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Sächsische Volkszeitung : 24.12.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193812247
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19381224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19381224
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1938
-
Monat
1938-12
- Tag 1938-12-24
-
Monat
1938-12
-
Jahr
1938
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 24.12.1938
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) abrßssng 1938 der der Menschwerdung ein eigene» und immer wieder ge wandeltes Gesicht in Ausfassung und Darstellung der Krippe, die zwischen allen formen alten und modernen Stils schwanken. Leider sind die Zeiten vorbei, in denen auch reiche BUrger- familien im Krippcnbau wettetserten. Die Familie Buratellt baute alljährlich in Trastevere auf der Plattform des mittel alterlichen Turmes der Annibaldi eine wunderschöne Weih nachtskrippe, an der nicht weniger als drei Generationen ge arbeitet hatten. Ebenfalls in Trastevere, und zwar aus dem Turm des burgartigen Palastes der Anguillara, der seit 1827 in ihrem Besitz war, baute die Familie Forti eine Krippe mit kleinen, aber zahlreichen kunstvollen Figuren, die zum Teil von einem Schüler Canovas stammten. Die Römer legen großen Wert auf das Einhalten des alten Sprichwortes: „Natale con i tuci, Pasgua dove voi" sDie Weihnacht verbring mit den Deinen, Ostern, wo es Dir be- Der Himmel verlor seine letzte zaghafte Bläue. Vom Westen her zog eine dunkle Wolkenwand hoch, die immer tiefer und schwerer wurde. Und plötzlich begann es zu schneien. Sie standen vor dem leise fallenden Schnee wie kleine Kin der — trotzdem sie nun doch schon im zweiten und dritten Jahr in der englischen Kriegsgefangenschaft saßen und ihr Blick nur bi» zum Slack-eldrahtzaun reichte, ivährend ihre Sehnsucht den Weg nach Deutschland ging. Es schneite! Und Schnee hieß Weihnacht, und Weihnacht bedeutete Sehnsucht und Heimweh! Olaf Hansen lehnte am Fenster der Baracke, die von den Kriegsgefangenen bewohnt wurde, und sah in die weiße, rie selnde. bewegliche Wand. Ein heißes Gefühl quoll in ihm hoch, und sekundenlang hatte er das seltsame Verlangen, hinaus- -ulaufcn und seinen Kops in den fallenden Schnee zu halten. Lind müßte das sein und schön! Als er sich umwandte, stand eine seltene Weichheit in seinem Gesicht. Er setzte sich auf seine Pritsche und sah dir anderen reihum an. Dann richtete er sich plötzlich auf. Sein Blick wurde feucht. Er lächelte, „Wißt ihr was", flüsterte er, „wir müßte» am Heiligabend eine Weihnachtsfeier machen. Eine kleine zärtliche Stunde. In der wir alles vergessen, ivas schwer war, in der alles ausstehl, was gut war und ist, in der die Not schweigt und das Leben spricht, und in der alles Dunkle versinkt vor dem Licht, das wir uns anziindcn werden." Sie sahen ihn erstaunt und ungläubig an. Er sprach schnel ler und drängender weiter, als spürte er die Widerstände, die sie ihm entgegensetzten. Er entwickelte ihnen seinen Plan, über redete sie, überzeugte, saß vor ihnen mit bewegter Stimme und zuckenden Händen. In ihnen selber wuchs etwas Neues auf. Da sagten sic zu, ihm bei der Gestaltung der Feier zu Helsen. Sie hielten alle die Absicht vor dem größten Teil des Lagers geheim. Sie gingen zum Kommandanten und baten ihn, eine Feier für das ganze Lager zu gestatten. Er warf sie hinaus. Als sie noch ein zweites Mal kamen, sprang er ihnen mit zorn- gerö'clem Gesicht entgegen. Da fiel das Wort „Gott". Der Kommandant sah sie erstaunt unter hochgezogenen