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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.01.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191801277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19180127
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19180127
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-01
- Tag 1918-01-27
-
Monat
1918-01
-
Jahr
1918
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Sette 2. Nr. 4v. Sonntags-Ausgabe Leipziger Tageblatt Sonntag, 27. 3anuar 1S18 Lin Christentum dieser Art erscheint vielen unter mit echter als das Christentum anderer Leute, denen während -er KriegtM da» Dach der Makkabäer den Inbegriff der Bibel auszumacheu scheint. Vo» Frle-ensongedot des Kaiser« vom Dezober ISIS patzt orga nisch in die Linie seines Ledens. Lr ersehnt -en Frieden gewltz auch deshalb, w«Ü er 'ich bewußt ist, -atz er mit seinen vielseitigen fried lichen Interessen -en großen Aufgaben ' de« Aus baues gegenüber wieder in seinem Elemente sein wird. Wir aber brauchen gerade in der Zelt unmittelbar nach dem Frledensschluß, die für die Gestaltung der Zukunft des Erdteiles von größter Bedeutung fein wird, so dringend wie je einen gerelfken Mann an der Spitze des Reiches. In solcher Uebergangszelt können wir ans keine — menschlich noch so natürliche — sugendliche Lebhaftigkeit und Freude an der Einsetzung und Aussetzung der eigenen Persönlichkeit des Herrschers wünschen, wie wir sie etwa in dem ersten Jahrzehnt der Regierung Wilhelms II. erlebt haben. Das Leben deS Kaisers ist heute und nach dein Kriege besonders kostbar. Manche stürmische Hoffnung wird er nicht erfüllen, aber die Mehrzahl der Bürger des Reiches wird ruhiger leben nach so viel Unruhe, wenn sie an seiner in so vielem Betracht ausschlaggebenden Stelle einen Mann weiß, zu besten geprüfter Menschlichkeit sie tiefbegründetes Ber- trauen hat. In diesem Sinne sagen wir heute, in größtem Ernst and ohne einen Schalten von Phrase: «Lang lebe der Kaiser!" Hauptausschutz (Fortsetzung von Seil« t) Staatssekretär von Kühlmann Ich glaube auch, daß die Entwicklung des öffentlichen Ledens bei uns in der vom Abgeordneten Siresemann gewünsch ten und angeregter Weise verlausen wird. Und wenn ich ein'ge Gründe ansühre, warum die Offensive der öffentlichen Rede bei unfern Gegnern leichter füllt, so geschieht das nicht, weil ich dem Gedanken nicht- symplhisch gegenüberstünde, sondern nur um zu erklären, warum die Ding« so sind, wie sie sind. Unsere Minister sind in unendlich viel höherem Maße a!s dies bei den Ministern in England der Fall ist, oft zugleich Chef ihrer Ressorts, sind mit Restortarbeiten in ganz anderer Weise überlastet als in England, wo der Minister in erster Linie Politiker ist und die Resforliätigkeli bei ihm absolut in zweiter Linie steht. Das geht schon daraus hervor, daß dort derselbe Mann innerhalb weniger Jahre vier oder fünf der dtüporatesten Ressorts nach« »ander verwaltete. Ein« fast zweihundertsährige parlamentarische Tradition liegt in Eng land vor, und in England gehören öffentliche Reden, insbesondere die öffentlich Rede bei politischen Zweckessen zu den allen und feststehen den Gewohnheiten. In England ist es ganz seldstoerstündlich, daß -er Minister sozusagen zwei Persönlichkeiten hat, die «ine offiziell, wo