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Sächsische Volkszeitung : 10.11.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193711108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19371110
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19371110
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Titelseite in der Vorlage nicht vorhanden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1937
-
Monat
1937-11
- Tag 1937-11-10
-
Monat
1937-11
-
Jahr
1937
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 10.11.1937
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Mittwoch, 10. November 1SS7 Sächsische Volkszeitung Nummer L64, Seite 7 5tec/m§ Ec/ r'Z^e^ESe-n kokintt von ckttn f. v^cock copyrtgdl dy X>U Xokler L co., vertln-reklendor« -- tlockdnict, verdoien 11. Fortsetzung. Sie versucht zu lächeln. „Ja, ja, Dieter — es ist ta auch alles aut — es ist nur die Freude, die hat mick lo mit« genommen!" Sie hält die Hand krampfhaft fest geschlossen, oas zerknitterte Schreiben darin. „Vater wird zurückkom men, Dieter — und bis dahin mutzt du schön geduldig sein, denn Vater hat viel durchgemacht, ich kann dir das alles nicht so erzählen!" — Dieter schüttelt den Kopf. „Aber Muttchen, dann lah mich doch den Brief von Bater lesen!" „Nicht doch, Junge — es steht vieles darin, das geht nur Vater und mich an!" Sie atmet tief auf. „Vater wird euch selbst davon erzählen — und'nun gib Ruhe, mein Dieter!" Und es ergeht dem jungen Dieter, wie es abends auch seinen beiden Brüdern ergeht: sie freuen sich und haben doch ein unnennbares Bangen, wenn sie in das Gesicht Mutter Stedings sehen. „Muttchen!" sagt Ernst abends. ,,Da ist doch irgend etwas nicht in Ordnung — sag es mir!" Sie lächelt. „Aber, Ernst, alles ist in Ordnung — manchmal ist Frerwe genau so schwer zu tragen wie Leid!" Sie nimmt sein Gesicht in beide Hände uird klltzt ihn. „Latz mich nur — und verlange nicht den Bries, Ernst..." Sie Mert. „Siehst du, Vater ist dreizehn Jahre sortgewesen, hat inzwischen manche» erleot, das nur mich angeht — du verstehst!" — Und Ernst schweigt. Spät in der Nacht wird er noch einmal wach und bemerkt in der Küche Licht, schläft aber gleich wieder ein, wetl er vom vielen Arbeiten unten im Keller so müde ist — hinten in der kleinen Küche aber sitzt Mutter Steding am Tisch und schreibt einen Brief nach Buenos Aires. — Gs find schon annähernd acht Wochen vergangen, seit dem Kännchen Sudemann zum ersten Male in Mutter Ste- ding» Kramladen gewesen ist, und vier Wochen, seitdem der Dieter wieder die Schule vesuchen kann — und der alte Sudemann wundert sich heute, wie überhaupt in der letzten Zeit, datz sein Kännchen von Tag zu Tag vergnügter wird und heiterer und lebhafter, so ganz anders, als sie früher gewesen ist. Wenn er am Tage hinter seinem altmodisch schweren Schreibtisch im Arbeitszimmer sitzt, dann wirft der alte Sudemann nicht selten einen Blick zu seiner Tochter hin« Uber. Mitunter schüttelt er auch verstohlen den Kopf: was ist mit dem Mädel nur los, sie kann nicht mal mehr ruhig an der Schreibmaschine oder Uber den Büchern sitzen — Nüber satz sie da, als hätte sie ganz vergessen, datz sie erst vttiundzwanzia ist. Wenn der alte Sudemann nicht ein gar so arger Dickschädel wäre, dann hätte er längst schon mal mit ihr darüber gesprochen und nach der Ursache dieser sonderbaren Wandlung gefragt; aber