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Sächsische Volkszeitung : 28.02.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193802289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19380228
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19380228
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1938
-
Monat
1938-02
- Tag 1938-02-28
-
Monat
1938-02
-
Jahr
1938
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 28.02.1938
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Goethe und der Kölner Karneval ltch erlustlgen; der Erzbischof, fürcht Ich, wird dem lwmischen Merkur gelegentlich die Flügel beschneiden." Dem Donk der Kölner an ihren Schirmherr» aber verlieh der rheinische Lokaldichter Wilhelm Smcts wcitläuftigcn, aber aus vollem Herzen Aller sprechenden Ausdruck, lieber das Fest selbst aber berichtet der gute Professor aus Bonn: „Was das alte volkstümliche Leben an feststehenden Mas ken ausgeprägt hat oder was später einen festen Charakter er hielt, wie Figaro, Mephistopheles, Hof- und Ordenslchargen etc., trat in der reinsten diplomatisch-treuen Form mit Geschmack und nicht ohne reiche Ausstattung zusammen, und cs war schön, zu sehen, wie dieser heterogen scheinenden Elemente in der be drohten Stadt zuletzt, vom Faschingsgeist ergriffen, eins wurden und zu einer Art von dramatischer Verstrickung gelangten, die sich aufs anmutigste auflöste. Tüchtige wohlgcwachsene Männer, alle wohlberitten, gaben unter den Masken dem lanacn, bunten Zug für die Bekannten, Mann und Weib, einen gewissen soliden und behaglichen Grund. Dazu kam noch die unbedingte Gast freiheit der Kölner an diesen Tagen. Auf gewissen Straßen, durch welche der Zug zur Mittagsstunde gelangte, war für die Masken Quartier angesagt und hier in allen Häusern offene Tafel, wo jeder elntretend, stehend und flüchtig seine Mahlzeit einnnhm. Niemand ist da sremd, niemand sieht da oder fragt nach dem Hausherrn: man geht ein und aus. llm Mittag ist der Tisch gedeckt, und nur der eintretcnde Mangel an Tellern. Mes sern und Gabeln hemmt augenblicklich den Genuß des reichlich aufgetischten Vorraths. Auch an Getränken fehlt es nicht, u. die Hausfrau, so ermüdet und erschöpft sie ist zeigt deutlich, daß sie an diesen Tagen eine ihrer süßesten Pflichten erfüllt, indem sie nicht ans Fenster kommt, nicht ins Theater, nicht auf den Ball oder nur spät erst. Dafür wird sie von Masken aller Art im Hause begrüßt, und wer nur immer kann, zeigt sich ihr einen Augenblick vor oder nach dem Aufzug im sckönstcn Licht. Wie auch hier die Begeisterung für Euer Ercellenz überall hervorbrach, habe ich mit Herzlicker Freude gesehen. Kaum konnte ich dis Dülkner berittene Akademie abhalten, Euer Ex» cellenz ein Diplom zuzufertigen. Mir selbst ist ein solches ge worden, und zwar nicht ohne einige Auszeichnung. Gelegentlich werde ich dieses mittbeilcn, zum Beleg, wie ernstlich sich in diesem Punkt die Tollheit constituiert und von einem wohl gesinnten derzeitigen Vice-Rector lder wirkliche Rector hat nämlich seinen Sitz im Monde) als Mittel der Mildtätigkeit für arme Kranke jenes Bezirks benutzt wird." Auch in den Folgeiahrcn hatte Goethe immer wieder seine Anteilnahme an den Kölner fröhlichen Beaebenheiten mit <äu- mor und Kritik, immer aber mit Bejahung, kundgetan. Und noch 