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UL. Jahrgang Morgen-Ausgabe der SUrdt Lerpzrg Nr. 626 Montag, den V. Dezember m»i»alllch M. LSL Luch Lt« «»»«rhali De.Ilchla.d« M. r.7^ »«»»«liahklia M. a2L; 4N»ra«n-Aiil^>b« l.7^ Ad*»LA,«s<»L« M. l.tla. M. 1.80 »»«atUch I«»LI»<t«»lia V»std«a«ü,,»I»r>. I» Pt, t* Pt. Haupttchrtftleiker: Dr. Erich Eoerkh, Leipzig. N ud: i» 'pr<!>k g«r»<p»«ü . Lc^iIftleUu.g »«L <??'chLsl1ß»^«: 2»t<>»n!«tza>ie Verlag: Dr. Neinhold L Co, Leipzia. ,9lk Anzeigenpreis: »'A- v Äehkrden Im a«n. Teil LI« Koloneljrll« 8U Pi. ». auj» Vf.: Trurrung^ii Ichlrg: L't ll,: klein« Lnj«Igeo dl« X.lonelzeU« 11 Vf., >:u- ' c!- '> Vi Vapltrnoljiifchliq: Uedcr 210 Hellen lX)',. H«IL>Sftsan>e'?«n mit Viakov cn Platz und D»tc»vo:sch:ill »dae 0iidinLtI»krN. ,.il!a«ji»g« ttl. 7.— Lai ^auj«nL «atlchl. r»t<;«>»a»e. und N >X1. — raNIche kLoai» 7W0. Ruhe in Berlin Die deutsche Negierung und die Auslieferung des Kaisers Haag, 8. Dezember. (Eigener Drahiberlcht.) «NleuwS Bureau" meldet aut London: Die deutsche Regie rung hat soeben beschlossen, sich der Forderung der Entente, dah der Kaiser und der Kronprinz vor einen internationalen Gerichts hof gestellt werden, um sich gegen die vorgebrachten Anschuldi gungen zu verteidigen, nicht zu widersetzen. Die deulsche Regierung hat der holländischen Regierung ihren Standpunkt in dieser Angelegenheit mikgeleiit. Der Kaiser vor ein englisches Gericht- Haag, 8. Dezember. (Eigener Drahtbertcht.) «Nteuws Bureau" meldet aus Paris: 2m Justizpalast ist man der Ansicht, daß die englische Justiz für sich das Borrecht zur Verur teilung des Kaisers fordert, weil er in England wegen Mordes durch Zeppeline schon zweimal zum Tode verurteilt worden sei. Die Auslieferung Falkenhayns und Lodendorffs soll nach einer Meldung der .Daily 9Nail" verlangt werden. Die Entente will angeblich deswegen bei Holland und Schweden vorstellig werden. Bedauerliche Vorgänge beim Einzug der Chemnitzer Alanen Lhem »lh, 8. Dezember. <S i g. Drahtberich t-f Die Lhem- nitzcr Ulanen sind am Sonnlag, nachdem sie erst einig« Tage in der Milt- wcidacr Gegend einczuartiert worden waren, nach Chemnitz zurück- gckchrt. Heule vormitlag tl Uhr worden sie «u vallhause i, Ebers dorf erwartet, wo sich ein zahlreiches PvdUvu» eUrgefondea hakt« und wo auch eine Legrüiznng geplant war. Zu dieser Begrüßung kam «S jedoch a ch'. Kurz vor der Ankunft an dem genannten Gasthaus« hakten mehrere Mitglieder des A- und S.-RateS, die unler Miiführung einer Lastautos dem Zuge cnlgegengesahren waren, die Ulanen aufgefordert, ihre Waffen abzugeben. Die Uiane, hakle« dies ver weigert, dabei aber gteichzeltig auch erfahren, dah i« zwei in der Ruhe lxsindlichen Bauerngütern Maschinengewehr« ausgestellt se'cn D c Entrüstung darüber war natürlich groß. Sie war die Ver- anlassung, dah mehrere Schüsse auf die Bedienung der Maschinen- gcwe rc ebs.egcben wnrden. Durch diese Schüfle wvrv«a ««hrere Per sonen der Bedienungsmannschaft verletzt, eia weiterer Teil dieser Mannschaft ergriff die Flucht. Der Zurückbleiben-« Teil und eine An zahl der Mitglieder d «S A.- und S - Rate - wurde» darauf von den Ulanen verprügelt. Die Mitglieder des A.- und S.