Volltext Seite (XML)
Jin Lterbezrininer des ^Papstes Gegen 8.45 Uhr betreten' wir den Damasushof, gerade in dem Augenblick, als zwei päpstliche Fahnen auf Halbmast ge- hißt und mit Trauerfloren verhängt werden. Eine Anzahl von Automobilen der Kardinäle und des Diplomatischen Korps stehen schon in dem »rohen Hof. Andere Besucher kommen von der Via delle Fondamento her. Immer zahlre»ck)er werden die hohen Trauergäste, die über die Skala papale sich zum drit ten Stock» in die Privatgemächer begeben. Es sind dies die Zim mer, die von Audienzbesuchern sonst niemals betreten werden. Die Diener in ihrer roten Uniform führen uns zu einer Liste, die für die Einzeichnung der weltlichen Besuck-sr bereitgestellt ist. Eine weitere für die Kardinäle und das Diplomatische Korps befindet sich auf dem Mitteltisch eines »rohen Saales, dessen Wände von Glasschränken fast verdeckt sind. In ihnen haben Geschenke an den Papst, die ganz der Natur seines hohen geist lichen Amtes entsprechen, aus allen Teilen der katholischen Welt Platz gefunden. Diese eigenartigen, rührenden, ja primitiven Gaben aus fernen Missionsgebieten fallen uns in die Augen. Jetzt tritt unter den anwesenden Prälaten, Diplomaten und anderen Traucrgästen, die nur im Flüsterton miteinander ge sprochen haben, ehrfürchtiges Schweigen ein. Die ragende Ge stalt des 88jährige»» Kardinaldekans Granito di Belmonts erscheint im Saal, hinter ihm der Groß- pönitentiar Kardinal Lauri. Die Nobclgarde prä sentiert. Die weltlichen Kämmerer des Papstes verneigen sich tief Dann begeben sich die Kirchenfiirsten durch einen schmalen Gang in das Schlaf- und Sterbezimmer Pius' XI. Wir folgen ihnen. Auf einer schlichten eisernen Bettstelle ruht der Pontifex. Das Haiept ganz leicht geneigt. Im letzten Schlummer. Das charakteristische Antlitz ist von tiefe in Frieden umfangen. Die so ost zum Segen sich hebenden Hände sind gekreuzt und rosenkranzgefaltet. Die Stirn des Papstes ist mit dem Camauro, sein Haupt mit einer klein«» hermelinbcsehten Mütze, die an dein dunkelroten Schulterkragen befestigt ist, besetzt. Am Kopfende des Sterbelagers halten zwei Offiziere des Adels mit gezogenem Degen die Totenivache. Zu Fichen des Bettes knien mehrere Mitglieder des höchsten Se nats der Kirche auf einer Betbank nieder, während der ganze nicht übermähig »rohe Raum von knienden Welt- und Ordens- geistlick)en und Laien der Kurie gefüllt ist. In manchen Augen sehen wir Tränen. An den Wänden gewahren wir dieBil - der der Eltern des Papstes und andere Porträts neben religiösen Gemälden und Wandbildern. Ganz in der Ecke steht ein Altar, an den» der Papst in Tagen der Gesundheit zelebrieren konnte. In» Verweilen denken ivir lange zurück, als wir ihn zum ersten Male kraftvoll und elastische»» Schrittes vor drei Lustren durch die Audienzsäle schreiten sahen. Eine ungeheure Intensität des Geistes und des Willens, der körper lichen und seelisck-en Energien »var in diesen» Papste vereinigt; dabei aber auch eine abgeklärte Weisheit, ein mildes Verstehen, eine unerschöpfliche Sorge um die grohen Anliegen der Mensch heit und menschlichen Gesittung. Der rüstige, alte Mann auf Petri Stuhl, der manchmal mit persönliche»» Gesprächen zu geizen schien, war ein gottbegnadeter Redner und ein mitleid empfindender guter Hirte, der in den Werke»» der Nächstenliebe seinesgleichen suchte. Die letzten Stunden j>ius' XI. Aufbahrung in ber St.