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Sächsische Volkszeitung : 14.01.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-01-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193901142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19390114
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19390114
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-01
- Tag 1939-01-14
-
Monat
1939-01
-
Jahr
1939
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.01.1939
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Der letzte Kpielinann In der kommenden Woche — am 20. Januar — jährt sich zum 65. Male der Todestag des Dichters des Deutsch landliedes, Hossmann v. Fallersleben. Es ist uns heute unbegreiflich, datz Hoffmann von Fallersleben um seiner „Unpolitischen Lieder" willen aus Prcutzen und einer Reihe anderer deutscher Länder ausge wiesen wurde. Zwar waren die „Unpolitischen Lieder" alles andere eher als „unpolitisch", — sie waren eine humorvolle, manchmal sogar ätzende Kritik der Zeit. Und wenn der Dichter gegenüber Muckertum und Reaktion (oder wie Hoffmann treff licher übersetzt: „RückwUhlerei") 1837 ausruft: „O Märchen, würdest du doch wahr nur einen einzigen Tag im Jahr: O Knüppel aus dem Sack", wenn er von der grotzbritannisch- hannöverschen Personalunion als von der „englischen Krank heit" spricht und das Deutschland der Kleinstaaterei als „Jagd revier der Potentaten" bezeichnet, dessen einzige Neuigkeiten sind: „die Fürstin ist gestern nicdergekomme», und morgen wird der Herzog kommen, hier ist der König durchgekommen..., der Oberhofprediger erhielt einen Orden, die Lakaien erhielten silberne Borden, die höchsten Herrschaften gehen nach Norden", — dann konnte sich mancher „auf den Schlips getreten" fühlen. Gedichte wie „der König weih es nicht", — „Legten Ochs und Esel sich auf das Räsonnieren, liehe man gelegentlich sie auch arretieren", — „der Hausorden", — „Allerhöchste Kultur" und viele andere, beispielsweise noch die Reihe der „Hosfmannschen Tropfen", waren reichlich anzüglich. Aber Hoffmann v. Fallersleben war kein Revolutionär, sondern ein kerndeutscher Mann. Seine politische Zeitkritik entsprang seiner glühenden Liebe zum gröhercn Deutschland. Und wenn er manchmal etwas zu keck und unbesonnen die Mihstände des Zeitalters ärgster Rückwühlerei und schlimmsten Muckertums angriff, so waren das Teinpcramenlnusbrüche, die ivir einem echten Naturburschen nicht verargen dürfen. Im Wesen war dieser Professor der deutschen Sprache und Literatur zu Breslau am ehesten mit Turnvater Jahn zu vergleichen. Für solche Tempcramcntausbriiche hatte freilich die absolut humorlose Negierung unter Friedrich Wilhelm IV. keinerlei Verständnis. Innenpolitisch gesehen gehört die ganze Zeit von Napoleons Ausstieg bis zum dänischen Kriege 1804 — mit der einzigen Ausnahme der Freiheitskriege — zu den traurigsten Zeiten der deutschen Geschichte. Göttingen erscheint dem jungen Dichter 1817 als ein „Ort, wo noch nie in die Seele eines kö niglich- grotzbritannisch-hannoverschen Hofrats der Gedanke Deutschland gedrungen war". „Kalte, vornehme Leute, verkommen in lauter Gelehrsamkeit, ohne Vaterland; Menschen, an denen spurlos die ganze Weltgeschichte voriibergegangen war", — nennt er seine Göttinger Lehrer. In Berlin war es nicht viel anders. Hoffmanns Vorgesetzter, Geheimrat Schulze, trat ihm 1838 wie ein Wütender entgegen: „Alle Welt ist un zufrieden mit Ihnen ... lieber keinen Menschen ilt soviel ge schrieben als über Sie .. Sie haben es aufs Aeuhcrste ge bracht. Es wird an den König gehen". Damals