-RaleS worden dann nach Waffen untersucht und unter scharfer Bedeckung im Zuge mitgeführt. Wenige Miaute« später ereignete sich eia weiterer Zwischenfall, indem daS Ulaaenregimcnt auf eine Abteilung von etwa IVObewafsneteaZafankeristea Pietz. Diese gab an, als .CHrenKompanie" den eiaziehende« Truppen «at- aegen^esandt worden zu sei«. Da sie aber scharf geladen hall««, brachte der Kommandeur ihnen Mißtrauen entgegen. Ansseiaen Befehl muhte» dl« Infanteristen ihre Gewehre zosammensehe«. Dies« .Ehrenkompanie" wurde ebenfalls uater scharfer Bedeckung im Zuge mitgeführt. Ohne weitere Zwischenfälle erreichte« dann di« U anen, von der Bevölkerung stürmisch begrüß«, ihr« Kaser««, wo Major Geste zu» Schloß ein« Ansprache hielt, indem er sich ond sein« Truppe zur Berfa gang der Regierung Haos«-Eb«rk stellte. Wahlversammlung der MehrheUssozialisten in Dresden X Dresden, 8. De^mber. (Drahtbertcht unserer Dres dener Schrtftleitung.) Henke vormittag fand im ZtrkuS Sarasiant die erst« Wahlversammlung der Mehr- heitSsoztalisten statt, die von ungefähr 4000 Personen besucht war. Nach einer kurzen Eröffnungsansprache des SkadkrateS Eggert hielt Dr. Gradnauer einen ost von Beifaü unterbrochenen Dor- trag über dt« Nattonalversammlung. Er betonte, daß di« augenblick liche Regierung nur via Provisorium sei, and daß über das endgültig» Schicksal Deutschlands das ganze Volk zu bestimmen habe. A for derte unter lebhafter Zustimmung die Einderufuug der Na tionalversammlung auf den IS. Januar und betrachtete eS als «ine der vornehmsten Aufgaben der zum IS. Dezember zu- sammenberofenen Reichskonferenz der Arbeiter- und Soldatenrät«, dies« Forderung mtt allem Nachdruck zu erheb««. Rach ihm »«rbreilet« sich der BolkSbeaufttagt« Buch über die Aufgaben deS Volkes, ohne fedoch neue Gesichtspunkt« vorzubringen. In der Aussprach« nahm nach anfänglichem Widerspruch der Versammlung ein Herr LiSke vom Dresdner Bürgerest daS Wort, um zu den Vorträgen der Volks beauftragten Stellung zu nehmen. Er betonte, daß die von jenen an di« Wand gemalt« Gegenrevolution nicht von rech«, sondern nur von links drohe. Die ruhigen und sachlichen Ausführungen des Redners fanden am Schluß den lebhaften Beifall der Versammlung. In den Reden der beiden Volksbeauftragten vermißte man vor allem eine klare Stellungnahme zu den Unabhängigen und auch zu der Spartakusgrupp«, mit denen man sehr glimpflich umging. Zum Schluß wurde einstimmig ein« Entschließung angenommen, in der di« beschleunigte Einberufung der Nationalversammlung gefordert wird. Die Tagung der Großberliner Soldalenritte Berlin, 8. Dezember. (Drahkbericht.) Bet schwach besetztem Haus« begann heute vormittag 11 Uhr tm PlenarflhungSsaat« des Reichstages die C Vollversammlung der Soldatenrät« Groß- berllnS. An Stelle deS bisherigen Vorsitzenden Gottschllng wird Eg« von den Fliegertruppe« tn Adler-Hof, etn alter Gewerk schaftler, gewählt, der auch sofort den Vorsitz übernimmt und Cohen- Neuß ersucht, ein« authentische Darstellung über di« Vorgänge der letzten Tage in Berlin zu geben. Dieser erklärte, man dürfe die Schuld an diesen Vorgängen nicht Ebert and Scheldemann geben. Eine Kom mission. dt« bei Ebort war, bat lhn, sich mtt einer Demonstration der Soldat«« für die Regierung einverstanden z, erklären. Ebert erklärt« ga»a korrekt, baß ihm diese Demonstratio« «ber- Itsttt« «M-»* MU ssttiSW Lo«tz, tzetzß Schwierigkeit«, deraüa. Die Inhaber und Direktoren der Firma Thyssen verhaftet Mülhelm (Ruhr), 8. Dezember. (Drahtbericht.) Die Firma Thysse« äe Co. protestiert i« einem Telegramm an deu Reichs kanzler Ebert gegen die Verhaftung der Herren August Thyssen und Frltz Thyssen sowie der Direktoren der Firma Dr. Roser, Dr. Werle und B « ck « r, die unter der Beschuldigung erfolg!