Augenbrauen an. Er ließ seinen Blick über ihre abgetragenen Kleider, Uber ihre abgezehrten Gesichter und ihre harten Hände ivandern. Dann blickte er aus dem Fenster in das schneeweiße Land, wobei sein Blick die fernen Berge fahle, die wie weiße, strahlende Wände gegen den grauen Himmel standen, griff sich jäh an den Kragen, murmelte ein paar haltig hingeworfcne Worte der Er laubnis und wandte sich neuer Arbeit zu. Sie stürzten freudig bewegt hinaus. Draußen juckt« es. ihnen in allen Fingerspitzen, eine Schneeballschlacht zu mack)en. Schneebedeckt kamen sie in der Baracke an. Ihre Stimmen er- Weiknackts-öeNage liebt.) Beim gemeinsamen Abendesten, zu dem der Weihnachts markt die vielfältigsten Herrlichkeiten geliefert ha», bei dem vor asten Dingen der Fisch und als Nachspeisen ein schmack hafter, trockener Rosinenkuchen und der Torrone, ein Ge bäck aus Mandeln, Zucker und Honig, nicht fehlen dürfen, und beim nachfolgenden Lottospiel, in dem es die Römer zu ungeahnter Geschicklichkeit und Vielseitigkeit gebracht haben, erwartet man die Stunde der Mitternacht. Vielleicht ist die Stadt der Imperatoren nie einiger und in keinem Triumph geschrei zu ihren Eroberergestalten einheitlicher verbunden ge wesen als in dem Augenblick, da von allen ihren Kirchen, von St. Peter bis zum Lateran, von St. Paul bis San Lo renzo, die Glockenstimmen anheben und die Geburt dessen ver künden, der die Stadt des antiken Imperiums ohne Schwert und Gewalt, nur mit dem Geist der Liebe und des Friedens, den die Wcihnachtsbotschaft atmet, zu der seinen machte. stickten vor Jubel, ihre SIun« übersprangen die Zeit bis zum Heiligabend, und es war schwer, alles noch für sich zu behalten. Aber sie bereiteten mit desto stärkerer Kraft die Feiern vor. Tannenbäume hatte man ihnen versagt. Ein paar Tage vor der Weihnacht kam an einem späten Abend ein Engländer in ihre Baracke geschlick-cn und legte Tannenzweige auf den Tisch. „Für den Abend des Friedens", erklärte er, während er auf die Zweige zeigte und ein verlorenes Lächesn in seinem Ge sicht stand. Ehe sie etwas sagen konnten, ging er über den leise knirschenden Schnee davon. Am Abend vor dem Fest räumten sie die Baracke ein wenig mis, steckten die Tannenzweige in einige große Blumen töpfe, befestigten kleine Kerzen daran und standen dann ergrif fen vor ihrem Werk. Aus Buntpapier hatte jemand eine Kripp« gefertigt. Die baut« er vor den winzigen Weihnachtsbäumen auf. Sie sahen mif die grellbunte Krippe, und ihre Gedanken zogen seltsame Bahnen. Dann kamen nack-einander die Lagevinsassen durch den knirschenden Schnee herangestapft. Einer gab dem anderen die Tür in die Hand, der Strom riß nicht ab. Sie setzten sich auf die Pritschen und auf den Fußboden, sie hockten im großen Halb kreis um den Tisch, auf dem Olaf Hansen die ersten Kerzen ent zündete. Ihm zitterte wahrhaftig die Hand, die Männer '7 ''ei len nicht darüber. Sie legten den Kops ein wenig in den Nacken und blinzelten in. das kleine, unruhige Licht. Die Kerzen zuck- ten, und ihr Schein malte riesengroße Schatten an die Wände. Ein verivehter Drift von verbrannten Zweigen 'vor im Raum.., Und dann stand Olaf Hansen wieder am Disch, nachdem er zuvor noch das Licht hinter der Krippe angezündct hatte, so daß in schwarzen Umrissen das Jesuskind eine leuchtende Gestalt bildete. Die Hände des Mannes zitterten nicht mehr, und auch seine Stimme klang fester denn vorhin, da er die Worte der Begrüßung sagte. Als er das alte Weihnachtslied anstimmte, fielen alle zögernd ein. Der Raum füllte sich mit Gesang. Die Wände wurden weit und