merkur' Kaan Henle nicht erscheinen. Magdeburg, 9. November. (Elg. Drahtbericht.) Die gesamte Garaisoa Magdeburg hat sich dem Ar beit er- und Soldatenrat angeschlossen. Das Gene ralkommando billigt« di« 15 Forderungen des öoldatenrates. Sämtlich« Behörden habe« sich dem Soldatenrate zur Verfügung gestellt. Unter der Leitung des Nates, in dem sich di« Unabhängi gen Sozialdemokraten vereinigen, ist Magdeburg vollstän dig ruhig. Hild«Sheim, S. November. (Eig. Drahtbericht.) Hier hak gestern «in Soldatenrat die Mil'körgewatt übernommen. Die Arrestanten wurden besrelk. Die öffentlichen A«nt« versehen »hren Dienst unter der Kontrolle d«S Soldatenrates welker. Brest«, 8. November. (Etg. vra-lberl cht.) Seit gestern Wlvag zeigen sich tu d« Strotzen and t» do, Lokal« «stallend viel« rung dem Kaiser den Thronverzlcht in Gemäßheit des Schelde- manuschen Antrages nahezulegen nahezu einstimmig de- schloffen hak, und zwar mit allen gegen eine Stimme. Rücktritt Les Oberkommandierender» in de« Marken vib. Berlin, 8. November. (Drahtbericht.) Der Ober kommandierende in den Marken, Generaloberst von Linsin- gen, Hal sein Abschiedsgesuch eingerelchl. Matrosen, die mau sonst hler fast gar nicht steht. Dir zur Stunde herrscht j<t>och in L«r Stadt Ruh«. Heute mW morgen finden Versamm lungen der Arbeiter stakt. Düsseldorf» v. November. (Elg. Drahtbericht.) Gestern nachmittag lrofcn vier Abordnungen der Coldatenrüle aus Kiel und Hannover ein nnd besetzten sofort die BahnhosS Kommandantur und die Hauptpost. Den Soldaten und Ossizisren wurden die Waffen a'ogenommcn. Die Polizei begann Verhandlungen mit den Unabhängigen. Bis zürn Abend war in allen Bezirken und Strotzen die Ruh« nirgends gestört worden. Die Ereignisse in Düffeldors machen den Eindruck, als ob nach einem bis ins einzelne vorbereiteten Plane ge arbeitet würde. Frankfurt, 9. November. (Elg. Drahtbericht.) Nach einer Meldung au< Nürnberg von Mitternacht ist in Nürnberg der Soldaten- und Ardeiterrat konstituiert und hat die ösfcnt- liche Gewalt übernommen. Seit Mitternacht sind die telephonische» Verbindungen mit Nürnberg unlerbrochen. Oldenburg, 9. November. (Elg. Drahtbericht.) Das Mini sterium hak g-cstern abend seine Demission gegeben. Ans dem Residenz, schlotz röchle früh, wie die «Oldrnburger Nachrichten' für Stadl und ^c^en, die rote Fahne. Auf dem Palais, in welchem sich der Wohnsitz des Grotzherzogs befindet, wurde die rote Fahne dagegen in uer d. ^'.orgcnsiu.ide wieder herunlergeholt. Die Lage in der Residenz- stadt ist ruhig. Danzig, 9. November. (Gig. Drahtbericht.) Ans dem Marlneflugplatz Butz g hat sich ein Soldaten- und Arbeiter rat gebildet und dem Kommandanten Forderungen in der Form von Wünschen unterbreitet. Daraufhin hat eine Abteilung des Soldaten rates die Station Rheda an der Bahn nach Stettin beseht und den Zugverkehr Danzig—Stettin behindert. Nach der Erfüllung der For derungen durch L-cn Komandanken in Duhig wurde die Abtretung der Dahn wieder zurückgenommen. Flugblätter In der Stadt zeigen das bevorstehende Eintreffen von Torpedobooten der roten Flotte in der Danziger Bucht an. MarinerMe in Marseille und Le Havre Genf, 9. November. (Eigener Drahtbericht.) Dle Pariser «Humanist" bring! am Mittwoch eine kurze Notiz über Ün'ruhen in Marseille «und Le Havre. In beiden Städten wurde ein Marinerat gebildet. Der weitere Bericht der «Humanist" über die Vorgänge ist von der Zensur gestrichen. Der Bolschewismus in England Basel, 9. November. (Eigener Drahtberlchk.) „Morning Post" und „Daily