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! Nk. 88 Hauptschrifitelker: Dr. Everth, Leipzig Montag, de« 21. IaNUSk Verlag: Dr. Reinhold L Co., Leipzig 1818 Mtritt des MmstMWem Sckler? Die DorgSnge i« Oesterreich O BerU», 21. I«mar. (Drahlberlchk nuferer Ber- 11»«r Schristleituag.) Au« Oesterreich komme« schlimme Posten. WaS «an fett März vorige« IahreS dort gefürchtet hat. «ud maS di« waacherlei Irrange« und Schwächen der einander ablösende« Reglerun- ge« Llam-Marttnih und Seidler wenn auch nicht ealschuldige«, so doch erklären können, ist «an «lngetretea. CS ist »och nicht der völlige Generalstreik, aber eS ist vielfach doch eia Zustand, der ihm «ich! mehr ganz fern ist. Die Tschechen, die sa — es hat wirklich keine« Sinn. hier noch von den Fittichen christlicher Liebe Gebrauch zu wachen — die ganze KttegSzeil hindurch nicht viel anderes als die Verbündeten and Arbeiter der Entente waren» haben mit dieser ihrer Abficht, mit den letzten und besten Mitteln den kämpfenden Aentralmächkea in den Rücken zu fallen, schon seit langen Monaten gedroht. Die sogenannt« deutsche Sozialdemokratie Oesterreichs, di« wenigstens unter ihren sünge. ren Führern kaum noch deutsch ist. ist den Tschechen dabei i«S Garn gegangen. Dieser jüngere Nachwuchs — der verstorbene Engelbert PernerSdorfer hat uns ost in schmerzlicher Bewegung darüber ge klagt — steht so gut wie ganz da wo Fritz Adler, der gefeierte Herold, oder unser Karl Liebknecht stände«. WaS die Verhältnisse in Wie« darr« «och besonders kom pliziert. ist die L « beaSmlttelaot, di« seit einem halben Jahr erst recht drückend geworden ist, das Anziehen der Preise für alle dringendsten Bedarfsarten, das gerade den kleinen Mann schwer de- bürdel. die mangelhafte Organisation, die zu tagelangem An stelle« um Kartoffeln und Fett zwingt und ähnliches mehr. Diese Aasstandsbewegung ist, zumal so weit von ihr das deutsche Ge biet ergriffen wird, ohne Fruge «ine recht ernste Sach«. Augen blicklich lässt sich noch nicht sage», ob und wie weit die Regierung der Bewegung schon Herr geworde« ist. Sie bemüht sich seit Tagen um eine Beilegung, und auch di« älteren und reiferen Führer der Sozial- demokraüe scheinen in der Richtung ihre Schuldigkeit zu tun. wie sie LieS, den zwischen Pflicht und Daterttebe schuxmkenden Diklor Aoler abgerechnet, auch sonst in den drei KrieaSjabre« geka» habe«. Manche Gerüchte, -ie am Sonnabend Berlin durchschwirrteu, wollten bereits wissen, daß die Bahnen nicht mehr funktionierten. Dos trifft sicher nicht zu, doch scheint «S richtig zu sein, daß seit Sonnabend in Wien keine Zeitung«« mehr erschiene« find. Heber das Schicksal beS Ministerium« Se!dl«r ist man an unterrichtet«« Stellen noch ohne nähere Nachricht. Gerücht« wolle« davoa wisse«, daß Herr voa S«ldl«r sei« RücktrittS- ,gesach eing er eicht Hal. »ob daß Kaiser Karl de« Minister d«S Innern Grafen Toggeaburgmitder Kabinettsbildung betraut hat. Lin glattes Abweiche« voa ber bisherigen, seit der Reinigung des Zenlra'organS eiageschlagene« Richtung ist die Haltung deS «Vor wärts", der, neuerdings von einem jüngere« Herrn aus Mähre« re digiert, im Fahrwasser der Fritz Adlerische« österreichische« Sozial demokratie segelt und die Vorgänge in seiner Heimat zum Anlaß ulmmt zu lebhafter, versteckter Drohaug gegen die deutsche Regie rung. Den Gipfel allerdings erklimmt die «Deutsche Zeitung", die heute nichts Geringeres behauptet, als dah die österreichische AusflaadSbewegung vou Herr« von Kühlmann auge- sttftet worde, um so dl« .Siegfrledlertte" i« Deutschland eiazvschüch- tera aad auf sie einen Druck auSübeu zu