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Zrlm >»t«k * Ll.r '/,io » 'S r ügen «« Nr 76 1918 Montag, den 11. Februar Der Friedensvertrag mit der Ukraine wir ß itvui. ikuo. Zur Verständigung über die Kriegsziele Im Zusammenhänge ml! den Aufsätzen der Herren Prof. Goetz und Fabrikbesitzer Graf geht uns die folgende Zuschrift aus Leipzig zu, die uns vieles Beachtenswerte zu enthalten scheint. Schrlftlcttung des «L. T." Wer wirklich .kriegszielbewußt', wahrhaft deutsch und wahr- haft vaterländisch handeln will, der trete ein für die grund sätzlichen Kriegsziele, in denen alle Deutschen einig sind: für die Unverletzlichkeit unseres Vaterlandes und für die not wendige Sicherung feiner Grenzen für die Zukunft; für unser Selbsibestimmungsrecht im Innern, unter Zurückweisung aller wohl oder übel gemeinten Ratschläge Außenstehender; für die unbedingte Sicherung unserer freien und unbeschränkten wirtschaftlichen Be- läkigung in der Welt, für die Wiedergewinnung eines ausreichen den Kolonialbesitzes insbesondere. Im übrigen bedenke er, wenn er Kriegsziele im einzelnen aufftellt, daß er kein Fachmann in Heer- und Flotkenwesen, in Wirtschaft und Politik ist, oder wenigstens nicht in allem zugleich. Er halte darum nicht ohne weiteres andere für dumm oder be schränkt, die nicht seiner Meinung sind, namentlich die Regierung. Er überlege, daß er nicht weih, was durchsetzbar ist und welche Gegenwirkungen bestehen. Darum halte er die Regierung nicht ohne weiteres für schwächlich, wenn sie nicht die Verwirk lichung seiner Kriegsziele anstrebt. Er bedenke namentlich auch, daß die Regierung niemals sagen kann, daß und warum etwas nicht durchführbar ist, und er schließe darum nicht aus dem Schweigen der Regierung, daß er recht habe gegen sie. Er denke nicht, daß übertriebene Forderungen nichts schaden und daß sich schon von selbst nur da- Mögliche davon verwirklichen werde. Ileberkriebene Forderungen gefährden die innere Einheit,-die das Wichtigste für uns ist. Denn fe weikergehend die Forderungen sind, desto mehr müssen sie natur gemäß auseinander gehen und darum um so stärker aus- einqndert r e i b e n. Uebertriebene Forderungen erschweren deshalb die Stellung der Regierung, soweit sie für die innere Einheit besorgt sein muß, was um so schwieriger für sie wird, je stärker die Meinungen auseinanderstreben. Dos aber wieder schwächt auch die Stellung der Regierung nachauhen, weil sie um so schwächer erscheint, je weniger fest und einheitlich das Fundament im Innern ist. Auch übertriebene Forderungen wirken darum kriegsverlängernd. Es ist nicht schwächlich, sich klar zu werden über die Grenzen dessen, was man erreichen kann und was von auch an sich Wünschbarem nicht. Es ist auch nicht schwächlich, die Stellung des Gegners richtig elnzuschähen und die von ihm errungenen Vor teile. Es ist auch nicht zu rechtfertigen, mit Forderungen, an deren Durchführbarkeit man fehlst nicht glaubt, sich und anderen Mut machen zu wollen. Wir Deutschen brauchen uns vor ernster Sclbstprüfung nicht zu scheuen, und wir brauchen keine bewußte Selbsttäuschung. Der Deutsche hat stets sein Bestes getan angesichts ernster Notwendigkeiten. Man denke nur an Friedrich den Großen und an Preußens Erhebung 18V6—13. Das bittere Ende aber leichtsinniger oder gar bewußter Selbst täuschung käme doch nach. Denn nicht nur für die Kriegszeit, deren Dauer wir nicht kennen, sondern auch für die Zeit nach dem Kriege brauchen wir alle Kräfte zu entschlossener hingebender Tat, die keine schmerzlich« Enttäuschung hemmen darf, und kein noch schmerzlicheres Erwachen aus bewußt genährtem Traume über großer Kraft. Alles nicht von ernster Wahrhaftigkeit getragene Verhalten ist darum nicht nur unsittlich, sondern auch unklug — wenn denn olle ethischen Erwägungen jetzt einmal als schwächlich gelten sollen. Uebertriebene Kriegsziele sind aber auch Undankbarkeit gegen unsere Feldgrauen. Sie werden der tatsächlich ungeheuren Leistung, daß wir