er ex cstiierirL spricht uns meistens die Ansicht de» Kabinetts nach vorheriger Beratung vertritt, und die zweit« ist «den die, in diesen öffentlichen Reden hervorlretend, wo er sich häufig recht große Abweichungen von der orthodoxen RegierungSpolilik leisten kann. Bei unS ist diese Auffestung noch nicht durchqedrungen. Jede Aeußsrung eines Staatssckretäis oder Ministers würde mit der gewissenhaften Weis« und mit der Entwicklung des kritischen Geistes, öle eine der größ ten Eigenschaften der deutschen Ration üarstelll, aus der Wagschale ge wogen, seziert and analysiert werden. Und ich glaube, daß das Bestreben weiter Kreise dahin gehen würde, zwischen den Aeußerungen der einzel nen Minister Abweichungen im Tone usw. sestzustellen. Deshalb also wördo das bis zu einem gewissen Grade ein« Schwächung der Rogie- rpngspolitik bedeuten. Besonders bet unserer Verfassung, "die eben iwr «ine» wirkliche» verantwortliche» Ml»lper, nämlich den Reichskanzler, im Reiche kennt, oürd« es nicht ganz leicht sein, bei einigermaßen bedeutenden Gegenständen ohne vorherige Festlegung deS Textes mit dem Herrn Reichskanzler d«rarttge Reden zu hallen. Das ist ohne weiteres zu ersehen. Manchmal sind sa An läufe gemacht worden. Ich erinnere an den großen, and. wenn ich nicht irre, auch erfolgreichen Redeseldzug, den seinerzeit Herr Dr. Der»- barg als Staatssekretär, des Rcichskolonialamtes unternommen pal. Und wenn die Entwicklung in dieser Richtung bei uns weitergeht, so will ich das durchaus begrüßen. Denn se mehr di« Regierung Gelegea- hell nimmt und bekommt, unmittelbar aus di« öffentliche Meinung des Landes einzuwirken, das sie zu vertreten hat, desto güustiger. Zu den Brmerkungeu des Grase» Westarps übergehend, möchte ich sagen, er stand abweichendvon derMehr- zahl der Redner, die hier zu Worte gekommen sind, dem Verlaus und Leu Methoden der Verhandlungen in Brest-Lilowsk ausgesprochen kritisch gegenüber. Wenn ich ihn recht verstanden habe, so ist eigentlich der Punkt, in dem er am stärksten differiert, der, wo die Delegation sich nicht auf den Standpunkt der Annexion gestellt hat. Dieses Wort ist. wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, nicht gefallen. Aber in dieser Beziehung gibt es nicht sehr viele Begriffe, und ich glaub«, seine Aus- führungen deuteten darauf hin, daß er diese Besitzergreifung, fußend auf dem errungenen militärischen Erfolg, be fürwortet. Wie ich gestern sehr ausführlich dargelegt habe, ist ein« solche Stellungnahme für die gegenwärtige Reichsregie- rvug nach ihren ganzen Grundsätzen und nach ihrer Vergangenheit von vornherein unmöglich. Dec Weg, den wir beschritten, ist wohlerwogen der einzige Weg, aus dem vollkommen restlos und -arme nisch die gesamten Grundsätze der Negierung in Einklang zu dringen sind. Der Herr Abgeordnete Freiherr von Gamp stellt die Frage, ob denn vor Beginn der Friedensverhandlungen die Fttedensbedingu.igrn nach dem Osten auch mit der Odeisten Heeresleitung besprochen wären. Ich kann di« Versicherung geben, bah bi« Gestaltung unser«, Ziele nach dem Oft«». bei de« sehr häufigen Austausch der Meinungen zwischen der politische» Leitung u»b d«r Obersten Heeresleitung selbstoerständl'ch im Einklang ftehl, und besonders bei Beginn dir Verhandlungen Gegenstand sehr «in- gthender Erwägung