können. Wien, 21. Januar. (Drahtbericht.) Die meisten TellstreikS in Wien und anderen Städten Oesterreichs sind nach kurzer Dauer durch eine Verständigung mit den Arbeitern über ihre Forderungen beigelegt worden. Die Arbeit wurde heute morgen in allen Be trieben wieder ausgenommen. * Wien, 18. Januar. (Eigener Drahtberich k.) Wie ver lautet. Halle sich das österreichische Ministerium an Deutschland mit dem Ersuchen um eine einmalige Aushilfe gewendet, die ia der Zufuhr von einigen tausend Waggons Mehl bestehe« sollte. An den Berliner zuständigen Stellen ist man aber der Ansicht, dah Oesterreich mit seiner Produktion hätte auskommen können, wcnu sie nur beizeiten richtig ersaht worden wäre. Es scheint also, dah die Erfüllung dieses Wunsches auf Schwierigkeiten stöht und der zeit auf eine solche Aushilfe kaum gerechnet werden kann. (Diese Meldung lag unS bereits am Sonnabend vor. Durch Umstände, die zu beheben nicht in unserer Macht lag, waren wir bisher verhindert, die Nachricht zu veröffentlichen. Die Schristltz.) Aus Wien wird uns geschrieben: Seit einigen Togen fanden sich in den Blättern allerhand Krisengerüchte über das Ministerium Seidler. Don Kreisen, welche der Regierung nahestehen, wurden diese Gerüchte entschie den bestritten. Um so auffälliger ist ein Artikel .Krisenger ichke', den das Wiener «Fremdenblatt' (bis vor kurzem das halbamt liche Blakt der österreichischen Regierung) veröffentlichte, und der die schärfsten Angriffe gegen den Ministerpräsidenten Dr. v. Seid ler enthält. Es heißt in dem Artikel: «Der Herr Ministerpräsident hak lm Verlaufe seiner AmkStättg. keit gerade den Grundsatz getreulich befolgt, den er in seiner Pro grammrede aufs schärfste verurteilt hak: den Grundsatz daß ,l^i»,«r kslre, lsisser aller'. Die Sackgasse, in dle die Neuerung Seidler nunmehr zu geraten droht, hak sie sich durch ununterbrochenes Eich schiebenlassen selbst erbaut. Die Energielosigkeit, der Mangel an Initiative und Tatkraft, die sich in immer wachsender Ausbreitung zunächst auch auf daS ErnährungLaml und auf das Ministerium des Innern übertrugen, haben eS mit sich gebracht, dah der Herr Ministerpräsident und seine beide« AmtS- kollegen nunmehr auch daS Vertrauen jener Kreise schwinden sehen, auf deren Unterstützung zu zählen sie weniger als Personen, denn als Vertreter des Staates unstreitig sich berechtigt fühlen konnten.' Daß ein offiziöses Blakt in einem derartigen Tone gegen den Ministerpräsidenten des eigenen Landes schreibt, ist wohl ein ganz ungewöhnliches Schauspiel! Kein Wunder, daß -er «Fremüen- blatt'-Arkikel zu den vielfältigsten Kombinationen Anlaß gegeben hat. Das «Fremdenblatt' ist immer noch der Offlziosus des Ministeriums des Aeuhern, wenn auch nicht mehr der ganzen Re gierung. Trotzdem erscheint es als zu weitgehend, hinter diesem Vorstoß gegen Dr. v. Seidler den Minister des Aeutzern zu suchen. Die Auflösung der Konstituante Petersburg, 20. Januar. (P. T.-A.) Heute trat der ausführende tzaoptausschuß des Sowjets, der Arbeiter, Bauern und Soldaten zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen und beschloß um 1Z0 Uhr nachmittags die Auflösung der ver fassunggebenden Versammlung. Lo « boa, 2V. Januar. (Drahlberlchk.) Realer meldet aoS Peters burg: Die konstituierende Versammlung beschloß mit 273 arge« 140 Sklmmen, die Beratung der voa Seralow verleseae« Erklär««- der Arbellerrechken, welche verkangk, daß dle russisch« Republik ber SowjekS daS Privateigentum abschafft and das Eigentum der Arbeiter an ihrer Arbeit und den Arbeitszwang eiaführk, dah dle Arbeiter bewaffnet «ad dte müßigen Klaffen entwaffnet