das liegt ihm nicht, deshalb lätzt er es. Und heute macht Kännchen den Eindruck, als ob sie die ganze Welt umarmen will. Was weitz der alte Sudemann von Ernst Stedings Erfindung, über die er nicht ein Wort Mehr verloren hat! Was weiß er von der kleinen, einfachen Kellerwerkstatt am Schaarsteinweg, von dem Kramladen Mutter Stedings und davon, was dort gestern abend zwischen Ernst und Hannchen belvrochen worden ist! So findet er ganz und gar keine Erklärung dafür, datz' Hann chen morgens wie ein Gassenjunge pfeift, irgendein Lied vom Frühling und von der Liebe, schon um sechs Uhr, eine Stunde vor Arbeitsbeginn — und weih sich ebensowenig zu erklären, warum Lanncksn jetzt an der Schreibmaschine summt — weih Gott, fie ttpot va irgendwelche Briefe her unter und summt dazu dasselbe Lied, schlägt die Schreib maschinentasten tatsächlich im Takt dieser flotten Weise. Am liebsten möchte der alte Sudemann furchtbar böse werden. Aber die Weise ist so einschmeichelnd und lieb und so herzhaft frisch, da regt sich in dem alten Sudemann die Erinnerung an seine Jugendzeit. Hm, gar nicht Übel ge- wesen, wenn's auch stets in seinem Leben harte Arbeit ge geben hat. Und Hannchen gar die Laune verderben, das liegt ihm heute nicht. Drauhen strahlt die Sonne, alles blüht und grünt, da ist dem alten Sudemann auch ein wenig jünger ums Herz. Er räuspert sich. Mit der Arbeit will es heute nicht so recht vorwärts. . Sein Blick sucht die Uhr, etwas über drei — zu früh, um Fettrabend zu machen. Sofort beugt er sich wieder über einige Zeichnungen, die vor ihm liegen, über legt die Zweckmätzigkeit der. Konstruktion und liest oben rechts in der Ecke den Namen des Technikers, der die Kon struktion entworfen hat: Ernst Steding! Dazwischen summt Hannchen, klappert die Schreibmaschine, der alte Sudemann schüttelt den Kopf und steht auf. „Was ist denn, Pa?" lächelt Hannchen herüber. Zuerst knurrt der alte Sudemann, weil er es so ge wöhnt ist, dann zuckt er die Achseln, geht einige Schritte ins Zimmer, bleibt am Fenster stehen, schaut in den schmalen Garten des Wohnhauses hinaus. „Hm!" macht er und zuckt nochmals die Achseln. „Dir scheint die Arbeit doch heute nicht so recht unterteil Fingern wegzugehen!" „Mir?" Sie lacht hell auf. «Aber, Pa, ganz ausge zeichnet!" „Na, denn nicht!" brummt er in sich hinein und schüttelt den Kopf. Er gebt zum Schreibtisch hinüber, bleibt dort stehen, sieht aus die Zeichnung: „Hat der junge Steding ganz ausgezeichnet gemacht, diese Konstruktion. Ueber- haupt ein tüchtiger Bursche, wenn man es richtig überleat." „Aber mit deiner Arbeit wird's heute nichf viel, Pa!" cherzt Hannchen. Und da der alte Sudemann sehr erbost iber diese wenig achtungsvolle Aeutzerung sein will, kommt ie rasch zu ihm, blickt ihn aus ihren Hellen blauen Augen o übermütig frok und glücklich an, datz er es wirklich nicht iber sich bringt, ihr böse zu sein. „Du, Pa — das macht das chöne Wetter und..." „Quatsch!" fällt er ihr grob ins Wort. „Hab' immer bis Feierabend ausgehalten, auch wenn's drautzen schönes Wetter war! Du bist schuld daran!" — „Ich?" „Na ja, dein Gesinge und Gepfeife, dabei kann man doch nicht arbeiten!" Er greift in die Seitentasche, zieht eine dicke, schwarze Brasil hervor — und Hannchen weitz, datz diese Zigarre ein überaus gutes Zeichen ist, denn er pflegt nur bei guter Laune zu rauchen. „Steh mal, ich bin so glücklich — und wenn ich ehrlich fein soll, dann will's mit der Arbeit bei mir auch nicht recht gehen!" „Na also!" meint er schmunzelnd. „Da wir beide darin genau übereinstimmen, Pa, sollten wir doch auch über etwas anderes einig werden!" Mißtrauisch sieht er ste an. „Worüber denn, wenn man fragen darf?'' Nichts anderes erwartet er, datz sie nun von Ernst Steding sprechen wird. — Hannchen weitz es, sie lacht spitzbübisch. ..Ueber einen kleinen Nachmittaasivazier- gang, Pa!" — '„Ueber einen was?" Er glaubt, nicht recht gehört zu haben, und sieht sie ganz entgeistert an. „Ueber einen Spaziergang, Pa!" Sie legt ihren Arm * um seine Schulter, zieht ihn ans Fenster, deutet hinaus. „Sieh doch mal, die Sonne, der klare, blaue Himmel — alles ist grün — da werden wir beide jetzt Arm in Arm eine gute Stunde spazierengehen!" Sie sieht ihn bittend an. „Ja?" — Eigentlich hat er gar nichts dagegen einzu wenden; weil es aber nie seine Sache gewesen ist, so einfach zuzustimmen, brummt er wieder ärgerlich: „Was beitzt Spaziergang — es wäre das erstemal in meinem Leven, datz ich ..." — «... vor Feierabend das Büro verlasset fällt l»e ihm munter Ins Wort. „Ja. Pa, das erstemal — aber in drei Wochen wirst du fünfundsech zig, und da solltest du dir wirklich etwas mehr Ruhe gön nen." — „Kann ich nicht gebrauchen!" „Ueberhaupt, wo deine Fabrik in so guten Händen ist!" lätzt ste sich nicht beirren. „Der Betriebsleiter ist zuverlässig, hast auch zuverlässige Mitarbeiter ..." „Ja, gewiß!" unterbricht er sie ärgerlich. „Da ist ein gewisser Ernst Steding. der patzt auf alles auf — weiß ja Bescheid, was nun kommen soll!" Er lacht, da sie errötet und die Augen niederschlägt. „Na, dann komm!" knurrt er — und eine Viertelstunde später will der ganze Betrieb still, stehen vor Verwunderung: der alte Sudemann geht mit seiner Tochter spazieren, ehe die Dampspfeife oben Feier abend verkündet hat. Unterwegs ist der alte Sudemann sehr still. Eewitz möchte er sprechen, aber er weitz nicht recht, worüber. „Du, Pa", beginnt Hanncl-en endlich. Wunderst du dich gar nicht, datz ich in der letzten Zeit so fröhlich bin?" „Allerdings!" bestätigt er. „Hab' manchmal den Kopf geschüttelt ..." — „Und kannst du dir gar nicht erklären, warum ich..." „Jetzt sag' nur noch Ernst Steding zu mir, dann ... «... weiht du ganz genau, was los ist, Pa!" lacht fie ihm hell dazwischen und lehnt schmeichelnd den Kopf an seine Schulter. „Pa, du bist doch auch mal verliebt gewesen!" „Wer hat dir denn das erzählt?" grollt er. „Das habe ich gelesen, Pa!" Jetzt strahlt es schon wie der so spitzbübisch aus ihren Augen, datz ihm angst und bange wird. „Neulich habe ich mal oben in der alten Truhe aufgeräumt. Da lagen noch verschiedene Sachen von Mut ter — unter anderem auch ein kleines Päckchen Briese, mit einem seidenen Band zusammengehalten, Pa!" Sie lächelt, während sein Gesicht undurchdringlich wird. „Diese Briefe waren alle mit „Albert" unterzeichnet — ich bin so neu gierig gewesen, einmal genauer hineinzusehen — sag mal, Pa ... , flüstert sie „war das nicht schön, damals?" Er räuspert sich recht kräftig und meint dann: „Na ja, gewiß, aber ..." „Und ist Mutter nicht sehr glücklich gewesen?" — „Sollte man meinen, aber ich wüsste nicht ..." — „Und gönnst du mir nicht, Pa, daß ich auch so glücklich bin?" Jetzt hat ste ihn an der richtigen Stelle gepackt, und nun lätzt sie auch nicht