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Otto's Vorrede. XV verständige Leser nicht sowohl Geschichten als die kummervollen Trauer spiele menschlichen Unglücks finden können. Freilich ist das, wie wir glauben, nach dem weisen und vorsichtigen Rathschlufse Gottes, des Schöpfers, geschehen, damit die thörichten Menschen, die in irdi schen und hinfälligen Dingen zu haften wünschen, wenigstens durch deren Wechsel abgeschreckt werden, auf daß sie vom Geschöpf zur Erkenntniß des Schöpfers durch das Elend des schnell vorüber gehenden Lebens verwiesen werden. Wir aber, die wir gleichsam an das Ende der Zeiten gestellt sind, haben nicht sowohl in ihren Büchern den Jammer der Sterblichen gelesen, als vielmehr ihn aus den Erfahrungen unserer eigenen Zeit in uns gefunden. Denn, um von Anderem zu schweigen, das Reich der Römer, das im Buche Daniel wegen seiner einzigartigen Herrschaft über den ganzen durch Krieg unterworfenen Erdkreis — Monarchie nennen es die Griechen — mit dem Eisen verglichen wird, ist durch so viel Wechselfälle vornehmlich in unseren Tagen aus dem erhaben sten beinahe das geringste geworden, so daß von Rom, vom .römischen Senat und Volk der Dichter jenes Wort gesprochen zu haben scheint: Kaum noch besteht vom großen Namen ein Schatten. Das Reich nämlich, das von Rom auf die Griechen, von den Griechen auf die Franken, von den Franken auf die Longobarden, von den Longobarden auf die Deutschfranken überging, ist nicht nur an Alter ein Greis geworden, sondern hat auch durch seine eigene Bewegung, wie der in den Gewässern hierhin und dorthin geworfene Kies, mannigfachen Schmutz und mancherlei Entstellungen an sich gezogen. Es zeigt sich also selbst am Haupte der Welt das Elend der Welt, und sein Fall droht dem ganzen Körper den Untergang. Aber ist es ein Wunder, daß die menschliche Macht veränder lich ist, da doch selbst der Sterblichen Weisheit vergänglich ist? Denn in Aegypten ist, wie wir lesen, die Weisheit so groß ge wesen, daß man, wie Plato sagt, die griechischen Philosophen Kna- . H*