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104 Chronik Bertholds. demüthige und arme im Geiste. Nachdem sie den königlichen Schmuck abgelegt und unter die Armen Christi und die Kir chen vertheilt hatte, trug sie nur geringe Kleidung, nicht nur hierin sondern in Allem darauf bedacht, alles Ueberflüssige zu vermeiden. Sie war gewohnt, sich als ihre eigene Anklägerin in täglicher Beichte, nicht nur ihrer Werke sondern auch ihrer unordentlichen Gedanken und Träume, zu reinigen. Sie sah nämlich sehr darauf, beständig Gewissensräthe, welche sie als frömmer und klüger als die übrigen kannte, als unzertrennliche Begleiter um sich zu haben, und war bestrebt, sich durch ihre tägliche Vorlesung, ihren Umgang, ihre Regel und heilige Be trachtung gegen Alles sicher zu stellen, denn welche Bürde sie ihr unter der Pflicht des Gehorsams auch auferlegten, sie trug sie als freiwillig Gott untergeben. Ihr Fasten war einfach und nicht übertrieben, ihr Tisch bescheiden, nüchtern und wun derbar mäßig und bei ihrem Mahle wurde immer aus den heiligen Schriften vorgeleseu, was ihr auch eine Speise war und eine erfreuliche Erquickung der Seele. Dabei wurde Christus in den Armen immer sorgsam als Gast bedient. Sie machte sich nämlich mit dem ungerechten Mammon Freunde, damit diese sie, wenn es ihr an Allem fehlte, in die ewigen Hütten aufnähmen denn was sie aus ihren Erbgütern beziehen konnte die einer so hohen Dame reiche Einkünfte lieferten, das ver theilte sie, ihren nöthigsten Bedarf ausgenommen, täglich sorg sam an dergleichen Bedürftige. Warme Bäder und weiches Lager mied sie gänzlich; ihr Lager war häufig die Erde oder sonst etwas Hartes, mit einer Binsenmatte, einem Teppich oder etwas wenigem Stroh nothdürftig ausgestattet, und wenn sie ihren schwächlichen Körper, vom Schlafe übermannt, ein wenig erquickt hatte, eilte sie sofort unverdrossen zur Vigil und ihren sonstigen Gebeten, sie, die Christus im Herzen trug und sein r) Anspielung auf das Gleichniß vom ungerechten Haushalter, Ed. Luc. 18, s.