mehr los, hält so fest, datz der alte Sudemann brummen und sich winden kann, ohne damit wieder freizu kommen. „Sag doch, Pa, gönnst du mir das nicht?" — Er schreitet ein wenig rascher aus und schweigt. Er schweigt eine lange, lange Zeit, bis er sich zu der Aeutzerung aus schwingt: „Von nicht gönnen kann natürlich gar keine Rede sein!" „Also gefällt Ernst dir nicht!" fällt sie ihm ins Wort. — Da schmunzelt er schon, obgleich er brummt. „So, so — vor einem Jahr hieß er noch Herr Steding dann hieß er Ernst Steding, und jetzt heißt er bloß noch Ernst — ich bin wirklich gespannt, wie das noch wird!" — „Wir wallen uns verloben, Pa!" — Da bleibt der alte Sudemann mitten auf der Straße stehen und starrt seine Tochter an. — „Sobald die Erfindung fertig ist!" fügt Hannchen schnell hinzu, eh« das Donnerwetter zum Ausbruch kommt. iForilekuna «oiac fragen hinter der Wand Freundliche Antworten für humorige Leute Der milde November B. R. In Z. — „Was haben wir nur Heuer für einen Milden November! An manchen Tagen möchte man ohne^Win- termantel laufen, die Wintersaat ist geradezu gefährlich weit heraus und an Schnee scheint kein Gedanke zu sein Bekommen wir ein anderes Klimas" — Na, mit dem neuen Klima hat es wohl noch weite Wege. Obwohl Abwechslung das halbe Leben Ist und ein paar Jahr zehnte subtropische Zone auch einmal ganz nett wären. Aber gar so ungewöhnlich war das Wetter der ersten Novembertage gar nicht. Wenn Du die Seiten Deiner Erinnerung zurückblätterst, wirst Du finden, daß milde Tage Anfang November in unseren Breiten recht häufig sind. Noch im vorigen Jahre hatten wir ln der ersten Hälfte des Novembers ganz gleichartige Witte rungserscheinungen. Aber auch schon in früheren Jahren mar der Anfang des November mild. So besinne ich mich, daß 1924 der S. November sdamals ein staatlicher Ruhetag) strahlend von Sonne und warm war wie ein schöner Septembertag. Wenn ich mich nicht täusche, ist dieses Anhalten mtlder Witterung bis in die Wintermonate hinein immer dann zu erwarten, wenn das Sommerwetter schon frühzeitig an Wärme und Freundlichkeit verloren hatte. Das war ja auch in diesem Jahre der Fall; feit Mitte August hat das Wetter stark herbstlichen Charakter getragen. Es ist so, als ob dieselbe Menge Wärme und Sonnen schein, die sonst im Spätsommer und Friihherbst geliefert wird, sich nun auf einen längeren Zeitraum in vorsichtigen Dosen »erteilt. Deshalb brauchst Du nicht gleich zu befürchten, daß der Schnee und das gute Skiwetter in diesem Winter ganz aus bleiben werden. Geduld bringt nicht nur Rosen, sondern auch gutes Wetter für den Wintersport! Uhland lobt das Sauerkraut B. R. In L. — „Ist es wirklich wahr, daß rohes Sauerkraut so bekömmlich sein soll? Ich meine, jedes Kraut muß doch erst einmal gekocht sein, ehe es schmecken kann." — Da bist Du aber gründlich auf dem Holzwege, mein Lieber! Hast Du noch keinen Krautsalat gegessen? Ich meine nicht den mit Salz und Essig mißhandelten Mischmasch, an dem man nur noch die Säure schmecken kann, sondern frischen, möglichst von störenden Gewürzen freien Salat, der den unverfälschten Ge schmack des Krauts wiederaibt. Das ist «In Labsal für die Zunge I Schon als Jungen haben wir mit Begeisterung die Krautstrünke gegessen, die dabei absielen. Sie schmecken min destens ebensogut wie zarte iunge Mohrrüben im rohen Zu stande — und das will viel beitzen. Hast Du noch