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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.08.1917
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1917-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19170830028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1917083002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1917083002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-08
- Tag 1917-08-30
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Monat
1917-08
-
Jahr
1917
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Sächsischer Landtag Stimmungsbild Mährend die Zweite Kammer noch immer in ihren Aus schüssen tagt, hat die Erste Kammer heute nach längerer Pause wieder eine Sitzung abgehalten. Es kamen bei mäßig besetztem Hause zunächst nur einige formelle Sachen zur Verhandlung: Aenderung einiger Stellen des FeuerbestattungSgeseheS, die chon erörtert sind, und die Bewilligung einer wetteren Rate für «in Stück der gleichfalls schon viel erörterten Nordost bahn. Der wettschichttge Erwerb des Braunkohlenwerkes .Herkules' in Hirschfelde beschäftigt den Landtag noch immer; heute bewilligte die Erste Kammer in Uebereinstimmung mit der Zweiten 18N Millionen Mark zu diesem Zweck. Bon dem Velde soll auch der Betrieb erweitert und Arbeiterwohnhäuser sollen er baut werden, wie Geheimer Kommerzienrat Waentig (Zittau) alt Berichterstatter darlegte. Schließlich erklärte sich die Kammer auch noch damit einverstanden, daß zur weiteren Verfolgung der Kohlenpolitik der sächsischen Regierung abermals 25 Millionen verwendet werden. Es sollen für diesen Betrag neu« Kohlenfelder angekauft werden. Bon der Begründung des zustimmenden Deputationsankrages durch Dr. Becker war auf den Presseplätzen fast nichts zu verstehen. Morgen wird die Kammer abermals tagen. Sie wird u. a. sich auch mit der Diätenfrage nach dem nationalliberalen Anträge Hettner in der Zweiten Kammer und mit der Beteiligung Sachsens an den HeereSlieferungen beschäftigen. * * * Sitzungsbericht Erste Kammer 48. öffentliche Sitzung Dcahtbericht unserer Dresdner Schriftleitung. - ---- Dresden. 30. August. Am AegierungSlische StcicilSminister Graf Vitzthum von Eck- städt, von Seydewitz. Präsident Oberstmarschall Graf Vitzthum von Eckstädt er öffnet die Sitzung kurz nach 12 Uhr. Zunächst berichtet Obcrblirgermeiste' L e h m a n n - Plauen über Dekret 48 (Gesetzentwurf zur Abänderung des FeuerbestattungSgeseheS). Die Kammer ha bereits in einer früheren Sitzung diesem Gesetzentwurf zugestimmt: infolge der Beschlüsse der Zweiten Kammer machen sich im 8 10 a fcdoch zwei rein redaktionelle Aenderungen notwendig, deren Annahme der Berichterstatter empfiehlt. Die Kammer beschließt dem gemäß. Geheimer Kommerzienrat M a e n l i g - Zittau berichtet sodann über Titel deS Nachtrages zum außerordentlichen SlaakShausyaltplan für die Jahre 1916 17 belresfcnd Erwerbung des Braunkohlenwerkes «Her- kulcs" in Hirschselde durch den Staat. Die Kammer bewilligt antrags gemäß 18,'4 Millionen Mark. Weiter beantragt derselbe Berichterstatter, zur Herstellung der voll spurigen Nebenbahn Natibor—Kamenz die als ^oeit.c Nate angeforderte Summe ron 200 000 Mark zu bewilligen. Dir Kammer stimmt auch hier ohne Aussprache dem Antrags des Berichterstatters zu. Auf Antrag des Berichterstatters Dr. Becker bewilligt sodann die Kammer zum weitere-, ^'lsbou des KohlenacsetzeS als dritte Nate 2b Millionen Mark. Nächste Sitzung Freitag mittag 2(12 Uhr- Eisenbahnsachen, Antrag Hettner zum Diätengesetz, Antrag Günther über die Beteiligung Sachsens an den Heeres- liefcrungen. Der Kanzler in Brüssel >vtb. Brüssel. 