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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.02.1918
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191802023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19180202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19180202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-02
- Tag 1918-02-02
-
Monat
1918-02
-
Jahr
1918
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Manisches Man schreibt uns: 2n Nr. 3 der «Grenzboten' stellt Prof. Bornhak interessante Betrachtungen über Finnland an, geschichtlich« und staats rechtliche. TL ist wohl nicht allgemein bekannt, Laß dieser neue Staat, von dem in diesen Blättern schon oft die Rede war, größer ist als Preußen. Er umfaßt S77 426 Quadratkilometer, wovon allerdings 40000 auf innere Gewässer fallen; man nennt ja Finn land das Land der tausend Seen. Freilich ist eS dünn beoömert, nämlich mit nur 3 200000 Einwohnern, die übrigens fast alle evangelisch sind. Der Nationalität nach gibt es ungefähr 2>- Mlllionen Finnen und rund 340 000 Schweden. Geschichtlich ist das Streben Rußland« nach der Erwerbung dieses Lande« durch aus verständlich. Die russische Politik seit Peter dem Großen war beherrscht von dem Drange nach dem europäischen offenen Meere. Aber sowohl die Ostsee als auch das Schwarze Meer sind Sackmeere. Und wie man aus dem Schwarzen Meere nur herauskonnte durch die türkischen Meerengen, so über die Ostsee nur über das nörd liche Skandinavien nach den eisfreien Häfen Norwegens am Golfstrom. Letzterer Weg war nur sicher, wenn Finnland im russischen Machtbereiche lag. Dazu kam, daß ohne den Besitz dieses Vorlandes die russische Hauptstadt fast Grenzstadt war; beinahe vor den Toren St. Petersburgs eine fremde Staatsgewalt erschien unerträglich. Daher war es ein großer Erfolg, als es 1809 dem Zaren Alexander dem Ersten gelang, während des russisch schwedischen Krieges, Finnland russisch zu machen. Das geschah bekanntlich nicht durch unmittelbare Einverleibung, sondern unter Belassung einer selbständigen Staatsgewalt, deren enge Verbin dung mit Rußland man dadurch gewährleistete, daß der Zar zu- cheich Großfürst von Finnland wurde. Unter den beiden ersten Alexandern erfreute sich Finnland seiner Selbständigkeit und er hielt 1869 einen eigenen ständischen Landtag. Anders seit Alexan der dem Dritten. Die Leidensgeschichte Finnlands begann, und unter dem unheilvollen Nikolaus dem Zweiten sahen sich die Finnen aus den fadenscheinigsten Rechtsgründen schrittweise ihrer -Rechte beraubt; ihre angeblichen Freunde, Frankreich und Eng land, schwiegen, je enger ihre Beziehungen mit dem Zarismus wurden. Immerhin hat die äußerlich aufrechterhaltene Skaalsslellung Finnlands ihm erlaubt, sich nach dem Zusammenbruche des monar chischen Rußlands aus eigenem Rechte zu befreien. Mit dem Zaren hatte auch der «Großfürst von Finnland" zu existieren auf gehört, und der finnische Landtag war staatsrechtlich und völker rechtlich in der Lage, die Selbständigkeit und Form des erlösten Staates zu proklamieren. Wir haben schon einmal erwähnt, wie wirkungsvoll die Rechtslehrcr der Berliner Universität in dieser Beziehung den Finnen wissenschaftliche Unterstützung geleistet haben. Die Loslösung Finnlands vom russischen Riesenreiche ist von größter politischer Bedeutung. Petersburg ist wieder Grenzstadt und kann unmöglich Hauptstadt bleiben; die russische Regierung muß nach Moskau zurllckkehren: ein wichtiges Anzeichen .moskowitischer" Rückbildung. Zugleich scheidet Rußland als Mit bewerber um die Ostsee nahezu aus (zumal wenn sich auch Kurland von ihm abkrennt), und Deutschland tritt in ungehemmte Kultur- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem unabhängigen