-Peters-Airche — Der Papst, der sich in der letzten Zett trotz seines hohen Alters verhältnisinätzig wohlgesühlt hatte, war am ver- gangenen Dienstag an einem Ertppeansall erkrankt. Mit der bet ihm gewohnten Energie aber hatte er den Anfall, der auch mit Erstickungserscheinungen verbunden war, über wunden. Immerhin wurden die gewohnten täglichen Audienzen abgesagt und auch am Donnerstag gab der „Osservatore" eine Nachricht wieder, wonach di« Audienzen auf ärztlichen Rat nicht stattsinden könnten, da der Papst seine Kräfte für die großen Feierlichkeiten des Sonnabend und Sonntag schonen müsse. Doch hat der Papst auch noch an diesen beiden Tagen den Kardinalstaatssekretär empfangen und hat mit ihm ver handelt. Sein Zustand verschlimmerte sich am Donnerstag nachmittag, und in den srühen Abendstunden wurde es be kannt, daß das Befinden des Papstes besorgniserregend sei. Um Mitternacht trafen jedoch wieder günstiger lautende Nach richten ein. In den ersten Morgenstunden wurde der Zustand jedoch wieder schlechter, doch ahnte bis dahin noch niemand, daß der Tod so schnell eintreten würde. Auch Papst Pius XI. selbst hat, wie verlautet, kaum das Nahen des Todes geahnt. Nach 4 Uhr morgens setzte der Todeskamps ein und der Papst empfing aus den Händen des Pfarrers von St. Peter, Msgr. Romanos, die Sterbesakra mente. Im Todeskampf sprach der Papst trotz der großen Atemnot noch einige Worte. Er betete um den Frie den und rief seinen Heiland an. Um 5.20 Uhr wurde das Röcheln infolge des Asthina- anfalles immer schwerer, und Professor Milani kündigte das Nahen des Endes an. Um 5.31 Uhr näherte sich der Sakristan dem Papst und lud ihn ein, mit ihn» das Gebet „Jesus und Maria, möge ich in Frieden mit euch meine Seele aushauchen" zu beten. Genau »in» 5.31 Uhr verschied der Papst. Die Ann esenden, ai» ihrer Spitze Kardinalstaatssekrclär Pacelli, de- silierten am Sterbebett und küßten dem toten Papst die Hand. Rom im Zeichen der Trauer. Aus die Trauernachricht hin versammelten sich zahlreiche Kardinäle im Vatikan. Außer den Kurienkardinälen weilen >ur Zeit eine ganze Anzahl von weiteren Mitgliedern des stardinalkollegiums in der Stadt, die gekommen waren, um Sen Feierlichkeiten am Sonnabend und Sonntag beizuwohnen. In den päpstlichen Gemächern hat der Ueberlicserung gemäß sie Nobelgarde die Wache am Sterbelager aus genommen. Zwei Angehörige der Garde hatten neben dem Totenlager Ausstellung genommen, mit gesenktem Schwert zum Zeichen der Trauer. Nach dem Ableben des Papstes wurde sein« Leiche vom Präsekt der Zeremonien, Msgr. Resptght, mit dem päpstlichen Prunkgewand bekleidet. Die Leich« blieb zunächst auf dem einfachen Bett in dem schlichten Schlafzimmer. Di« Tür zu der anliegenden Kapelle wurde geöffnet. Der Eiheimkämmerer des Papste», Msgr. Gonfalonieri, zele brierte di« erst« Mess« für das Seelenheil de» hohen Verstorbenen. Im Vatikan herrscht seit dem Ableben de» Papste» größte» Schweigen. All« Zugänge zum Vatikan wurden aus Befehl de» Kardinalstaatssekretärs geschlossen, um den An drang von Unberufenen zu verhindern. Bald nach Anbruch de» Tage» begaben sich zahlreiche Bischöfe und Prälaten, ferner Diplomaten und politisch« Persönlichkeiten tn den Vatikan, wo päpstlich« Gendarmen den Ordnungsdienst versehen. Die Diplomat«»» werden im Ornatssaal voin Sektionschef des Kar- din»lstaatss«kr«tärs, Msgr. Motttni, empfangen. Al» erst«r Diplomat ist der italienische Botschafter b«tm Vatikan, Pignatti Morano, «ingetroffen und hat sein Beileid ausgesprochen. Tttsstir Eindruck tn der ganzen Welt. Kardinalstaatssekretär Pacelli hat die ausländischen Re gierungen und di« Apostolischen Nuntiaturen aus