nahmen alles in sich auf: das kleine deutsche Dorf und die große Stadt, den kleinen Kerzenziveig und den großen Weihnachtsbaum. die kleine Gemeinschaft der Feiernden rind die große des Volkes. Als das Lied verklang, stand ein junger Priester vor den brennenden Kerzen. Er sah die Männer, deren Gesichter teil weise ins Dämmerlicht gerückt waren, der Reihe nach an. Er las das Wcihnachtseckangelium. Dann hielt er eine Ansprache. Es >var wohl die schwerste, die er in seinem Leben gehalten hatte. Ter Schweiß rann ihm übers Gesicht. Oder waren es Tränen? Der Staatsanwalt in der ersten Reibe starrte mit tränen den Augen Ins Leere. Der Mann neben ihm hatte sein Gesicht in die Hände gelegt. „Heimat", flüsterte er heiser, „Heimat"... Leite 8 Sie sangen wieder. Der Geistliche hatte angestimmt. „Stille Nacht, heilig« Nacht..." Beim zweiten Vers saßen sie mit zusammengeschnürten Kehlen da, und in ihren Augen stand das Helle Wasser. Sie erfreuten sich mit kleinen Geschenken, die sie selbst ge fertigt hatten. Sie erzählten und sangen. Die Heimat — nie mand kam an diesem Abend davon los. Die Sehnsucht hatte sich in ihren Herzen festgesetzt. Die Kerzen waren herabgebrannt, und die Männer brachen ans. Der und jener räusperte sich verlegen, wollte etwas sagen, brachte aber nur ein kurzes „Danke" hervor. Olaf Hansen lag noch lange wach. Er starrte mit heißen Augen gegen di« iveißleuchtendc Fensterscheibe, an der noch immer Schnee hevabglitt. und vor der sich die Nacht breitete, die durch den Schnee eine unnatürliche Heile erhielt. Er schlief eirdlich ein. Und danii mar er jäh wieder In der Heimat. Die Tür seiner kleinen Dorfkirckst stand offen, die Oige! sang, und die Glocken dröhnten das Lied vom Frieden... In der Baracke war die letzte Kerze herabgebrannt. Ihr verglühendes Licht faßte einen Tannenzweig und sengte ihn an. Leiser Duft zog durch den Raum.... Oie leisten blersen Seit sieben Tagen hatte es geschneit; und al» es endlich aushörte zu schneien, war die liebe Weihnacht da. Sammetblau schwebte ihr Mantel über der Erde, bestickt mit unzähligen silbernen Sternen und einem ganz seinen Sichelchen Mond. Di« Luft war klar wie ein Spiegel und duftete von der Lieb» Gottes, und di« Menschen durften sich freuen; und da» taten sie auch, ein jeglicher auf seine Weise. War aber den Weihnachtsmarkt von St. Niklau» betraf, so gingen di« Leute bereit» daran, ihre bretternen Buden lang sam zu schließen, bedächtig in ihren Kasten zu klimpern und sich di« roten, nassen Nasenspitzen abzutupfen. Sie waren zufrieden. Iakoba Utz hatte ihre vielen großen und kleinen Hampelmänner verkaufen dürfen wie warme Wecken. Immanuel Vogelsang besaß nur noch zwei Päcklein Tabak und eine braune Weichsel» holzpseise, und di« konnte ein Mann wie Immanuel Vogelsang schließlich für di« hohen Feiertage selber gebrauchen. Und Theresli Mausbrugger hatte sogar noch Bestellungen auf ihr« selbstgestrickten Kindersocken bekommen, ganz zu schweigen von Timotheus Liebesanft mit seinen grünen Plüschpantoffeln, di» in diesem kalten Winter nachgefragt waren wie noch nirmal» zuvor. Einzig Bonifaz und Barbara Buchlechner hatten zu seufz.» Und vornehmlich war es Frau Barbara, die seufzte, und zwa» bitter und herbe beim Anblick ihrer allcrschönsten und all«*« teuersten Lebkuchenherzen, di« liegengeblieben waren wi« di. leeren Schalen tauber Nüsse. Mochte der Himmel auch misten, warum gerade in diesem Jahr« diese leckersten Kuchen mir »nd ohne Zuckerguß, gespickt mit Mandeln und ohne Mandeln, s» gar keine Kauf- und Gaumenlust erwecken konntenI Sie war«» dabei