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Nr. 47S 1917 Donnerstag, den 20. September Schrlfklelliin- «nd SeschLfljstell«: 2oha»nitga!se Rr. S F<rnlpr«ch.A»schli>b: Rr. N69Z und N8!U Neue Offensive in FlanöeM Der deutsche Heeresbericht Das Molffsche Bureau meldet amküch: Großes Haupkquartler, 20. Sepkember. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. In Flandern dauerte der starke Artilleriekampf tagsüber zwischen Houkhoulster Wald und Lys unvermindert an. Feuerstöße größter Heftigkeit lagen wechselnd auf einzelnen Ab schnitten unserer Abwehrzone. Die Nacht unterbrach die gesteigerte Kampftätigkeit der Artilleriemassen nicht. Gewaltigem Trommelfeuer am frühen Morgen folgten bis Hellwerderr nach den bisherigen Meldungen starke englisch« An griffe auf breiter Front. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. Vor Verdun griffen die Franzosen gestern morgen und abends bei der Höhe 344 östlich von Samogneux, wo sie sich tagszuvor schon eine blutige Schlappe geholt hakten, wiederum ohne jeden Erfolg an. 20 feindliche Flugzeuge wurden abgeschossen; Dizeseldwebel Thom brachte auch gestern zwei Gegner im Lustkampf zum Absturz. Oestllcher Kriegsschauplatz Front Prinz Leopold. Bei Dünaburg, am Stochod, bei Brod» und Lar nopol war die Artilleriekätigkeik lebhaft. Front Erzherzog Joseph. stn der Bukowina griffen die Rusten westlich von Ar- bora an; sie wurden durch unser Abwehrfeuer in ihre Gräben zurückgekrieben, aus denen Maschinengewehrfeuer sie erneut vor zutreiben suchte. Mazedonische Front Nur !m Cerna-Bogen lebhafte GefechkstStigkelt. Der Erste Geueralquartiermeister. Ludendorff. Eins kanadische Antwort auf die Hinopferung der Kanadier vtb. Berlin. 20. September. (Drahtbericht.) Der Kampf gegen die Wehrpflicht hat in Kanada zu einer schweren inneren Krise geführt. Das ist um so begreiflicher, als die Engländer in den letzten großen Kämpfen ihre kanadischen Truppen rücksichtslos geopfert haben, so daß die kanadischen Divisionen völlig dezimiert wurden. Die Kanadier in der Heimat sind sich auch dar über klar, daß sie nur als Kanonenfutter dienen sollen und haben sich in förmlichen Ausständen gegen die Dienstpflicht gerohrt, lieber eins dieser Borkommnlsse, die das ganze Land erschüttern, be richtet .Manchester Guardian' vom 1. Septencker: .Di« Wadt Montreal nahm die königlich« Zustimmung, die der Herzog von Devonshir« dem Dienstpslichtgeseh erteilte, mit Unruhen schlimmster Art auf. 5000 Personen versammelten sich und verschworen sich zum Widerstand bis zum Tod gegen das Gesetz. Sie ver pflichteten sich durch Eid, einem Einberufungsbefehl keine Folge za leisten. In der Versammlung wurden di« heftigst«« Reden gehalten und Sir Robert Borden sowie die anderen Minister mit Erschießen bedroht. Dis Versammlung wurde immer erregter. Viele Leute schossen ihre Revolver ab. Als die Polizei sich einmengke, kam es zu einem wahnsinnigen Kampf.' Der Seeweg nach Riga offen tu. Basel, 20. Seplember. (Drahtbericht.) Aus Stockholm wird gemeldet, bah deutsch« Kriegsschiffe das Minenfeld zerstört Haden, dos den Eingang in de« Golf von Riga schützt«, der nunmehr der deutschen Flotte offen steht. Der Wirrwarr in Russland t«. Kopenhagen, 2V. Seplember. (Drahlberichl.) Entgegen der amtlichen Erklärung, datz, nachdem Kerenski Sieger über Kor nilow geworden ist, Ruh« und Ordnung wieder «ingezogen feien, laufen verschieden« Meldungen ein über weitere Zwistigkeiten, ge- münzi gegen die Regierung. So verlaut«!: General Kaledin, der sich auf freiem Fuß befindet, schare «in« bedeutend« Trup penzahl um sich, mit der er Moskau südlich abgeschnitten hat. In Petersburg wollten am Montag Truppenteil« Svchomlinow aus dem Gerichtsgefänanis hol««, um ihm sofort di« verdient« Strafe zuteil werden zu