gebildet haben, und ich lege Wert darauf, gegen- über manchem, was alles in der Presse nicht gesagt, aber angedeuiet ist. darauf hinzuweisrn. daß über dr« Gestaltung dieser Ding« im allgemein«!, irgendwelche nennenswerten Meinungsverschieden, halten nicht bestanden haben: zu keiner Zeit, an di« ich mich erinnere. Ich hob« mir auch gestern erlaubt auszusühren, daß d«r in.ier« Zusammenhang, der bei de, Fortdauer diese« Krieges zwischen der Frt«- densdelegation und der Obersten Heeresleitung unbedingt notwendig ist. w!« ich glaube, durch di« getroffenen Einrichtungen so vollkommen, wi« dies bei der Uavollkommenheil menschlicher Ding, überhaupt möglich ist, geschossen worden ist. Wenn ich zu den Bemerkungen des Herrn Al», geordneten Ledebour übergehen kann, so hat «r von ber Strllung de, ukrainischen Rada und von ihrer diplomatischen Stellung in Brest- L'towsk «in Bild entworfen, das unrichtig ist. Er sprach von einer russischen Föderation und davon, daß diese Föderation der Abgeordneten der ukrainischen Rada nur sozusagen als Unterabteilung d«r Delegation der Bolschewiki in Petersburg auftrete» nönne. Dies entspricht nicht d«n tatsächlichen Verhältnissen. Di« Republik der ukrainische» Rada in Kl«» ist sowohl von den Bolschewiki als auch von uns als selbständig« Repu- blik anerkannt worden. Die ukrainisch« Delegation hat uns sowohl mündlich als auch schriftlich dargelegt, daß di« späte,« Schaffung d«r Föderation d«, russischen Volksrepublik unter ihr« Programmpunkt« fall«, daß sie ab«r, solange nicht durch «ine Vereinbarung di«s«r souve ränen Republik untereinander eine Fvdrrat'on geschossen sei, sich bereit halt«, «btnso souverän und unabhängig wi« di« diplomatisch* Vertretung irgendeines anderen Staates sür das Gebiet d«r ukrainisch«» Rada t» Kl«» tätig zu sein. Ad«r aus selten d«r bolsch«wikisch«n Abordnungen sind von Anfang an, solange st« hoffte, baß d<« ukrainisch« Rada- abordnung als diplomatische HilfStroppen kür st« eintreten würde. Schwie rigkeiten dagegen nicht erheben worb«.,. Als di« Herren aber sah«n, daß bla Ukraine ihr« eigene« Weg« ging und n«tional-»kroinischa Zflele v«rfolgt«, ist allerdings «l» Umschwung eingetreten. Wir st«hen auf de» Standpunkt, daß sowohl tzluuluud als auch kl« Ukratu« gena» l» demseibm» Matz« berechtigt stütz z-er frei«» Üpio ««tische« Aktla« »ach uutzu». »Bu lrg«ntz«t» and««, Staat, und di« '»gisch« Imterpretati«« tz«r gesamte» »a» dem Bolschewiki v«rtr«tenen Auffassung läßt meiuer Ansicht »och «t« atzioetchead« Lesart nicht zu. Was von dem Herr» Adg. Ledebour äd«r gewiss« Vargä»g»inRiga ausgeführt worden ist. war — daraus leg« ich Wert, dies sestzustellen — mir vollkommen ne», »atz ich weiß nicht — wahrscheinlich würde ein derartiger Appell tat Herr» Abg. Ledebour «s steinigen Acker fallen- wenn es ihm wirklich darum za tu« war, eine» derart gen Vorfall aufzuklären, so wär« ich, wie ich dies den andere» Partei«, geaeaüber schon oft ausgesprochen habe, dankbar gewese«, »arher »an dieser Anfrage Kenntnis nehme» Zu können. (Abg. Ledebour: .Ich yab« das vor 4 Wochen vor bringen wollen, da ist mir das Wort abgeschnttlen worden!" Heiterkeit ) Dafür muß sich der Herr Abg. Ledebour beim Präsidium beklagen, das eine Institution des Reichstags ist, auf die dt« Regierung irgendwelche Zngerenz nickt ausüden