so schön im Aeußeren und so würzig im Innern, wie st. stets gewesen waren, wenn nicht gar noch würziger und schöne-. Und nun konnten Barbara und Bonifaz sie einsammeln, höchst vorsichtig und behutsam, um nur keinen zarten Zuckerschnörk«k zu zerbrechen, und' fi« kamen wieder in die große, blechern. Trommel und wurden aus weichen Papirrschniheln gebettet «ch dort konnten st. liegen und schlafen bi» .. . Bonifaz, ein kräftiger Mann, mit einer stillen, schlicht«» Seele, drückte den Deckel auf die blanke Trommel und sch-H sie unter seinen langen Arm. „Wohin?" fragte Barbara fs- gleich mit blitzscharfen Lachsäuglein und aufquellendem Ahne» „Dahinl" antwortet« Bonifaz und damit schlängelt« «r sich auch schon an Barbara vorbei und aus seiner Lebkuchenbude heraus. „Dul Bonifaz . . .l" vrrsuchte ihm sein Weib noch zuzuruf«^ aber da war «r auch schon über den hartgefrorenen Weihnacht,» schne« gestapft und hinter Laurenz Speckötter, total ausver- kaustsr Marzipanbuds verschwunden. O, du unbegreiflich« Tor heit «ine, ausgewachsenen MännerherzensI Frau Barbara keucht« und stöhnt« au» beiden Lungen und rang ihr« HSud«. Gerad« begannen di« Glocken von St. Niklaus' hohem Kirchturm sechsstimmig den Weihnachtsabend einzustng«», al, Bonifaz mit seln«r Trommel voll liegengeblieben«r, all««» schönster Honigkuchenherzen die Kirch« betrat, sich durch da» dämmerfahle Seitenschiff drängte und dort, wo um Mitternacht das Kindlein Gottes in der Krippe die Augen öffnen und di« ganz« Welt anlächeln würde, gerade dort setzt« Bonifaz di« Trommel nieder, und zwar hübsch artig zur Seit« in «ine» großen Korb, an dem ein wohlbekannte» Schildlein hing „Für unsere Armen". Es halt« auch keinen rechten Zweck, dem liebe» Gott in der hohen Weihnacht zu klagen, wie schlecht in diesen» Jahr« das Lebkuchengeschäst gegangen war. Man mußt« «« hinnehmen und geduldsam aus das nächst« hassen. Ueberdie» gehörten Bonifaz und Barbara auch ganz gewiß nicht zu denen, di« gleich dis Köpfe hängen lassen mußten. Sie hatten gut«, fett« Batzen hinter sich und würden weder Not, noch nackt«» Hunger leiden. Und mit einem ergebenen Gebet verließ Bonifaz die Kirch«; al» er aber zurück zu feiner kleinen Bud» bog und Frau Bar bara höchst aufgeregt mit einem Herrn im Pelzrock rede» sah, da blieb er stehen. „Seht nur, da kommt erl Bonifaz, wo ist di« Trommel mit den Honigkuchenherzen? Der Herr hat sich verspätet. All» Läd«n sind geschloffen. Sein» einzige Hoffnung waren jetzt nur noch unsere Honigkuchenherzen. Er braucht sie. Er muß st« v*r« schenken. Bonifaz, wo ... wo ... wo hast du ste?" Frau Barbara flog der Atem fort, und Bonifaz stand mit hängenden Schultern und sagt, schlicht und nur ein ganz klein wenig lächelnd: „Es tut mir sehr leid, Herr, st« find schon vergeben .. ? Da sank Frau Barbara auf ihren Schemel, bekam starr«, glä sern« Augen und rührte keinen kleinen Finger mehr. Nun aber begann der Herr im Pelzrock feinerseit» ein wenig zu lächeln. „Ich zahl« «uch da« Doppelt« für jede» Her». Holt eur« Herzen nur wieder herbei und legt hernach die Hälfte de» SUmmlein» genau dorthin, woher ihr jetzt di» Herzen holen müßt, und di» ander, Hälfte steckt selber ein." „Oh!" stöhnt» Frau Barbara au» ihrer Erstarrung, und e, HUpste ihr Herz. Und al« da» verspätete Weihnachtsgeschäft schon lange, lang« abgeschlossen war und ein hübsche» SUmmlein in einem Päckchen sein verschnürt statt d«r Honigkuchentrommel im runden Kord „Für unser« Armen" ganz nahe bei der Krippe lag, da sangen Boniia, und Barbara au» vollen Lungen und erhobenen Herzei,' „Komme, komme, lieber Thrift, Der du Mensch geworden bist, klein und arm, im Stall, aus Stroh, Kindlein, mach un» all« froh." Okarlott« Ursina. verantwortlich: Georg W i n k e l Dresden irn Lisrneer I^eili^ubenö auk einem Kocbereisckik! 