Finnland. Möge es diesem vergönnt sein, sich siegreich und machtvoll zu be- baupten. Zur Geltung nach außen muh es sich zunächst eine eigene Armee schaffen. Und im Inneren wird es sich der sozialen Zer setzung zu erwehren haben, dieser unheimlichen Gefahr, der die neuen nationalen Bruchteile des alten Rußlands gegenwärtig aus- gcietzt sind. In seiner letzten Rede hatHerr v.Kühlmann treffend hier auf hingewiesen. Bei der Ukraine melden sich leider bereits deutliche Anzeichen. DaS kluge und in Leiden erprobte finnnische Volk wird wissen, daß ein Staat nur dann vor der Geschichte bestehen kann, wenn er inneren Zwist überwindet und in sich einig ist. III Ei« maximalistifcher Konvent Trotzki nennt den Frieden als unmittelbar bevorstehend Basel, 2. Februar. (Eigener Drahlbericht.) Die .Neue Korrespondenz" berichtet aus Petersburg: Ein ZenlralauSschuh von 600 Mitgliedern soll in zwei bis drei Tagen innerhalb der maxima- listischen Partei gebildet werden und im Taurischen Palast unter dem Namen Konvent lagen. Die Regierung hat diese Maßnahme ge troffen, um den Vorwürfen zu begegnen, die auf dem Generalkongreh der Sowjets von den Anhängern der Internationale den DolkS- iiommisfaren gemacht wurden. LS war der maximalistischen Regierung voraeworfen worden, sie gehe auf ein« Diktatur auS. — Italienische Blätter melden aus Petersburg, Trotzki habe den Friedens schluss mit den Mittelmächten als unmittelbar bevorstehend bezeichnet. Russland sei wohl gezwungen, diesen Frieden einzuqehen, ober er sek nicht, wie man sage, durch die Verbrechen der Regierung Benins, sondern durch die vielen Fehler der zaristischen Regierung vor- bercikct worden. Anderseits berichtet «Seeolo", einige Mitglieder der deutsch-österreichischen Abordnung hätten Peters burg bereits verlasse«. Die Abreise werde mit neuen Mathilde Fandreys neue Ehe 3lj Roman von Kurl Moreck. «Nachdruck verboten.) Fräulein Anne saß im Nachtkleid noch am Fenster. Im Nebenzimmer schlief lautatmend der Knabe. «Ich muh unver mutet verreisen,' erklärte Mathilde ihren überraschenden Besuch. Die Gouvernante lächelte nur verhalten. Wolfgang war verschlafen und wollte nicht aufwachen. Sein Mund war feucht und heiß, als Mathilde ihn küßte. Als sie Fräulein Annes Gesicht im Schein des Nachtlichtes erblickte, bemerkte sie, daß diese geweint hatte. «Ja, jo, wir Frauen . . dachte Mathilde und dann mußte sie doch über das Mitleid, das sie dabei mit sich selbst empfand, lächeln. Leise ging sie über den Flur zurück. Dann setzte sie sich an ihren kleinen Mahagonischretbkisch und schrieb einen langen Brief, der an Norbert gerichtet war. Vierzehntes Kapitel. Frühzeitig erwachte Mathilde aus einem leichten Schlaf. Es ;mr gegen sieben Uhr. Ein paar Minuten später kam Betty n it dem Kaffee und dem Zwieback. Mathilde wandte wenig Zeit an das Frühstück. Dann ließ sie sich frisieren und ankleiden. Unten knirschten die Räder des Automobils auf dem Kies. Mathilde gab Betty den Brief au Norbert; es sei ihr noch etwas eingefallen und sie wolle ihn in der Frühe nicht stören. Betty folgte mit der Handtasche. Den Koffer hatten Friedrich und der Fahrer schon htnuntergetragen und auf das Dach des AukoS verladen. Als Mathilde durch das Vestibül schritt, sah sie dort Marens Koffer stehen. Die grellen Zettelchen auf dem Deckel erinnerten aufdringlich an fremde Stationen. Sie blieb einen Augenblick sie rn. Dis Zofe sagte: «Das gnädsge Fräulein will ja heute Uii'tag abreisen . . .' Ja so, ich weiß wohl . .' sagte Mathilde und mußte lächeln. Sie besann sich. Linen Augenblick sah sie das Bild der kleinen heißen Wiese, der weißen Maren, und des glühenden, verlegenen Norbert. Nein, sie haßte die kleine Maren nicht; «kleine Maren" nannte fle fle ganz gütig bet