kann. Es ist mir infolge der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, dies« Vorgänge so weil aufzuklären, daß ich ein« amtliche Erklärung daüder abgrben könnte. Ich werde aber der Sache nachgehen und sie vollkommen aufzuklären suchen. Der Herr Abg. Seyda, der für di« polnisch« Fraktion gesprochen hat, glaubt« stch darüber beklagen zu sollen, daß zwar der Vertreter der Ukraine .n Brest-Lilowsk diplomatisch tätig gewesen sei, »lcht aber der Vertreter der polnische» Rollo». Die Frage ber Vertretung der westlichen Randvötker in Brest-Lttowsk ist wiederholt zum Gegenstand des Meinungsaustausches zwischen uns und der russischen Delegation gemacht worden. Herr Trotzki mein,« eines Tages, warum diese Vertreter nicht erschienen. Als ich aber meinesteil^ mich aus den Standpunkt stellte, wir seien ohne weile. eS bereit, die Verlrelcrsrage in der entgegenkommendsten Weise zu ver handeln, fobald er sich aus den Standpunkt stellte, wie eS logisch ganz unausbleiblich war, daß eoen doch nur Vertreter bestehender StaalSkörper zu den Verhandlungen zugelassen würden, trat er eliren eiligen und nicht sehr geordneten Rückzug an und Hal eS bisher aufs ä glichste vermieden, an diese heiße Schüssel jemals wieder herair- zukommen. Also müssen die Herren, die sich darüber beklagen, daß die Vertreter der Randvölker »och nicht da sind, sichaa -»«Vertreter derVegeafette wenden. Aach Gras Ezeral», mil dem ich in dleser Frage in vollster Uederetnstimmung bin, steht auf meinem Standpunkt. Sobald dl« russische Delegation sich aus den Stand punkt stellt, es handele sich um die Vertreter von Staalskörpern mit Etaatswillen, werden wir ohne weiteres die Frage praktisch in die Haid nehmen. Was ich über die Polen za sagen hab«, habe ich eben gesagt. Bei der Ukraine liegen die Dinge anders. Da ist sowohl von der bolsche wistischen Regierung als von seilen der Mittelmächte die selbständige Staatrpersönlichkeii and das Recht zu diplomatischer Vertretung an erkannt worden. Wenn ich übergehen darf zu der Reoe, welche der Herr Abgeordnete David gehalten Hal, so hat er eine mir im Original noch nicht vorliegende ... „ Klag« des Herr» Joffe über rmser« Publikation«, geltend gemacht. Unsere Publikat onen werden unter erheblichen tech nischen Schwierigkeiten — denn es ist bei der Länge der Verhandlungen und der Schwierigkeit der Uebersetzung immer ziemlich zeitraubend, den authentischen Text schließlich sestzustellen — von den vier verbündeten Delegationen zusammen auSgearbettet. Dies ist «ine von den vielen Schwierigkeiten. Das geht schon daraus hervor, daß wir eben als Koalition verhandeln und selbstverständlich auch in den Verössentlichungen vollkommen konform gehen. Wir können also für die Einzelheiten bei Verössentlichungen nur einen Teil der Verantwortung tragen, und es ist selbstverständlich, daß auch hierin eine gewisse Gleichmäßigkeit stattfinden muß. Ich m»ß auch sagen, daß die Herren, di« ml« der Redaktion der Veröffentlichung belraol worden sind, soweit wir das haben kontrollieren können, mit der größten Unparteilichkeit verfahren sind. Daß wir ans nicht daraus einlassen können, alles, was dt« russische Delegation häufig in vollkommen zweifelsfreier Weis« zum Fenster hinaus redete, durch unseren amtlichen Apparat verbreiten zu lasse», das kann uns