6er äeukeken WalfangNotte / Von Or. tteinsen Daß Weihnachten mehr als irgendein anderes Fest ein Fest der Familie ist, das empfindet am stärksten, wer zu dieser Zeit fern der Heimat weilen muß. Ob man Ostern in Kapstadt feiert oder in Melbourne, ob man den Pfingstausslug, sofern man als Seemann gerade ini Hafen liegt, zum Fudjijama oder auf den Zuckcrhut bei Rio de Janeiro macht, ist nicht von Be deutung, aber Weihnachten fühlt man sich in der Fremde ver einsamt, auch ivenn man sich unter den besten Kameraden be findet. Ein Rest an Sehnsucht bleibt immer.... Wie die einzelnen über dies« oft sorgsam versteckte Weh- mut Hinwegkommen, darin unterscheiden sich die Charaktere. Unter diesen Umständen ist eine Weihnachtsfeier an Bord eines Walsängers, der immerhin eine Besatzung von zweihundert Mann hat, der über ein halbes Jahr von der Heimat weg ist und gerade Weihnachten in der entlegensten Gegend der Welt mitten in der Arbeit steckt, etwas ganz besonders Eigenartiges. Am Heiligen Abend ist bereits um seck>s Uhr Tag wache Ausscheiden Nur das alleruotweudigste Personal in der Maschine und auf der Brücke bleibt auf seinem Posten. Alles übrige drängt sich in die Waschräume, um den Arbeitsschmutz besonders gründlich herunterzuschwemmen. Dann wirft sich jeder in den besten Anzug. Um acht Uhr gibt es dann Abend essen. Einige Tage vorher hatten bereits sechs Schweine ihr Leben lassen müssen, und mit Andacht und Ausdauer werden riesige Mengen Schweinebraten mit Rotkohl verzehrt. Am Ende der Back in der Messe steht schon ein kleiner, von der Heimat mitgebrachter Weihnachtsbaum. Zwar sind die Nadeln in den Tropen etwas braun geworden, zum Teil auch schon abgcsallen — aber was tut das? Der Tisch selbst ist mit einem buntbedruckten Weihnachtsläufer bedeckt, kleine Lickst« stehen aus Pappuntersätzen, um jeden Platz herum liegen Tannenzweige, ein Paket mit Lebkuchen, eins mit Nüssen und Tatleln, und einige Aepsel Teller mit Datteln stehen außerdem noch in der Mitte des Tisches. Aber noch brennen die Lichter nicht, die eigentliche Weihnachtsfeier soll erst später sein. „Fröh liche Weihnachten!" wünschen wir uns gegenseitig und drücken uns die Hände und tun so, als seien alle unsere Gedanken von dem Schweinebraten in Anspruch genommen. Nach dem Essen schlägt man die Zeit tot, Indem man sich gegenseitig besucht. Die meisten haben schon bei der Ausreise im Oktober von- ihren Angehörigen ein Wcihnachtspaket mit- bekommen, das jetzt ausgepackt wird. Kleine, künstliche Weih, nachtsbäumche» tauchen auf, Kerzenglanz erhellt die schmalen Kammern. Inzwischen erscheint der Funker und verteilt die an gekommenen Weihnachtstclcgramme. Viel steht ja in so einem Telegramm nicht drin, aber immerhin, man weiß dock», den An gehörigen zu Hause geht cs im Augenblick wohl, auch wenn es etwas wehmütig stimmt. Endlich ist der Augenblick gekommen, wo der Mcsscjungc, der hier den Weihnachtsmann spielt, in die Melle rult. Wir haben an Bord keinen Raum, der alle zivei- hundert Mann gemeinsam aufnchmen könnte, deshalb feiert jede Messe siir sich Weihnachten. Es brennen die Kerzen, auf der Back dampft der Punsch, stehen Teller mit Berliner Pfann kuchen, Zigarren und Zigaretten werden verteilt, und jetzt soll also Weihnachten sein. „Stille Nacht, heilige Nacht", stimmt in der Ecke eine Geige an, und deutsch und