der ganzen Erde von dem Ableben des Papstes unterrichtet. Auf der ganz«n Welt hat die Nachricht tiessten Eindruck und große Trauer ausgelöst. Auch tn Berlin haben die Regierungs gebäude und di« Gebäude der diplomatischen Vertretungen auf Halbmast geflaggt. In der päpstlichen Nuntiatur in der Rauchstrab« sprachen im Lauf« des Tages zahlreich« Diplo maten vor, um das Beileid ihres Landes zum Ausdruck zu bringen. Al» erster erschien der italienische Gesandte Attolico. Die italienische Gesandtschaft zeigt ebenfalls Halbmast. Auch zahlreich« Bischöfe sprachen dem Nuntius ihr Beileid aus. Der Berliner Bischof hat bereit» in den frühen Morgen stunden di« Nuntiatur ausgesucht. Tiefst« Trauer herrscht vor allem in ver Ewigen Stadt selbst. Mussolini wurde sofort aus dem Vatikan vom Ableben des Papstes benachrichtigt. Dem Polizeipräst- deuten de» vatikanischen Stadtviertels Borgo wurde ebenfalls sofort der «ingetreten« Tod gemeldet, und von hier au» wurde die Nachricht an di« zuständigen Behörden weitergegeben. Der Polizeipräfekt von Rom hat «inen umfassenden Ord nungsdienst auf dem P«t«r »platz und tn der Umgebung d«» Vatikan» ang«ordn«t. L«*fte Sitzung -ev Aardinalsksugikegatisn Ganz Rom steht im Zeichen des tragischen Ereignisse». Die St.-Peters-Kirch«, in der am Freitagmorgen zahlreiche Seelenmessen stattfanden, »var überfüllt. Mit dem Bilde des Papstes sind die Titelseiten der römischen Mittagsblätter ver sehen, die in großen Nachrufen die Gestalt des Papstes und sein Wirken würdigen. Der „Osservatore Romano" erschien mit einem Trauerrand. Der Bildhauer Mistruzzi fertigt di« Totenmaske des Verewigten an. Die Trauer in Rom ist um so größer, als heute und morgen die großen vorgesehenen Feierlichkeiten zu Ehren des Papste» stattfinden sollten. Der Papst hatte bekanntlich be absichtigt, anläßlich der Feier des zehnten Jahrestages der Lateran-Verträge und seines 17. Krönungstages eine wichtige Ansprache an den versammelten italienischen Episkopat zu halten. Ueberall in der Vatikanstadt und vor allen Dingen in der St.-Peters-Kirche war bereits der Festjchmuck für die Feiern angebracht. Mit dem Ableben des Papstes übernimmt das Kardinalskollegium die höchste irdische Autorität der Kirche. Kardinalstaatssekretär Pacelli wurde mit dem Tode Papst Pius XI. „Großkainerlengo der Heiligen Römische»» Kirche" und hat damit während der Vakanz des päpstlichen Stuhles interimistisch die Gesetze zu führen. Kardinal Pacelli bezog nach dein Ableben des Papstes einige Zimmer neben den bisherigen päpstlichen Gemächern, um alle Verfügungen für dis Sedisvakanz zu treffen. Die diesbezüglichen Erlasse und Bestimmungen liegen schon bereit. Papst Pius Xl. hatte sie iin November, als er schon einmal einen schweren Krankheitsanfall hatte, aus arbeiten lassen. Heute Aufbahrung in St. Peter. Am Freitagmittag wurde die Leiche des Papstes von den Aerzten «inbalsamiert. Am Nachmittage wurden die sterblichen Uebcrreste Pius' Xl. in der Sixtinischen Kapelle aus gebahrt. Am heutigen Sonnabendnachmittag wird Pius Xl. in die Petersktrche zur öfs«ntlichei» Aufbahrung übergeführt. (Atlantis, Zander-M.) Ueber den Zeitpunkt der Zusammentritt» de» Kon klave, das die Wahl des neuen Papstes vornehmen wird, tst bisher noch kein Beschluß gefaßt worden. Früher trat da» Konklave neun Tage nach dem Tode de» Papstes zusammen, eine Bestimmung, die jedoch von Pius XI. angesichts der langen Reisen zahlreicher Mitglieder des Kardinalkollegiums dahin abgcändert wurde, daß das Konklave spätestens 18 Tag« nach dein