Volltext Seite (XML)
Nr S5S 1M8 Dienstag, den 2S. Oktober Verlag: Dr. Reinhold L To., Leipzig Hallplschrtfiteiter: vr. Everlh, Leipzig Die Revolution in Prag Der deutsche Heeresbericht Gröhes Hauptquartier, 2S. Oktober 1918. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. 3u der L y s - Niederung wirsen wir Teilangriff« des Gegners bei Olfene ab. Stärkere feindliche Abteilungen, die nordwestlich von Eovd« das östlich« Schelde-User zu gewinnen suchten, wurde« im Gegenstoß zurüekgoworfen. Südlich der Schelde drangen starke eng lische Angriffe bei FamarS vorübergehend in unsere Linie» eia. Das Infanterie-Regiment Nr. 176 unter Hauptmann Preuße« warf de« Feind völlig zurück. Die 7. Batterie des Feldartillcrie-Regimcnls Nr. 71 und di« Insanterie-Geschüh-DtG .rie Nr. 38 trugen in vorderster Linie wesentlich zum Erfolge bei. Oostiich von Art res ward.» Tcil- ungrisfe des Gegners adgewiese«. Der Feind seht die Zerstörung der Ortschaften in und östlich der Schelde-Niederung fort. Auch Baleucieanes lag unter starkem feindlichen Fever. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. Angriffe der Franzosen gegen den Oise-Kanal zwischen Etreux und Lcsquielles scheiterten in unserem zusammeugefaßleu Arlitlrrie- scuer. Schwache Teil«, die über den Kanal vorstießea, wurde» im Gegenstoß zurückgeworfen. Westlich von Guise kam:« feindlich« Angriffe in unserem Feuer nicht voll zur Entwicklung. Am südlichen Abschnitt beiderseits der Straße Laon-Marte wiesen posensche und westpreußische ReH- meuter am frühen Morgen starke Angriffe des Gegners ad. Heeresgruppe Sallwitz. < Zwischen Aire und Maas zeitweilig auflebeude Artillerie- täligkcU. Wir schossen la den beiden letzten Tagen 49 feindliche Flugzeuge und 3 Fesselballone ad. « , Der Thef des Geueralstabes des Feldheeres. (W.T.B.) Ksnstrtuierung des Tschechenstaates Prag, 29. Oktober. fDraht bericht unseres Mit arbeiters.) In Prag ist am Montag die Reglenwgsgewall durch den tschechischen Nationalrat überuommeu und der tschechisch« Staat errichtet worden. Die Umwälzung ist ohne erustliche Ruhe störung vor sich gcgarg!.«. Nach Eingang der Nachricht von dem CrndersriedenLangcbot Oesterreichs lral das Präsidium des lschechischen ZtTiional-ruSschr'.sies zu einer Sitzung zusammen. Am Mittwoch be- s.abca sich als Verirrter des National-ufschesses der Vizepräsident Dr. Swehla. Dr. Rankin, Dr. Soupup zur Slatlhalteret. Do der Statt- Walker nach Wien cbgere.st wer, gsb der Vertreter d«S Rational- auüschusscs dem Vizepräsidenten -ckruck, daß der Rallonalavsschuß die öffentlich« Derwallnvg übernchrns und die bisherigeu Gesetz« und Verordnungen bis auf wslter« Eaischeidvugen in Kraft bleiben. Die e.unze Liquidierung end 1lebergr.be aller Arpeletzenheiten la die Hände des neue« lschecho-slowakischen Staates werd« bei völliger Rahe und O.dnung erfolgen. Hierauf begaben sich die Vertreter des Ralional- ousschusseS zum Präsidenten des LandcsverwaltungskomiteeS, dem sie ensiündigten, daß der Natienasimvschuß das LrndtagSgebäad« nebst dem L-rdlagsseal übernehme. Die Arbeiten der Landesbeamte» würden vuocflört vor sich gehen. Vormittags war auch dle KriegSgetreidc- verkehrSanstalt in die Verwallung des tschecho-st-wakischen Staates übernommen worden. Der Nationalrat Hal nemeaS des tschechisch!» Volkes als Vollzugsausschuß der staatlichen Hoheitsgcwalt solgeade Anordnungen gelrosfea: 1. Die staatliche Form wird bestimmt von der Nationalversammlung in Gemeinschaft mit dem tschechs-slowakischen Nationalrat in Paris als Organ Les DolkSwillens. Bis dahin übt die staatlich« Oberheheit ü.nerhald des Staates der Nationalrat. 2. Alle bisherigen Landes- und ReichSgesaße sowie Verordnungen bleibea provisorisch la Geltung. 