182» schreibt er der Schwester Schopenhauers, zugleich noch einmal den Kölner Karneval so manchen anderen Versuchen auf dem Gebiet der Narrheit vorziehend: ..Im Ganzen aber freut cs mich, zu sehen, daß jene Cölnischen Feste eher im Zunehmen als im Abnehmen sind." wurde, wahrend sehr viele reichsdcutschc Spielfilme das P a- dikat „künstlerisch anerkennenswert" erhielten, wie z. B. „D r Herrscher", „Zu neuen Ufern", „Der Volksfeind". „Versprich mir nichts", „Sherlock Holmes", „Fledermaus". Wie im Jahre 1!>36 erhielten auch 1937 fast ausschließlich die deutschen Usa- Kulturfilme ein Prädikat. Der deutsche Film spielt selbstverständlich in den Staaten die größte Rolle, in denen die Eigenherstellung erst langsam beginnt. In Finnland z. B. zeigt der eigenständische Filmmarkt seine erste aussteigende Tendenz. Während 1938 Finnland erst 9 eigene Spielfilme herstcllte, stieg die Erzeugung im Jahre 1937 schon auf 13 Langfilme an. Es ist bezeichnend für das Erwachen des Nationalismus auch auf filmischem Gebiet, daß alle finnischen Filme ein zwei- bis dreimal so gutes Geschäft waren ivie die ausländischen Filme, obwohl von einer fin nischen Filmkunst noch keineswegs gesprochen werden kann. Deutschland hatte 1937 vier Filme mehr als 1936 cingesührt, nämlich im ganzen 31. Davon waren der beste Erfolg „Seine offizielle Frau", „Du bist mein Glück" und .Port Arthur", während Trenkers „Condottiere" hier gar nicht gefiel. Aehnlich liegen die Verhältnisse in Schweden, wo Deutschland mit seinen Filmen 10 Prozent, das sind 32 Filme, des Bedarfs deckte. Schweden selbst hatte bereits seine Eigencrzeugung aus 23 Filme im Jahre 1937 erhöhen können. Erfreulich war es, daß in den nordischen Ländern ein weltanschaulich bedingter Film wie „Der Herrscher" schon allein aus Grund seiner künst lerischen Qualitäten von der Kritik voll anerkannt wurde. Daß Deutschland nicht nur in den aufgesührten Ländern der Welt seine Stellung des Films hält, ist selbstverständlich. Wenn auch durch die Gründung der nationalen Filmherstellung in den kleinen Staaten unserer Ausfuhr neue Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden, so wird einerseits versucht, durch die ständige Verbesserung unserer Leistungen einen Ausgleich zu schaffen, wie andererseits die verantwortliche deutsche Film führung durch Abschluß von Verträgen, wie z. B. mit Italien, Polen, Frankreich, der Tschechoslowakei und Oesterreich, ver sucht, unserem Filmabsatz den Weltmarkt ossen zu halten. Der Streik in der warschauer Oper dauert an Vom Sitzstreik zum Hungerstreik? — Verstaatlichung der Bühne gefordert. Warschau, 28. Februar. Seit Tagen befinden sich 368 An gestellte und Mitarbeiter der Warscl-auer Oper, der repräsen tativsten Bühne des Landes, im Sitzstreik. Es handelt sich hier bei um die Mitglieder des Orchesters, des Balletts und des tech nischen Personals. Die Presse aller Richtungen fordert in immer entschiedenerem Tone, daß dem Warschauer Opernskan dal endlich ein Ende gemacht wird und daß diese repräsentative Bühne nach Möglichkeit verstaatlicht und aus gesunde finan zielle Grundlage gestellt wird. Denn der Streit, der — nebenbei bemerkt — nicht zum ersten Male in der Oper ausgebrochen ist, ist auf die ungesun den Finanzverhältnisse zurilckzuführen, die in der WarsclMier Oper herrschen. Der Pächter der