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greltag, 25. November 1938 Sächsische Volkszeitung Nummer 276, Seite 7 ^o?-r^n E c/e^r 7?on Oop/rixbr d> Verlaxcinrtric btrnr, biünchcn / blschänicli vecborca 15. Fortsetzung. „Dazu ist doch nicht allzuviel Anlaß." Die Longueville klappt die Karten zu einem Fächer auseinander. „Simone läßt sich nämlich einfach nicht ummodeln. Das merke ich aus hundert Kleinigkeiten ... Ich bitte dich nur eines, Gaston: Laß die Hochzeit nicht vor — sagen wir vor nächsten Herbst stattfinden. Im September wird sie achtzehn Jahre. Da mag sie heiraten — wenn es bis dahin noch ihr Wille ist, heißt das." Lacamore sieht unschlüssig vor sich hin. „Ich weiß nicht, ob es recht ist, derartige Hintergedanken zu Haven. Schließlich besitzt der Doktor mein Wort wie ich das seine — wegen Simone. Aber ich will natürlich nicht drängen. Wann denkt sich der Doktor eigentlich den Hoch- zeitstermin?" „Ach, der gleich nach Ostern. Im April. Aber das ist ganz ausgeschlossen. Simone will im Mai unbedingt nach Paris zum Fechtturnier. Meister Baillard, der alte Brummbart, trainiert schon fleißig mit ihr. Er ist von Simones Leistungen begeistert und schwört darauf, daß Si mone einen Preis Heimbringen wird." Lacamore schüttelt belustigt den Kopf. „Wenn Simone das Turnier wichtiger ist als dir Hoch zeit? Aber was wird der Doktor sagen?" Die Longueville zuckt die Achseln. „Ich mußte ihm ohnedies schon hundertmal versichern, daß Fechtmeister Baillard über fünfzig Jahre alt ist, eins Frau und vier Kinder sowie eine große Glatze hat." Lacamore ist plötzlich nachdenklich geworden. „Du glaubst demnach, daß ein Mann um sünfzig nichts mehr zu hoffen hat, Heloise?" „Hoffen kann man bis zum Grabe — Hoffen und Harren, macht manchen zum Narren!" Die Longueville lächelt ooshast — mit einem Seitenblick auf Lacamore. „Ich nehme an, du dachtest jetzt nicht an den biederen Baillard?" „Nein. Ich dachte — an mich selbst." So ernst klingt das — daß die Longueville betroffen aufsieht. „Gaston —?" Lacamore ist aufgestanden und ans Fenster getreten. Er schweigt lange. Endlich beginnt er halblaut zu sprechen. „Mir ist eine Fra» begegnet dort drüben — oder ist es ein Mädchen? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß sie einen großen Eindruck auf mich machte." „Das war meines Wissens schon öfter der Fall", wirft dis Longueville lächelnd ein. ,,Du bist und bleibst ein un verbesserlicher Schwärmer! Wäre es nicht besser gewesen, du wärest deinen Geschäften nachgegangcn, statt jungen Damen yachzusteigen? Da ist z. V. die Firma Jiitermann. Warum hast du nicht vorgesprochen dort? Ich hatte dich wiederholt darum gebeten. Nun ist es soweit, daß ich mein Kapital dort zuriickziehen muß. Ist ein rechter Esel, dieser Jüter- mann, daß er auf meine Vorschläge nicht eingeht, die Ge winn versprechen. Das sei ihm zu riskant, schreibt er, dabei könnte die ganze Firma pleite gehen; auch müsse er Rücksicht nehmen aus seine Angestellten. Aber was gehen mich Jüter« manns Angestellte an? Auf jeden Fall, ich will mein Geld zurückhaben." „Vielleicht kannst du noch zuwarten", beschwichtigt La camore die Schwester. „Dann will ich nachholen, was ich bet meiner letzten Europafahrt versäumt habe. Ich muß noch einmal in dieses närrische Land, wo die Kaufleute so ehrbar..." „Und die Mädchen so zauberhaft schön sind", fällt die Longueville lachend dazwischen. „Wann wirft du also fahren Gaston?" „Wenn die Linden blühen in Deutschland!" 