kein Mensch zumuten »nd kann euch kein Mensch von uns verlangen. Daß ader jedem der Mitglieder dieses hohen Hauses, das über Einzelheiten noch weitere Informationen haben will, durch meinen Vertreter im Aus wärtige« Amt dies« Informationen in liberaler Weife zur Verfügung ge stellt werden, dafür, glaube ich, kann ich elntreten. Ich bin überzeugt, baß di« Weisungen, die auch schon vorher ergangen waren, über jede Einzelheit in erschöpfender Weise Auskunft zu geben, auch während meiner Abwesenheit von meinem Vertreter befolgt worden find. (Sehr richtig!) Der Herr Abgeordnete Davttz, »nd das möchte ich warm de- grüßen, hatte daraus hingewiesen. daß tz« Vertret«» gSkörper i» Lllanen, der einzige Vertretungskärper, für dessen Zusammensetzung wir sozusagen verantwortlich sind — bei den historisch vorhandenen Vertreiungskörpern kann »ns sür die Zusammensetzung eine derartig« Verantwortung nicht zugemotet werden —. wirklich verständig und ehrlich zusammengesetzt worden ist, daß auch ein« Vertretung des litauischen Volkes in allen seinen Schichten und Strömungen nach Möglichkeit erstrebt worden ist. Mein« Herren! Der Schluß, den ich daraus ziehen möchte, ist der, daß Sie Vertrauen zu unS Haden sollen, daß da, wo wir weilerarbeiten werden, wir weiterarbeiten werden in dem Sinn und aus den Grundlagen, die für die Zusammensetzung des litauischen Vertretungskörpers maß gebend gewesen sind. Es ist mir die Auffassung entgegengettelen. aiS würden wir die Absicht haben, mit der Verbreiterung der audere» vorhandene» Vertretungskörper »bedingt dis z»m Frletzeasschluß z» warten. Ich möchte dies« Absicht ausdrücklich adlehuen. Wir war ten unter den schwierigen Verhältnissen, die hier dargelegt worden sind. Das Land ist nun einmal Etappengebiet und der Krieg gehl weiter. Wir werden ader, wenn der Artete mit Rußland zustande gekommen ist, alle» wa» flch einigermaßen mit den militärischen Noiwendigketten vereinigen läßt, schon jetzt tun, um dies« Verbreiterung noch während des Krieges zustande zu bringen. Ich werde meinen ganzen Einfluß in dieser Beziehung in die Wagschale werfen. Der Herr Abgeordnete Naumann hat in einer sehr gedankenreichen Rede, denen, wie ich glaube, immer das HauS mit großem Interesse folgt, ein« Menge in teressante Gesichtspunkte aufgeworfen. Lr hat mit einer Zartheit, die ich nicht zu trilen vermag, auf die Methode der Bolschewik! hingewiesen. Wi: wollen dl« Sache beim Namen nennen: Trotzki hat mir gegen über in der Diskussion zweimal zugegeben: unser« Regierung Hal keine andere Grundlage, als di« Macht. Di« Bolschewiki stützen stch auf brutale Macht. Ihre Argumente sind Kanonen und Maschinengewehr«. (Sehr richtig!) lind wenn der Herr Abgeordnete Naumann von einer Art Bedrohung der persönlichen Existenz gesprochen hat, so möchte ich ihm mit Wilhelm Busch antworte»: .Denn seinem Dasein als Subsekl wird allzubald ein Ziel gesteckt." (Heiterkeit.) Also, Meinungsverschiedenheiten werden durch AuSlöschUng des Gegners in radikaler und besrtsdlgender W»is« beigelegt. Dl« Bolschewiki predigen sehr schön, aber praktisch fleht es anders aus. Sie haben dt« finnisch« Volksrepudllk förmlich anerkannt. Sie Haden di« Freiheit dieser Volksrepublik, diplomatische Vertreter zu empfangen, niemals in Frag« gcflellt. Ader wenn es aus di« Praxis