«, am 5. Dezember einer Versammlung in Dortmund beigewohnt zu habe», i« der darüber berate» wordeu sei. die Entente zur Besehuag deS Industriegebietes herbeizucufen. Demgegen über erklärt die Firma Thyssen L Lo^ daß sich au diesem Tags Kerner der erwähnten Herren iu Dortmund befand, vielmehr August Thyssen i» Osnabrück in der Marieuhülkea-Bersammlung, Fritz Thyssen i« Hamboru-BrockHausen bei der Gewerkschaft Deutscher Kaiser, die Direktoren Roser and Werte bei deu Werke« i« Mülheim, Direktor Becker zur Beerdigung iv Duisburg und im übrigen la Mülheim weilte. Der Ruhesitz Hindenburgs Berk», 8. Dezember. (Drahlbertchk.) Aos Lüneburg wird gemeldet, daß Generalfeldmarschall von Hindenburg nach vollendeter Detnobilisierung in der Nähe der alte« Heidestadt sich zurAuhe sehen wird. tst kein Patriot. Würde sich «ine Gegenrevolution ergeben, dann wäre Deutschland auf ewig erledigt. Heute fanden Massendemon strationen der Arbeiter statt. Die geringste Kleinigkeit könne zur Explosion führen. Zar Beruhigung könne er sagen, dah man keine Differenzen zwischen dem VollzugSrnk an der Regierung zu wittern brauche. Als er hierauf bemerkte, daß eine Sprengung der paritätisch zusammengesetzten Regierung eine Sprengung Deutschland- bedeute, erntete er stürmischen Beifall. Auf Vorschlag deS Vorsitzenden ehrte die Versammlung die Opfer vom Freitag durch Erheben von -en Sitzen. Ein Antrag, bei den Wahlen zur Delegiertenversammlung ond bet der Wahl eines Zentralrates der A.- und S.-Räte Deutschlands an dem Grundsatz der revolutionären Parität zwischen Arbeitern und Soldaten feffzuhalten, wird abgelehnt. Es liegen noch Anfragen und Anträge vor bezüglich der Ein ladung der Sowsetrezierung zu der Tagung deS Zentral rates, über die Verausgabung von 800 Millionen Mark in vierzehn Tagen und über die allgemeine Finanzlage. Diese Punkte werdeu dem 61 ebenerausschuß überwiesen. Etn Bericht über die Ent scheidung des Kriegsministers betreffend Ablehnung der Entschädigung für Vertreter aufgelöster Formationen ruft noch eine erregt« Aus sprache hervor. ES wird dt« Vermutung ausgesprochen, daß -<e Ossi- zi«re wieder an die Stelle der Soldatenrät« gesetzt werden sollten, da niemand ehventamtlich oder bet der gewöhnlich en Nknrnschafttlöhnung die Arbeiten verrichten könne. Die Ent schä- digungSfrage wird vertagt. Nächste Sitzung Mittwoch -ea 11. Dezember. S Uhr. Schluß KS Uhr. Tür einen Rechtsfrieden k Dernburg über die bürgerliche Erneuerung Deutschlands. Derlia, 8. Dezember. (Drahtbertcht.) Die pazifistischen Orgautsattone» «Deutsche FrledenSgesellschaft", «Deutscher Frauenausschuß für dauernden Frieden", Bun- «Neues Vater land" und «Zentralstelle für Völkerrecht" veranstalteten heute nach- mittag im Opernhause eine Kundgebung/für einen RechtSfrteden als Appell an das WeltLewtssen. 3n der gut besuchten, etwa drei Stunden dauernden Versammlung sprach Staatssekretär a. D. Dr. Dernburg: Der Siegestaumel über den Zusammenbruch der gefürchtet» deutschen Aeeresmacht und die Hoffnung auf reiche Beute haben unsere Gegner geblendet. Wenn wir nicht konkurrenzfähig bleiben, können wir keinen Schadenersatz leisten. Die kindlichen Ideologen im Westen und Süden werden von der Beitreibung der Entschädigung nicht verschont bleiben. Im brennenden Haus« zanken sich Minori täten um die Herrschaft. 3» drei Wochen haben wir entweder die Konsütuankc oder di« Feinde iu Berlln. Die Volksmehrheit tst bereit, mit der Regierung durch dick und dünn zu gehen. Deshalb erheben wir leidenschaftlichen Protest gegen die Verkragübrüchigkeit unserer Gegner. Wir lassen uns unser unveräußerliches Recht aus Leben und Arbeit nicht nehmen. Wir rufen das Weltgewissen an. Menschenunwürdige Strafen zu verlangen, schadet auch den Strafenden. Die sittlichen Ideale haben uns auch nach Tilsit wieder erhoben. Die bürgerliche Er neuerung Deutschlands muß erwiesen werden durch Auf richtung eines neuen sozial und demokratisch gerichteten