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Vorrede zu Otto's, Bischofs der Freisinger Kirche, „Buch von de» beiden Staaten" an Jsingrim. Durch häufiges und vielfaches Nachdenken über die Bewegung und den schwankenden Zustand der zeitlichen Dinge, ihren mannig fachen und ungeordneten Verlauf finde ich in Folge vernünftiger Betrachtung, daß man an ihnen vorübergehen und sie unbeachtet lassen muß, wie ich ja auch sehe, daß der Weise keineswegs an ihnen hafte. Denn es ist des Weisen Pflicht, nicht nach Art des flüchtigen Rades sich zu drehen, sondern in der Stätigkeit der Tugenden nach der Weise eines wohlgefügten Körpers sich zu be festigen. Denn wer wollte mit gesundem Menschenverstände leug nen, daß der Weise, da die Veränderlichkeit der Zeiten nicht still- stehen kann, von ihr sich wenden soll zu dem stätigen und bleiben den Reiche der Ewigkeit? Das ist das Reich Gottes, das himm lische Jerusalem, nach dem die auf der Pilgerschaft befindlichen Söhne Gottes seufzen, durch die Verwirrung der zeitlichen Dinge wie durch babylonische Gefangenschaft belastet. Denn da es zwei Reiche giebt, ein zeitliches und ein ewiges, ein irdisches und ein himmlisches, eines des Teufels und eines Christi, so nannten die katholischen Schriftsteller jenes Babylon, dieses Jerusalem. Weil aber sehr viele Heiden, um die Thaten ihrer Ahnen den Enkeln zu empfehlen, über das eine dieser Reiche mehrercs geschrieben haben, so haben sie nach ihrer Ansicht viel Zeugnisse ihrer Tugenden, nach dem Urtheil der Unseren aber die Aufeinanderfolge des Elendes uns hinterlassen. Es bestehen darüber die herrlichen Schriftdenkmäler des Pompejus Trogus, Justin, Cornel, Barro, Eusebius, Hieronymus, Orosius, Jordanis und Anderer mehr von uns und ihnen, die aufzuzählen zu lang wäre; in ihnen wird der