lass««. Ls bedurft« eines grössere« Aufwande», um diese« Vorhaben zu verhindern. tu. B«r«, 20. September. (Drahtbericht.) Di« .Morntngpofi' meldet au« Petersburg: Der Arbeiter- «ad Soldatenrat hat mit 231 gegen 140 Stimme« dem Direktorium den Wunsch «ach einer Am- nestie für Kornilow und di« der Meuterei beschuldigten 32 ge fangene« Generale üdermittelt. fr.) VonderSchmeizerGrenz«, 20 Sept. (Draht- bericht «nferes Sonderberichterstatter».) Schweizer Blätter melden aus London: Die . Daily Mail' berichtet au« Petersburg, daß in Rostow am Don di« Arsenal« und stoaMchea Gebäade brennen. Di« Kosaken Pad di« Herren der Stadt vnd üben dort ein Schreckeasreglment aus. fr.) Bo» der Schweizer Grenz», 20. September. (Droht- »arichknnfaregSanberberichterstalter».) Rach Schmechir Blättermeldungcn aus London berichtet .Daily Lhronlcle' aus Peters burg: In Kiew hat das vierte und fünfte Reservekorps sich der provisorischen Regierung unterworfen. Die Truppen sind neuer dings auf den Namen der provisorischen Regierung vereidigt worden. Die Haltung der Truppen ist noch immer unsicher. Ein franzSflsches Flugzeug durch ein A-Boot vernichtet vtd. Berlin, IS. Sepkember. (AmMch.) 1. Neue U-Booterfolge im Atlantischen Ozean und in -er Nordsee: Vier Dampfer, ein Segler und ein Fischerfahrzeug, darunter der bewaffnete englisch« Dampfer «Rydon Hall' mit 6400 To. Weizen für die englisch« Regierung, von Montreal nach Falmouth, der nach zweistündigem Artllleriegefecht niedergekämpft wurde; zwei klefbeladene Dampfer, einer davon englischer Na tionalität, der andere dem Aussehen nach der französische Dampfer «Afrlque"; ferner der französische Dreimastschoner .Sadl Lar not', mit Salzfischen nach Ficamp, sowie da» französische Fischerfahrzeug.K r ed u ra d'. 2. Eines unserer U-Boote hat am 17. Sepkember in den Hoofden da» französisch« Flugzeug «v 40' vernichket und die drei Insassen, zwei Offiziere und einen Mechaniker, gefangen genommen. Der Chef des Admiralstabe« der Mariae. . * * wtb. Bern, 20. Sepkember. (Drahtbericht.) Wie die fran zösische Presse meldet, ist der Dampfer .Breton' der Mefsa- geries maritimes am 8. August von einem deutschen Unterseeboot versenkt worden. (r.) V » n der SrhwelzerGrenze, 20. September. (Draht bericht «aseres Sonderberichterstatter».) Da» .Berner Tagblatt' meldet aus Genf: Auf den Werften von Toulon fleht nur eia einziges Fahrzeug auf dem Stapel, dessen Bau aber aus Man gel an Kohlen und Materialien nicht fortschreitet. Auch auf den übrigen französischen Werften liegt, offenbar au» Kohlen mangel, der Schiffbau vollständig brach. (r.) Don der Schweizer Grenz«, 20. September. (Draht bericht unseres Sonderberichterstatter«.) Die .Züricher Post' meldet: Rach englischen Zusammenstellungen wurden vom 1. Fe bruar 1917, also vom Beginn de» verschärften Unterseebootkriege« an, bis zum 3. September 1917 insgesamt S41 englische Schiffe über 1600 Tonnen. 181 unter 1600 Tonnen und 14 9 Flscherfahrzeuge ver senkt. Die Unterseeboote hallen, wie da» genannte Schweizer Blatt feststellt, neuerding» mit Angriffen gegen kleiner« Schiffe zurück und suchen sich nur wertvolle Beute. Größere Dampfer haben trotz der allgemein durchyesührlen Bewaffnung offenbar sehr wenig Aus sicht auf glückliche Abwehr des Angriffes. Die provisorische Negierung bleibt in Petersburg vtd. Amsterdam, 20. Sept. (Drahtbericht.) Das .Algeoreen AandelSb'od" meldet aus Petersburg, bah Kerenski der vorläufigen Re gierung mitteille, er habe eine Abordnung des finaischeu Se nate» empfangen, di« der vorläufigen Regierung anläßlich der Er weiterung der finnischen Aatouomie durch da« Dekret vom 30. August ihr Vertrauen ausgesprochen hab«. Die vorläufige Re gierung bat das Ministerium für Lebensmittel beauftragt, sofort Ge treide und Mehlvorräte