30. August. (Drahtbericht.) Dr. Michaelis emp fing in Brüssel eine Abordnung des Rates von Flan dern, die ihn In Liner längeren Ansprache begrüßte. Der Reichs kanzler nahm in seiner Erwiderung'Bezug auf die Erklärungen, die dem Rat von Flandern bei dem Besuche in Berlin am 3. März 1917 von seinem Amksvorgänger gegeben wurden, und erklärte, daß sich an dem Standpunkte der Reichsregierung nichts geändert habe. "tb. Berlin, 30. August. (Drahtbericht.) Die «Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Der Reichskanzler, der gestern abend seine Informationsreise nach Belgien angetreten hat, hörte im Zuge die Vorträge des Ehefs der politischen Abteilung beim Generalgouverneur von Belgien, Frhrn. von der Lancken, und des Verwaltungschefs für Flandern Schatble. Während der Fahrt von Köln nach Aachen empfing der Reichskanzler auf ihren Wunsch einige Vertreter der rheinisch-westfälischen Industrie. Zum Rücktritt des polnischen Staatsrates E Berlin, 30. August. (Drahtbericht unserer Ber liner Schrtftleitung.) Die Ueberführung der Teile der polnischen Legionen, die den Eid auf den Kaiser von Oesterreich geschworen haben, an die Front, hat, wie bereits mitgeteilt, zu dem Rücktritt des polnischen Staatsrates geführt. In gewißem Sinne ist der Schritt des Staatsrates zu bedauern, als die Ver handlungen zwischen den beiden Okkupationsmächten zur Bildung einer polnischen Regierung gerade jetzt vor dem Abschluß standen und dem Staatsrat hierbei eine wichtige Rolle zugedacht war. Die Mächte werden sich trotzdem nicht von ihren Bemühungen abhalken lassen, eine polnische Regierung zu schassen. Was die Einreihung der polnischen Legionen in die Front scibst betrifft, so erfordert eben die KrtegSnotwendtgkeit den Einsatz aller verfügbaren kampstüchtigen Truppen. Diese Notwendigkeit konnte auch vor den im Generalgouvernement War schau aufgestellten Legionären, die sich zum weitaus größten Teil aus den aus Galizien stammenden k. und k. HeereS- angehörigen zusammensetzten, nicht halt machen. Die polnischen Legionen find an die östliche Front befördert worden, und nur so viel Offiziere und Unteroffiziere sowie Rekruten wurden im Generalgouvernement zurückgelassen, wie zur Heranbildung von Lehrpersonal und zur Ausbildung von Rekruten der noch ein tretenden Freiwilligen unbedingt notwendig sind. Friedenvvertzandlungen im Herbst? tu. Ber». 3». August. (Drahtbericht.) Aus Rem wird gemeldet: 3n hohen diplomatischen Kreisen des Vatikans hoffe man, di« Lag« w«rd« bis zum Herbst für di« Friedensverhandlungen reif sein, was in diplomatischen Kreisen der Entente bezweifelt wird. tu. Amsterdam, 30. August. (Drahtbericht.) Aus Washington wirb berichtet: Der päpstliche Nuntius von Bonzano erklärte noch, der Vorschlag des Papstes bezwecke den Waffenstillstand, da der Papst davon überzeugt sei, dah, wenn die Kriegführenden die Waffen einmal niedergelegt haben, um zu versuchen, durch Ueberlegung zu einem recht- schasfenen Frieden zu gelangen, sie die Waffen niemals wlederergreifenwürden. Triedensziele im französischen Senat (r.) Von de» Schweizer