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Brief Heinrichs IV. 113 mit mahnenden Worten bei Gott, bei seinem Schwur, beim Heile , seiner Seele, er möge, wenn ich für meine Sünden von Gott gestraft werden müßte, doch keinen Schandfleck seinem Leben, seiner Ehre und seinem Namen durch sein Vergehen an mir aufbrennen, weil keine Bestimmung des göttlichen Gesetzes je den Sohn zum Rächer der Schuld des Vaters berufe. Aber jener, schon schön, vielmehr schon erbärmlich zur Bosheit erzogen, begann, ein solches Verbrechen als abscheulich und fluchwürdig zu verwünschen. Und zu meinen Füßen sich niederwerfend, hob er an, für das Vergangene Verzeihung zu erbitten, mir mit Thränen zu versprechen, daß er künftig wie ein Vasall seinem Lehnsherrn, wie ein Sohn seinem Vater, mit Treue und Wahrhaftigkeit mir in allen Dingen gehor samen werde, wenn ich nur mit dem apostolischen Stuhle mich ver söhnen wolle. Als ich ihm auf das Bestimmteste zugesagt und versprochen hatte, daß ich mich darin ganz seiner Erwägung und dem Rathe der Fürsten anvertrauen wolle, versprach er, mich an diesem Weih nachtsfeste nach Mainz führen und dort über die Wahrung meiner Ehre und meine Versöhnung in aller möglichen Treue verhandeln zu wollen und gelobte, mich von da in Frieden und Sicherheit zurückzuführen in der Wahrheit und Treue, mit welcher nach Gottes Befehl der Vater vom Sohne geehrt, der Sohn vom Vater geliebt werden soll. Durch dieses Versprechen, das auch dem Heiden unverbrüchlich gilt, sorglos gemacht, brach ich dorthin auf. Mein Sohn war mir bereits um ein Weniges vorangeeilt. Und siehe, einige von meinen Getreuen, die zu mir kamen, be haupteten sehr wahr, daß ich hintergangen und verrathen sei unter dem falschen Gelöbniß von Frieden und Treue. Mein von mir zurückgerufener Sohn aber, wiederum inständigst von mir ermahnt, versprach jetzt zum andern Male mit gleichem Schwur und Treu eid, daß er mit seinem Leben für das meine bürge. Als ich nun nach einem Orte, der Bingen heißt, gelangt war — es war am Freitage vor Weihnachten — da vermehrte 1) 22. Dezember 1105. Geschichtschreiber. Liesrg. 60. Otto v. Freising. 8