sich. Auch an Norbert erinnerte sie fich ohne Groll. Er kam ihr ein klein wenig komisch vor, als Schwierigkeiten in den FricdvnSv-rhnndlnngen in Zusammen hang gebracht. Die maximalistssche Regierung beschloß, die Demobilisation der russischen Arme« noch vor dem Frühling durchzoführea. DaS bolschewistisch« Kommissariat für die Demobilisierung hat bisher SO 000 Pserde dem Hinterland« überwiesen. Ein« Insanterledlvtpo« meldet von der Front: 6380 Mann --- S7 Prozent ««Nass««, r Prozent an der Front verblieben. Der KiMktz der Sowjets spricht Lai» das Vertrauen aas Bafel, 1. Februar. (Drahtbericht.) Nach einem Petersburger HavaSderlcht aus mozimaligischer Quelle billigte der Kongreß der Sowjets, der Arbeiter-, Soldaten- und Bauerndeleglerten ganz Rußlands einmütig dl« Politik der Regierung der Volkskommissare, di« aus dl« Verwirklichung der Grundsätze der Freiheit für die Arbeitermassen aller Völkerschaften, die Rußland bewohnen, ihr Los zu bestimmen, gerichtet ist. Dann genehmigte der Kongreß die Dekrete des Rates des Volks kommissare über Finnland und Armenien. Der Kongreß gab der Hoff nung Ausdruck, daß diese Drekrete dazu beitragen, die bürgerliche Ge meinschaft der Arbeiterrevolulion zu schassen. Petersburg, 30. Januar. (Drahtbectcht.) In einer Rede im Kongreß der Albeiker- und Eolda enräte am 20 Januar erklärte Trotzki: .Der 1 ei.gli.'che Imperialismus hak erkannt, dass er Deutschland nicht besi zen kann. Nun ergibt sich aus Kosten Nußland-s diejenige Kompenfa ion, die man Deutschland lassen muß, um cs bei seinen Unterhandlungen mit den englischen und amerikanischen Imperialisten nachgiebiger zu st.m- m.n. Einen unmoralischen Frieden kann es nicht geben, es kann nur zu einem unglücklichen Frieden kommen. Wolllen wir uns oerpslich en, aus alle Fälle nur einen allgemeinen Frieden zu schließen, so hieße das, der französischen und englischen Börse einen Wechsel ausstellen, der nur mit Strömen Bluts unserer Soldaten eingclöst werden könnte.' D e uner übten Versprechungen berVol.cherviki In der ersten Nummer der als «Wremja" wieder erscheinen den «Welschernoje Wremja" schreibt B. Netschajew: «Keine der Versprechungen der Bolschewiki ist erfüllt wor den: Der Fr ede ist nicht gekommen; denn, wenn selbst ein Son derfrieden mit Deutschland um den Preis ungeheurer Annexionen und Kriegsentschädigungen auf Kosten Rußlands abgeschlossen werden wird — der Krieg nach außen ist bereits abgclöst durch den Bürgerkrieg im Innern Rußlands —, Brot gibt es nicht und wird es nicht geben. D.e Drohung, dem «Sabolage'-Treibenden kein Brot zu geben, ist an sich für niemanden schrecklich. An Hunger zugrunde gehen werden alle in gleicher Weise, infolge des gänz lichen Fehlens der Lebensmittel überhaupt. Hierin ist es den Bolschewiki beinahe gelungen, die soziale Gleichheit durchzusetzen, aber auch das nichr einmal ganz. Der Reiche, der die Möglichkeit hat, 150 bis 200 Rubel für ein Pfund Brotgetreide zu bezahlen, das auf Schleichwegen von bolschewistischen Soldaten unter Um gehung des Getreidcmonopols vom Lande heraugeschasft wird, kann sich länger durchschlagen als der arme Teufel, für den ein solcher Preis unerschwinglich ist. Und Land? Ja, das Land ist genommen und verkeilt. Aber nicht verkeilt unter die «ärmsten" Bauern und Knechte, für die das bolschewistische Herz so lebhaft schlägt, sondern vorzugsweise unter die begüterten Schichten der Bauernschaft; unter die «kleinen Besitzer", die Kleinbürger aus der Mitte der Bauern, welche die bolschewistischen Führer als .reaktionäre" Macht so sehr hassen. Also auch in der Landsrage völliger Mißerfolg. Ueberhaript darf man sich fragen: Haben die Bolschewiki selber auf ein Gelingen der sozialen Revolution gerechnet oder haben sie sich in