Bühne ist nicht imstande, die fälligen Gagen und Gehälter auszuzahlen und« die Rückstände, die er den jetzt deswegen in den Streik Getretenen schuldet, sind zu ansehnliciien Summen angelaufen. Eine Abordnung der Streikenden ist vom Ministerpräsidenten empfangen wor den, der nun wahrscheinlich mit der ihm eigenen Energie und Entschiedenheit für eine Gesundung dieser Stätte zur Pflege der Opcrnkultur cintreten dürste. Die Lage der Streikenden ist alles andere als rosig. Es fehlt ihnen in der Warschauer Oper an einer ausreichenden regelmäßigen Verpflegung und an Halbwegs erträglichen Schlaf stätten. Zwanzig Streikende mußten infolge von Schwäche anfällen ablransportiert werden. Der Streik, an dem ganz Warschau und dariiber hinaus das ganze Land lebhaften Anteil nimmt, scheint sich noch zu verschärfen, denn die Streikenden wollen, wenn ihren Forderungen nicht Genüge getan wird, zum Hungerstreik übergehen. Welche Stimmung in der polnischen öffentlichen Meinung herrscht, geht am besten aus Aeußevungcn eines Regierungs organs, des „Expreß Poranny" hervor, der feststellt, daß die nationale Würde und das elementare Anständigkeitsgefühl, die Gebote des Gewissens und der Vernunft eine sofortige Liqui dierung dieses ärgerniserregenden und kompromittierenden Schauspiels erfordere. Auch nach der Auffassung dieses Blattes sollte die Oper verstaatlicht werden. Allen Fastnachtsgecken am Rheln und anderswo sei hier mit zur eigenen Nacheiferung und bestärkenden Betätigung ihres fortgesetzten Lebenswandels die Tatsache kundgetan und urkundlich bezeugt: Goethe ist der legitime Schirm herr und Schutzpatron des Kölner Karnevals. Der seriös-heitere Weg des alten Herrn durch dieses Nar- ^engefilde sei folgendermaßen von uns nachgeschritten: In dem fachwissenschaftlich ernsten Austausch von Goethes Naturwissen schaftlicher Korrespondenz mit dem Bonner Professor der Natur wissenschaften und . Präsidenten der Naturforscher-Akademie, Nees von Esenbeck, mitten zwischen Urstieren, Malven gattungen, Drachenfelsgestein und Umwandlungsprodukten ab lebender Fliegen, schreibt der Professor unterm 9. März 1824: „Wie sich ost seltsam in die ernstesten und wichtigsten Beziehun gen des Lebens eine gewisse lustige Person mit eindrängt, die nicht gern sieht, daß man Lust und Schmerz einseitig festhalte, so ging es auch diesmal, und ich will den heiteren Gast nicht von der Thürs weisen, vielmehr wage ich, ihn weiter, an Euer Exeellenz, zu empfehlen. Es sind die Nachklänge des Kölner Carnevals, der In diesem Jahre mit ungewöhnlicher Wichtigkeit, Ernsthaftigkeit und Pracht begangen wurde. Die Idee, eine Einholung und Verlobung der Prinzessin Venezia mit unserem Carncval zu begehen, hatte sich aller Köpfe bemächtigt, ihre Reiseroute war ein wichtiger Zeitungsartikel geworden, Pro gramme und Gedichte nährten die Einbildungskraft in gemesse ner Folge, und man glaubte in der Tat selbst zuletzt an die Zaubcrprlnzessin, der sogar die öffentlichen Behörden huldigten, und die endlich mit dem ganzen hier verzeichneten Gefolge, samt ihrem edlen Freund in verschiedenen Aufzügen aufs anständigste und mit würdigem Ernst zu Aller Freude wirklich öffentlich sichtbar wurde. Was Ich hier sende, ist ein kleiner, doch, wie mich dünkt, der bessere Theil der hierher gehörigen Literatur. Sollten Eure Exc. in