nach Finnland zu schicke». In Regierungskreisen werden die Gerüchte, daß der Sih der Regie rung nach Moskau verlegt werden soll, ln Abrede gestellt. Es wird erklärt, daß bei dem Rückzüge aus Riga dieser Plan erörtert worden sei. daß sich die Regierung aber aus politischen Gründen dagegen ge wehrt ^tle. Ausfahrt der russischen Flotte (r.) VonderSchmeizerGrenz«, 20. Sept (Draht- bericht unseres Sonderberichterstatters.) Da» Berner «Intclllgenzblalt' berichtet: Der bekannt? russische MiUtärkritiker Oberst Schumski äußerte sich dem Vertreter der Agentur Radio gegenüber, daß der Haupttcil der russischen Flotte vor einigen Tagen die Häsen von HelsingsorS und Reval verlassen Hobe. tu. Haag, 20. September. (Drahtbericht.) Morningpost' meldet aus Petersburg: Kerenski bat di« baltische Flotte eingehend be sichtigt und längere Manöver angeordnct. Man glaubt, daß dies die Vorbereitung zu einem offensiven Vorgehen der russischen Flott« werden soll, um die Herrschaft im Golf von Riga zu behaupten. Die unsichere Lage in Petersburg (r.)VonderSchweiz«rGrenze,20. September. (Drah 1 - bericht unseres Sonderberichterstatter») Di« .Reu« Zürcher Zeitung' meldet aus Petersburg: Offiziell wird der Peters burger Presse mitgeteilt, die russische Regier» ^ Netz sämtlichen in Petersburg akkreditierte auSSländtsche« Gesandten ein« Mit teilung ziehen, datz > unter de« gegenwärtigen «och mist «Heren Der- hültnlssen kein« Verautwortung für ihr« Sicherheit ober für die Sicherheit der in Rußland wohnenden Ausländer übernehmen könne. — Di« Pe1er»b»nrg wohnenden Diplomaten hieve« an lässlich dieser Mitteilung eine Sitzurg unter dem Vorsitz de« englischen Bot schafter« Buchanan ab. E« wurde beschlossen, Katz der amtliche« Mit ten»« der russischen Regierung bi» ans wettere« In Petersburg IN Falsche Rechnungen stt Die Ereignisse sind stärker als die Menschen. In dem Entscheidungskampfe zwischen Kerenski und Kornilow harte die englische Politik ohne Zweifel auf das falsche Pferd gesetzt, und darum ist es seht auf einmal, nach Kerenskis Sieg, in der englischen Presse so auffallend still geworden. In Kornilow sahen die west lichen Verbündeten Rußlands den Mann, der den unaufhaltsam sinkenden Einfluß der russischen Armeen auf die allgemeine Kriegslage wieder heben könne, und man war offenbar in London, durch Str George Buchanan diesmal falsch informiert, von des Generalissimus Erfolg so felsenfest überzeugt, daß man mit einem Fehlschlage seines Unternehmens überhaupt nicht rechnete. Dieser Fehlschlag kam aber doch, und Kerenskis Macht, in dem seine An hänger bereit» den künftigen Präsidenten der russischen Republik erblicken, darf für den Augenblick wenigstens als neu gefestigt an- gesehen werden. Es fragt sich nun, ob die Erkenntnis, daß die westlichen Verbündeten mit ihren Sympathien auf der Seite seines Nebenbuhlers standen, auf Kerenskis weitere Haltung Einfluß ge winnen wird oder nicht. Wenn er sehen wollte, könnte er aus dem Verlauf der letzten Vorgänge erkennen, daß das russische Volk in seiner Mehrheit sich von England nicht mehr komman dieren lassen will, und er müßte aus dieser Erkenntnis die not- wendigen Folgerungen ziehen. Leider aber scheint er dazu seiner ganzen Veranlagung nach nicht — oder vielleicht besser gesagt, noch nicht — bereit zu sein. Sein Grundsatz, sich keiner Partei allein zu verschreiben, trat auch in dieser schwersten Krisis für ihn zutage: er will irumer noch durch Vermittlung und Ausgleich den Klaffenkampf und Bürgerkrieg verhindern. Er hofft anscheinend immer noch, nicht nur die Bourgeoisie und das Proletariat, die im Inneren sich zum Kampfe bereit gegenüberfiehcn, zu einer höheren Einheit gegen «unüberlegte extreme Forderungen', von denen er in seinem letzten Tagesbefehl an Heer und Flotte