aar keinen versuch mit „Rohkost" in dieser Hinsicht gemacht? Dann wird es aber Zeit. Sauerkraut ist ein ganz geeigneter Stoss dazu. Mir wenigsten» mundet rohes Sauerkraut weit bester als ge kochte». Probieren geht über Studieren; ich möchte meinen, auch Dir wird e» schmecken. Und wenn Du e» gern ißt, dann werden Dir di« gesundheit»sördernden Wirkungen rohen Sauerkrauts voll zugute kommen: Reichtum an Vitaminen, Milchsäuregrhalt und Förderung der Berdauung. Erst vom rohen Sauerkraut aus gelangt man zur vollen Wertschätzung des gekochten, das so viele unserer Dichter besungen haben. So auch Uhland, dessen „Mehelsuppeniicd" der Vergessenheit entrissen zu werden ver dient. Es preist das Sauerkraut, in dem ein richtiges Stück „Schweinernes" liegt, mit folgenden neckischen Versen: „Auch unser edles Sauerkraut Wir sollen's nicht vergessen; Ein Deutscher hat's zuerst gebaut, Drum ist's ein deutsches Essen. Wenn solch ein Fleischchcn weitz und mild Im Kraute liegt, das ist ein Bild Wie Venus in den Rosen!" Schach um die Viertelpfennige? H. V. In D. — „Das Schachspiel wird das königliche Spiel genannt, weil es sich durch den Kampseinsatz zweier feindlicher Heere Uber alle anderen Spiele hinaushebt. Ist es nicht eine Herabwürdigung dieses Spiels, n>cnn ein Partner dabei dem andern einen Geldeinsatz vorschlägt? Beim Kartenspiel mag ein Geldeinsah verständlich sein, beim Schachspiel halt« ich ihn für unmöglich. Wag meinst du dazu?" — in der geistigen Energ e und , , , _ , ' 'einem etwas hält, wird es verschmllhen, daneben irgendeinen An sich ist es natürlich durchaus möglich, das Schachspiel um einen Einsatz zu führen. Doch widerspricht das der heutigen Gepflogenheit und der Geschichte des Schachspiels. Etwas anderes ist es natürlich, wenn bei einem Schachturnier ein Preis aus gesetzt wird. Der Preis Ist dann aber nicht Gegenstand des Turniers, sondern Auszeichnung für den Sieger. Aber etwa Schach „um die Diertelpfennige" zu spielen, das »-llrde In der Tat dem Wesen dieses Spiels widersprechen. Dieses Welen beruht auf dem kämpferischen Einsatz des Meistes, denn der Verlauf des Schachspiels spiegelt ja eine Schlacht wider. (Die „Türme" waren In Indien, wo das Spiel im ö. Jahrhundert erfunden wurde, die Elefanten.) Bei solchem Einsatz besteht bei Menschen, die Spiel und Ernst nicht sauber zu trennen verstehen, ohnehin die Gefahr, daß die Gegnerschaft im Spiel über das Spiel HInauswlrkt. „Schlechte Verlierer'' nennen die Engländer solche Leute. Ein Gcldeinsatz würde die Gefahr einer solchen Verstimmung noch weiter steigern. Beim Kartenspiel, wo die geistige Anspannung eine geringere >st, mag der Geldeinsatz Hingehen; diese Spiele sind sa auch ausgesprochene Linsatzspicle. Beim Schach besteht der Einsatz i ' spieltechnischen Erfahrung des Partners — und wer van Geist < anderen Einsatz zu stellen! ' ' Unsitte? Nein: Gewohnheit! B. K. ln L. — „Ich finde es seltsam, daß die Leute zwar im Theater das Ablegen der Ucderkleidkr für selbstverständlich ansehen, im Kino aber nicht. Im Winter :st es doch recht lästig, wenn die Menschen mit d«n dicken, ost von Regen oder Schnee nassen Mänteln in einem geheizten Raume sitzen. Der Kosten punkt kann da nicht allein entscheidend sein, denn die Kleider ablage ist im Kino meist billiger als im Theater." — Deine Beschwerde ist durchaus begründet. Es :st wirklich ein Unfug, wenn die