Reiches. Schuldig sind alle Völker durch ihre Gehelmdiplomatie, Ihren Militarismus und Ngvalismus ihre Länder gier geworden. Line neue Gemeinschaft, auf Sittlichkeit und Brüderlichkeit gegründet, muß erstehen. Der Grundsatz der Wiedervergeltung ist eine Verneinung deS Rechtsbegriffes. Der Gewaltfrlede ist unvereinbar mit den 14 Punkten Wilsons, die auch unsere Feinde unterschrieben haben. Professor Schücklng - Marburg: Durchhalten bei der großen wirtschaftlichen Kraft der Feinde war unmöglich, «der geschriebenes Recht wird nur Bestand haben, wenn es mit dem Naturrecht übereinsttmmt. So auch der Völkerbund. Wir kommen zu unseren Feinden nicht als Bittende, nicht als Drohende, wir fordern nur unser Recht. Ueber das Dunkel dieser Tage leuchtet der Gedanke der Solidarität der menschlichen Gemeinschaft. Ssiegt fe< k nicht die Idee der Gerechtigkeit, so haben wir den Dauer krieg ond die Verelendung der Menschheit. Ls wurde eine Ent schließung angenommen, wonach der Völkerbund nicht zu einem Institut der wirtschaftlichen Versorgung Deutschlands werden dürfe, sondern WilsonS Bedingungen müßten für die Idee eincS Rechts friedens grundlegend sein. 3m Namen des Meltgewissens seien alle pazifistischen Organisationen der Gegner wie der Neutrale» aufgerufen, dies« Idee zu unterstütze». Die Lage in Berlin Die Darstellung der Unabhängigen. — Die Schuld der Re^eriMA, 22 Versammlungen am Sonnlag. O Berlin, 8. Dezember. (Drahtbericht unserer! Berliner S ch r i f t t e i t u n g.) Es scheint sich nun doch her* auszustellen, daß die Vorgänge vom ictzten Freitag nicht ganz fällig, nicht bloß aus einer augenblicklichen Situation heraus ent- standen sind. Ganz klar sicht man zwar auch seht noch nicht. D«v> ist nicht möglich in einem Lande und unter Zuständen, wo Kommas üankur und Generalkommando gezwungen sind, sich unter Berufung auf Z 11 des Preßgesetzes gegen schiefe und tendenziös« Schilderungen der amtlichen Depeschenbureaug zur Mehr zu setzen. So bleibt man zur Aufhellung des Tab, bestandes einstweilen aus die Bekanntmachung der Regierung vomi gestrigen Sonnabend angewiesen, die an der Verhaftung d eF Vollzugsrates einem Filmschriftskeller, einem Vizeftld- webel und zwei jungen außeretatmäßigen Beamten deS Auswär tigen Amtes, und an dem Auszug der Truppen nach der Lhausseestraße einem Mitglied des Soldatenrates Schuld gibt. Die «Freiheit" zwar, die schon seit Lagen auch mit der Lupe kaum mehr von der Luxemburgschen «Roten Fahne" zu unterscheiden ist, weiß mehr. Die hat bereits eine ganz weitverzweigte «gegen revolutionäre" Organisation entdeckt, die «Rotes Herz' heißt und deren Seele und Inspirator ein Herr Marten sei, von dem eben jetzt ein Film unter dem gleichen zündenden Namen an den Ber liner Anschlagsäulen angenündigt wird. Diese Organisation führ» den Untertitel «Truppenempsang, Vereinigung Deutscher Frauen", erfreue sich der Protektion des Stadtkommandanten von Berlin, des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneken WelS, hätte Zweigstellen in Hannover und Königsberg und scheine der Deck mantel für eine systematische Vorbereitung der Gegeurevoivtionr zu sein- Beweis: Die Führer der Truppen, die am Freitag aus die Spartakusleute geschossen, hätten eine schwarzrok eingefaßte Binde mtt rotem Herz getragen, und — wie schrecklich — auch ihr Losungswort hätte «rotes Herz' gelautet. Das sind vorläufig alles Behauptungen, zumal von Herr- schäften, di« in den letzten Tagen mehrfach gezeigt haben, daß sie mtt der Wahrheit nicht gerade ängstlich sind, und deren Ausruf zu den heutigen großen Massenversammlungen die Dinge ein fach auf deu Kopf stellt. Aber