war Hoffmann bereits einer der angesehensten Germanisten seiner Zeit. Es ist kennzeichnend, dah Hoffmanns Entlassung und Aus weisung fast zusammenfiel mit der Entstehung seines gewal tigen Deutschlandliedes. Auf der Klippe Helgolands, auf dem noch die grohbritannischc Flagge wehte, angesichts des deutschen Meeres und des unendlichen Himmels, war am 20. August 1841 das Deutschlandlied entstanden. Zwei Monate später, am 31. Oktober — ausgerechnet am Reformationstage! — begann das Verfahre» gegen den Breslauer Professor, das mit dessen Entlassung endete. Nur wenige deutsche Zeitungen — unter ihnen die „Sächsischen Vaterlandsblätter" — konnten für den Geächteten cintreten. Hoffmanns Verlag (Eampe in Hamburg) wurde in ganz Preutzcn verboten. Die Ausweisung aus ganz Deutschland konnte drohen. Friedrich Rückert in Nenses tröstete den Dichter: „Gehen Sie nach Amerika. Dort lebt jetzt deutsche Kunst nnd Wissenschaft auf. Meine Söhne sollen auch dorthin". Ueberall wurde nach Hoffmann von Fallersleben gefahn det. Nur fluchtartig kannte er unerkannt auf einige Stunden in den Städten seines geliebten Rhcinlandes weilen. 1847 schreibt er: „Wenn zu der Ausweisung aus Hannover nun auch Vaden mit 280 und Bayern mit 1400 Quadratmeilen gekom men waren, so würden mir 2380 Quadratmeilen vom deutschen Datcrlande verboten gewesen sein. Als er elf Jahre später, Juli 1858, nach vielen Gesuchen endlich die Erlaubnis erhält, seinen Schwiegervater, den Pastor zum Berge in Bothfeld bei Hannover zu besuchen, werden — laut vom Könige Georg V. Ihre Bedeutung für das ' Die führenden Männer der protestantischen Missions bewegung sanden sich nach zehnjähriger Pause in den letzten Wochen des vergangenen Jahres in Tambaram in Indien zu einer Weltmissionskonferenz zusammen. An der Konferenz nahm auch eine deutsche Delegation teil, die von dem Tübinger Professor D. M. Schlunk geführt wurde. Die Konferenz sollte ursprünglich in Hankau in Südchina stattfinden, mutzte dann aber der kriegerischen Wirren wegen nach Indien verlegt werden. Martin Schlunk äutzerte sich kürzlich des näheren über Umfang und Bedeutung der protestantischen Missionsarbeit in aller Welt. Aus seinen Ausführungen ging hervor, datz das evangelische Deutschland heute 1050 Missionslcute aus seinen Autzcnposten zählt, nämlich 508 ordinierte Missionare. 113 nicht ordinierte Männer, 300 Schwestern, 38 Aerzte und Aerztinnen und 550 Ehefrauen. Schlunk weist darauf hin, was diese Pio niere Deutschlands drautzen in der Welt für das Deutschtum bedeuten. Man müsse nur einmal gelesen haben, was Männer wie Filchncr, Colin Rotz, Sven Hedin und andere empfunden haben, wenn sie auf ihre» Forscherfahrten von dem Frieden eines deutschen Hauses ausgenommen wurden, wo sie Ver ständnis siir ihre eigenen Anliegen und den langcntbchrten Genutz eines Austausches über geistige Dinge und über die Vorgänge in der Heimat fanden. Die deutsche Wissenschaft, so betont Schlunk weiter, dürfe stolz darauf sein, datz sic aus der Reihe der Missionare Mitarbeiter bekommen habe, deren Werke Weltruf haben, weil sie Musterleistungen d"utschcn Fleitzes, deutscher Gründlichkeit, deutscher Treue -arstellen und ungeahnte Schätze der Sprachwissenschaft, der Erd- und Völker kunde, der Rechts- und Religionswissenschaft sür die wissen schaftliche Arbeit der kommenden Geschlechter gerettet haben. Obwohl die Hauptsache des Missionsdienstcs eine ganz unpoli tische und religiöse Arbeit sei, so dienen doch alle Verdienste der Mission gleichzeitig unmittelbar dem Ruhme des deutschen Namens in der Welt. Von anderer Seite wird aus Anlatz