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XVI Ottos Vorrede. ben und unreif nannte. Auch der Gesetzgeber Moses, mit dem Gott wie ein Nachbar mit seinem Nachbarn redete, und den er mit göttlicher Weisheit erfüllt hat, erröthete nicht sich in aller Weisheit Aegytens unterrichten zu lassen. Hat denn nicht der vom Vater der Völker bestellte Erzvater Abraham, unterwiesen in chaldäischer Wissenschaft und mit Weisheit geziert, auf den Ruf Gottes seine Sitten 'aufgegeben, die Klugheit aber nicht fahren lassen? Und doch ist das große Babylon, das nicht nur durch Weisheit ausgezeichnet, sondern auch gefeiert war unter den Rei chen und berühmt im Stolze der Chaldäer, H nach Jesaias Weis sagung ohne Hoffnung eines Wiederaufbaues ein Ort der Sirenen geworden, ein Haus der Drachen und Strauße, ein Schlupfwinkel der Schlangen. Auch Aegypten, erzählt man, ist großentheils unbewohnbar und unzugänglich. Daß von hier die Wissenschaft auf die Griechen, dann auf die Römer, endlich auf Gallier und Spanier übertragen worden, wird der aufmerksame Forscher der Geschichte finden. Und es ist zu beachten, daß alle menschliche Macht oder Wissenschaft vom Orient ausgegangen ist und im Occident ihr Ziel findet. So wird dadurch die Flüchtigkeit und das Schwinden der Dinge angezeigt, was wir, so Gott will, auf den folgenden Blättern ausführlicher Nachweisen wollen. ' Weil also auch dadurch und durch derartiges die Wandelbar keit dieser Welt bewiesen wird, hielt ich es für nöthig auf Deine Bitte, treuester Bruder Jsingrim, die Geschichte zu schreiben, um damit unter Gottes Gnade das Elend der Bürger Babylons und auch die nach diesem Leben zu erwartende und im Voraus zu schmeckende Herrlichkeit des Reiches Christi den Bürgern Jeru salems zu zeigen. Ich habe mir nun zur Aufgabe gestellt, die Kämpfe und Trübsale der Erdenwelt, so Gott will, bis auf unsere Zeit herab darzustellen, auch von der Hoffnung des zu künftigen Reiches, soviel ich aus den Schriften sammeln konnte, II d. h. in dem, was ihr Stolz war, nämlich ihrer Wissenschaft. Luther überseht: „die herrliche Pracht der Chaldäer." S. Jes. 13, IS—22.