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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.01.1921
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1921-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19210111019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1921011101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1921011101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-01
- Tag 1921-01-11
-
Monat
1921-01
-
Jahr
1921
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Morgen - Ausgabe Bezugspreis: N.W'.."LL'!: monail. -Lr.tL-. viertel!»drl. f«r 4idh,I«r »ovatl. M. VS0. Morgen-Ausgab« aleta M. 7LV »enatllch, Ädent-Avtgad« eletn M monailich. Durch unler» aulwlrllgen glttaien in» Hao« ge- bracht monatlich M. lO.—, rieriellSd'ltch Ä>. 30.—: durch di» Post innerkald Deutschlands, frei lnt Hans geliefert, Deiamt-Ausgad« nionatlich M. 8.—, vierteildbrlich M. 2<.—. Ausiandsversand: i"o.:atiich Di. 10.— an» Druchsachcn-Porlo. Einzelnummern: Morgrn- Äosgab, 30 Pf* «deut-Lotgabe Pf. 6»»»tags-A»»g,d« «tt Pf. Handels-Mtung ras Leipziger Trzrvkatt enthält dir amtlichen vekanntmichunqen de« Rates lind der polizeinmlcS der Stadt Leipzig, des UullSgerichtü Leipzig, lowt» »erjchiescusr aaoertl «eliurvea. 115. Jahrgang Anzeigenpreis: LLÄ-N!. M. 2La: anzeigen van Bedörden im amtliche, Teil »I« Nanvarelllezetl» M. L2O, v.a»s». M. 5.—: »lein, Anzeigen di« ^kenperelllezeli« M I.eä van au«i»art1 Mk. l^O.Belchastsanzelgen mit Plaf,v»rschritlen im Preis» «rddbl. Plah und Datenvorschrisl odn« Verbindlichkeit. Beiiagenpreis« stir die Gesamtauslage Mk. >2.— netto, siir Teilaufiage Mb IL.— netto pro Mill«, Postousioge postgedübc eztra. :s«rnlpre<i,-Äuschluii Ar. 14E. lluu«. — pol,!ch«»bonl°7^>.. Schriftleilunq und Seschälltlicll«: Leipzig, Zohaunitgais« Nr. 3. Verla, Dr. Neinpvld L Lo - Letpzl» Nr. IS Dienstag, den 11. Januar 1921 Ne Bremer Winmng md ihre Lehren (Drahtbericht unserer Berliner Schriftleltung.) Berlin, 10. Januar. D!e überraschend große Zahl der Stimmen, die sich bei dem Bolks. entscheid über die 2luflösung der B r e m e r Ctadtwehr für die Beibehaltung der Wehr ergaben (rund 101 000 gegen rund 75 000), haben in der sozialdemokratischen presse aller Richtungen große Erregung her- vor^rufen. Schon vor einigen Tagen hatten diese Blätter u. «An griffe gegen die Reichsregierung und im beisondern gegen den Minister des Innern Koch gerichtet, weil Herr Koch, der demokra tische Abgeordnete für Bremen, dort i-n der Wahlbewegung zum Volks entscheid gesprochen und außerdem als Minister eine Note an den Senak gerichtet hatte. Das erstere war natürlich sein gutes Recht als Parlamentarier und parlamentarischer NUnister, und es steht deshalb nicht an, daß der Vorwärts von einer bewußten WahlbeeinfluMng schlimmster Art durch die Reichsregierung spricht. Di« Note aber hielt sich innerhalb der Zuständigkeit des Ministeriums des Innern. Ihr Text liegt uns vor und stellt lediglich eine Warnung vor einer Erschütterung der öffentlichen Ruhe und Ordnung in Bremen dar, das als Einfuhrhafen für LebenS- milteltranäporte von allgemeiner Bedeutung für das Reich ist. Das Reich hat schon einmal im vorigen Sommer große Summen für Tumultschäden nach Bremen geben müssen, weit die dortigen Polizei kräfte zur Sicherung der Ordnung nicht ausgereicht hatten. Die fristlose Aufhebung der Stadtwehr, die von den sozialistischen Parteien beabsichtigt war, erschien untunlich, da die Rechswehr in Bremen bisher noch nicht den vorgesehenen Bestand, sondern erst zwei Drittel davon erreicht, so daß sie allein die Ordnung nicht aufrechtechalten kann. Außerdem sucht sich die Rcichsregierung nur in äußersten Notfällen in innerpolitifch« Streitig keiten zu verwickeln. Aber auch die OrdnungBpolizei ist noch um ein yqlleä Drittel hinter ihrer vorgesehenen Höhe zurück und muß außerdem, entsprechend den Forderungen der Entente, um gebildet werden. Die Parteien hakten nun auch beantragt, von den Führerstellen dieser Sipo zwei Drittel zu streichen. Auch dagegen hat sich der Minister ge wandt. Das Reich ist an den Kosten der dortigen Ordnungspolizei mit einem ungewöhnlich hohen Anteil (neun Zehntel der ganzen Summe, während es in Preußen nur vier Fünftel Zuschuß leistet) betel- leigt und hat sich dementsprechend natürlich eine Mitwirkung in der Ver- Wendung seiner Zuschüsse ausdrücklich vorbehalten. Dabet ist die Zahl der Führer st «llen genau nach dem Reglement des preu- ßischen sozialdemokratischen Ministers Severing be messen. Der Minister hat seine Bedenken nur als solche geltend gemacht. Er hat nicht einmal der Aufhebung der Stadlwehr widersprochen, sondern ausdrücklich erklärt, es sei nicht zu vermeiden. Laß sie in Kürze durch Ab ¬ gabe d«r Militärwasfen auf Grund des LnlwoffnongSgesehes wesentlich verändert werbe. Nur vor einer sofortiAen und völligen Beseitigung müsse er warnen. Er hak dann allerdings ersucht, die erwähnten übereilten Beschlüsse zu revidieren. Von einer Verhängung des Aus nahmezustandes war überhaupt kerneAede. Ilebrigens sind die Zahlen des Wahlaussalles besonders interessant, wenn man sie mit früheren Ergebnissen vergleicht. Nach der Revolu tion hatten di« Sozialdemokraten eine Zweidrittel-Mehrheit, seht haben sie nur noch 40 Proz. Die Mohrhettsfozialdemokratie hak sich durch das Zusammenarbeiten mit den Radikalen selbst schwer geschadet, und viel leicht darf man erwarten, daß sie die Folgerungen aus dieser Lehre zieht. Der .Vorwärts' kündigt bereits an, seine Partei werde auch weiterhin zulasten müssen, daß in Bremen eine rein bürgerliche Regie- rung bestehe. Mit der Beendigung des Volksentscheids sei die Zu sammenarbeit der soziali stischen Parteien erledigt. Em jeder nehme für sich selbständig dcn Mahlkampf auf. Die Wahl ist auf den 13. Februar angeseht. Die Bremer Mehrheikssozialdemokratle ist im Juli v. 2. aus der Regierung herausgegangen und in erbitterte Opposition getreten, trotz aller Versuche der dortigen Demokraten, die Beziehungen zu ihr aufrechtzuerhottcn. Sie ist in Bremen in Wahrheit keine Mehr- heitssozialdemokrakie, sondern ist schwächer als die Unabhängigen und kaum stärker als die Kommunisten. Statt aber nun durch entschiedenen Kampf gegen links die Elemente der Arbeiterschaft, die der Unruhen müde geworden sind, für sich zu gewinnen, hat sie sich immer mehr ins Sch lepptau der Unabhängigen und Kommuni st en nehmen lassen, und neulich erklärte ihr Führer Rein im Wahlkampfe, er freue sich, endlich einmal wieder zu geeinigten Sozialisten sprechen zu können. Dabei hatten die Bremer Unabhängigen die alte Sozial demokratie aus allen Stellungen vertrieben, ihr die Zeitung weg genommen usw. Die Einigung ist aber auch dem gesamten Sozialismus in Bremen schlecht bekommen. Seit 1913 war qs nie vorgekommen, daß eine so starke bürgerliche Mehrheit vorhanden war wie jetzt, trotz des auf 20 Jahre herabgesetzten Wahlalters. Hoffentlich lernen di« Sozialdemo kraten jetzt, daß sie offenbar in Jahrzehnten noch nicht zur Alleinherr, schäft in Deutschland kommen können, und hoffentlich werden sie auch durch den Ausfall der Preußenwahlen von neuem darüber belehrt werden und sich danach wieder entschließen, in die Regierung in Preußen wie im Reiche wieder sinzutreten, statt in aussichlloser Opposition zu verharren. Englische Stimmen für ein deursches Oberschlefien Amsterdam, 10. Januar. Die Londoner Wochenschrift .New Stakeman' tritt dafür ein, daß Obe »Schlesien, von einem unparteiischen Standpunkt aus betrachtet, besserindeutschenHändenbieibe.alsin pol nische über gehe. Am durchschlagendsten seien die von Deutschland für das Verbleiben Oberschlesiens beim Reiche vorgebrachten wirt schaftlichen Gesichtspunkte. Aus dem polnischen Argument, daß Deutschland auf Grund des Friedensvertrages ein obligatorisches Recht auf den Kohlenbezug aus Oberschlesien habe, könne Deutschland wenig Trost herleiten, da Polen erklären würde, daß es keine Kohlen zur Aus- fubr habe. .New Stateman' ist der Meinung, daß Deutschland Ober schlesien viel dringender braucht als Polen, schon um die Ver pflichtungen aus dem Friedensvertrage zu erfüllen. Oberschlesirn als Teil Deutschlands stehe wirtschaftlich und kulturell auf einer viel höheren Stufe als dies der Fall wäre, wenn es ein Teil Polens wäre. Mik Rücksicht auf die Zustände in Polen sei die Zukunft eines polnischen Oberschlesiens wenig aussichtsreich. Die vom Reichstage gewährte Autonomie werde auch die Mehrheit der oberschlesischcn Polen be friedigen. .New Stateman' verurteilt den in Overschlesien aus- geübten Terror, der nach verschiedenen Nachrichten von den franzö sischen Behörden unterstützt würde, und deutet an, daß die Ausweisung vor' Mrs. Buxton beweise, daß die Franzosen dort etwas ver heimlichen wollten. Der .Odserver' tritt ebenfalls nachdrücklichst für ein deutsches Oberschlesien ein, das niemals zum polnischen Nationcchystem ge körte. Außerdem sei Deutschland auf di« oberschlcsischen Bodenschätze angewiesen. Der .Observer' bedauert, die von -en Alliierten angeord- netcn mehrfachen Adstimmungstermine, da sie die Polen begünstigten. Die Losreißung Oberschlesiens von Deutschland werde ein Ilnglück für Europa sein. General Rollet fährt nach Paris Berlin, 10. Januar. General Rollet wird sich nach Paris begeben, um der am 18. Januar zusammentretenden Konferenz seine persönliche Ansicht über die Durch führung der Entwaffnung Deutschlands vorzutragen. In den Kreisen der Mission Nollek glaubt man, daß die Pariser Konferenz die Frage sehr rasch entscheiden werde, um so mehr, als die von der inter alliierten Miltärmission in Berlin entworfene Neujahrsnote an Deutschland mit voller Einstimmigkeit abgefaßt sei. General Nollet glaubt, die endgültige Antwort der Pariser Konferenz nach seiner für den 25. Januar erwarteten Rückkehr nach Berlin der deutschen Regierung übergeben M können. Nrue Verschiebung der Vruffeler Konferenz Berlin, 10. Januar. Staatssekretär Bergmann, der Führer der deutschen Abordnung auf der Brüsseler Konferenz, ist heute vormittag aus Paris hier ein getroffen, nm, wie wir ankündigten, persönlich mit den zuständigen ReichS- ressorts über die weite.'e Haltung der deutfchen Delegation bei der Fort setzung der Brüsseler Konferenz über die Wiedergutmachungssrage Rück sprache zu nehmen. Staatssekretär Bergmann hat sich vom Bahnhof direkt in das Reichsfinanzministerium begeben. Inzwischen ist der Wie derbeginn der Brüsseler Verhandlungen, der für den 15. Januar anderaumt war, wieder verschoben worden. Die neue Verschiebung geht, wie wir hören, nicht von der deutschen Regierung, sondern von der Entente aus. Ein neuer Tag für die Fortsetzung der Verhandlungen ist noch nichtfestgesetzt. Im weiteren Verlaufe derEachverständigenkonferenz in Brüssel werden die Fragen der industriellen Organisationen und der deutschen Lieferungen eine besondere Bedeutung erlangen. Die Reichs regierung hat daher den alliierten und assoziierten Regierungen vor- geschlagen, daß neben den Herren Staatssekretär Bergmann und Reichs bankpräsident Havenstein die vom Reichsverband der deutschen In dustrie benannten Herren Generaldirektor Vögeler und Kommerzien rat Peter Klöckner als deutsche Delegierte bei den weiteren Verhand lungen teilnehmen. Am die Nachfolge Ludo Hartmanns (Drahtbr richt unserer Berliner Schriftleitung.) Berlin, 10. Januar. Dec österreichische Gesandte für Deutschland ist noch nicht ernannt. Wie bekannt, war der ehemalig« österreichische Ab geordnete von L a n g e n h a n, ein Deutschböpme, in Aussicht genommen worden. Die deutsche Regierung hatte auch bereits erkennen lassen, daß er persona xrata sein würde. Von Langenhan ist Deutjchböhme, lebt jetzt in Deutscyösterreich und dürfte wegen seiner nationalen Tätigkeit im Parlament des alten Oesterreichs bei den Tschechen verhaßt sein. Mög licherweise ist dies der Grund dafür, daß sich die Entente mit einer Ent sendung Langenhans nach Berlin nicht einverstanden erklärte. Als zweiter Anwärter auf den Gesandtenposten wurde der Polizeipräsident vcn Wien, Dr. Johann Schober, genannt. Da Schober voraussichtlich doch Bundeskanzler werden wird, fällt diese Kandidatur fort. Man er wartet nunmehr, daß der jetzige Bundeskanzler Dr. Michael Mayr die Nacbfolg: Professor Ludo Hartmanns in Berkin übernehmen und auch dessen Anschlußpolitik forts«tzen wird. Das Agrement der deutschen Re gierung für Herrn Dr. Mayr dürfte außer Zweifel stehen. Oberleutnant Vogel amnestiert Berlin, 10. Januar. Wir brachten in der gestrigen Abendausgabe eine Meldung d«r .Freiheit', nach der Oberleutnant Vogtel amnestiert worden sei. Diese Nachricht bestätigt sich. Vogel ist durch Beschluß des Landgerichts in die vergangene Amnestie eindezogen worden. Südwester Milchkühe für Deutschland. Als in Südwest die Mel dung von d«r Liebesgabe der deuksch-amerikan scheu Milchkühe bekannt wurde, tauchte auch bei unseren Lands'euton deS ehemaligen Schutz gebietes der Gedanke auf, ein ähnliches Liebeswerk ins Leb«n zu rufen. Dieser Plan wird jetzt, wie wir im selben Blatt lesen, in Farmerkreis m eifrig erörtert. Bei dem bekannten Opfersinn unserer Kolonialen in Südwest wird es sicherlich gelingen, einig« kaufend Milchkühe für unser schwer g-prüstes Vaterland zusammen zu bekommen. Der Streit um den 3. Band «Den Söhnen und Enkeln zum Verständnis der Vergangen heit und zur Lehre für die Zukunft." Dies ist der Spruch, der von dem großen Kanzler als Leitwort des 3. Bandes seiner Gedanken und Erinnerungen bestimmt worden war. Es ist ver ständlich, wenn viele fragen: wie es denn nur möglich sei, daß einem Volke, das im Dunkeln wandeln muh, ein solcher Licht strahl vorenthalten werden dürfe. Kein Zweifel: das Gedächtnis Bismarcks (man könnte sagen die Sehnsucht nach ihm) ist heule lebendiger als je. Seine Gestalt hat alle Stürme der legten Jahre überdauert. Andere sind im Begriff, vergessen zu werden, Bismarck nicht. Daher die weitverbreitete Erregung über das Schicksal des 3. Bandes. Die Frage droht aber durch Schlag worte getrübt zu werden. Das ist nicht wohlgetan, und wir glauben, manchem einen Dienst zu erweisen, wenn wir einmal ganz ruhig den Stand des Streikes darlegen. Man wird daraus ersehen, daß es sich um einen Rechtsstreit handelt,' nicht um einen Kampf von «Weltanschauungen", wie man so gern zu sagen pflegt. Einzelheiten glauben wir einem Aufsatze im Januarheft der vortrefflichen «Deutschen Zuristen-Zeitung entnehmen zu dürfen, der aus der Feder von Heinitz, einem bekannten Ber liner Anwalt, stammt, also durchaus auf Sachkunde beruht. Die Meinungsverschiedenheiten, die zwischen der Coltaschcn Buchhandlung und der Familie Bismarck bestanden, sind be kanntlich durch einen Vertrag im Juli 1918 beseitigt worden. Fürst Otto erklärte damals, daß er davon absehen wolle, -en Einspruch gegen die Veröffentlichung weiter zu verfolgen. Der 3. Band wurde hierauf gedruckt. Aber ehe er erscheinen konnte, erwirkte Witbelm ft. eure einstweilige Verfügung, die dem Verlage die Herausgabe gewisser in dem Buche enthaltener Briefe, von denen das Ganze wohl nicht zu trennen war, unter sagte. Die einstweilige Verfügung wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart bestätigt. Das Reichsgericht konnte damals leider nicht angerufen werden. Man hat ihm seinerzeit (um es zu entlasten) die Zuständigkeit bei Arresten und einstweiligen Verfügungen entzogen. Nunmehr aber erhob Cotta ordentliche Klage auf Feststellung des R'echces, jene sechs Briefe als Be standteil des 3. Bandes herauszugeben. Allerdings ist er in der ersten Instanz, nämlich beim Landgericht Berlin, oeieits unter legen. Aber in dem jetzigen Rechtszuge kann die Sache, nach dem noch das Kammergencht gesprochen haben wird, an das Reichsgericht gelangen, und es liegt in der Natur der Dinge, daß es am Ende nur auf das Urteil des Reichsgerlchts ankommen wird. Eckade, daß in solchen grundsätzlichen und dringenden Fragen erst der Umweg über die unteren' Instanzen gemacht werden muß. Aber es mag zugegeben werden, daß es gesetz geberisch schwer sein würde, dies zu ändern. Von den erwähnten sechs Briefen stammen zwei von dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, vier vom Prinzen Wilhelm. Ob die Briese etwa von dritten Personen verfaßt und von den beiden Fürsten (die aber hier noch als Kronprinzen in Beträgst kommen) nur mtterzeia-net worden sind, ist im Prozesse streitig. Wir gehen aber aus die besondere Rechtsfrage, die sich hieraus entwickelt hat, an dieser Steile nicht ein. Hier liegt nicht der Schwerpunkt des Rechtsstreites. Was nun den Inhalt der Briefe anbelangt, so beschäftig! sich der erste Brief des Kronprinzen Friedrich Wilhelm mit dem Zeitungsgerllchte, daß Baden Königreich werden solle. ^er zweite betrifft den Wunsch des Prinzen Wilhelm, lm Aus wärtigen Amte zu arbeiten. Von den Briefen des Prinzen Wilhelm betreffen zwei seine persönliche Stellung zu einer Frage, die damals oie Oeffentlichkeit stark in Anspruch nahm, nämlich die Ausdehnung der Berliner Stadtmission auf das Reich. Der dritte Brief ist das Begleitschreiben, womit dem Kanzlei der Entwurf eines Erlasses zuging, den der Prinz bet seiner Thronbesteigung an die deutschen Fürsten richten wollte. Der vierte Brief fällt schon in die Aegierungszeit Friedrichs Ul. und bewegt sich um den Anspruch des Generalstabs, einen ge wissen Einfluß auf die Politik nehmen zu dürfen: also zweifel los eine Frage von politischer Bedeutung. Wie man denn überhaupt zugcben muß, daß alle Briefe keine nebensächlichen Dinge betrafen. Es steht nun zur Entscheidung, ob diesen Briefen der Schutz des Urheberrechtes zukommt, wonach (kurz gesagt) ihre Veröffentlichung untersagt werden könnte. Also Urheberrecht an Bliesen. Der jetzige Stand dieser Lehre beruht auf einem Urteil des Reichsgerichtes von 1908. Dort handelte es sich um die Briefe Nietzsches an seinen Freund Overbeck, deren Urheber recht die Schwester und Erbin Nietzsches gegenüber einer damals beabsichtigten buchhändlerischcn Herausgabe geltend machte. Das Reichsgericht sprach aus, daß auch Briese grundsätzlich Gegen stand eines Urheberrechtes fein könnten. Der Schuh von Brie fen, auch von sogenannten Vertrauensbriefen, habe keine anderen Dorausfctzungen als der von anderen Schriftwerken. Erforder lich sei aber, daß sich die Briefe als eine individuelle Geistes schöpfung, als Ausfluß einer individuellen geistigen Tätigkeit darpellen. Das Reichsgericht hob damals das Urteil der zweiten Instanz auf und übertrug ihr die Prüfung, ob den Briesen Nietzsches «literarische Bedeutung" im Sinne des Urheberrechtes zukomme. Eine solche Bedeutung könne beruhen auf einem originalen Gedankeninhalte oder auf einer künstlerischen Form gebung, z. B. einer besonderen Anmut und Kraft des Stiles; wie denn gerade über andere Briefe Nietzsches gesagt werde, daß er sich darin als ein «Briefkünstler' betätigt habe. Dieser rein literarische Maßstab wird daher nunmehr auch an jene sechs Briefe der beiden damaligen Kronprinzen zu legen sein. Es liegt auf der Hand, daß man hierzu nicht Stellung nehmen kann und darf, ohne die Briefe genauer zu kennen. Nur das sei noch mals betont: es kommt nur auf den literarischen Wert der Briese an, nicht auf die Personen der Verfasser. Wenigstens schließen wir dies gerade aus jenem Neichsqerichtsurteil, worin gesagt ist: es müsse untersucht werden, ob solche Briefe, auch abgesehen von
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