der Weltkonserenz von Tambaram ein zahlenmätziger Vergleich zwischen der angel sächsischen und der deutschen Missionsarbeit vorgenommen. Da nach stehen 1202 deutschen Missionaren auf 518 Hauptstationen und 0448 Nebenstationen etwa 30 000 Missionare auf 4600 Hauptstationen im Bereich der gesamten protestantischen Welt Mission gegenüber. Der angelsächsische Anteil daran beträgt 6200 Missionare aus Grotzbritannien und über 0000 aus Nord amerika. Trotz dieses relativ bescheidenen zahlenmähigen An- von Professor Otto Urbach unterzeichneten Kabinettsbefehl — zwei Gendarme im Nachbar gehöft einguarticrt. die den strengen Auftrag haben, den Dichter zu überwachen. Hofsmann darf den Psarrhos erst bei seiner Abreise verlassen! Zwanzig Jahre irrt Hoffmann v. Fallersleben als Heimat loser in seinem Vaterlande umher. Nur wenige Residenzen, vor allem Weimar, wo er einen schöngeistigen Kreis um Franz Liszt antrisft, gewähren ihm herzliche Gastfreund schaft. — Während der Dichter in Deutschland keine bleibende Stätte findet, singt das Volk seine herrlichen Lieder im Volks ton. Namentlich die Kinder lieben ihn. „Wer hat die schönsten Schäfchen?" — „Alle Vögel sind schon da" — „Winter ade" — „Kuckuck, Kuckuck ruft aus dem Wald" — „Ein Männlein steht im Walde" — „Habt ihr ihn noch nicht vernommen?" — „So scheiden wir mit Sang und Klang" — „Morgen kommt der Weihnachtsmann" — wer will alle Lieder Hofsmanns auf zählen, die ganz heimisch geworden sind in der deutschen Seele. Der heimatlose Dichter ist — wie die berühmtesten Minnesänger des Mittelalters — zum Spielmann des deutschen Volkes ge worden. Kein Wunder, datz das Volk seinem Spielmann überall einen fürstlichen Empfang bereitete, wohin er heimlich oder öffentlich kam. Eine Tagebucheintragung vom 22. August 1846 beschreibt einen dieser unzähligen Iubelstiirme. Ter Dich ter weilte in Holzminden. „Spät abends bringt mir die Lieder tafel ein Ständchen. Die Sänger mit farbigen Stocklaternen stellen sich im Halbkreise auf und singen drei meiner Lieder. Nach dem ersten („Deutschland. Deutschland über Alles!") dringt mir Stcinacker der Vorsteher, ein Hoch aus. Ich danke mit den Worten: „Gott gebe, datz das deutscke Lied bald eine Wahr heit werde und deutsche Gesinnung zur Tat!" Vom Volke geliebt, von der Jugend vergöttert, von den Kindern fast wie ein Märchenprinz umjubelt — bei den Ve- Unter dieser Uebcrschrift berichtet Studienrat DDr. Franz Ranft (Kassel) in der „Schöneren Zukunft" über die mehrjäh rige Arbeit eines evangelisch-katholischen Arbeitskreises in Kassel, der dem Gedanken der Wiedervereinigung im Glauben im Rahmen von Ausspracheabenden mit Referaten und Aus sprachen dienen will. Die Ausführungen des Verfassers dürsten auch in der sächsischen Diaspora besonderem Interesse begegnen: Seit den Tagen der Glaubensspaltung. besonders seitdem man ihre unglückseligen Folgen näher erkannte und ihre Ur sachen in objektiver Forschung leidenschaftsloser enthüllte, sind immer wieder sowohl von evangelischer wie von katholischer Seite Versuche unternommen worden, den Spalt zu schiietzen oder doch wenigstens durch gegenseitiges Verständnis zu über brücken. Leider fehlt uns noch die handliche Schrift — cs wäre darum eine sehr dankbare Ausgabe, sie aus der Gegen- wartssicht zu schreiben —. die alle diese Versuche zusammen stellt. Für unseren Kasseler evangelisch-katholischen Arbeitskreis könnte man den Entstehungsgrund vielleicht in den dein posi tiven Christentum feindlich gcgeniiberstehenden religiösen Be wegungen suchen, oder in ihm eine Liebhaberei einiger Idea listen sehen. Demgegenüber