Grenze, 3V. August. (Draht bericht unseres Sonderderichierstaiters.) Schweizer Vlälter berichten aus Paris: «Herold" meldet ans New Bork, Senator La solle tte habe mit 18 Senatoren einen Antrag eingebracht, der Kongreß cköge sich gegen alte Annexionen und Entschä digungen anssprechen und für die Schaffung eines gemeinsamen Fonds aller Kriegführenden sich «insetzen, aus dem die zerstörten Ge- biete schadlos zu holten seien. Die Sozialistenkonferenz in London für Stockholm (r^) Frankfurt a.M., 30. August. (Eigener Drahtber.) Die .Frkf. Zig." berichtet aus dem Haag: Die Sozial! st enkonfe- renz oerwarj mit 59 gegen 4 Stimmen eine Resolution gegen die Ab- hallung von Unterhandlungen mit Delegierten aus feindlichen Ländern, bevor Deutschland die besetzten Gebiete geräumt habe. Der Vorschlag zur Ernennung einer permanenten Kommission zur Vorbereitung eines neuen SozialistenkongreffeS der alliierten Länder wurde angenommen. Es wurde darauf die permanente Kommissen ernannt, die aus 2 Dele gierten jeder Abteilung besteht. Ferner meldet Reuter: Macdonald trat in seiner Rede scharf für die Beteiligung an der Stockholmer Konferenz «in, denn hier könne man den deutschen Sozialisten den Standpunkt der britischen Sozialisten klar machen. Die französische Mehrheit gab eine Erklärung ab, wonach sie sich zwar der Ab stimmung enthalten, jedoch sich an dem Protest gegen die Verweigerung der Päffe für Stockholm beteiligen. Di« Belgier, vor allem Vandervelde prolefiierten energisch gegen die Beteiligung an der Stockholmer Konferenz. Hydaad, der Führer der kleinen natio nalen sozialistischen Gruppe in England, die sich beinahe noch chauvi nistischer gedärdel, schlug vor, unter den heutig'« Verhältnissen eine jedt Beteilig«»« an Verhandlungen mit feindlichen Abgeordneten zu verweigern. Dieser Vorschlag wurde wie oben berichtet mit 55 gegen 4 Stimmen abgelehnt. Das Ende der Moskauer Konferenz (r.) Frankfurt a. M-. 30. August. (E t g. Drahtbericht.) Wie die „Franks. Ztg." aus dem Haag erfährt, berichtet Reuter aus Moskau: Die letzte Konferenz schloß mit einer Rede Kerenskis der sagte: «früher haben verschiedene Gruppen die vorläufige Regierung kritisiert, st« wünsche zu einem Vergleich zu kommen. Die vorläufige Regierung werde über bi« Revolutiou wachen und keinerlei Gegen revolution dulden. Die russische Regierung dedavre keineswegs, dah st« dies« Konferenz einberufen habe: obgleich sie nicht zu prak tischen Erfolgen führte, brachte sie dennoch allen russischen Bürgern Gelegenheit, öffentlich zu erklären, was sie auf dem Herzen haben." Kerenski wurde beim Verlassen der Tribüne lebhaft bejubelt. * * * cvtb. Petersburg, 29. August. (Meldung der Petersburger Telegraphen-Agentur.) Prozeß Suchomlinow. Als Zeuge sagte der ehemalige Großfürst Sergius Michailowitsch, früher Generalinspektenr der Artillerie, aus: Er arbeitete im Jahre 1907 ein Projekt zur Neubewasfnvng ber Artillerie ans, bas bis 1913 ohne jede Förderung blieb. Der Großfürst sagte, Suchomlinow habe die persön lich«» Berichte der Chefs an den Zaren unterdrückt. Der Kriegsminister hab« bewiesenrrmaßen verhinderl, dah neue Geschütze bet den Schneiderwerken bestellt wurde«. Der frühere Handelsmlnister Limasch « w erklärte, dah in der Zeit von 1909 bis ISIS der Kriegs minister ihn nicht «in einziges Mal um Zuziehung der Besitzer von Ge- schühwerkfiättea zur Landesverteidigung erfocht Hobe. Letzte IkchtUKiW Neue französisch-englische Offensiven? (r.) Frankfurt a. M., 30. August. (E i g. Drahtbercht.) Der „Frkf. Ztg." wird aus Basel gedrahtet: Der Pariser Vcrlreter de?. .Secolo" kündigt «inen baldigen Vorstoß der Franzosen gegen das Becken von Briey sowie eine andere wichtige französisch-englisch« Offensive an. (r.) Do« der Schweizer Grenze. 