Tode des Papstes zusammentreten muß. Kardlnal- kämmerer Pacelli, der diesen Termin bestimmt, hat für Sonn abend die erste Gencralkongregation einberufen, an der di« rund 40 zur Zeit in Rom weilenden Kardinäle teilnehme» werden. Am Freitagmittag sand die erste Sitzung der Kardinals kongregation statt, di« die ersten vordringlichen Maßnahme» für di« Bestattung des Papstes und die lausenden Angelegen heiten beschloß. Der Kongregation wohnte auch Moni. Sa», toro, der Sekretär des Kardinalskollegiums, bei, der jetzt die Obliegenheiten des Kardinalstaatssekretärs übernimmt und auch Srkretär d«s bevorstehenden Konklav« s«i« wird. Die Zusammensetzung des Kardinals Kollegium» Jin Hinblick auf die kommcndc Papstwahl ist es nicht un interessant zu wissen, »vie sich augenblicklich das Kollegium der Kardinäle zusammensetzt. Nach der erst an» Neujahrstag ver öffentlichte»» Liste seht sich das Kollegium aus 66 Kardinalen zusammen. 37 Italienern stehen nur 20 Ausländer gegenüber, von diesen sind 4 Deutsche, 5 Franzosen. 4 Nordamerikaner, 2 Tschechen. 2 Polen, 1 Oesterreicher, 1 Belgier. 1 Ungar, 1 Por tugiese, 1 Argentinier, 1 Spanier, 1 Brasilianer, 1 Kanadier und 1 Orientale. 52 von diesen 66 Kardinäle»» hat Pius XI. selbst kreiert. Von den 261 Wpsten, die den Stuhl Petri bisher innehatten, waren 206 Italiener: 17n»al bat ein Franzose aus dem Heiligen Stuhl gesessen 13mal ein Grieche und 8mal ein'Deut- scher. Der letzte deutsche und überhaupt nichtitalienische Papst »var Hadrian VI.. der erste Reformpapst, dessen großzügige Pläne an der Kürze seines Pontifikats ser regierte nur ein Jahr von 1522 bis 1523) und am Widerstand der Römer scheiterten. Anastasius Freylinghausen Von Otto Urbach Freylinghausen starb vor 200 Jahren in Halle a. d. S. Der beigefügte Artikel stellt das Werk dieses religiösen Lyrikers in seinen geistigen Zusammenhang. Die Geschichte verdeutsch ei» Frömmigkeit Ist noch nicht geschrieben. Würde jemand auf den Gedanken komn'en, sie abzufassen, so müßte er dem dcutsck>en Kirchenlieds einen sehr weiten Raum darin geivähren. Alle Zeiten der dentschsn Geschichte des letzten Jahrtausends lzaben de»»» Choral und den» geistlick-en Liede irgendeinen werioollen Bei trag geliefert. Wählen »vir dafür »in Beispiel aus der germa nisch-christlichen Friihzeit. Im Ludwigslicde heißt cs von der Schlacht zwischen den» frünkisckxm Könige Ludwig III. und den Normannen (881): „Der König ritt mutig, sang ein Lied heilig, und allesammen sungen: Kyrie eleison! Sang war ausgesun- gen, Kampf ward begonnen." — Minnesang und Mystik berei- ck>erten in» Mittelalter den Schah der geistlichen Gesänge und Lieder. Ob das herrliche Adventslied: „Es kommt ein Schiff geladen bis an den höchsten Bord" von Tauler stammt? Dieses wundersame Lied, das in seiner heutigen Gestalt auf eine Auf- Zeichnung des Straßburger Mystikers D. Sudermann (um 1626) zurückgeyt, hat eine»» neuen Ton in die Stimmung des Weih- nachls-Festkreises gebracht. — Die spätmittelalterlick»! vorresor- matorische Poesie kennzeichnet sich durch die starke Bevorzugung der Marien- und Hciligenlieder. Manche dieser geistliche»» Lie- der waren dramatisch oder dialogartig gestaltete Wechselgesänge, so zum Beispiel das Wiegenlied „Joseph, lieber Joseph mein, — hilf mir wiegen mein Kindelein", dessen entzückende Singweise bis heute nicht überboten ist. Die Geschichte des deutschen Kirchenliedes »veist — unab hängig von der Konsessionellen Spaltung — zwei Linien auf, die parallel nebeneinanderhergchen. Plan kann die erste so