durch ihre Kraft gegen eine Welt von Feinden uns haben behaupten können, nicht gerecht. Ls muß ihr Vertrauen zu sich und uns schwächen, wenn sie ihre Leistung oerark herabgesetzt sehen. Nicht kleingläubig ist es, ihnen nicht alles zuzutrauen, wohl aber ist es ein kindlicher und kein wirklich männlicher Standpunkt, zu verlangen, daß Mond und Sterne vom Himmel heruntergeholt werden. Selbst wenn wir übertriebene und unnötige Forderungen durch setzen könnten, so wäre auch das unklug. Denn vor allem muh uns an der Wiedergewinnung der Freiheit der wirtschaft lichen Betätigung liegen, diese ist aber nur möglich in einer Atmosphäre gegenseitiger Verständigung. Das weiß icder einzelne aus seiner eigenen Erfahrung im geschäftlichen Leben. Vir zerstören ober diese Verständigung durch unnötige Forde rungen, nicht allein bet den Betroffenen selbst, sondern auch bei den anderen. Wir konnten wohl nach 1870 ein Volk in solcher Stimmung gegen uns ertragen — eineWeltin solcher Stimmung gegen uns zu haben, das ist, wenn wir mit dieser Welt wieder in wirtschaftlichen Verkehr treten wollen, unmöglich. Man denke endlich auch ja nicht, daß, je mehr wir den Mund voll nehmen, den Gegner um so bänger wird. Lasten w i r uns denn durch Lloyd Georges Reden einschüchkern?! Richt Worte, sondern Taten entscheiden. Der deutsche Heeresbericht Amtlich. Großes Hauptquartier, 10. Februar. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. An einzelnen Stellen der Front Arlilleriekampf. In Erkundungsgefechten wurden nahe der Küste Belgier und Franzosen, nordöstlich von Ppern sowie zwischen Lambrai und St. Quentin Engländer gefangen. Heeresgruppen Deutscher Kronprinz und Herzog Albrecht Im Maas-Gebiet, bederfeiks der Mosel und tu einzelnen Abschnitten nordöstlich und östlich von Nancy erhöhte Tätigkeit des Feindes. Französische Erkundungs abteilungen drangen in der S e l l e - Niederung vorübergehend in unsere Linien bei Allendorf ein; in der Gegend westlich von Blamont wurden sie vor unseren Hindernissen obgewiesea. Von den anderen Kriegsschauplätzen nichts Neues. Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff. (W. T. B.) Das Voiffsche Bureau meldet amtlich: Berlin, 10. Februar, abends. Von den Kriegsschauplätzen nichts Neues. Oesterreichisch-urrqarischer Heeresbericht Wien, 10. Februar. Amtlich wird mitgekeili: Auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden und östlich der Brenta lebhafte Artillerietättgkeit. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. Die NKLerzeichnmkg des Friedens >vtb. Bresk-Llowsk, 10. Februar. (Drahkbericht.) Bel Eintritt der letzten Verhandlungspause konnte bekanntgegeben werden, daß die Grundlagen für den Abschluß eines Friedens zwischen dem Vierbund und der Ukrainischen Volksrepublik gesunden seien. Seit Rückkehr der Delegationen nach Brest- Litowsk war auf diesen Grundlagen weiter verhandelt worden. Dank energischer, unermüdlicher Arbeit aller Kommissionen und dank dem Geiste der Versöhnlichkeit und des Entgegenkommens, der alle Teile beseelte, war es im Laufe des gestrigen Tages ge lungen, eine Einigung in sämtlichen Punkten her- zustellen, so daß zur Schluyredakkion der Verträge und zu deren Unterzeichnung geschritten werden konnte. Die mit der Herstellung von fünf Dertragstexken verbundenen technischen Schwierigkeiten führten dazu, daß die feierliche Schlußsihüng und Unterferkigung erst in den ersten Morgenstunden deS 9. Februar möglich war. Staatssekretär von Kühlmaun eröffnete als Vorsitzender die Sitzung kurz vor 2 Uhr nachts mit folgender Ansprache: ,Meln< Herren! Niemand von Ihnen wird sich der historischen Bedeutung dieser Stunde verschließen könne», in der die Vertreter der vier verbündeten Mächte mit de« Vertretern der Ukrainischen Volks republik in diesem Saale zusammengekomme« sind, um de« ersten Frieden zu unterzeichn««, der in diesem Weltkriege zustande kommt. Daß dieser Friede unter zeichnet wird mit dem jungen Staatswesen, das auS