30. Auep'si. (Draht bericht unseres Sonderberich ter st alter s.j Dir . Basler Nachrichten" melden: Rach mehrtägiger Pause hat am Licni»lag morgen an der Sundgau front der Kanonendonner wieder in gewaltiger Stärke eingesetzt. Abermals ist es die äußer üe Front von der Schweizer Grenze bis zum Hartmannsweiler Kops, wo die Franzosen zum schwcrslen Arlillerlekampf übergegungen find. Seit dem Morgengrauen deS Diens tag wird Alt Kirch von der französischen Artillerie belckoffen. Die österreichischen Polen (r.) Wien, 30. Angutl. (Drahtber ick t unseres Sonder berichterstatlers.) Je näher die Bild » ngdcs dcsinitiven Kabinetts rückt, um so konkreter und präziser worden die Wünsche der Polen. 3n erster Linie steht die Zivil Verwaltung Gali ziens. Die Polen erblicken in der bisherigen Verwaltung eine Feind seligkeit, die man mit Gründen militärischer Ncnur vergeblich zu be mänteln suche. Aus politischen Kreisen wird mitgeleilt, daß die Stim mung in Gulizien und Polen sehr erregt ist. Die Rücksicht aus die Wähler zwing« die polnischen Grupp«, zu einer schrojsen Haltung gegen die Regierung Seidier. Ein« chnlscheidniigsknu-gedang des Pvlenkiub-- konnten die offiziellen Fraktionen bisher nicht erreichen. Volte Klarheit wird wehl erst am 2. September bei Beratung dos polnischen Landtags klubs geschaffen werden. Immerhin säilt cS auf. Laß die Polen sich -en AuSschuhberatungcn, die seil Montag im Gange sind, vollständig fernhallen. 3m allgemeinen waren die Ausschüsse gestern nur schwach beseht. Der sozial-polnische Ausschuß, der 52 Mitglieder zählt, war kaum von dcr Hälfte besucht. ES wird Lcabjicgtigt, Liesen Aus schuß bis auf weiteres vertagen zu lassen. Generalissimus Kornilow (r.) Von der Schweizer Grenze, 30. August. (Draht- berickt unseres Sonderöe rieh ter sl alters.) Schweizer Blätter melden aus London: Die „Daili) N?wS' meiden aus Pc'ers- burg, General Kornilow sei zum Oberkommandierenden aller russi schen Streitkräfte zu Londe ernannt wo-den. Der Kongreß in Moskau erließ eine Proklamalion a« da.; Heer, die von dem baldigen Endsiege Rußlands und der All.ie^'en spricht und die Armee zur letzten großen Kraslenlfaltnng, dir Siea >nd Abschluß LeS Krieges bringen werde, aufsordert. Die Aufrührer von Kronstadt (r.) Wien, 30. August. (Drahtbericht unseres Sonder berichterstatters.) Der Kvlrcspoi'denz .Rundschau" wird aus Stockholm gcmc!L>el: .Rußkoje Sicwo erjährl, die russische Neglcrunr habe die Giadtverlrctung von Kronstadt wissen lassen, daß di: Rädelsführer bei den letzten Revolten Koschai, Raskolnikow und Remnow sofort nach Petersburg auszuliefcrn seien, widrigen falls die Negierung Kronstadt blockieren werde. Die Stadtvertretung beschloß, Raskolnikow und Remnow nach Petersburg zu schaffen und mitzutcilen, dah Kofchal nicht auffindbar sei. Dieser wurde inzwischen in Petersburg selbst verhaftet, wo er sich eine Zeitlang verborgen ge halten hat. Die deutsche Antwort an Argentinien (r.) Frankfurt