ankommt, Vertreter hinauszuschicken, machen ste die größten Schwierig- Kelten. Und wenn deu Herren Berichte aus Ftnuland zur Ver fügung flehen, werten st, wissen. daß die SoLaieska dort eine Gewaltherrschaft «stldt. wie sie schlimm« in den schlimmsten Zeiten des Zarismus nicht dagewesen lsU Wen» ich aus dos Verfahren der Herren Bolschewik! gegenüber der «U f» große« Pomp angekündigten Vesetzgedenden Versammlung Hinweise» darf, lo »ar dt« hauptsächlichste Vorderen»»«, daß zwei Kreuze« flch vor de» Taurischen Palast legten and Ihr« Kanonen ml« scharfer Munition auf bi« Fenster des Palastes richteten. Als diefet Argument »ach nickt durchschlagend genug »»ar, wurden dl« Herren «l»sach «Nil dem Bajonett nach Kauf, gesagt. (Härt, härt!) Der Abgeordnete Raumann lst aas den Ausdruck .Polnisch« Lösung' zekomme». Mein« Herren! Es würde den Rahmen dieser Debatte wett überschreiten, wenn ich auf die sogenannte «astro-potnische Lösung hler weiter eingehen wollte, «Inan MrSdnmk, bar »Ur nicht ganz glücklich erscheint. Ich hoff«, daß, wenn wir seinerzeit di« große und »lchllge Kardinalsraa »Mitteleuropa besprechen, wir dann »ich« allzu häusig von ihm Gebrauch mache» werden. Die Frage ist — und der tzerr Abg. Raums»», der Vertreter des Gedankens Mitteleuropa, weiß das so gut. wie dt« Regierung — außerordentlich schwerwiegend. Und das zeigt stch aach bart» schon, daß die Vorbesprechungen, dl, seht seit Monaten im Ganze sind, und di« sowohl von Oesterreich-Ungarn als aach von uns mit allem Eifer befördert werden, noch nicht zu irgend- etnem mittellungsretsen (um ei»en von Herrn Abg. Naumann geprägten Ausdruck zu gebrauchen) Zustand gelangt sind. Was Graf Ezernin ron Polen gesagt hat, daS können wir auch ruhig von den anderen Randvölkern sagen, die den Gegenstand der Debatte bilden werden. Wir haben genau dasselbe Zutrauen zu der Anziehungskraft des freien großen deutschen Staates auf diese Völker, und di« deutsch« Politik wird m«, unter keinen Umständen zu kleinlichem polizeilichem Druck oder irgendwelchen derartigen Mitteln greisen, di« auf dl« Dauer, meiner Ueberzeugung nach, nur das Gegenteil besten bewirke» können, was wir bewirken wollen, nämlich ein freies, aufrichtiges und herzliches Verhältnis zwischen uns und den Randvölkern. Durchaus begrüßen möchte Ick, was der Herr Adg. Naumann über die Beziehungen z» unsere« Bundesgenosse», den Türken und Bulgaren, gesagt hat. Ich unterschreibe da jedes Wort, das gesagt worden ist. Diese Völker sind in schwere» enljcheldung^reichen Stunden vertrauend auf die Kraft des Deutschen Reiches «n unsere Seite getreten, und sie sollen in keiner Stunde der Fiiedcsverhandlungen den Eindruck bekommen, daß Deutschlands Wort nicht für teden Deutschen bindend ist bis zum Ende. (Lebhafter Beifall.) Der Abqeordneie H.rr Naumann hat «In Flugblatt vorgelesen, das in vielen Bezlchunaen interessante Ausblicke gewährt. Denn dieses Flugbia t, das dl« Ansicht der.Unabhängigen Sozialisten widerspiegln soll, und wenn diese Ansichten mil denen der Bolschewiki sich in so voll kommener Uedercinstiinmunq befinden, wie wir das mehrmals von der äi-ß-rslen Linken gehört haben, so möchte ich allerdings an den Ab geordneten Dr. David die Frage rickten, ob er denn über die anbe- din .te Sichelheil des Trohkischen Friedenswillens noch ebenso