Telegraph' machen die Regierung erneuk auf den um sich greifenden Bolschewismus in den Ländern der Mittelmächte und im Osten aufmerksam. Massnahmen der Regierung sollen die Gefahr, die seht den ge samten Kontinent, sowie die britischen Inseln bedroht, beschwören. Es verlautet, in einzelnen britischen Hafenstädten haben die Matrosen Sympathiekundgebungen zu gunsten der fortschreitenden Bolschcwistenbewegung veranstaltet. In einigen Industriestädten Mittelengtands sanden Kundgebungen der Arbeiter für die Botschewifienrevolotion statt. Der Kurier mit den Wassenfiillftandsbedingungen wtb. Berlin, 9. November. (Amtlich.) Der mit der Ucber- bringung der Wafsenstillstandsbedingungen beauftragte Kurier funkte nachts durch den Eiffelturm, daff er die Linien nicht passieren könne, da die Deutschen das Feuer noch nicht ein gestellt hätten. Zu dieser Annahme wurde er anscheinend durch den Umstand veranlaht, daff deutscherseits ein Munitionsdepot in Brand geraten war und mit fortgesehtrn Detonationen in die Luft flog. Der Kurier wurde durch Funkspruch hierüber aufge klärt und erhielt die Anweisung, sofort die Linien zu überschreiten. Das Eintreffen der WassenfiillstandSbedingrmgen tn Berlin kann stündlich erwartet werden. Die Bewegung in Leipzig Das Slraffenbild war heute von früh an infolge des Aus landes ungewöhnlich belebt, und an einzelnen Stellen sammelten ich auch größere Massen, so zum Beispiel an» Nathause, doch wurde >ie Ruhe anscheinend nirgends gestört. Allerdings ist nicht zu ver kennen, datz es keine leichte Aufgabe sein wird, überall die Ordnung auf der Straffe aufrcchlzuerhalten. Die Aufgabe des Soldaten» raies ist nicht klein, und wenn er auch Patrouillen genug zur Verfügung hat, so ward es doch der Selbstbeherrschung des Puoli-, kums selber bedürfen, sich von aller Aufregung und Sensations gier fern zn halten. Dies gilt namentlich auch von der weiblichen Tugend, die gestern abend einigermaßen tn Unfugsstimmung zu sein schien; wenn Ausschreitungen von Soldaten ihr gegenüber vorkommen, so wird das zum großen Teil an ihr selber liegen denn es sicht in ihrer Macht, sich namenllich abends von der Straffe fern zu halten. Ganz allgemein kann man vielleicht aussprech«», daß wenigstens gestern noch ein TeU des Bürgertmns die ganz« Angelegenheit mehr wie ein Schauspiel und eine Unterhaltung an-' ! gesehen hat. Demgegenüber Kanu man nur raten, den Ernst d« ! Sach« nicht zu verkennen und über -er äußeren Sicherheit, mH ' der sich der Umschwung vollzogen hat, nicht die Gefahren zu über sehen, deren sich die Leiter der Bewegung zweifellos selber bewußt find. Wir stehen erst am Anfänge der Bewegung und wissen noch nicht, wohin sie führt, wissen auch nicht, ob vielleicht einmal Llv- : mente die Oberhand gewinnen könnten, die nicht, wie die jetzige - Leitung es bisher tut, den Willen und die Kraft zeigt, die wegung zu zügeln. Jetzt kann jeder einzelne durch sein Verhalten dazu beitragen, daß -er ordnungsgemäße Verlaus gewahrt blelbL ' und daß alle Aehnllchkeiten mit russischen Uebertreibungen zwo Ausschreitungen vermieden bleiben. Es liegt ans nichts ferner, als das Bürgertum grusevg « machen; wir haben bereits gestern vor der Panik gewarnt, dw aus der Sorge vor unmittelbarer Bedrohung d«S Privateigentums entstehen könnte. Wie weit Befürchtungen vor späteren, aus planmäßigen Beschlüssen der neuen Machthaber beruhenden Ein griffen in da- Privateigentum berechtigt stich, läßt sich augenblick lich naiürlich nicht übersehen. Ohne weiteres ist aber anzunehmen, daff