ihren Handlungen von anderen Zielen und Beweggründen leiten lassen, am die die sozialistische — nichk bolschewistische — Presse so unzweideutig hinweist? Unsere Generation hat es schwer, denn sie ist verurteilt diese Versuche Don fanatischen Toren und Provokatoren am eigenen .Leibe öurchzumjlchen. Jedenfalls ist gar nicht auszuüenken, was aus Rußland in den nächsten Monaten wird. Em Schiffahrtskonzern der Entente Washington, 1. Februar. (Reuter.) Das Schisfsamt teilt dt« Er nennung eines Ausschusses mit oberster BefehlSaewalt über die amerikanische, alliierte und neutrale Schiffahrt mit, die aus amerikanischen Häsen ausgehk. Es wird ein SchisfahrtSkonzecn gebildet. Die für Uebersee bestimmten Güter werden auf dazu geeig nete Schiffe verladen, gleichviel, ob es sich um amerikanische oder alli ierte Schiffe handelt. Mit Hilfe der Eisenbahnoerwaltung wird das Schissäomt eine Reihe Waren auf die südlichen Häfen verteilen, die bisher den New Vorker Hafen hemmten. Die einlaufenden Schiffe werden auf drahtlosem Wege nach denjenigen Häfen gelenkt, wo Güter von großer Wichtigkeit auf Verschiffung warten. Die Parteienbildung in Ungarn Budapest, 2. Februar. (Eigener Drahlbericht.) Die Apponyipartei hielt gestern vormittag eine vertrauliche Be sprechung ab, um über die Stellungnahme zu dem Programm des neuen Wekerle-Kabinetts Stellung zu nehmen und über den Eintritt in die nationale Einheitspartei Beschluß zu fassen. Die Partei beabsichtigt mit Ausnahme von vier bis fünf Mitgliedern nicht, ihre Unabhängigkeitsprinzipien aufzugebcn und sich der neuen Partei anzu schließen. Mit der Volks- und Demokratenpartel, den Parteilosen und der Szsrcnyigruppe wird die neue Partei 124—130 Mitglieder zählen. Letzte DrahtmAWw NvWimuir de; Kriege; i» Amerika Washington, 1. Februar. (Realer.) Nach einer Besprech»«- zwischen de« Schatzsetretär Mac Adoo und den Parteiführern d«S Kongreffes warben Schritte für amfassend« finanzielle Operationen im Zusammenhang« mit de» Kriegszielen erörtert. Man kam überein, am Moatag gleichzeitig in beiden Häusern des Kongresses ein Verwaltungs gesetz zum Zwecke der Errichtung einer KriegSfinanzgesell- schafl mil einem Kapital von 500 Millionen Dollar «1n- zubriugeu, dl« Unternehmungen der Privalindostrle finanzieren soll. Wilson wartet ab Köln, 2. Februar. (Eigener Drahtbericht.) Laut der «Köln. Zlg." ist di« geplante Abreise von Oberst Hous«, dem Ver trauensmann WilsonS, einem Washingtoner Drahlbericht der Mailänder Blätter zufolge vorläufig unterblieben. Der Präsident der Vereinigten Staaten soll die Entwicklung der Lage Oesterreich-Ungarns und die politische Unzufriedenheit in Deutschland mit Spannung ver folgen. Obwohl einige seiner Ratgeber Wilson ralen, Berlin zu ant worten, würde der Präsident in nächster Zeit nicht mehr im Kongress auftrelen, er sei überzeug«, nur mit einer der Mehrheit des Reichstages verantwortlichen deutschen Negierung Verhandlungen aufnehmen zu können. Zu Lansdownes neuer Nede Haag. 2. Februar. (Eigener Drahlbericht.) Die „Times" äußern sich zu LanSdowncs Erklärungen: er habe seine früheren Aus lassungen in einzelnen Punkten gemildert. Das Blatt glaubt annehmcn zu können, daß er mit Llovd George und Wilson übereinst mme, da er beide zu wiederholten Malen zitiert habe. Auch „Daily Lhromle" be tont den Unterschied in den beiden Aus'assiingen LansdowneS, der nun die richtige Grundlage für den Völkerbund gesunden habe, namentlich die Verwirklichung des SclbstbestiinmungsrcchtS der Völker. Die Petersburger Theoretiker Köln, 2. Februar. (E i g. D r a h t b c r i ch t.) Laut der „Köln. Zkg." führt der Sonderberichterstatter des „Journals" in einem Telegramm vom 26. Januar aus, daß in Petersburg ein vollständiges Chaos herrsche. Die