aber mutz nachdrücklichst betont werden, datz allgemeinere, tiefere und vor allen Dingen nicht polemische, sondern positive Gedanken es waren, aus denen unsere Arbeitsgemeinschaft geboren wurde und sich ständig wach send entwickelt hat. Durch unsere Zeit, die durch die Weltkriegskatastrophe und deren Folgen auf allen Gebieten die Zerstörung und damit die Vergänglichkeit vieler Werte schmerzlichst erfahren mutzte, geht iie Sehnsucht nach dem Unvergänglichen Absoluten und letztlich einzig Wahren, also damit zum Religiösen. Im Reli giöse» selbst aber drängt sie, je mehr auch religiöse Organisa tionsformen zerbrechen und durch Allzumenschliches Erschütte rungen eintreten, nach dem wirklich Substantiellen, Gottgewoll ten. Damit aber ist die Religion auf dem Wege zur höchsten Deutschtum in aller Welt teils der deutschen protestantischen Missionare sei der geistige Einflutz des deutschen Missionswerkcs nach der Zerstörung der Beziehungen, die der Weitkrieg mit sich gebracht hat, wieder in erfreulicher Weise gewachsen. Höchst bemerkenswert ist es, datz zwei Drittel der etwa 450 Sitze der Weltmissionskonserenz in Tambaram von Vertretern der „jungen Kirchen" eingenom men wurden, also jener Gemeinden, die aus einer Mission entstanden und nach und nach zu immer grötzerer Selbständig keit herangeivachsen sind. Einem Bericht der „Frankfurter Zeitung" (Nr. 14st5) entnehmen wir. datz sich unter den 1734 japanischen Christengemeinden fast 500 aus eigener Kraft erhalten, und datz unter den über 43 000 eingeborenen Helfern der Missionen Afrikas über 2000 ordinierte Pastoren sind. Im ganzen sollen danach in allen Teilen der Erde 150 000 ein geborene Missionskräfte den etwa 30 000 protestantisckcn Mis sionaren zur Seite stehen. Es ist dies übrigens eine Entwick- iunq, die auch in den katholischen Mislionsgebieten eine ganz entsprechende Parallele findet, wo die Heranbildung eines ein heimischen Klerus in den letzten Jahren grotze Fortschritte gemacht hat. Die von den protestantischen Miisionskräitcn betreuten Christen schätzt man gegenwärtig aus über 10 Mil lionen. In Japan gibt cs nach dem gleichen Berückt seit 1023 ein christliches Nationalkonzil als die Susammenfassuna christ licher Arbeit im Lande unter japanischen Rührung. Ebenso lange besteht in China der nationale Christenrat als erster Ansatz zur Schaffung einer einheitlichen chinesische» Kirche. In Indien hat die anglikanische Kirche schon Ende des vorigen Jahrhunderts begonnen, selbständige indische B'stiimer zu schassen. In Nord- und Westindicn schassen die Presby- terancr ebenso wie die Lutheraner grötzcre Kirchenbiinde. In Korea, auf Sumatra, auf Neu-Guinea, auf attcm deutschen Kolonialbesitz in Afrika, überall beginnen die Gemeinden eine neue Verantwortung zum Zusammenschlutz, zum missiona rischen Weitermirken im eigenen Volk zu entwickel». An der gleichen Stelle wird scklietzlich betont, datz gerade die deutsche Mission schon früh die Forderung nach boden ständigen Eingcborenenkirchen erhoben und die Selbständigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände auf dem Missionsselde gefördert habe Dach richten sich diele Bestrebungen ganz nach dem inneren Wachstum und der Entwicklung der einzelnen Stationen. Die Weltmissionskonserenz habe sich besonders mit diesem Thema der Gestaltung der junaen Milsionstzirchen und den Grenzen ihrer Selbständigkeit befasst und versucht, Richt linien sür die Stellung des Missionars in diesen jogenannten „jungen Kircl>en" zu finden. Hörden tödlich verhasst, war Hoffmann zwanzig lange Jahre, bis er endlich 1860 als Bibliothekar