bestimmt und opitimistisch denkt, wie er das heute früh zum Ausdruck geb, acht hat. Ich möchte, wie ich es gestern auch getan habe, diesen Friedens willen nicht leugnen. Ich bin gar rflckl überzeugt, ob Herr Tiohki selbst eine absolut sichere Linie gezogen hat. Ich möchte nur daraus Hin weisen, daß derartige Äußerungen — ich kann eS ruhig sagen — mir auch von rustisch-marlmalistlscher Seile mehr als einmal begegnet sind, doch immerhin die Möglichkeit erkennen lasten, daß bei diesen Herren noch immer eine andere Politik getrieben wird, als di« de§ offenen Friedensschlusses mil den nun einmal wie die Sünde und das Gift ver haßten Bourgeolsierrgierungen der Zentralmächle. Eines kann ick sagen, daß Ich nach dieser Debatte, die in weitestem Umfange für uns eine Klärung gebracht hatte, mtl vermehrter Ruhe und Sicherheit hin- ausgehe, um dis schwierigen Verhandlungen, die noch bevor stehen, fort- zuschen. Stc können stch darauf verlosten, daß der ernst« Friedenswille der oberste Leitstern der deutsche« Regleruug ist und uns dazu bewegen wir-, auch weiter mit der größten Sachlichkeit und Geduld jeden Weg zu gehen, der zu einem vernünftigen und ehren vollen Frieden führen kann. Ich darf es mit Dankbarkeit anerkennen, daß die Debatte hier im Reichstage — am ersten Tage ist hierzu die Hoffnung ausgesprochen worden — uns in dieser Beziehung eine stär kere, breitere Basis gegeben hat, als dies vorher der Fall gewesen ist. Abg. Haase (Unabh. Soz.): Daß Trotzki den Frieden will, ist zweifellos. Aber die Bolschewiki können kein Volk Ruh airds preisgeben. Trotzki beklagt stch über un- zuttessend« Berichterstallung aus den Verhandlungen an das deutsche Volk. Der Verdacht, Hintergedanken zu hegen, besteht gegen dtc deutsche Regierung. Militär-sche Gründe sprechen nicht gegen die Räu mung. Auch die Sicherung gegen Gewalttätigkeit lst nur ein Vorwand. Die besetzten Gebiete müssen da» allgemeine gleich« Wahlrecht haben wie die übrigen Rusten; sonst wird das SeibstbcsiimmungSrccht zum Schein. Die bestehenden Landiäle sind nlch'S als VerwaltungSKSrper. Solange di« Truppen im Lande sind, gibt es keinen freien Boikswlllen. In der Pressekouserenz erfahren wir, daß eine LoSlüsunz der Fremd- Völker von Rußland anker allen Umständen erfolgen soll. Herr vo» Tirpitz ist von der Unterredung mil dein Reichskanzler über diese Angelegenheit angeblich ^«friedigt. Und waS Tirpitz will, ist doch bekannt. Da alle drei Reichskanzler, wie wir hören, ein g waren, ist eine Denkschrift von Werl. .Unter Kanzler Michaelis an Oesterreich ergangen.' (Der Redner verliest die aus den Osten bezüglichen Stellen aus dieser angeblichen Denkschrift.) Ein« offene Annexionskritik ist mir lieber als eine Politik hintenherum mit Funksprüchen. Ob die freie Entschließung der Fremdvölker zu einer Angliederung an un» führen wird, ist mir zweijeihajt. Welches sind die P.Lne im Westen? Man sagt, wir hätten freie Hand. Auch die Friedensresolution vom 19. Juli soll überholt jein. Was der Reichs- Kanzler unter gewaltsamer Angliederung versteht, die er ablehnt, wissen wir nicht. Seine Aeußerungen über Belgien waren bedaueilich. Hier liegt ein starkes FriedenshlndcrnlS. Graf Ezernin hat den ersten Schritt sür einen allgemeinen Frieden getan. Da können wir nicht ein neues furchtbares Blutvergießen