dem Studium der elastischen kölnischen Sprache noch nicht weit genug gekommen sein, um sich alles Einzelne gehörig verständlich machen zu können, so bin ich bereit, mit einer Interpretation zu Hülfe zu kommen. Ein Wörtchen über dieses Carncval in Kunst und Alterthum würde die biedern Kölner sehr entzücken." Höchst interessiert antwortet Goethe alsbald. Tagelang hat er, nach Ausweis seines Tagebuchs, die übersandten Schrif ten des „Cölner Carncval von 1824 näher betrachtet und be dacht" und dann auf einem Blatt noch zwanzig „Desiderata wegen des Carnevals" über seine Vorgeschichte, über die Haltung von Behörden, Militär, Geistlichkeit, über Hauptleitung, über die Masken, Uber alle erschienenen Gedichte, die Triumphbogen etc., etc., etc. aufgestellt. Wie wichtig er diese Dinge nimmt, zeigt auch der gleichzeitige Briefwechsel mit seinem Großherzog, dem er unter Uebcrsendung der brav in ein Aktenheft geord neten Schriften „schuldigen Vortrag" erstattet: „Man erstaunt über die Freyheit des Humors, über die Harmonie der Aus führung. sowie über die bescheidene Behandlung hie und da be denklicher Gegenstände." Als öffentliche Anerkennung des Kölner Treibens erscheint dann auch tatsächlich zum bedeutsamen Schluß der sonst so ernsten Beiträge des ersten Heftes des fünften Bandes von Kunst und Alterthum im Sommer 1824, als Anhang zu einer Besprechung einer Schrift von Boisseröe über den Kölner Dom, folgendes: Es ist ein artiger heiterer Zufast, daß in dem Augenblick, da wir von dem tüchtigsten großartigsten Werk, das vielleicht se mit folgerechtem Kunstverstand auf Erden gegründet worden, dem Dom zu Cöln gesprochen, wir sogleich des leichtesten, flüchtigsten, augrnblickllchst vorrüberrauschenden Erzeugnisses einer frohen Laune, des Carnevals von Cöln, mit eini gen Worten zu gedenken veranlaßt sind. Warum man aber doch von beyden zugleich reden darf, ist. daß jedes, sich selbst gleich, sich in seinem Charakter organisch abschließt, ungeheuer und winzig, wenn man will: wie Elephant und Ameise, beyde lebendige Wesen und in diesem Sinne neben einander zu betrachten, als Masse sich in die Luft erhebend, als Beweglichkeit an dem Fuße wimmelnd. In den älteren Zeiten waren solche Volksfeste auch in Cöln herkömmlich: sie mögen dem Schönbartlaufen der mittätigen deutschen Städte sich gleichgehalten haben. Zu Ende des vori gen Jahrhunderts, zur Zeit der französischen Invasion, verlor sich mit der Geistesfreyheit auch Lust und Scherz, sodann aber im Jahr 1823 regte sich das neckische Leben wieder. Hierauf trat eine Gesellschaft heiter-verständiger Männer zusammen, welche durch die läßliche Fiction, daß die Königin Venetia, neigt, auch einmal auswärts nach einem Spaße sich umzu sehen, dem König Carncval zu Köln einen Besuch abstatten werde, gar schickliche Einleitung fand, worauf denn alles sorg fältig vorbereitet und zuletzt musterhaft ausgeführt wurde. Sehr treffend war der Gedanke, alles in drey Tage und eigentlich auf einen zu concentriren. Dergleichen rauschartige Freuden müssen auch als ein leichter Rausch vorüber gehen. Durch freundliche Mittheilung ist uns genauste Kenntniß dieses merkwürdigen Ereignisses geworden und wir hoffen, zu guter Stunde davon ausführliche Darstellung zu geben: denn merkwürdig ist's auf aste Faste, daß in den jetzigen Tagen ein