kenn zeichnen: dei» eßzentlichen Kirchengesang, den Choral, der nicht so sehr dos Anliegen des einzelne»» ausdrückt, sondern dl« kollektive, durch Geschichte und Ueberlieferung geformte, ob jektive Gesamthaltung der Kirche, liedlmst darstellt. Das Lehr mäßige. Bekenntn'.smäßige, die Anbetung Gottes, das OZelut der Gemeinde, die Erbauung der Gemeinde stehen im Mittelpunkte. Nicht so sehr das Einzel-Ich als das Gemeindc-Wir tritt als Sprecher auf. „Christ«, du Beistand deiner Kreuz g e m e i n d e, — eile, »nit Hüls und Rettung uns erscheine." „Es ist das Heil uns kommen her." „Lasset uns mit Jesu ziehen, seinem Vorbild solgen nach." „Wir glauben all an einen Gott." Be liebig lassen sich diese Beispiele aus katholischen und evangeli schen Gesangbüchern vermehren. — Die andere Linie dagegen trägt «in«n anderen Charakter: Sie bezeichnet das geistlich« Lied. Die persönliche, subjektive Frömmigkeit, die eigene» Erlebnisse, das Ringe»» und Kämpfen des frommen Lebens stehen im Vordergründe. Es fällt nicht schwer, etiva aus den Lieder»» des schlesische»» Mystikers Johann Scheffler eine Anzahl guter Beispiele zu wählen, zum Beispiel: „Ich will dich lieben, meine Stärke", „Liebe, die du m i ch zum Bilde deiner Gottheit l-ast gemacht." Das hymnologisck-e Verdienst des l>edeutendstci» Dichters der sogenannten Halleschen Pietisten, Anastasius Freyling- Hausen (geb. 1670 zu Gandersheim) besteht in einen» zweifachen: Freylinghausen vermehrte das deutsche Kirchenlied um hervorragende Schöpfungen, und er verschaffte dein geist lichen Liede die völlige Gleichberechtigung nel»en dem K i r ch e n g e s a n ge. — Freylinghausen war ein hervorragen der Dichter — diese Feststellung gilt, obschon die landläufige Lilcraturgeschichtsschreibung die meisten Kirchenlieddichter bis au? wenige Ausnahmen »vie zum Beispiel Paul Gerhardt, Ioh. Scheffler und andere nicht einmal erwähnt! Lieder wie „Wer ist wchl wie du, Jesu süße Ruh?" mit so wundervollen Strophen »nie der dritten („Glanz der Herrlichkeit"), fünften (.Höchste Majestät, König und Propl>et"> »nrd elften (.Wenn der Wellen- mackt in der trüben Nacht will des Herzens Schifslein decken, »vollst du deine Hand ausstrecken; habe auf mich acht. Hüter, in der Nacht!") gehören zn den echten Perlen religiöser Lyrik. Das gleiche gilt von „Mein Herz, gib dich zufrieden" und dein innigen Abcndliede „Der Tag ist hin: mein Geist und Sinn selml sich noch jenem Tage, der uns völlig wackren wird frei van aller Plage." — Leider fehlt cs manchen» Literaturgeschichts- schreiber an der Fähigkeit, solche echte religiöse Poesie zu wür digen. Wie ost werden die Glasperlen pseudoreligiöscr Stim mung-dnselei und Wortmacherci ernst genommen und zum Ge- gcnstande langer Erörterungen gemacht, während die echte reli giöse Lyrik übersehen wird! Freylinghausen »vagle cs, In seinem 1704 und 1714 erschienenen — zweiteiligen — Sammelwerke alter und neuer Kirchenlieder die Lieder der persönlichen Frömmigkeit in gleiche Rechte neben die altehrwürdigen Choräle einzusetzen. Unter den insgesamt 1581 Kirchenliedern seines „Geistreichen Gesang, buches" finde»» »vir alle Arte»» von christlichen Chorälen, Gesän gen. Liedern. Sagar lateinische Lieder sind ausgenommen. Der Dichter Freylinghausen suchte, sammelte, sichtete, ordnete und änderte auch gelegentlich, »vo er es für nötig hielt, Halle a. d S., das durch Freylinghausens Schwiegervater, den berühm ten, frommen Thoologicprofessor Ang. Herrn Francks und dessen Gründung (das Hallesch« Waisenhaus mit den ausgedehn-