die Leiter der Umwälzung aus den Feytern der russischen Revolution g«l«rnt haben werden; und es ist ferner nicht zu ver gessen, daß es Deutsche sind, die die Führung in der Han- haben, und wrder indolente Slawen noch aufgeregte Romanen. Sie werden sich selber sagen, daß eine Politik, dle nur die Interesse» des Proletariats lm Auge hat, schließlich bloS mit äußerster Ge walt aufrecht zu erhalten wäre, und sie haben ta versichert, -atz ihnen Gewalt so fern wie möglich liegt und daß sie sie verab scheuen. Man hat ja auch nirgends die Soldatenräte le-Iglich aoS Manschaften zusammengesetzt, sondern auch Offiziere, und zwar höhere Offiziere hineingenommen, tn der Einsicht, daß man ihre Er fahrung und auch ihr entsprechendens Auftreten doch innerhalb -er neuen Formen brauchen und kaum entbehren könne. Man ver meidet es anscheinend auch, das Bürgertum unnötig zu reizen, man zieht zum Beispiel auf den öffentlichen Gebäuden, die man beseht hat, wenigstens bisher, nicht rote Fahnen auf, wie ja auch im Inneren der Gebäude die bisherigen Behörden weiterarbeiten. Im übrigen kann es vielleicht von Nutzen se»n, darauf auf merksam zu machen, daß nicht so ganz junge Leute auf -ei» Straßen mit umgehängker Schußwaffe im Dienst gehalten werden möchten; man hat bisweilen ein Gefühl d<r Unsicherheit, ob sie auch zuverlässig genug mit der Waffe umzugehen verstehen, und jeder Mißgriff müffle ja bei dem besonders starken Personenverkehr besonders verhängnisvoll werden. Auch konnte man von älteren Mannschaften, die entwaffnet worden waren, und im Grunde nichts dagegen hatten, vielfach hören, daß e§ sic nicht gerade mit Zufriedenheit erfüllte, von allersüngsten Milchbärten, die vielleicht niemals ein Stück Front gesehen hätten, ihrer Abzeichen ent kleidet zu werden. Man sollte annehmen, daß sich hierin leicht Wandel schaffen ließe. * Dle Hauptverkehrsstraßen boten heute ein besonders bewegtes Bild, namentlich im Süden, wo sich das .Volk sh aus' be findet. Vor dem Gebäude standen starke Militärpatrouillen geschultertem Gewehr, außerdem strömten große Arbelkermaffe» ab und zu. Di« ganze Zeiher Straffe war dicht gedrängt voll Menschen; in den Zügen, die von der inneren Stadt and de» Königsplahe herströmten, befanden sich namentlich viel« jugend liche Arbeiterinnen, die reihenweise untergefaht gingen. Die Straßenbahnen auf denen mehrfach Soldaten mit roten Fahne» sichtbar waren, verkehrten, doch wurden sie hier und da abgesucht nach Militär, dos .umgeschnallt' hatte. Das war wohl nur noch ausnahmsweise der Fall, denn längst hatten alle Soldaten Gart und Koppel abgegeben. Nirgends sah man Kokarden an de» Mühen. Die Menge bewahrte überall Ruhe. — Von anderer Seite wird uns noch milgeteilt, daß in den einzelnen Versamm- lungsstätken Redner kurze Ansprachen hielten, die überall in et» Hoch auf die neue Republik ausklangen. Hoch oben auf dem Siegesdenkmal hielt ein mit rotem Abzeichen geschmückter Soldat eine gelbe Fahne, in deren Mitte eine große rote 8 sich befand; während auf dem unteren Podest ein Zivilist eine An sprache an die Menge richtete und bei den Ausführungen über die große kommende Zeit stürmischen Beifall erzielte. Viele Ge schäfte Haden geschloffen. Südslawische Mobilmachung gegen Stallen Wie», 9. November. (Von unserem Mllardelt«»z lieber Laidach find hl«r Meldangea elngetrossen, d«»e« -»folg» die Regierung des »«»«» südslawisch«« Staates dl« Mobilmachung „ge ordnet bat. Sle ««»bet sich gegen Ralle» «ch d«e» AvfpeSch« M 3 fiele» «ch DalnKÜ«. — — — ——' t