solcher Humor sich hervorthut, den man geistreich frey, sinnig und gemäßigt nennen kann. Alle Mitwirkende sind zu bewun dern, die ersten Unternehmer, die Betretenden, die Einstim menden und Zuschauenden; aste Hochachtung verdienen die Eivil- und Militair-Behörden, welche mit freysinniger Würde die Sache geschehen ließen. Ordnung und Zucht von Ihrer Seite be fördernd, so daß dieses ganze excentrische Unternehmen mit ungewöhnlicher Wichtigkeit, Ernsthaftigkeit und Pracht begangen werden konnte. Daß da freilich von ast seinem ins Einzelnste gehenden Mit leben nur ein Allgemeines übrig geblieben war szualeich unter unbekümmertem, oft wortgetreuem Ausschretben des ersten Briefes von Nees v. Esenbeck), ist ihm selbst wider den Strich, wie er fast entschuldigend in einem Briefe nach Bonn kund tut. Der Bonner Professor ist aber von seinem Erfolg, den „Herrn und Meister" für die Kölner Sache als Schirmherr» ge wonnen zu haben ldenn das ist ja mit ein Grund seiner ganzen Anregungen gegen aste Nelder und Meckerer Uber den Kölner Carneval, diesem einen solchen Schutzpatron zu verschaffen), sehr zufrieden. Er rückt alsbald mit einem zweiten Angriff aus: Wäre es nicht möglich, den alten Herrn aus seiner Klause noch zu einem näheren Umgang mit dem Carneval, vielleicht sogar zu einem Besuch in Köln zu vermögen? So schreibt er wieder unterm 28. Okt 1824, vom Dank der Kölner stir Goethes Worte, von seiner Einladung durch sie zum nächsten Fest und fährt dann fort: „Wäre Weimar nicht zu weit entlegen. — ich würde dieses Einladungswort weiterlaufen lassen, wo nicht an Euer Cxcellenz selbst, doch an manchen lieben Hausgenossen der vielleicht Neigung haben könnte, die schönen weimarischen Re douten einmal mit diesem Volksjubel zu vergleichen". Freilich, sogleich wird dieser kühnste Vorstoß nicht sein Ziel erreichen. So gehen erst einmal wieder Briefe hin und wider, die Goethes geäußerte Neugier, „wie die werthen Kölner ihre Scherze Neigern" werden, befriedigen sollen: „Die Kölner scheinen unter den Prcisbewerbungsvorschlägen für das Carneval vor der Hank demjenigen den Vorzug zuzunicken, welcher auf eine Darstel lung der wichtigsten Thaten und Lebenecreignisse des edlen Ritters Don Quirote de la Manch« anträqt." Leider fällt dieser von dem Schirmherrn „gebilligte Plan" wegen der Erkrankung des Prinzen Carneval ins Wasser. Aber auch der neue Plan mit „der Idee eines Kriegszustandes und einer nachmaligen Ent setzung der Stadt" findet später des Meisters Billigung. Inzwischen ist nun das neue Fest, das Carneval von 1825, vorbereitet, das „den Sieg der Freude Uber das Philistertum des gemeinen Lebens und den Quark der Alltäglichkeit" begeht. Denn die Abwesenheit des Helden sZanoli, der Prinz Carneval, ist krank), durch den pflichtschuldigen Gegenbesuch bet Vene tia veranlaßt, benutzten Isegrimm, Neidhart und Griesgram, die Freudenstadt mit Krieg zu überziehen: allein Venedig, Cochem, Abdera, Dülken, Rom, Gascogne, Cleve, Schilda, Polkwitz, Schöppen- und aste übrigen Narrenstädte der alten und neuen Welt sandten schnell dem lustigen Köln zur Hülfe ihre — Diplo maten, und die düsteren Potenzen des Lebens mußten froh sein, sich deren Conferenzen und Protocollen für drei Tage durch die Flucht entziehen zu können" sStoll, Kölns Karneval, 1840). Und nun sucht man, nach solch