werden, dah eine sozialistische Armee geschaffen und di« Anleihen für aagülttg erklärt werde«, za vertage«. Die Bolschewik! «nd die linksstehenden Sozialreoolattonäre verstehe« dteraof de« Saal, währead die zurückbteibenden Sozialrevolutionäre ber Rechten trotz der Drohungen beS la de« Gänge« ausgestellten mit Ge- «ehr u«d Bajonett bewaffneten Militärs den Vorschlag annahmen, an dis Kriegführenden, Abordnungen zu schicken, nm eise« Weltfrieden herbeizuführea. Die StraßenkSmpfe in Petersburg Basel, 21. Januar. (Eig. Drahtbericht.) Die «Basier Nationalzeitung' berichtet aus Paris: Die «Prcuvda' meldet, dah der ExekolioauSschllß d«S Sowjet verlangt, daß Lenin selbst nach Brest- Llkwsk abreist. «Daily NewS' berichten ans Petersburg vom Freitag vor Aof- lüsang der Konstiluante: Der Haupiarbeiterstond wird bewasf«el «ad dle besitzende« Klaffen werden entwaffnet, lieber die Stadl ist der De- lagervn-Szuflanb verhängt. Die Zugänge za« Taurischen Palast Pad be setzt. Das Militär erzeigt pch in der ganzen Haaptstadl als zoverläsflg »nd de« Bolschewik! ergeben. — Ja der Nacht zu« Freitag wurde» Hundert« voa Verhaftungen vorgeaommen. Freitag vor mittag gegen 11 Uhr begänne« in verschiedenen Stadtteilen Straß««- Kämpfe mit Gewehr- und Maschinengewehrs«»««; man errichtet« Barrikaden. Die Soldaten der Roten Gard« «nd bürgerllch« Be waffnete beteiligten sich am Kampf«, ebenso die vor einige« Lage« a«S Kronstadt eingetroffenea Malrose«. Die Ko on««« der soziale«vo- llltionSrea Arbeiter, dl« zugunsten der konstituiere«!»« Versammlung demonstrierten, wurden von den Leninisten mtt Gewehrfeuer and Bombenwürfen von den Dächer« angegriffen. Nach einem HavaSbericht aus Petersburg worden bei den Unruhen am Sonnobenb durch den Zusammenstoß zwischen der Rote« Garde mck de» Maximalisten 1.1 Personen getötet «nd »4 verwundet. Stockholm, 20. Iaanar. (Eigener Drahtberlcht.) Mi« dd» SonalagSblätter melden, sind di« Drahlverbindnnge» mit Petersburg fett Sonnabend früh »»terbroche«. Es befiehl keine MlVichkesi, über die Vorgänge bei »nd »mH der Eröffn»»- der Konstituante nähere Einzelheiten zv erfahre». «Rjetsch', der in stark vermindertem Format erscheint, eathält dle Mitteilang, daß «Djen' «ad die meisten andere» Tageszeitungen vorübergehend nicht erschiene«. Wegen Mangel an elektrischem Strom hak eine Anzahl Druckereien aad Fabriken den Betrieb eingestellt. Die Ukraine und die Konstituante Rotterdam, 21. Januar. (Drahlberlchk.) Aus Petersburg wird gemeldet: Rach einer Depesche ans Kiew war«» Dienstag nur wenig ukrainisch« Mitglieder der Konstituante nach Petersburg unterwegs, «m der Eröffnung belzuwohnea. Andere waren wegen deSzwifchender Ukraine «ad Großrntzlaad bestehenden KrlegSza- fiaades nicht abgerelfl, da fle pch ihrer Unverletzbarkeit nicht sicher stststten. Rar IS bis 20 Mitglieder der Ukraine hatten bei der Eröffnung der Konstituante ihre Erklärung zugunsten ber Bildung einer Bundesrepublik verlesen and darauf Petersburg wieder verlassen. Zur Auflösung der Konstituante sagt der .Vorwärts': .Damit hak sich ein geschichtliches Ereignis vollzogen, besten schmerzliche Bedeutung nicht verkannt werben wird. Die bolschewistische Regierung hakte in der Volksvertretung keine Mehrheit gefunden, und do sie auf die Mehrheit nicht verzichten wollte, hat fle an dem Parlament des revolutionären Rußland nicht auders'aehandelt, als der Zar an der Duma. AuS den kurzen Petersburger Meldungen geht bervor, daß zwischen der Mehrheit der gewählten Volksvertretung und der bolsche wistischen Regierung eiriv scharf« Meinungsverschiedenheit über die Friedensverhandlungen besteyt