Kinobesucher nut ihren dicken und womög lich regennassen Mänteln m ec,. Zuickoucrrnum kommen. Da» ist lästig sür die Vernünftigen, d - ihre Ueberlrleider abgelegt haben, und ungesund im höchsten Grape sür die Unvernünf tigen, die den Mantel anbehaltcn, ins Schwitzen kommen und sich unfehlbar beim Verlassen des Kinas erkälten. Selbst wenn man in der Krankenkasse ist, sollte allein der Verlust an Zeit, der bei jeder Erkrankung entsteht, so schwer wiegen, daß man willig den Groschen opfert, den die Kleiderablage im Kino kostet. All diese Gründe sind gut und vernünftig — aber Dn darfst nicht von der völlig unzutreffenden Annahme ausgchen, daß die Men schen in solchen Dingen Vernunstgriinden zugänglich seien. Nicht Vernunft, sondern Gewohnheit ist da der entscheidende Faktor. Im Theater legt „man" immer die Uebcrkleider ab. also tut cs jeder. Im Kino tut „man" es nicht. Diese Gewohnheit stammt aus den Anfängen des Kinos, da der „Kientopp" zu den Ver gnügungen niederen Ranges zählte und die Zuschauerräume vielfach zugig, auch die Möglichkeiten der Kleiderablage unzu länglich waren. Das hat sich alles längst geändert. Gewohnheiten aber ändern sich nicht so rasch. Und die Lichtspieltheater sind Immer noch nicht selbstbewußt genug, das Ablegen der Garde robe zu verlangen. Man muß Geduld haben: In 50 Jahren vielleicht wird es auch in jedem guten Filmtheater selbstver ständlich sein, daß der Besucher die Kleiderablage benutzt . . . Was man in der Jugend lernt . .. I. V. in D. — sZu dem Thema „Einen Stiesel vertragen können" schickst D» mir ein hübsches Gedicht, das Dn in Deiner Jugendzeit gelernt hast, und bemerkst dazu:) „Das wäre auch eine Frage für sich, wie das Gedächtnis so lange etwas behalt, wo man sich jetzt von einem zum andern Tag keinen Vers mehr machen kann." — Gewiß, die Frage lohnt! Es ist eben mit dem menschlichen Gehirn ähnlich wie mit dem Oberleder: wenn das Material frisch ist, kann man es leicht verarbeiten, mit Nähten und Ver zierungen versehen. Hat das Leder aber schon manches Iährlcin seinen Dienst getan, dann sind zwar noch die ursprünglich an gebrachten Nähte in brauchbarer Verfassung, versucht man aber eine neue Naht anzubringcn, dann hapert es. ..Die Eindrücke der Kindheit sind die stärksten" — ganz einfach deshalb, weil sie auf ein frisches, unverbrauchtes Gehirn tressen. das sie noch mit größter Deutlichkeit aufnehmcn kann. Später, wenn da» „unbeschriebene Blatt" schon reichlich vollgemalt Ist, dann läßt sich eben darauf nichts mehr untcrbringen. Und je stärker da» Gedächtnis In der Jugend beansprucht worden ist, desto weniger empfänglich für neue Eindrücke ist es Im Alter. Aber das ist ein Mangel, den wir nicht allzu schmerzlich zu empfinden brauchen. Denn die Eindrücke, die uns Aelteren nach dem Ver klingen der goldenen Kindheit geboten werden, sind doch zu einem guten Teil unerfreulicher Natur. Einigen mir uns also dahin: Den Rest unseres Gedächtnisses reservieren wir sür die erfreulichen Erlebnisse, für alles andere aber heißt die Parole: vergessenl Marabu. Hauptschriftleiter: Georg Winkel, verantwortlich für Inhalt und Bilde«! Teor« Wt«k«l t» Dreede». verantwortltcher Anjetgenlelterr Theodor Mtnkrl tn Dresden. »rn« ««» Verl,,! «er»„l, Bnchdrnaerel »re,»en. Polt,,ft,oh« ll. D. «. X. 37: Uber 4200. - Z. Zt. ist Preisliste N«. 4 gültig.
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