des Herzogs von Ratibor in Corvey eine Heimstätte fand. Ter geächtete Spieimann war indessen auch in den Jahren der Verbannung allewege fröhlich und guter Dinge. Als ihm Staatsminister v. Raumer ennnal in Kösen sagte: „Man sieht es Ihnen nicht an, datz es Ihnen traurig geht", lachte Hossmaun v. Fallersleben herzhaft und sagte: „Exzelleuz, mit der Traurigkeit kommt man auch nicht weiter!" Dieser ungebrochene Humor hatte seine vierfache Wurzel: Einmal im glücklichen Naturell des Dichters, „Herz vergitz die trüben Tage", konnte der frohgemute Sänger singen, der so heitere entzückende Kinderlieder schrieb wie „Als unser Mons ein Möpschen war..." und „der Kuckuck und der Esel, die hatten grotzen Streit". Zweitens: die Arbeit. Aus seinen Wanderungen sammelte, suchte, forschte, schrieb und dichle:e Hoffmann unermüdlich. Sodann: der Dichter wusste, datz er — und nicht die Rückwühlcr — das Recht, die gute Cache, das Volk aus seiner Seite hatte. Er war die Stimme des Volkes. Deutschland galt sein ganzes Lieben: Was tat's, datz er um dieser Liebe willen verfehmt, verdammt, von Heimat, Haus und Amt vertrieben wurde? Er ahnte den Tag von Sedan voraus, wo sein ganzes Volk nicht mehr wie einst Arndt fragte: „Was ist des Deutschen Vaterland?", sondern jubelnd bekannte: „Deutschland, Deutschland über Alles — über alles in der Welt!" Und endlich sein starkes, unbeugsames, deutsches Gottvertrauen, das ihn auch im dunklen Tale schmerzvoller Tage nicht verlieh. Dieses starkmutige Vertrauen war der tägliche Quickborn seines Humors: Werde heiter mein Gemiite Und vergitz der Angst und Pein! Grotz ist Gottes Gnad' und Güte, Groh mutz auch dein Hassen sein. Durch die Finsternis der Klagen Bricht der Freude Morgenstern: Bald wird auch dein Morgen tagen: Gottes Güt' ist nimmer sern! Einheit, die dem Christentum nach dem Willen Gottes in der einen Herde mit dem einen Hirten Christus existenziell wesent lich sein sollte. Von welchem Verantwortungsbewusstsein die Mitglieder des Kasseler Aussprachekreises getragen sind, mögen die folgen den Worte beweisen, die ein evangelischer Pfarrer an einem unserer Ausspracheabende äutzerte: „Wir wollen, soweit es an uns liegt, nichts unterlassen z i tun. um der Einheit im Glauben den Weg zu bahnen, damit, wenn der Herr kommt, sie uns zu schenken, wir vor ihm be stehen können..." Bei der Gründung unserer Arbeitsgemein schaft waren wir uns schon bewusst, und wurden durch die prak tische Arbeit noch immer mehr in dem Gedanken bestärkt, datz, wenn wir um das gegenseitige Verständnis uns bemühen woll ten, ans unseren Gesprächen unbedingt politische Erörterungen sowohl ossene wie verhüllte, wegbleiben müssten. Aber auch lurchenpolitifche Gespräche konnten das Ziel unserer Arbeits- gem ünschast gefährden und wurden ebenso ausgeschlossen. Autzer- dem schien uns sowohl der Inhalt wie die Arbeitsweise etwa eines paritätischen Ausschusses ungeeignet, und wir verzichteten bemüht auf jede Art einer geschlossenen Organisation. Wenn wir uns verstehen und möglichst näherkommen wollten, schien ec uns notwendig zu sein, sowohl im Anfang unserer Arbeits- gemeinschast ein festes Fundament zu legen, wie später immer wieder die gemeinsame religiöse Substanz wie den Eigenbesitz der Bekenntnisse, die in unserem Arbeitskreis vertreten waren, klar herauszustellen. Das sollte uns bewahren und hat uns tat sächlich auch bewahrt vor der Gefahr der Proselylcnmacherei wie vor einer Vermischung der religiösen Anschauungen. Denn in der möglichst deutlichen Heransarbeitung des religiösen Stand punktes liegt die Voraussetzung sür das