weitherzielender Vorbereitung durch den Bonner Professor, mit förmlicher Einladung auch den Schirmherrn selbst herbeizuziehen, um der scherzenden Abwehr gegen die Bemeckerer des Carnevals auch das Vollgewicht der Dtchtermllrde zu gesellen. Die Kölner Carnevalsgesellschaft lädt den Dichterfürsten persönlich ein, mit einem, zugleich überall veröffentlichten, Sonett des Doetor Dilschneider Wenn nun auch der Altmeister nicht selber kommt, wie man so sehnsüchtig wünscht und vorbereitet hat, so gibt er doch dem Wunsche um ein Gedicht zum Carneval statt, und schenkt so mit auch uns mit dessen beiden Schlußstrophen die ewig gültige Devise für unser „tolles Streben". Wieder hat er, nach Aus weis seines Tagebuchs, mehrere Tage mit dieser angenehmen Materie sich befaßt, und schickt an die Bittsteller seine ihn ver tretende Gabe, das Gedicht „Der Kölner Mummenschanz". Da stellt er sich in eine Reihe mit Erasmus von Rotterdam, besten „Encomium Mariae" ja auch das „Lob der Torheit" zu singen nicht verschmäht habe, und mit Ulrich van Hutten, dessen „Eplstulaeobscurorum virorum" ja gegen aste, vornehm lich auch Kölner, Dunkelmänner, lachend zu Felde gezogen sei. Und In einem gleichzeitigen Bericht an seinen Großherzog gibt er die entsprechend gemessene Deutung seines antcilnchmenden Gemütes: „Ew. Königlichen Hoheit habe zuvörderst für die Mitteilung der Cölner Blätter verpflich teten Dank zu sagen, vielleicht konnte sich diese uralte Erschei nung nur am Rhein erneuern. Man muß den Unternehmenden und Ausführenden, bey physischem kräftigen Behagen, originelle Laune zugestehen, eine fruchtbare Erfindungsgabe und einen ge wissen Geschmack, der in dem Uebertriebenen seine Grenze zu finden weiß. Ich habe ihnen auch, wie Venlage zeigt, eine Freundlichkeit erwiesen. Mögen sie sich dieses Jahr noch glück- Was gilt -er deutsche Film in der Welt? In jedem Land der Welt wächst von Jahr zu Jahr das Interesse, das die Bevölkerung am Filmschasfen nimmt. Aber nicht nur die Besucherzahlen der Filmtheater zeigen ein stän diges Anwachsen, sondern überall ist auch eine starke Zunahme der Filmherstestung festzustesten. Die Stärkung der nationalen Filmherstestung erleben mir zu unserer Ucberraschung gerade in den Staaten am meisten, die bisher keine oder nur kaum eine Bedeutung als silmerzeugendes Land hatten. Gerade das abgelaufene Jahr hat deshalb siir die großen Filmherstellungs länder wie Amerika, Großbritannien, Frankreich und Deutsch land gezeigt, daß sich eine starke Verschiebung im Filmmarkt anbahnt. Es ist nicht nur der ideelle Grund, der die deutschen Film hersteller veranlaßt, unsere Filme in die Welt zu schicken, sondern es wird der Versuch gemacht, die großen Summen, die in dem deutschen Filmschaffen im Lause eines Jahres investiert werden, ans diese Weise zu amortisieren. Etwa 60 Millionen Reichsmark sind 1937 im deutschen Filmschaffen verwandt worden. Es ist heute unmöglich, diese Summen, die unsere Herstellung der 94 im Jahre 1937 gedrehten deutschen Spielfilme verlangte, allein durch Einnahmen aus dem Inlands markt wieder zu decken. Unserer Fiiinaussuhr steht aber auch eine starke Filmeinfuhr gegenüber. Im Jahre 1937 wurden in Deutschland 171 Spielfilme gezeigt, von denen 77 aus dem Ausland kamen und zwar 38 aus Amerika, 14 aus Oesterreich, 9 aus Frankreich, 