den Stürmen des großen Krieges hervorgcgangen ist, gereicht den Vertretern der ver bündeten Delegationen zur besonderen Genugtuung. Möge der Friede der erste von einer Reihe segensreicher Friedensschlüsse sein, segensreich sowohl für die verbündeten Mächte, als auch für die Ukrainische VolkS- repnblik, für deren Zukunft wir alte die besten Wünsche hege«. Der Vorsitzende der ukrainischen Delegation, Herr Ssewrjuk, entgegnete: .Mit Freuden stellen wir fest, daß vom heutige« Tag« an d«r Friede beginnt zwischen dem Dierbund und der Ukraine. Allerdings waren wir hierher gereist in der Hoffnung, cs zu einem allgemei nen Frieden bringen zn können und ein Ende zu machen mit dem brudermordenden Kriege. Die politische Lage ist aber so, daß nicht alle Mächte sich hl«rzusammenge fanden haben, um einen allgemeinen Frieden zu unterzeichnen. Beseelt von der glühendsten Liebe zu uuserem Volke, uad in der Erkenntnis, daß dieser lang« Krieg die kulturellen und nationalen Kräfte unseres Volkes er schöpft Hal, müssen wir nunmehr alle Kraft darauf verwende« und dos unsere tun, um eine neue Zeit der Wiedergeburt herbei- zuführen. In der festen Ueberzeugang, daß wir diesen Frieden ab schließen in« Interesse unserer breiten demokrokischen Masten, und baß dieser Friede beitrage« wird zur allgemeinen Beendigung diese- großen Krieges, stellen wir gern fest, daß di« lange und zähe Arbeit, die hier in Brest-Litowsk geleistet wurde, von Erfolg gekrönt ist, und wir einen demokratischen »nd für beide Teile ehrenvollen Frieden erzielt haben. Vom heutigen Tage an tritt die Uknünischc Volks republik, zu einem neuen Leben geboren, als selbständiges Reich in den Kreis der Staaken ein. Sie stellt auf ihrer Front d:n Krieg ein und wird dafür Sorge tragen, daß all« Kräfte, die in ihr verborgen sind, zu neuem Leben erstehen und erblühen." Staatssekretär von Kühlmann lud sodann die bevollmächtigten Vertreter ein, zur Unterzeichnung des Friedensvertrnges zu schreiten. Um 1 Uhr 59 Minuten unterzeichnete Staatssekretär v. Kühl mann als Erster die für Deutschland bestimmte Ausfertigung deS Friedensvertroges. Um 2 Uhr 20 Mirmten waren sämtliche Unter schriften geleistet. Ser 3«W des Mdenrvertrazer Dl« Grenzen. — Keine Kriegsentfchädigang. — Aufnahme der Wirtschaftsbeziehungen. — Ratifikation des Vertrages. Brest-Litowsk. 10. Februar. <Drahtb«richt.j Die haupt sächlichsten Artikel des zwilchen den verbündete» Deutschland, Oestereich-Ungarn, Bulgarien und der Türkei einerseits »nd der Ukrainischen Volksrepublik andererseits abgeschlossenen Friedens- oerlrages siud folgend«: : Die Vertrogschtieheaden erkläre», daß der Keie-sr»sts»d Mischen ihnen beendet ist «ad Pa entschlossen ß»d, «Makea-d« f«ß— l« Frieden uud Frenndschaft zu leben. Zwischen Oesterreich- Ungarn einerseils und der Ukrainischen Volksrepublik andererseits werden jene Grenzen bestehen, die vor Autbrach des Krieges zwischen Oesterreich-Ungarn und Rußland be standen haben. Weiter nördlich werden die Grenzen nach den ethnographischen Verhältnissen uad unter Berück sichtigung der Wünsche der Bevölkerung festgesetzt werden. Die Räumung der besetzten Gebiet« wird unverzüglich nach der Ratifikation des gegenwärtigen Friedens vertrages äusgeaommen werden. Die Vertragschließenden verzich ten gegenseitig aus Ersatz ihrer Kriegskoslen sowie aus Ersatz der Krlegsschädea einschließlich der Requisitionen. Die beider seitigen Kriegsgefangenen werden in ihre Heimat oder ln das von ihnen gewünschte Land entlassen. Die Vertragschließenden verpflich te» sich, mtvmzüsltch Pi« Wirtschaftlichen Beziehungen a»- zotmipfeu. Bis zum LI. 3 «ll d. 3. ist der Austausch der UeLerschüffe der wichtigste« landwirtschaftliche« und industriellen Produkte nach fest gesetzten Besfimouwgen durchzoführen. Zu den wirtschaftlichen Bezieh«», gen zwischen den vertragschließenden Teilen sollen provisorisch bis zmn Abschluß eines endgültigen Handelsvertrages, jedenfalls aber bis zmn Ablauf von miadesteuS