gegenseitige Verstehen können und Achtemvollen. Aus dieser Haltung heraus aber wurde uns die Durchführung des Leitgedankens unserer Ar beitsgemeinschnft, bci aller Verschiedenheit in der religiösen Auffassung das Gemeinsame zu suchen, und zwar auch dort, wo es fcheinbar nicht vorhanden war, erleichtert und durch die dem entsprechende Führung der Aussprachen gewährleistet Als Ge- samlhaltuiig bei unseren Bemühungen ergab sich so die in fol genden sechs Punkten von einem Griindungsmitglicde des Ar beitskreises charakterisierte, welche allgemeine Zustimmung sand: 1. Der Friede zwischen den Konsessionen iü eine so entscheidende Le b e n s n o t w e nd i g k e i I sür die deutsche Nation, datz sich im ernsten Willen sür dieses Ziel die Christen in Deutschland von niemand übertreffen lassen dürfen. 2. Für die Konfessionen selbst bedeutet es eine innere Unwahrhaftigkeit und darum eine Quelle von Missverständnis sen und Reibungen, wenn sie stumm nebeneinander vorbeigehen, als ob die Wahrheitsfrage für sie gleichgültig geworden sei. 3. Das Ringen um die Wahrheit Gottes kann nicht durch scl>eues Schweigen, sondern nur im lebendigen Gespräch zwischen denen, die Christen sind, gefördert werde». 4. Solcl-cs Gespräch mutz in voller Offenheit geführt werden und darf weder durch irgend- welcl>e Nebenzwecke noch durch falsche Kompromitzsucht ver schleiert werden. Dadurch verbieten sich taktisä>e Manöver ebenso wie eine Proselytcnmachcrei ganz von selbst. 5. Die Frage, n>as dabei am Ende l-eranskommt, ist uns nicht zur Be antwortung gegeben, sondern der Verfügung Gottes Vorbehal ten: wir haben auch hier nur unsere schlichte Pflicht zu tun und dabei zu glauben, datz bei Gott kein Ding unmöglich sei. 6. Für die unmittelbar an solchen Gesprächen Beteiligten gilt die Ver heissung, datz das Wort Gottes nicht leer zurückkommen soll, sondern datz ei» ehrliches Ringen um die Wahrheit Gottes seinen Segen in sich selbst trägt. Die gemeinsame Grundlage des Glaubens, von der wir ausgingen, war das Apostolikum. Aus ihm wurden besonders die Gottheit Christi und seine wahre in jungfräulicher Geburt angenommene Menschheit herausgestellt. Dann folgten unver bindliche Anregungen zur Aussprache, die zur Klärung des reli giösen Standpunktes der wenigen ersten Mitglieder der Arbeits gemeinschaft führen sollten. Ans diesem zaghaften Vorsiihlen wuchs immer mehr und nicht zuletzt durch das Drängen der Nichttheologcn nach möglichst konkreten Erfolge» der Wunsch nach einer festen und für alle verbindlichen Methode. Als solche sand und bewährte sich die Einigung aus ein Thema, das ge meinsame Glaubenssubstanz umfasste und darum sowohl in evangelischer wie katholischer Schau durch ein etwa halbstündi ges Referat als Grundlage der Aussprache behandelt werden konnte. Diese Methode, in der der Wille zum gegenseitigen Verstehen in folgerichtiger Weise zum Ausdruck kommt, hat sich auf das beste bewährt. Im Januar 1035 urar die erste Vorbesprechung mit einem Gedankenaustausch über die Möglichkeil einer evangelisch katholischen Zusammenarbeit. Noch im selben Monat folgte die Besprechung der gemeinsamen Grundlage einer Arbeitsgcmcin- schast und die definitive Einigung auf das Apostolikum Im Ausgang des Monats bildete den Mittelpunkt einer Aussprache ein Artikel über das Buch des Schweizer katholiscl>en Bischos» Marius Besson. In dem dieser durch Dialog zwifchen einem «vangelisä-en und katholischen Pfarrer die Möglichkeit und den Deutsche Arbeit in der Weltmission „Aatholiken und Protestanten sprechen sich aus"
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