3. All« autonome» staatlichen und Gemeindebehörde», städtische« Bezirk«, Gau- und OcmeinLeanstalkeu sind dem RakioaalauSschuß unter stellt mrd amtieren provisorisch nach de» bisher gelierten Gesetzen und Verordnungen. DaS Gesetz tritt vom heutigen Lage in Kraft. S. Das Präsidium wird mit der Durchführung beauftragt. Gegeben in Prag, 28. Oktober 1918. Aulou Swehla, Dr. Slrlderny, Dr. Souzup, Dr. Wawra, Dr. Rasin, Eraubar. In eine« in tschechischer Sprach« abgefahren Zirknlartele- gramm .Au alle" wird folgende Anordnung des Dr. Zaradnip be» kaunlgcgeben: .Di« Prol-lemotion dcS tschecho-stowakischen StcstrS het bci der Säule des heiligen Wenzel aus dem WenzelSplatze in Prag um 11 Uh: vormittags statlgefundcn. Sofort alle Abzeichen des gewesenen österreichischen Landes entfernen. Alle Anfuhr in Wazrn- l .düngen und von Stückgütern befördern. Nach Wien und nach Deutschland sofort alles «»fhalten. Nach Prag ist der Vcrkehr telegraphisch anzumclden, wegen Disposition durch Nationalrat. u»g»q„ «r quvstast m»,uv «1 Gnbakiraua ftj q«vl«g Ms Ts leb« der tschecho-slowaklsche Staat. Dr. Zaradnip.' Die Mitteilung dieser Verordnung wurde auch den Behörden 1» de« deutsche» Teile« BöhmeaS Ld-rmUtelt, die jedoch dqeo» kel«e Ke«»l»lS »ahme«. Uebergabe der MilitLrgewalL Prag, 2S. Oktober. (Eig: n « r Drahtbericht.) Das lfchechisch-sloioakifche Presse bureau teilt mit: Tester» um v Uhr Kümpfe an der Dona« glc. Zürich, 29. Oktober. (Eigen er Drahlbericht.) Die .Züricher Morgenzcitung' meldet: Bei Turu Severin ist ein« große Arlillerieschlacht entbrannt. Französisch« Artillerie beschießt österreichische Monitoren, di« das Feuer erwidern. Man erwartet, daß die Franzosen das rumänisch« Donaauser über schreiten und auch ia dle Dobrudscha eingreifea werden, um sich mit de» voa Norden heranziehcnden rumänischen Trappe« zu trcsfen. O- Geaf, 29. Oktober. (Drahlbericht.) lieber di« rumänische an- grrifende Armee schreibt der .Malin': Die Truppe», wr che ia die Dobrudscha einsielen, sind etwa 80 600 Mann stark, die trotz des Waffenstillstandes nicht demobillflert wurden und tu Wolhynien und Beßarabien standen. In der Dobrudscha wird jcdenjalls die rumänisch« Armee mit den verbündeten Truppen Fühlung nchnren. Rotterdam, 29. Oktober. (Eig. Draht bericht.) Die .Morning Post' meldet aus Jassy: Die Enlentegesandteu habe» der rumänische» Regierung am Freitag wichtige Informationen zu- gepelll. 3m Verfolg der MUlellangc» ward« eia Kroarat ein berufe«. /MM Ak er will, V baß es zum Frieden , kommt, der zeic1)ne Rriegoanleihe. Und «er will, daß der Frieden mög lichst gut wird, der zeichne erst reche Kriegsanleihe^ Darum zeichne! O abends erschienen der kommandierend« Feldmarfchalleutnaak Peskra»ep mrd Feldmarschalleatna»t Herraato«! mtt ihrem ganze« Nabe in den Räume« deS ksä-echischcn Natio»Llra!es und Übergabe» dle MHHLrgewalt in dleHSsdedes tschechische» RatloualrateS. Prag, 29. Oktober. (Eigener Drahtbericht.) Das k. k. Korr.-Dnrcau teilt amtlich mit, daß es cm 9 Uhr abends Lurch das tschecho-slowaktsche Pressebureau über nommen wurde. Oesterreich bittet die gesamte Sntente um Iriede» Wien. 29. Oktober. (Drahlbericht.) Die österreichisch- ungarische Regierung hat glsiä-zeitig mit der an Len Staats sekretär Lansing gerichteten Roke den Inhalt derselben der fran zösischen, königlich großbritannischen, kaiserlich japa nischen und königlich italieni schen Regierung mit -er Bitte milgele.lt, dem darin enthaltenen Vorschlag auch ihrerseits znzuslimnren und denselben bei -em Herrn Präsidenteu Wilson zu unterstützen. -S- Der Minister des Aeuhern GrafAndrassyhat heute an Staa^sckretär Lansing folgendes Telegramm gerichtet: .Sofort nach Uebcrnchme der Leitung des Ministeriums deS Aeußern habe ich eine offtzieLe Antwort auf Ihre Rot: vom 18. d. M. abgesandk, auä wr'.cher S!r entnehmen KLnnsn, daß wir in allen Punkten die Grundsätze annrhmcn, welch« drr Prä- s'ürnt der Bereinigten Staaten in seinen verschiedenen Er klärungen ausgestellt hat. In vollster Übereinstimmung zur Sicherung des künftigen Friedens und zur Schaffung einer BölkerfamUie haben wir bereits Vorbereitungen ge troffen, damit die Völker Oesterreichs und Ungarns ihre künftige Gestaltung nach eigenem Wunsche gänzlich unbchikdert vollziehen können. Seit -rin Regiernngsanttitt des Kaisers und Königs Karl war es sein unentwegtes Bestreben, daS Ende deSKriegesherbeizuführen. Mehr als je ist das heute der Wunsch des Kaisers und aller Völker Oesterreichs und An- garns, die von der Ueberzeugung durchdrungen sind, daß ihr künftiges Schicksal nur in einer friedlichen Welt frei von Er schütterungen, Prüfungen, Entbehrungen und Bitternissen des Krieges gestärkt werden könne? G««f, 29. Oktober. (Drahkbericht.) Unter den Oesterreich-Ungar» aufzuerlegendcn Waffenstillsiandsbedingungen vermllken die Pariser parlamentarischen Kreise die Aufteilung der Geschütze, der Ha»dwaffen und des anderen Materials an die von dem Verband anerkannten bzw. noch anzuerkennenden Staaten-Orgen« Dies« Aufteilung soll unter einer Kontrolle erfo'gen, deren Einzelheit« noch festzustellen wären. Gleiches gelte von den Waffenstillstands bürgschaften bezüglich drr Adrlahäfen. Dsr rrrmSritsche Vormarsch Bafel, 29. Oktober. (Eig. Drahlbericht.) vt« .M«e Korrespondenz' gibt ein« Meldung de» .MaS«' wieder, worin es hrttzß, daß di« Truppen, die ia die Dobrudscha eingedr»»gea find, etwa 80000 Ma«» stark feien. Es handele sich um dle beste« Trappe«, di« lr»tz des Fri«deasfchl»sses nicht demobillftart wach« ßch «ad in Betzarabien stand«». Die Lage in NumLuien Die Ereignisse in Bulgarien haben naturgemäß in Rumänien den stärksten Eindruck ausgelöst. Hoffnungen, die man bereits anfing zu begraben, sind plötzlich wieder ans hellste Tageslicht emporgeschnelit, der Alpdruck großbulgarischer Träume ist von Len rumänischen Politikern genommen, und in Bukarest und in noch höherem Grade in Jassy sonnt man sich wieder in dem Gedanken, daß aus diesem Kriege Rumänien doch vielleicht noch mit einem Machtzuwachs hervorgehe, der seine Stellung als unbestrittene > Vormacht aus dem Balkan für absehbare Zeit festlegt. ' Aeußerlich wurde dieser Sliminungswandel allerdings zu« , nächst kaum sichtbar, und man irrt sich, wenn man anniinm^ ' daß der Zwischenfall mit Bulgarien unmittelbar eine Zu- ! nehme der entenlistischcn Strömungen und eine entsprechende Gegenwirkung nach der Seite der Mittelmächte hin zur Folge gehabt hätte. In Jassy zwar sollen einzelne Häuser, ' als spät abends die Nachricht von dem bulgarischen Waffen stillstand etntraf und an der französischen Gesandlschafk angeschlagen wurde, illuminiert haben, und in etlichen i Lokalen hat man wohl auch weit über die Polizeistunde hinaus die unerwartete Botschaft gebührend gefeiert. Aber ekstatischen Ausbrüchen von der Art, als ob nun endlich Rumäniens .Be freiungsstunde' nahe, hielt man sich auch in der Moldau fern. Wenn es sich um das politische Geschäft handelt, können die Rumänen ungemein vernünftig sein. Man sagte sich, daß die Wendung der Dinge auf jeden Fall günstig für - Rumänien sei, ganz gleich, ob die Mittelmächte oder die Entente in Zukunft den maßgebenden Einfluß auf dem Balkan ausüben würden. Und da man nicht wußte, wie die Dinge liefen, wollte man eS mit keiner Gruppe verderben und machte sich in gleicher Weise lieb Kind bei den diplomatischen Vertretern Deutsch