sechs Mouaten nach Abschluß des Friedens zwischen den Verbündeten einerseits und den zurzeit mit ihnen im Kriege befindlichen europäischen Staaten, den Vereinigten Staaten von Amerika und Japan aadererseits im allgemeinen die Bestimmungen des deutsch-russischen Handels- und EchiffahrlsverlrageS von 1894 1964 gelten. Für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und der Ukrainischen Volksrepublik gellen un allgemeinen di« Bestimmungen des österreichisch-ungarisch-russischen Handelsvertrages vom 17. Februar 1906. Im einzelnen sind die Bestimmungen analog den Abmachungen für das Dealsche Reich getroffen. Eine Kündigung der für die wirtschaft lichen Beziehungen getroffenen Abmachungen kann vom 30. Iuni 1919 au scchsmouatlich erfo'gen. Soweit die neutralen Staaten Warenlager haben, die aus. den verbündeten Ländern oder ans der Ukraine stam men, die mit der Verpflichtung belegt sind, daß sie nicht nach den Ge- dielen des anderen vertragschließenden Telles ausgeführl werden dürfen, sollen derartige Vcrfügungsbeschränkungen auf gehobren werden. Die Herstellung k'rr öffentlichen und privaten RechlSbeziehungen, der Austausch von K r l e g s g e s a n g e n « » und Zivilinlernierleu sowie die Frage der Behandlung der in die Gewalt des Gegners geratenen Handelsschiffe werden in Etnzelverträgen ge regelt. Die in diesen Friedensverträgeu getroffenen Vereinbarungen bilden ein unteilbares Ganze. Der gegenwärtige FriedenSverlrag wird ratifiziert werden, und die Ratifikationsurkunden sollen tun lichst bald in Wien ausgekauscht werben. Der FriedenSverlrag tritt, soweit darin nichts anderes bestimmt ist, mit seia « rRali - si Kation in Kraft. Eine Rede des Kaisers Homburg vor der Höhe, 10. Februar. lDrghfbericht.) Bei einer Huldigung, die aus Anlaß des Friedensschlusses mit der Ukraine di« Homburger dem Kaiser heute darbrachkcn, erwidert« der Kaiser aus eine Ansprache des Oberbürgermeisters mit folgende» Worten: .Mein« lieb,» Homburger! Ich danke Euch von ganzem Herzen für di« schlichte Feier und die warmen Worte, die Euer Stadlober- Haupt soeben zu mir gesprochen hak. Es sind schwere Zeiten über uns hingegaagen. Ein jeder hat seine Lost zu trogen gehabt, Sorge «nd Trauer, Kummer und Trübsal, doch nicht zum mindesten der, der seht vor Euch steht. In ihm vereinigten sich Sorge und Schmerz um einganzes Volkvnd sein Leid. In diesem selben Hose hab« ich damals im Iahre 1870/71 als kleiner Iunge di« Homburger stehen sehe., unter Führung vom alten Iacobi, als sie nach großen SiegeS- naä-richte» meiner seligen Frau Mutter ihre Huldigung darbrachlen. ei« Bild, das sich mir ewig in die Seele geprägt hat Ichhabeda- mals nicht geahnt, daß «S mir bestimmt sein sollt«, zar Er- Haltung dessen, was damals mein Großvater und mein seliger Vater errungen haben, Kämpfen zu müssen. Es Hot der Herr gott «ntschieden mit unserem deutschen Volk« noch etwas vor, des wegen hat er es in d » Schule genommen, und ein jeder ernsthaft und klar Denkende unter Luch wird mir zugebea, daß es notwendig war. Wir gingen ost falsche Wege. Der Herr hat u«s durch diese hart« Schale darauf hingewiesea, wo wir hin sollen. Z» gleicher Zeit ist die Welt aber nicht auf dem richvgei» Weg« gewesen, und wer die Geschichte versvtgt Hal, kann beobachten, wie es unser Herrgott mit einem Volke nach dem anderen versncht hat, di« Welt aus den richtigen Weg zu bringen. Den Völkern ist es nicht ge lungen. Dos Römische Reich ist versunken, da« Fränkisch« zerfallen und das alte Deutsche Reick auch. Run hat er uns Aufgaben gestellt. Wir Deutschen, di« wir noch Ideal« haben, sollen für di« Herbeiführung bessere» Zeile« wirken, wir sollen Kämp fe» für Recht, Treu« und Sittlichkeit. Unser Herrgott will de« Frie de, haben, aber eine» solchen, in dem die Welt sich anstrengt, das Rechte »nd da« Gut« z« t»a. Wir solle« d«rWeltde»Friede» bri»,«,. wir werd«, es du, a»f jede Art. Sester» lU's ß» Süßlichen sei»»««». Der Fei»d, der, vo» unseren Heee«