angenommen selbst, es wäre wirklich so, wozu die moralische Entrüstung? Und wie närrisch, von Vergehen gegen Recht und Gesetz zu sprechen und aus der kleinbürgerlichen Kommode Werturteile hervorzuholrn, nachdem alle diese schönen Dinge von den nämlichen Personen mrd Gruppen - außer KurS gesetzt worden sind. Predigen nnä .Freiheit" und «Rote Fahne" nicht täglich: wir sollen uns das «p o l i z e i st a at - liche Denken" abgewöhnen: Urquelle alles Rechtes sei die Macht und nur die Macht, das heißt Maschinengewehre und Kara biner. Kann man es dann Leuten, die auch über Maschinen gewehre und Karabiner verfügen, verübeln, wenn sie der Macht, di« ihnen nicht gefällt, di« eigene gegenüberzustellen versuchen? Das mag unpraktisch, im Moment vielleicht auch politisch unklug sein, aber zu irgendwelcher moralischen Entrüstung hoben weder die Unabhängigen noch die Eparlakusleute Len geringsten Grund. Gestern haben in Berlin Anhänger des Spartakus bundes Soldaten des Sicherheitsdienstes entwaffnet, ihnen Maschinengewehre obgenommen und an den Straßenecken ausge stellt, um damit friedliche, ihren Geschäften nachgehende Bürger zu bedrohen. In diesem Augenblick ist auch die Fiktion des Rechtsstaates zerrissen worden. Ueber uns herr schen eben Gewalt und der rohe Zufall, und die werden so lang« herrschen, bis die Regierung sich auf ihre elemen tarste Pflicht besinnt und nicht mit Säulenanschlägen und Ansprachen, sondern durch die Tal die Ordnung in Staat und Leben, Arbeit und Eigentum der Bürger schützt. In der ganzen Berliner Presse ist denn auch nur eine Stimme darüber, -ah die eigentliche Schuld an dem beklagenswerten Vor gang vam Freitag die Regierung selber trifft, diese Re gierung, die zu keinem Entschluß kommen kann, weil sie zu gleichem Rechts Freunde und, wie cs nach der Sprache ihrer Blätter den Anschein hat, Todfeinde des gegenwärtigen Reg mes vereint. So liegen die Dinge, und well sie so liegen, hat man in Berlln dem heutigen Sonntag nur mit Banken enkqcgcngesehen. Nicht weniger als 22 Versammlungen wurden heute gehalten, darunter vier der Unabhängigen und Sparkaknsieuie unler freiem Himmel. Man nahm allgemein an, daß nach der Versammlung die Leute auf die Straßen ziehen und dann wieder Zusammenstöße erfolgen würden. tj)as ist, soweit wir im Augenblick zu übersehen ver mögen, nicht gescl-ehen. Es regnete seit dem frühen Morgen, und diesem erkältenden, in Massen herabströmcnden Regen ist es wohl zu verdanken, daß sick keine Straßen Kämpfe entwickelten. Tagsüber lagen die Straßen -er inneren Stadt in tiefer Ruhe. Auch am Königsplah, wo die Unabhängigen um die Mittagsstunde getagt hatten, war schon um iss Uhr nichkS mehr zu spüren. Nur gegen Abend zogen vom Treptower Park, wo die Spartakusbrüder sich versammelt haben, ein Haufen Männer und Fronen, tn dem sich aber nur vereinzelte Soldaten befanden, mit Plakaten, roten Fobnen und unter Hochrufen auf Liebknecht und die Entwaffnung aller Aktiven und Offiziere, über die Linden und die Budapester Straße nach dem Potsdamer Platz. «ttd. Berk«, 8. Dezember. sNtchkamMch.) Der Propagandaausschutz -er soztuldemokrattscheu Parket hotte heute vormittag Versammlungen tu 1A Lokalen Groß-Berlin- veranstaltet, dt« gut besucht waren. Bekannte FOHrer der Partei, wie Bauer, Ebert. Ernst, Göhre. Heine, Scket-amann, Schöpflin, Glückten und Wekz. h-'elken Vortröge über -aS gemeinsam« Thema: Soztali-mu- und Demokratie. Die Versammlungen nahmen etnen ruhigen Verlauf. Nach Gckiuß derselben zogen -t» Teilnehmer tn Trupps von mehreren hundert Monn unter Vovantragu» roter Fahnen »ach de» StadMuem. wo sie sich datd «ftöstea. Dke uE