18. Alt. Georg kommt müde zum Mittagessen in die Spitals kantine. Seit drei Uhr morgens hat es heute zu tun ge geben. Erst eine nächtliche Messerstecherei zwischen Matro sen und Eingeborenen — da gab es allerlei zu nähen. Her nach einen Verkehrsunfall, einen Selbstmordversuch und vier Geburten. „Nun ist es Mittag und Georg hat Hunger. Das heißt, eigentlich ist ihm übel von den verschiedenen Gerüchen — diese Menschen hier haben alle eine besondere Ausdünstung, stellt Georg fest, sie sind naturhaster und riechen so stark wie Tiere — aber schließlich fordert der Magen seine Rechte. Das Essen in der Kantine schmeckt ausgezeichnet, Iussuf versteht sein Handwerk und fürchtet außerdem den fremden Chef nicht wenig. Er weiß, daß dieser beinahe allgegen wärtig ist und täglich die Portionen für die unentgeltlichen Kranken inspiziert. Iussuf schöpft seither tiefer mit dem Schöpflöffel in den Suppentöpsen — aber heimlich grollt er bitter ob der verlorenen Freiheit. Vor dem Doktor drückt er fich freilich, aber all sein aufgespeicherter Zorn sucht schon seit Wochen nach einem Blitzableiter... Während der Mahlzeit wird Georg plötzlich weg gerufen. Von Ali. Georg weiß ganz genau, daß Simone gekommen ist. Er liest es dem braunen Jungen vom Gesicht ab. Unbegreiflich, was der Kleine gegen Simone hat. Er wird immer ganz blaß, wenn nur der rote Wagen vor führt ... Drüben im Korridor steht richtig Simone. Es ist heute feucht und kalt draußen. Simone trägt einen Gesichts schleier^ den sie bei Georgs Anblick lüstet. „Eine Ueberraschung, nicht wahr, Georg? Du freust dich doch, daß ich komme?" Sie bietet ihm lachend den Mund zum Kuß. „Ich freue mich sehr, Simone." Er berührt fast schüch tern ihre Lippen. „Hast du Einkäufe besorgt? Oder führt dich etwas Besonderes zu mir?" „Leider. Wenn du meinen Wagen sehen würdest — die Pakete liegen aufgestapelt darin. Aber — es ist hier kühl und zugig." Sie zieht fröstelnd die Pelzboa um die Schul tern. „Wir wollen in dein Zimmer geben. Du hast mir schon lange versprochen, cs mir zu zeigen." „Gern, Simone. Aber deine Pakete unten?" „Sei unbesorgt! Heute habe ich Ibrahim mitgenommen. Weil ich doch wußte, ich würde bei dir absteigen, llebrigens — denk' dir, was passiert ist! Man hat mir einen Zettel durch das Wagenfenster geworfen. Mit einer Schnur um einen Stein gewickelt. Eine Drohung der Bande des Mehmed al Ra. Ach, ich sage Papa gar nichts davon. Und Tante Heloise siele höchstens in Ohnmacht." „Du mußt es ihnen aber sagen, Simone — ich bitte dich " Georg ist sehr blaß geworden. „Es ist doch etwas an diesen Gerüchten, Simone. Erst lachte ich — damals im Herbst — über eure komische Nach barin. Wie hieß sie nur?" „Frau Plisson. Du hast es ihr gut gegeben damals. Ich bin ihr nämlich ein Greuel, mußt du wissen." Die beiden haben Georgs Zimmer betreten. Simons blickt neugierig um sich. „Sehr nüchtern, sehr sachlich sieht cs hier aus. Ich werde dir ein schönes Bild von mir schenken. Dort hast du ohnedies einen leeren Nahmen aus dem Schreibtisch." Er sieht sie seltsam an. Sagt plötzlich gequält: „Ich — ich mache mir nichts aus Bildern, Simone. Sei mir deshalb nicht böse. Komm lieber selbst zu mir! Komm alle Tage! Ein Wesen von Fleisch und Blut geht Uber alle Bilder..." Simone liebt den Verlobten groß an. -M Er lebt nicht mehr! Salzwedel, 25. November. Kürzlich berichteten wir von einem gewissen Saivada, der von 1019 bis 1924 erhcblici)« Ein- zahlungen nnk Gin S"arßonto bei der Stadt und Kreissparbasse Salzwedcl machte. 18 Jahre wartete das Sparkassenbuch ver geblich. und das Guthaben, das inzwischen aufgewertet morden ist, hatte keinen Besitzer. Die Suchaktion der Presse hatte jetzt Erfolg. Es konnte festgcstellt werden, daß es sich bei Martin Sanxida um einen in früheren Jahren aus Rußland nach Deutsch, land gekommenen russischen Staatsangehörigen handelt, der in einer Salzwedeler Gärtnerei beschäftigt war. 1924 ist Saivada an einem Herzschlag gestorben. Angehörige hatte er nicht. j?iccinis Reiche in Paris entdeckt? Der berühmte italienische Opernkomponist und Gegner Glucks soll in seine Heimat übcrgcsührt werden. Von Bari, der Vaterstadt des großen italienischen Kom ponisten Piccini <1728—1800), kommt die Nachricht, daß man in Paris die sterblichen llebcrrcste dieses einst so berühmt ge wesenen italienischen Meisters nach säst anderthalb Jahrhunder ten ausgcflindcn habe. Piecinis Name wurde besonders durch den Streit der „Piccinisten" und „Glnckisten" in der Musik geschichte bekannt. Nicole Piecini vertrat in der Opernsorm, die er immerhin auch erweiterte, die klassische italienische kon servative Richtung, welche der deutsche Ritter von Gluck, der Schöpfer der herrlichen Orpheus-Oper, mit kühnem Geist und „Ich verstehe dich nicht —- Er streichelt ihre Hände. „Kleine Simone " Da saßt sie sich ein Herz. „Georg, mein Lieber — ich bin zu dir gekommen mit einer Bitte. Es ist nämlich Wir geben nächsten Diens ¬ tag einen Ball. Ich srene mich schon ganz schrecklich. Daher auch meine vielen Einkäufe. Wie ich angezogen sein werde, weiß ich selbst noch nicht recht. Wenn ich es auch wüßte — ich verrate nichts. Du sollst überrascht werden. Ich werde mich sehr schön machen — sür dich " „Du bist immer schön, kleine Simone " Er hat sie sanft an sich gezogen. Wenn er doch einmal das schreckliche Gefühl los würde daß er eine Schuld aus sich nehme, so ost er Simone küßt. Der Rahmen auf dem Schreibtisch scheint verzaubert. Anscheinend ist er leer. So ost Georg aber hinsieht, starren ihn zwei traurige Augen an. Mahnend, klagend, vorwurssvoll Es muß doch einmal überwunden werden. So geht es nicht weiter. Man kann sein Leben nicht in einem Zwiespalt verbringen. Es muß niedcrgelreten werden, dieses eiende Gejühl — nun erst recht — — „Georg —" Erschrocken, atemlos ist Simone vor ihm zurückgewichen. Starrt ihn entsetzt an. Da läßt er die Arme sinken. „Hab' ich — dich erschreckt?" fragt er leise, reuevoll. „Ja ..." Es klingt kindlich hilflos. Er sieht sie ratlos an. Sie ist doch noch ein Kind. Irgendwie ungeweckt — trotz allem. Sie ist ein Kind. Er schämt sich... „Was wolltest du mich bitten, Simone?" sragt er end lich hastig. Sogleich erhellen sich ihre Züge. „Also — ich möchte aus dem Ball gern einen kleinen Diener haben. Einen Boy in betreßtem Röckchen. Nicht wahr — du borgst mir deinen Ali? Rur sür den Ball, bitte!" Ali als Simones Diener Er wird sich weigern. Georg kennt den Kleinen. Er kann recht störrisch sein. Warum eigentlich? Ist es Stolz? Oder Haß gegen die Fremden? Unschlüssig sieht Georg das junge Mädchen an. „Ich möchte wohl, Simone, aber " Da horchen sie beide aus. Von unten schallt Lärm und Stimmengewirr, Iussuss Stimme dröhnt durch den Korri dor, alles übertönend. „Du Hund von einem Jungen! Du Galgenvogel! Du Diebsklaue! Ich werde es dem Doktor jagen, was du getan hast, du Sohn einer Spinne!" - . Georg hat die Tür aufgerissen und ist die Treppe hin« untergestürmt, gefolgt von Simone. „Was gibt es hier?" rüst er, noch unterwegs, in den kleinen, lebhast debattierenden Menschenknäuel, welcher den wütend gestikulierenden Koch und den Arabcrjungen um ringt. Ter Koch ist eben daran, Ali neuerlich zu packen und zu verprügeln, da stößt Georg die Umstehenden beiseite und springt in den Kreis. „Mrs soll das?" herrscht er den Koch an. „Der Junge gehört mir. Wenn er wirklich etwas angestellt hat, so steht es mir zu, ihn zu strafen und niemand anderem. Also — was hat Ali getan?" „Gestohlen hat er!" kreischt Iussuf und rollt die Augen. „Oder wagst du es, zu leugnen, du Hundesohn?" „Nein", antwortet Ali. Sein braunes Gesicht ist tief erblaßt. „Es ist wahr. Ich habe etwas genommen. Eine eingemachte Frucht. Weil ich großen Hunger hatte." „Weil der junge Prinz nicht warten konnte!" höhnt der Koch wütend, doch etwas verlegen. „Ich hatte noch keine Zeit gefunden, ihm sein Schüsselchen hinzustellcn. Da hat er mit seiner schmutzigen Pfote einfach in das Dunstobstgla» gegriffen!" Georg sieht Ali ernst in die Augen. „Das hättest du nicht tun diirsen." Der Knabe senkt den Kops. Sagt leise: „Ich hatte solchen Hunger. Dreimal habe ich ihn um ein paar Lössel Suppe gebeten. Er ist bei seinem vollen Teller gesessen und hat mich ausgelacht..." Nun ruht Georgs Blick aus dem settglänzenden Vols- Mondgesicht des Kochs. (Fortsetzung folgt.) romantischer Seele neuschöpserisch erweitert halte. Die Königin Mc-ric Antoinette hatte 177V den italienischen Operukoinponistcn nach Paris berufen, um die srauzösische Oper gegen Gluck zu „verteidigen" — was sür eine österreichische Prinzessin immer hin seltsam ist. Piccini. der m dem Mnsikantenslreit eine durch aus vornehme Haltung bewahrte, war seinerzeit durch seine komischen Lpcrn und auch durch sogenannte ernste Opern welt bekannt. Er komponierte auch Oratorien und andere kirchliche Werke. lieber die Aussindung der so lange vcrsckwllenen Leiche Piccinis sind nähere Einzelheiten noch nicht bekannt. Der ila- licnische Meister soll in seine Vaterstadt Bari übergesührt wer den. wo übrigens bereits das größte dortige Theater nach ibm benannt ist. So wird der Sohn Italiens endlich in heimisck)<r Erde ruhen. „2tellie" will „Mß" genannt werden Englische Hattsgehilfen fordern eine höflichere rZehandlnng Mißhandlung im Gefängnis Aufsehenerregender Prozeß in Lublin. Warschau, 25. November. In Lublin findet gegenwärtig ein aufsehenerregender Pro zeß wegen Gefnngcnenmißhandlnng statt. In einem Gesangc- nenloger im Lubliner Bezirk starben im Juni drei Gefangene. Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft stellte fest, daß der Tod infolge körperlicher Mißhandlungen und Verletzungen cingetreten war. Vor Gericht werden elf Mitglieder der Gefangenenwache soivie einige Angehörige der einzelnen Gcfangcncntrupps stehen. Die Mißhandlungen kannten nur unter aktiver und passiver Teilnahme des Gefangenenpersonals erfolgen. Für den Prozeß sind insgesamt 60 Zeugen geladen, von denen sich 37 noch in Gesangenschaft befinden. Der heilende Nervenschok Tokio, 25. November. Der japanische Arzt Dr. CH Ikcda, der an der Kaiserlichen Universität für Medizin eine große Rolle spielt, hat eine alte Methode der chinesisck)«» und japanischen Hcilkunst zur Behandlung von Rheumatismus und gewissen Ner venerkrankungen wieder belebt. Es handelt sich darum, daß man dem Körper durch leichte Verbrennungen in der Nähe des eigentlichen Krankheitsplatzcs einen derartigen Schob im Be reich des betroffenen Nervengebietes bcibringt, daß hier die Schinerzen nicht mehr gefühlt werden. In vielen Fällen ist im Zusammenhang mit dieser Methode eine radikale allgemeine Besserung des Gesundheitszustandes eingetrctcn. Natürlich ist die Behandlung recht schmerzhaft und besticht darin, daß im Lmife von 45 Minuten zwanzig kleine Verbrennungen in Kreis form bcigebracht werden. Die Hausgehilfinnen Englands haben sich zu einer Organisation zusnmmengeschlossen. um eine Reform in der Behandlung, in Löhnungs- und Urlaubsfragcn gegen die Arbeitgeber durchzufcchtcn. In England ist cs üblich, daß die aus den englischen Lust spielen ja bekannten Diener und Hausgehilfinnen mit „Jeeves" oder „Nellie", auf jeden Fall aber beim Vornamen gerufen wer den. Hiergegen wcndct sich die „Nationale Vereinigung der englischen Hausgehilfen", die vor kurzem gebildet wurde. Die Vertreter dieser Organisation fordern in Zukunft von ihren Arbeitgebern, mit Miß oder Mister gerufen zu werden. Die Ge wohnheit. die Hausangestellten mit dem Vornamen zu rufen, lei veraltet, sie zeuge von einer unsozialen Gesinnung und sei deshalb abzuschasscn. Ein weiterer Punkt der von der Hausgehilfenvercinigung ausgestellten Karte, betrifft die „Kluft", die Anzugsfrage. Auch hier wird eine Reform gefordert. Es sei zum Beispiel lächerlich, wenn die Dicnstmädckzcn heute noch mit einer Spitzenkappe im Haus hcrumliefen. Diese Kopfbedeckung stamme aus einer Zeit, in der es allgemein üblich war. auch zu Hause bedeckt zu gehen. Es sei ein Requisit der Vergangenheit, das abgeschasst werden müsse. Die Vereinigung Ist noch jung, auch die Zahl ihrer Mitglie der noch nicht sehr zahlreich. Trotzdem verspricht sie größeren Umfang anzunehmen und zu einer Art „Revolutionsgarde" gegen veraltete S'ttcn im Haushalt anzuwachsen. Tlemcrkcnsivert Ist auch, daß sich der Gcneralrat der „Trabes Union Conareß" für -I« Erfüllung der Forderungen eingesetzt hat. Die Aufnahin« der Proklamation — einen solchen Charakter trägt die Veröffent lichung der Karte nut den verschiedenen Acndcruugsoorschtägen — soll bei den englischen Hausfrauen ruhig gewesen sein Nichts destoweniger hat man bisher noch keine Anstrengungen gemacht, den Forderungen entgcgcnzukommen. Mögen die ersten beiden Punkte, die den Mißtitel und das Hausgehilfcnhäubchen betreffen, der Oelfcntlichkcit auch ein Lächeln abnötigen. die übrigen Punkte werden auch in England schon ernster beurteilt. Sie betreffen nämlich soziale For derungen, die zum Beispiel in Deutschland bereits ihre Verwirk lichung gefunden haben. Es wird nämlich in der „Karte" verlangt, daß den Haus gehilfen in jedem Jahre einen Urlaub von 14 Tagen bewilligt werde Falls der Vertrag nur aus ein halbes Jahr abgeschlossen wurde, so soll der Urlaub trotzdem, und zwar in einer Länge von einer Woche gegeben werden Da die Lohnhöhe in verschie denen Haushalten noch sehr verschieden ist. wird sowohl für Groß-London wie sür die Provinz ein Festgehalt vorgeschlagen. Ferner wird gefordert, daß den Hausangestellten grundsätzlich das gleiche Essen zugcstandcn iverden soll wie dem Arbeitgeber. Auch die Wohnungsverhältnisse seien für die Hausangestellten oftmals noch mangelhaft. Es müsse daher als Mindcstnonn ein separater Schlafraum mit einem Bett und einem Tisch gefordert werden. Kein Zweifel, daß diese Forderungen In kurzer Zeit, wenn die Organisation zahlenmäßig weiter angewachsen ist, dring licher wiederholt werden. Fraglich allerdings, ob sie in ihrer Gesamtheit oder nur teilweise erfüllt werden.