a. M., 30. August. (Eia. Draht berchl.) Die ..Frkf. Ztg." berichtet auS Basel: Havas erfährt aus Vucnos WrcS: Laut Nachrichten aus offizieller Quelle ist die Antwort Deutsch lands auf die letzte Role der argentiniso-cn Regie rung eingelrofsen. Sie gibt dcr argentinischen Republik, was die Frage der Schiffahrt aniangt, Genugtuung. Die deutsche Regierung ver spricht, alle argentinischen Schiffe, die Produkte des Landes tragen, passieren zu taffen, und eine Entschädigung für den ..Toro Die Ausbildung der amerikanischen Truppen (r.) Von der Schweizer Grenze, 30. Angust. (Drakl- be richt unseres Sonderberichterstatters.) Schweizer Blätter melden: Wie einer Schilderung des .Malin" zu entnehmen ist, werden die amerikanischen Truppen gegenwärtig in einem Lager hinter der französischen Front zum Felddienfi ausgebildet. Die Ausbildung geschieht derart, daß unter die amerikouiscknn Truppen bestände französische Alpenjäger eingcreikl werden, die den Amerikanern die Hebungen vorznmachen haben. Binnen kurzem sollen bereits die ..SamnicS", wie die amerikanischen Soldaten im sranzösiscken Dolksmunde heißen, an der Front eingesetzt werden. Haupkschrtftleiter: Hans Schaack 0eranIwortNch»r tzichrlflliiXr für 1'olittk Brun» Sydow: für )Ir Wallher Schindler tür L«lpz!««r und lächsisch» Ange!rg«ndeli«n Aobrrl Nitzschka !0r Nnni» und tviiiealchast V«. Friedrich Srbrrchl; iür Musik Euae» Leftnis; lül Hrrichi. Sport. sirN«, -L'adrc und Drrkrhr LuNu« .'Zaarfeld. — Für d«n Anzeigen,eii Hr'nrich Lalsrr. und Drrlag t.'eip.pq«r Tageblatt Dr. virlnbold k Sämtlich in r.'«>».» o <'<rNn«r S<t»riitt«N'in- Dr. siichord T'abr. Dretdnrr öcdrttllrtlnno Druno Sct ol-r. Anter den Schornsteinen 4Ss Roman von Ella Llndner (Nachdruck verboten) In Ruthardstal war alles beim alten geblieben, nichts hatte sich seit Elisabeths Scheiden geändert. Nur Stephan arbeitete womöglich noch mehr als sonst. Wenn er aber glaubte, dadurch den eigenen Gedanken entfliehen zu können, so täuschte er sich Hilter. Die Gedanken ließen sich nicht so einfach beiseite schieben, die kamen wieder, ungewollt und ohne sein Zutun, und die Stille im HauS war auch geblieben und die Leere immer größer geworden, und Stephans Seele sank immer tiefer in die Ver einsamung. Aber er zürnte Elisabeth nicht. Kein Groll gegen sie war in ihm, auch nicht der leiseste. Nur daß sie um seinet willen leiden mußte, das beunruhigte ihn. Aber er hoffte noch immer auf ihre Rückkehr — und dann sollte sein« Liebe sie alles Leid vergessen machen, durch alle- Dunkel, durch alle Kümmernisse würde sein starker Arm sie tragen! Aber manchmal wer er wieder so verzagt, so kleinmütig, detz er nicht «n eine glückliche Lösung glaubte. «Stephan,' sagte Tante Betty ein paar Tage vor Weih nachten, .ich habe heute einen Brief von Elisabeth erhalten.' .So?' machte er hinter seiner Zeitung möglichst unbefangen. Ja — und ich bin noch ganz desperat!' Um seine Lipven zuckte eS spöttisch, den Tante Betty war bei jeder Gelegenheit desperat. Denke dir, sie will Weihnachten nicht Heimkommen?' Er hatte das im voraus gewußt, und eS überraschte ihn durchaus nicht. Tante Betty «der hatte vermutet, er würde fich ebenfalls über diesen für sie so unbegreiflichen Entschluß Elisa- bethS avfregen. Nun war sie im höchsten Grad« enttäuscht. .Du muht ihr schreiben. Ich gelte ja nichts, mir gehorcht sie nicht. