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102 Eberhard Windecke. habe? Auf Anfrage des Königs erklärten die Fürsten, der Herzog Ludwig habe nicht mehr verloren, als daß er keinen Aufschub weiter erlangen könne, sondern sich billigerweise sogleich verant worten müsse. Da rief Herzog Ludwig in zornigem Muthe: Ob das billig wäre? Einer, der Beisitzer beim Gerichte sei, solle einen feierlichen Eid schwören recht zu nrtheilen. Da wurde der römische König sehr zornig und sprach: „Ich weiß, daß hier keiner sitzet, der nicht recht geurtheilt hat, und wir haben nie gehört, daß man vorher schwören solle, denn ein jeglicher spricht Recht auf den Eid, den er seinem Herrn geleistet hat." Darauf sprach der Bischof von RigaH: „Ich weiß, daß ich recht geurtheilt habe; wäre ich ein weltlicher Fürst, so würde ich es besser verantworten." Da erschrack der Herzog Ludwig. Auch der Kanzler Hans Kirchheim sagte: „Lieber Herr, Herzog Ludwig hat mich auch beleidigt, er sagt, ich habe anders geschrieben als geurtheilt ist." Und als man die Protokolle angesehen und die Fürsten gefragt hatte, fuhr er fort: „Habe ich anders geschrieben, so thue man mir, was recht ist." Da sprach der König: „Herzog Ludwig, Ihr ließet solche Reden wohl besser bleiben," und der Markgraf von Brandenburg sagte: „Oheim, Ihr seid so bleich: Ich glaube ihr fastet noch!" Solchen Spott mußte der Herzog dulden, des Königs Unmuth aber wurde gestillt. Darauf fragte dieser, womit der Herzog dem Könige verfallen wäre, da er die Hand zum Eide erhoben und sie ohne Rechtserlaubniß wieder habe sinken lassen. Die Fürsten aber überlegten und sagten: „Lieber Herr, es ist nun an der Zeit, daß die Arbeiter zum Essen gehen: auch wir wollen morgen oder später oder wenn Eure Gnade gegen Herzog Ludwig klagt, das Urtheil nach Klage und Vertheidigung fällen." So stand der römische Gerichtshof auf, und während sie noch bei einander standen, sprach einer unter ihnen: „Hunderttausend dem Könige." Aber es wollte keiner den nennen, der das gesagt hatte. Später verglichen sich der I) Brrgl. Sew LS. I.