5 aus der Tschechoslowakei, je 3 aus Ungarn und Italien, 2 aus England und je einer aus Japan, Polen und Schweden. Kein Staat kann deshalb Deutschland Film autarkie vorwerfen und sich gegen die Verbreitung deutsche» Filmschaffens in der Weit wenden. Während in Deutschland von 1932 bis 1937 der Film theaterbesuch um 70 Prozent, d. h. aus 400 Millionen Besucher gestiegen ist, beträgt der Anteil der Bevölkerung an einem wöchentlichen Besuch doch nur 11 Prozent gegenüber Amerika mit 34 Prozent, England mit 41 Prozent und schließlich Austra lien mit 55 Prozent. Amerika ist das größte Jilmhcrstelinngs- jand der Welt. Es steht gleichzeitig auch an der Spitze der Weltfilmaussuhr. Trotzdem verstehen es die Vereinigten Staa ten mit großem Geschick, den einheimischen Markt von der deutschen Einfuhr fast abzuschlietzcn, so daß in der Praxis der deutsche Film in Amerika nur eine sehr kleine Rolle spielt. Aehnlich verhält es sich mit Großbritannien. Hier betrug die Etgenherstellung 1937 nur 225 Spielfilme, während 571 aus ländische Spielfilme zur Ausführung gelangten. Amerika be herrscht auch den englischen Filmmarkt, während der deutsche, französische und österreichische Film durch starke Kontingent bestimmungen nur sehr selten zur Geltung Kain. Eine ganz besondere Beachtung verdient in diesem Jahr der französische Filmmarkt. Der französische Film hat im ver gangenen Jahr eine derartige Qualitätsverbesserung erfahren, daß uns sein Erfolg auf der Filmkunstschau in Venedig nicht gewundert hat. Frankreich hat 1937 111 Spielfilme selbst ge dreht und 15 im Ausland für seinen Markt Herstellen lassen. Nach der amerikanischen Einfuhr von 230 Filmen solgt als nächstes Land Deutschland mit 31 Filmen, von denen 15 sogar eine Zeitlang in der deutschen Fassung liefen. Vor allem war aber der Erfolg der deutschen Filme teilweise außerordentlich groß. Wir erinnern hierbei nur an „Der Mustergatte" und an den in Frankreich viel diskutierten, aber wegen seiner anstän digen Gesinnung voll anerkannten Film „Patrioten". Besonders beliebt lind aber heute die Filme französischer Regisseure und Schauspieler, die zwar in Deutschland gedreht wurden, aber säst ausschließlich für den französischen Markt bestimmt sind. Das waren 1937 5 Filme, während 11 Filme gleichzeitig neben der deutschen Fassung im Atelier auch bereits die französische Fassung erhielten. Selbstverständlich spielt der deutsche Film in Oesterreich eine besondere Nolle. 1937 wurden hier 328 Spielfilme gezeigt, von denen 128 aus Amerika kamen, 15 in Oesterreich selbst hergestellt waren und 120 Deutschland als Ursprungsland hatten. Während die amerikanische Einfuhr gegenüber 1936 um 27 Filme zurückgegangen war. stieg auf Grund der besseren Leistung die deutscl)e Filmeinsuhr um 8 Filme gegenüber 1936. In Oesterreich wird besonders der geschäftliche Erfolg der deutschen Filme gelobt und hierbei standen folgende Filme an der Spitze: „Der Herrscher", „Ritt in die Freiheit", „Zu neuen Ufern", „Truxa", „Die ganz großen Torheiten", „Mein Sohn, der Herr Minister", „Sherlock Holmes", „Das Schweigen im Waide". Besonders erfreulich ist es, daß das Prädikat „kultu rell wertvoll" an die beiden reichsdeutschen Filme „Der zer brochene Kvug" und „Dir Tochter des Samurai" verliehen
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