sprach, ver einigen zu können, sondern er gibt auch den Versuch noch nicht auf, auf seiner mittleren Linie die imperialistischen Kadetten und die nach Frieden verlangenden Sozialisten zusammcnzubringen. Man darf starke Zweifel hegen, daß selbst der glänzenden Rede kunst eines Kerenski diese Lösung der Quadratur des Zirkels ge lingen wird, man kann vielmehr annehmen, daß an dieser falschen Rechnung feine Kraft zerbrechen muß. Eine ähnliche Entwicklung wie in Rußland hak sich in den Sepkembertagen auch ln Frankreich vollzogen. Eine Zeitlang schien es, als wollte man sich auf sich selbst besinnen und sich von der Kriegspolitik Poincar^s obwenden. Schon Ende August hatte der Ausschuß deS Senats für auswärtige Angelegenheiten eine Ueber- prüfung der Haltung und Regierungshandlungen des Präsidenten der Republik beschlossen, und es gewann den Anschein, als ob die französische Demokratie ihre Rechte wieder forderte und mit einem Mann ins Gericht gehen wollte, der diese Rechte mit Füßen ge- treten hatte. Gerade die Kammersozialisten waren es, die, mit den Ministern Thomas und Painlevs an der Spitze, das Kabinett Ribots, das das Vertrauen Poincarös genoß, zu Fall brachten, und man durfte annehmen, daß nun des Präsidenten Schicksal sich er füllen und daß er einem Manne werde Platz machen müssen, der die sozialistischen Forderungen nach einem gerechten Frieden er füllen könne. Aber nun geschah das Unerwartete: Poincarc erhielt wieder Oberwasser, und Painlevö, der mit Ribot auch den Prä sidenten der Republik stürzen wollte, gab sich dazu her, dessen Politik gegen den Willen der Sozialisten wcitcrzusührcn und bildete ein Ministerium ohne diese und gegen sie. Ja er führte sich bei der Kammer mit einer Regierungserklärung ein, die sich von der seiner Vorgänger in nichts unterscheidet. Vergessen sind die Pässe nach Stockholm, die PoincarS und Ribot ver weigerten, und die auch Poinlevs nicht bewilligen wird. Ver gessen ist die Anklage gegen den reaktionären Präsidenten der Republik, der mit dem Geheimvertrag, den er mit dem Zaren ob schloß, die Rechte der Demokratie mit Füßen getreten hatte, und statt ihn zur Rechenschaft zu zicken, kündigt Painlev§ die streng sten Strafen des Gesetzes gegen die eigenen früheren Gesinnungs genossen an, die -en Frieden erstreben, und drückt ihnen zugleich das Brandmal des Bakerlandsverrates auf, weil sie im Interesse des Feindes handelten. Es ist ein verzweifelter Versuch, Poincarö zu halten, der vor einem Kabinett der radikalen und sozialistischen Mehrheit obdankcn müßke, und das französische Volk über den vierten Krieaswinter hinüber zu bringen, um es in: nächsten Früh jahr noch einmal bluten zu lassen. Man darf auch angesichts dieser Entwicklung sagen, daß Painleve sich eine Aufgabe gestellt hat, der er nicht gewachsen sein wird, und daß an der falschen Rechnung, die er aufstelttc, seine Kraft zerbrechen muß. Cs ist nicht ausgeschlossen, daß andere Ereignisse den russischen Diktator sowohl als auch den neuen französischen Ministerpräsiden- len davor bewahren werden, die Kraftprobe machen zn müssen, vor die sie sich gestellt haben. Aber woS dte nächsten Wochen und Monate auch bringen mögen, für das deutsche Volk gilt es, seht in den entscheidungSvollen Tagen nicht in die Fehler unserer Feind« zu verfallen und sich durch falsche Rechnungen täuschen zu lassen. Wir sollten vielmehr etwas anderes von den Verantwort lichen in London und Paris lernen. Painlevö hat am Dienätog dem französischen Volke zugerufen, daß der Krieg, der sich immer länger hinzlehe, von allen die vollste Selbstverleugnung und den größten Opfermut verlange. .Je mehr wir uns dem Ende nähern, um so mehr wird die moralische Widerstandsfähigkeit der Na tion ein ausschlaggebendes Mittel zum Siege werden. Gelten