Bolsch.wiki seien einig darin, gegen alle Parteien ihre Herrschaft zu behaupten, und ihr Ziel sei, nicht nur Rußland, sondern der ganzen Welt ihren Willen au zu,w ngen. Man hat keine Vorstellung von der Zusammcnhanglosigkcit ihrer Ansprüche. Sie fahren fort, sich an Worten zuberausch en, ohne zu bemerken, daß alles rings um sie zusammenbricht, denn, so fährt der Berichterstatter fort, nur in einem Punkte scheinen sie völlig einig zu sein: in bezug auf den Frieden. Die einen zeigen sich entschlossen, Frieden zu schließen, welcher Art auch die B:dingungcn der Mittelmächte seien, andere finden die von Hoffmann und Bert n entwickelten Forderungen unannehmbar und wollen dem deuksch-österreichlfchen Imperialismus den Heiligen Krieg deS Proletariats erklären. Was die Internationalisten (einen Flügel der Menschewisten) angeht, so sind sie, obgleich auch sie die An sprüche der Vertret.r der Mittelmächte übertrieben finden, doch der An sicht, daß Rußland sie auf sich nehmen müsse, da es ihm durchaus un möglich sei, den Krieg fortzusehen. Man könne aber über zeugt sein, daß Lenin die einen und die anderen in Ucberelnstimmung bringen wird. Seit langem schon nimmt man an den Ergebnissen der Unterhandlungen in Brcst-Likowsk gar kein Interesse mehr. Man Hal sich in dieser Hinsicht im Lande ergeben. Aber der Mangel an Lebens mitteln beunruhigt jetzt ganz anders, da die Bevölkerung für zwei Tage nur noch 100 Gramm Brot erhält und da auch die Zufuhr an Fleisch Äußerst gering ist, so daß nicht nur die bürgerliche Bevölkerung, sondern auch die Garnisonen von Hungersnot bedroht werden. Orenburg von den Maximalisten genommen Petersburg, 1. Februar. (P. T. A.) Eowjettruppen haben Orenburg genommen. Die Kosaken unter Dukow sind ge flohen. Eine sibirische Handelsstadt ausgeplündert Zürich, 2. Februar. iE i g. Drahlbericht.) Von besonderer - >.cite wird gemeldet: Das sibirische Blakt „Sibirska Schisn' be richtet, daß die bekannte sibirische Handelsstadt I r b l k, in der alljährlich eine vielbesuchte Wareinncsse staltsanö, von dort stationierten Truppen teilen so gut wie ganz zerstört wurde. DaS Handelsguartier wurde niedcrgebrannk und geplündert. Chaotische Zustünde in Petersburg Rotterdam, 1. Februar. (Drahtbericht.) Der Korrespondent des «Daily Chronicle" meldet aus Petersburg, daß die Unsicher heit in den Straßen täglich größer wird. Vor einigen Tagen wurde der bekannte Schauspieler Vals und der Psychiater Ludenbach ermordet. Straßenraub sei gang und gäbe. Hauptschriftleiter: Dr. Erich Everly, SchrthleUer tlr PoUlU» Dnio» Sydoio: kür bl« Wallh«» Schlnblrr; U>r Lrlpzla«r, ILchflkch« Äng«le<i«nhettei> anS Gericht dullo« Hriland: . NunN uni ÄWinschafk Dr. ssrirbrich Sedrechl: für Musik Prof, kugrn 8«g»>b; für Sport, Büder und Verkehr Dr. Lrnst Schober. — Für bei, Ä»j«ia«nleU Heinrich Lnlser. »nb L«I»jiz«r Laoeüi-II Dr. R«Inhold KL» Sämtlich B«rlln«r Schriftl«It»nq: Dr. Richard Dah«, sie sich ihn in seiner Hilflosigkeit dachte. Und dennoch . . .! — Sie schritt weiter. Friedrich öffnete ihr das Portal. Sein Ge sicht war gleichgültig, höflich glatt wie immer. Aus dem Magenfenster schaute sie noch einmal über die Front des Hauses. Die Fenster im Erdgeschoß standen auf und der Zugwind ließ die Gardinen wehen. Mitten im Rosenbeet stand der alte Döring und band schwache Zweige auf, schnitt ver kümmerte ab. Seine Schere kreischte bei jedem Schnitt, als fühle sie, wie ihn die Gicht plagte. Der Gärtnerbursche lieh den forschen Wasserstrahl ins Gebüsch springen und zischen. Der Wagen bog um das Haus, aus dem Tor und fuhr zwischen den Ulmen dahin. Als er die Landstraße erreicht hatte, raste er durch den stillen frischen Morgen. Dann kam die Stadt. Er durchfuhr Straßen, in denen Verkehr war. Hier und