norwegisch zugleich wird der Text dazu ge- sungen. Dann ist es wieder still, es wird merkwürdig wenig gesprochen. Jeder trinkt still feinen Punsch, singt auch mit, als noch zwei, drei andere Weihnachtslieder angestimmt werden, aber einer nach dem anderen nimmt sein Päckchen Rauchzeug und Lebkuchen und verschwindet in seiner Kammer. In der Mess« gegenüber, wo der Messejunge wohl nicht ganz soviel Sinn oder Geschick hatte, der Feier den nötigen Nahmen zu geben, ging es nicht ganz so still zu. Auch dort wur den Weihnachtslieder gesungen, nur, daß hier die Ziehharmonika das Bogleitinstrument war, aber bald klingen dort auch andere Lieder auf. und so kommen die Kameraden drüben schneller über die Wehmutsstimmung hinweg. Mv alle haben Gutscheine für einige Flaschen Bier be kommen. „Man muß seine Wehmut mit Fröhlichkeit totschla gen", meint ein Kamerad, und das wird nun auch gründlich be sorgt. „Sieh", sagt ein anderer, „meine Frau hat mir ein Tele- gramm geschickt. Sie und die drei Lütten sind gesund und wün schen mir fröhliche Weihnachten. Das freut mich so. da darf ich doch eins trinken, ivas?" Ein norwcgisckier Kamerad sitzt in seiner kleinen Kammer, und lieben, acht llläste drängen sich im engen Raum. Auf der Back steht ein Kessel mit heißen, Wasser und eine große Flasche Kognak, alle haben Mucken — so heißen an B"rd die Kaffee becher — in der Hand und trinken Grog und lachen und scherzen zusammen Ueberall ist eine herzliche Zlwarkommenheit zu l>e- werken, ats ob einer dem andern helfen wolle, über Grillen und traurige Stimmung Hinwegzukommen. Die Schiffsleitung aber zerbricht sich den Kopf, wo bloß all der „Stoff" so rasch hingekommen sein mag. Aber schließlich sind mir an Bord eines Walfangschiffes, und die uns gegebene Fangzeit währt nur Knappe hundert Tage. Die müssen äusgenützt werden. Da gibt es keinen Arbeitsauf- schub. Ein Wal liegt noch, schon zerlegt, auf dem Achterdeck,, und ein zweiter ist noch achteraus vertäut. Die wollen ver» arbeitet sein, sonst verdicht das kostbare Gut. Wer vorher noch ein paar Augen voll Schlaf nehmen will, der muß sich zurück ziehen. denn um 4 Uhr morgens soll die Nachtwache wieder an fangen, der geregelte Arbeitsgang wieder beginnen. Daß Weih nachten ist, wird durch leibliche Genüsse zum Ausdruck gebracht. Zum Frühstück erhält jeder Mann außer dem gewöhnlichen Sonntagsessen noch einen kleinen Klöben und ein Viertelpfund gute Butter. Und auch zu Mittag, zum Kaffe« und zum Abend- essen bietet der Küchenzettel allerhand kleine Ueberraschungen. Auch mit der Arbeit ist es nickst ganz so schlimm bestellt, wie es am Anfang aussah. Die beiden Wal« sind bald in die Kessel verschwunden, und neue liefern die Fangboote nickst an. Es herrscht diesiges Wetter und Schneetreiben, da ist es mit der Jagd nicht weit her. So bleibt auch die Nacht vom ersten zum zweiten Feiertag noch nihig, dann aber beginnt wieder das normal« Leben. Die Fangboote schleppen Wale heran, die wer- den aufgehievt, und alles stürzt sich ausgeruht und mit frischem Arbeitsmut in die gewohnte Tätigkeit. ^rräblunZ um 6io Weib- nsobt von Herbert Wieben Z^dend der 8ekn8uekt Mon- « t «t»z, «bd« S«,U! Lr»«, Sch, D<l<t v«rl V-ft! S! tio! Deze zwis, dem Wäh käm> men- den Bera ande groß Mon wcni Vers Mch jedoc Verb ner Fan, Frau diese sowj Pau sprc, mit ten Lini der Sri daß Toui fahr fron Stui einti Dalc und Ves» NUN' Dalc von die r Der hat hat und Aus rech Ver dem daß dan übli Ami s's im! spar habl dem Rot spät in l sich Fra wirl steh run da »erl ter
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