und daß «S darüber znm K-mil-kk ge kommen ist.' Wachsende Opposition gegen Llemeneea« Graf, 21. Iamrar. (Eigener Drahtberlcht.) Di« «Hu- manitö' schreibt: Aenaubets Interpellation, dle End« der Woche zur Beratung kommt, verlangt eine offiziell« Regierungserklä rung, daß Frankreich alle jene Punkt« seiner Kriegsziele aufgegebe» HM«, die a»f ein« Zerstückelung der Mittelmächte, besou- derS Oesterreich.Ungarns abzielen. — .Echo d« Paris' be richtet: Die rechtsstehenden Kammerkreis« find über die wachsend« Opposition gegen Clemenceaa, di« von Reaaadel a»d Pain- levä geführt wird, aofs höchste beunruhigt. Falls der Opposition ihr Un ternehmen gelänge, müsse di« FreN»ss»ag Lailla»x' erwart«! werbe». Genf, 21. Januar. (Drahtberlcht.) Di« Pariser Presse konnte nicht entkräften, daß die bei Laillaux beschlagnahmten Schriftstücke sich nur auf die Bildung einer neuartigen Parlamentsregierung beziehen. WaS über «in« geplante Anwendung von Gewalt in dle OeffenMchkelt drang, verwies Caillanx' Anwalk Lee« albt in« Gebiet der Phantast». Die Auflösung im Osten vr. I. Man könnte mit einiger Genugtuung verzeichnen, daß an dieser Stelle unablässig — manchem vielleicht zum Ueberdruh — auf die Bewegung der Fremdstämmigen in Rußland hingewiesen worden ist. Augenblicklich trennt sich ein Staat nach dem anderen von dem großen Mutterstaate. Rach einem, bisher freilich nicht bestätigten, Gerichte ist neuerdings eine Republik Archangel mit etwa 15 Millionen .Seelen" in der Bildung begriffen. Der russische Koloß hat den Heeren der verbündeten Mittelmächte nicht slandhalten können. Deren militärische Siege sind es gewesen, die den Anstoß zu seinem Zerfall gaben. Ls wäre töricht, das in Zweifel ziehen zu wollen. Aber derVollzng dieses Zerfalls ge schieht eben in der Form, daß sich die einzelnen Glieder loslösen. Die Selbständigkeit von Polen, Kurland, Litauen und gewisser Teile von Estland rrnd Livland darf man jetzt als Tatsache be trachten. Daran ändert nichts, dah Herr Trotzki nicht den Mut fand, diese Tatsache offen als unabwendbar anzuerkennen. Jeden falls haben dle deutschen Vertreter in Brest-Litowsk — mit ihrer geschickten Verteilung der Rollen zwischen Zivil und Militär — dafür gesorgt, daß Herr Trotzki nunmehr die Konstituante um ein Klipp und klares Ja oder Rein ersuchen muh. Seine Abreise von Brest-Litvwsk darf man wohl eine .Flucht nach Petersburg' nennen. Wrr glauben nicht, daß die Konstituante anders kann, als ihr Siegel unter die Abtrennung jener Staaten von Rußland zu setzen, unseres Erachtens sind die Würfel gefallen. Zunächst scheint es, als ob gegenwärtig bereits russisch- rumänisches Blut flösse, so dah also die einzige noch lebenskräftige Stelle der feindlichen Front im Osten sich in brudermörderischem Kampf zermürbte. Aber ganz abgesehen hiervon: die Sonderver handlungen mit der Ukraine sind in den letzten Togen so sehr ge- f-rdvst wordeu, dyh mit ihrem baldigen Abschluss, bei dem spgar wirtschaftliche Einzelheiten ihre Regelung finden werden, ge rechnet werden darf. Wir nehmen an, daß diese Aussicht für die Konstituante in Petersburg besonders lehrreich sein wird. Die «Prawda' gesteht das offen ein und macht die ukrainische Rada verantwortlich für die .imperialistische' Haltung der Mittelmächte. Ist es nicht Großruhland selbst, dann sind es eben seine Teile, die mit den Mittelmächten Frieden machen. Kann hie weltgeschicht liche Bedeutung der Auflösung Rußlands klarer hervortreken? Weltgeschichtlich! In der Tat fühlt man den Flügclschlag der Geschichte, wenn jetzt ein Reich auseinanderfällt, dessen ganze Politik jahrhundertelang gierig auf Länderraub und sinnlose räum liche Ausdehnung abgestellk war. Die deutschen Waffen haben wie ein scharfer Diamant diesen Mühlstein, der die westliche Kultur zu zerdrücken drohte, durchbohrt und gesprengt. Man sieht sich — ohne dieses Gleichnis in Einzelheiten verfolgen zu dürfen — daran erinnert, wie einst das Perserreich an Griechenland zerschellte und wie auf diese Weise die Kultur des Abendlandes gerettet wurde. Auch dort war der geschichtliche Zerfall die Folge des abge schlagenen Ansturmes. So sorgt die Geschichte für das Ende! Während die Bedeutung einer selbständigen Ukraine für Deutschland durchaus auf klarem realpolitischcm, insbesondere wirtschaftspolitischem Boden liegt, möchle man den neuen Staat Finnland zunächst mehr vom ideellen Standpunkte aus begrüßen. Zwar gebührt auch hier die Ehre den deutschen Heeren. Das hat in schöner Welse der finniändische Staatsrat und Senator Dr. Edo. Hyelt, Bevollmächtigter der Regierung Finnlands, anerkannt, indem er in seinem Schreiben an den HauptauSschuh des Deutschen Reichstages sagt: .Die Verwirklichung seines Selbständigkeits strebens verdankt unser Volk den siegreichen deutschen Waffen und dem politischen Verständnisse für die Bedeutung eines freien Finnland.' Auch dem politischen Verständnisse? Wir haben in letzter Zeit im Gegenteil oft die Empfindung gehabt, als ob die so sichtbar enkgegengestreckte finnische Hand von deutscher Seite nicht schnell genug und etwas zaghaft ergriffen werde. Vielleicht aus allzu diplomatischer Rücksicht für die Bolschewiki? Am so leb hafter billigen wir, daß der Hauptausschuh des Reichstages bei erster Gelegenheit die Brücke zwischen beiden Völkern schlug. Denn in der Tat, die Selbständiakeit der wackeren Finnen ver dient es, in Deutschland volkstümlich zu sein. WaS haben sie, fett ihr Land im Jahre 1809 dem Moskowiterreiche anaeglledert wurde, nicht alles für die gerechte Sache ihrer Freiheit dulden müssen! Sie fühlen sich mit Deutschland innerlich auf das engste verbunden und bestreiten gar nicht, daß es deutsches Wesen ist, das fle nächst ihrer eigenen nordischen Kultur trägt. Es sei nur daran erinnert, daß eigentlich jeder gebildete Finnländer deutsch spricht und daß auf der Landssuniversttät Helsingfors auch deutsch gelesen wird. Don den wirtschaftlichen Beziehungen heute ganz zu schweigen. Jetzt hat diese zähe Nation ihre Freiheit erkämpft. Noch wird sie heiß mit den zuchtlosen maximalistischen Soldatenhaufen in ihrem Lande Kämpfen müssen. Man spricht von über 100 000 Mann: ein Teil der russischen Ostseeflotte liegt noch tm Hasen von Helsingfors. Line eigene finnische Armee, die durch den stumpfen großrussischen Argwohn bisher verhindert wurde, kann natürlich nicht von heute zu morgen gebildet werden. Ebenso wird daS zwar an Wasserkräften so reiche, aber an anderen Naturschätzen, wie Steinkohlen, ganz arme Land, dessen letzte Ernte schlecht war, arg zu ringen haben, um sich wirtschaftlich durchzusetzen oder auch nur zu behaupten. Immerhin! Ein viertes skandinavisches Reich kst neben Schweden, Norwegen und Dänemark getreten, den beiden zuletzt genannten schon an Volkszahl vorgehend, übrigens mit einer jährlichen Vermchrungsztffer, die größer ist als die des de- nochbarten Schweden. Mit diesem wird Finnland um den Ruhm, das erste skandinavische Volk zu sein, wetteifern, ein edler Streit, dem Deutschland, durch Ostsee und baltische Küste auf das engste dem Norden verbunden, mit freundschaftlichem Interesse zuschauen wird. Aber nicht nur «tuen neuen skandinavischen, sonder« über haupt den ersten neuen Mttkelpaat in Osteuropa haben vtr dr