wollen. Bestehende Diffe renzen lasten sich ausgleichen. Die Eroberung Lothringens war keine DeSannexion. Das gleiche gilt für Teile des Elsaß. In der Rationaloerjammlung von 1871 haben alle Deputierten aus Lothringen gegen die Abtrennung gestimmt. Diese Stim.nung ^at sich geändert, aber Elsaß-Lolhriuge» verlangt sei»« Autonomie im Rahmen des Deutschen Reiches. Der Krieg darf um dieser Gebiete wegen nicht verlängert werden. Dt« Bewohner sollen adstimmen dürfen, daraus kann man stch einigen. D»e Abst mmung wird sür unS günstig ausfallen. Staatssekretär des Innern Wallraf: Das Flugblatt klingt auü in dem Ruf: .Rüstet zum allgemeinen Mastenstreik in den nächsten Tagen!' Ich habe dazu folgendes zu jagen: Die verbündeten Regierungen sind sich der Pflicht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unter allen Umständen bewußt. Die Ruh«, mit der ich dies ausjpreche, soll an dem Ernst und an der Festigkeit d«S Willens kenen Zweifel lassen. Ich kann nder aucy des halb in voller Ruhe sprechen, weil ich von unserer Arbeiterschaft, der Ich in meiner früheren Tätigkeit jahrelang nahegestanden habe, eine viel zu hohe Meinung habe, als daß ich glaubte, auch nur ein kleiner Teil unserer politisch und wirtschaftlich denkenüen Albelterkchasl könnte einer solchen, nicht zu verantwortenden und von unverantwo'lllcher Stelle ausgehenden Aufforderung zum Ausstand Folge leisten. Wie ist denn dl« Lag«? Wir stehen in Verhandlungen über «inen Sonderfrieden mit Ruß land. Daß wir nur über «men Sonderfrieden verhandeln, ist ntchl unsere Schuld. Von Deutschland ist die Friedensresolution des Reichstages ausgegangen. In gleichem Sinne hat Deutschland die Papstnote deant- woriet. Mit Zustimmung der deutschen Delegierten ist von Brest- Lilowsk aus der Rus zur Beteiligung an den FriedenSverhandlungen an alle unsere Feind, ergangen. Wie war die Antwort von der ander« Seite? Fast immer Schweigen oder hohnvolle Zurückweisung, und wenn wir trotz alledem ietzt die Atmosphäre der FrledenSnähe atmen, so danken wir das nicht unserer Friedensnelgung, sondern auch der Einig keil und Kraft, die wir dis setzt, Gott sei Dank, gewähr! habe.» Sehr scheel auf dies« Einigkeit und Kraft, das sehen Sie aus den feindlichen Zeitungen, hat noch jüngst der .Temvü' in ähnlichen Worten wie da« Flugblatt dl« deuischen Arbeiter zu» AaS- staud avigerusen. Wenn eS den Feinden gelänge, die inner« Front z» sprengen, dann würden all« Raubplän« bet ihnen wieder avlwachen. Der ^wist würde verlängert, «nd gerade di« Arbelier schäft hätte dadurch öle schwersten Folgen zu ertragen. Zn den letzten Lagen ist hier viel van Helmkrieger» gesprochen worden, die von den Heimstätten ant Hunderttausend« in da» Lod senden. Hcimk'leger, di, leichtfertig über dat Sot und Blut an derer versüaen, lind auch mein« Leut« nicht. Aber «S »idi noch andere Arle» vo« Hrimkrieaern, und dat sind dl« schlimmsten, di« in oller Heim- iichkelt und in stch.rer Wahrung ih «r eigenen Persönlichkeit dta Acdeitermaflen an die Froni des Wirtschaftskrieges schicken. Den» «i» solcher Wirtschaftskrieg brichl auch d>« Front -rausten und schickt dl« Männer in den Lod, und in dem Augenblick, in dem di« drutt-sten Räd« stillste-«», werden di« Räder in den Munlliontfab'iken in England,
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