lands und Oesierreich-Ungarnä in Bukarest, wie in Jassy bei Sir Barclay und Herrn Saint-Anlaire, den Gesandten Englands und Frankreichs. Man forderte hier und feilschte dort und sah zu, wo das beste Geschäft für Rumänien herauskommen würde. And in cher Kammer erwiderten Herr Marghiloman und der Außen minister Arion allen Neugierigen und ungeduldig Fragenden immer wieder, daß man sich bescheiden solle, daß man zu dem .Gefühl der Regierung für Realpolitik" Vertrauen haben müsse und daß man aus der günstigen Situation die größten Vor teile für Rumänien erwarten dürfe. Der größte Vorteil für Rumänien ist natürlich die Wieder erlangung der Dobrudscha, dle im Buüarcster Friedensvci- trage Len Bulgaren zugesprochen worden war. Der mühelose Erwerb Bessarabiens war zwar ein reichliches Entgelt für den Verlust, vermochte aber die Klagen über die Dobrudscha nicht zu ersticken. Jetzt ist die Hoffnung neu belebt, das Verlorengeglauble wiederzuerlangen. In dem Wettlauf um das Entgegenkommen der Mittelmächte und das der Entente waren zunächst die Mlt - telm ächte für die Rumänen der aussichlreichere Faktor. Die Entente mußte den Bulgaren dle Dobrudscha versprechen. Dann kam aber die Erkenntnis, daß die deutschen Armeen gegenüber den ihnen an Zahl und vor allem auch an Kriegsmaterial weit überlegenen Gegnern einen entscheidenden Sieg nicht mehr dürften erfechten können. Richt daß dadurch nun w::der init Pauken und Trompeten zur Entente a'ogcschwenkt worden wäre, aber selbst die unentwetesten Dautschfreun.de hielten cs unter diesen Umständen doch für angezeigt, es nicht mit der Entente zu ver derben und einen sie provozierenden Schritt zu unternehmen. Und so hat nun Rumänien die Sache jetzt selber in die Hand genommen und sucht sich dle Dobrudscha mit Waffengewalt zu sichern. Es ist für die Rumänien jetzt gleichgültig, ob das Kabinett Marghiloman am Ruder bleibt, oder ob Ionel Bratianu wieder an die Spitze der Regierung tritt. Auch mit dieser Mög lichkeit kann man rechnen. Dann wird Herr Bratianu nicht mehr der Landesverräter sein, als den ihn monatelang die Regie- rnngspresse vor der Öffentlichkeit hinstellte, und das .Steiniget ihn!" wird sich plötzlich in Hvsiannajubel wandeln. Und von der Komödie des großen Staatsprozesses, die inszeniert war, um die Leute in Berlin und Wien an die .innere Wiedrraeburt" Rumäniens glauben zu maci-en, wird nicht mehr die Rede sein, wir schon jetzt nicht mehr die Rede davon ist. Daß man heute jemand Dieb und Verbrecher schilt und morgen zum Minister macht, ist nun einmal den Rumänen nichts Ungewohntes. Wie ein neues Kabinett Bratianu zustande kommen könnte, hat Bratianu selbst erklärt. Danach müßte das Ministerium Marghiloman sobald als möglich durch ein Beamtenmlnistertum erseht werden, wozu die Begebenheiten auf der politischen Bühne leicht eine Handhabe bieten würden. Dieses Aeamtenministerium müßte es als feine nächste Aufgabe anschcn, beim Parlament die Nieder schlagung der gegen die früheren Minister erhobenen Anklag« durchzvsehen. Sei dies geschehen, dann wäre die Bahn für ein neues Kabinett Bratianu frei. Ob durch die neuen kriegerischen Ereignisse dieses Verfahren nicht sehr abgekürzt werden könnte, fei dahingestellt. Ueber die Parieibewegung in Rumänien schreibk uns unser A. ^.-Mitarbeiter: Bukarest, 25. Oktober ") In der Annahme, daß die auf der Wellbühne sich rasch ab- roklendcn Begebenheiten und insbesondere die Verhandlungen auf dem erwarteten Friedenskongreß einen Zustand herbeifahren könnten, der es dem Ministerpräsidenten Marghiloman unmöglich mach«, das Staatsruder weiterzuführen, sind die Oppositionspar- ")I»Misch«a ist Rumänien wieder auf dem Kriegäpfade. D Schnitt.^