dort mußte er anhalten, einem Straßenbahnwagen ausweichen, hinter schweren Lastfuhrwerken sein eiliges Tempo hemmen. Endlich der Bahn hof, die Anfahrt vor dem großen Portal. Mit einem Dienstmann schaffte der Fahrer das Gepäck in die Halle. Dann schickte Mathilde ihn fort. Einen Augenblick stand sie und überlegte. Um sic her scholl es wie auS einer ans Ohr gehaltenen Muschel. Auf dem Bahnsteig oben donnerten die Züge wie fernes Gewitter. Mathilde starrte auf die große Ab- fahrktafel und dachte nach. Sie konnte reisen, es stand ihr frei zu tun, was sie wollte. Dieses Bewußtsein des Verfügendürfens war ihr kostbar. Es war ihr, als stünde sie am Ansana eines Weges, dessen Ziel es war, sie zu den Erfüllungen ihrer Lebens wünsche zu führen, wohin ihre Möglichkeiten sie drängten. «Holen Sie eine Droschke," befahl sie dem Dienstmann, der bei ihrem Gepäck geblieben war. Dem Kutscher nannte sie den Namen eines vornehmen Gast hauses. Dort nahm sic Wohnung. Die Hellen geschmackvoll ein gerichtete- Räume halten nichts von der unangenehmen Nüchtern heit der gewöhnlichen Hotelzimmer. Kurz nach ihrer Ankunst schrieb sic an dem kleinen Schreib tisch ihres Wohnzimmers ein paar Zeilen für Arrhenius, die sie durch einen Boten an ihn schickte. Eie sagte sich ihm für den Nachmittag au, um ihn nicht zu verfehlen. Denn nun war sie entschlossen, in ihm den Freund zu suchen, der ihr jetzt notwendig geworden war. Dann ging fle kurz aus und kleidete sich um. Rach dem Essen fuhr fle zu Arrsienius. Das alte Fräulein, das ihr öffnete, führte sie in die Bibliothek. In den dunklen Eichenschränken standen lauter stille Reihen von grllngebundenen Büchern. Auf einem eckigen Holz sockel zwischen den zwei Fenstern erhob sich eine elfenbeingelbe Mädchenstatue; die wunderbaren Linien ihres schmalen Körpers ruhten von der Anstrengung des Tanzes, und der rechte Arm war mit einer kindlich keusa-en Gebärde vor das feine Gesicht gelegt. Mathilde setzte sich vor dem breiten Tische in einen Ledersessel und sah zur Türe. Arrhenius kam; er war überrascht und sah nachdenklich in ihr Gesicht, als könne es ihm eine Erklärung geben. «Ich bin froh, daß ich Sie hier in der Stadt noch angetroffen habe," sagte Mathilde nach der Begrüßung. «Heule morgen im Hotel fürchtete ich, eine plötzlich Laune könne Sie bewogen haben, abzureisen. Vielleicht hätte ich Sie auch dann gesunden. — Als wir uns das letztemal begegneten — lange ist es noch nicht her — da fragte ich Sie — ich weiß nicht recht, was mich dazu trieb — ich fragte Sie, ob ich auf Sie als Freund rechnen dürfte. Viel leicht fragte ich aus einem mir selbst fremden Vorgefühl heraus. Ich versicherte mich Ihrer und Sie wunderten sich über den Ernst, mit dem ich cs tat. Sie versprachen mir Ihre Freundschaft be dingungslos und unter allen Umständen, wenn ich Sie darum bitten sollte." «Gewiß," entgegnete er und fuhr fort: «Und da Sie nun mit solcher Dringlichkeit auf dies Gespräch und seinen Inhalt zurück kommen, nehme ich an . . .Ja,' unterbrach sie ihn, «ich bitte Sie heute darum. Ich muß. Sehen Sie nun, daß es put war, als ich mich Ihrer ver sicherte? So kann ich nun ja beruhigt sein. Und nur eines bleibt mir noch zu tun; leicht wird auch das nicht sein . . .' «Und das wäre, gnädige Frau?' fragte Arrhenius. Sie lächelte. «Sie werden doch wissen wollen, was denn eigentlich vorgcsallcn ist. nicht wahr? Das müssen Sie doch wissen; denn das gekört doch wohl dazu . . . Dazu haben Sie doch nun ein Necht; Ihr Recht an mir." «Ja . . . Allerdings wird das notwendig sein. Aber viel leicht darf ich Sie nicht eher darum bitten, als bis ich Ihnen meine Dienftbereitschaft bewiesen habe." » Nortselnma in der EonntaoS-Ausgabe)
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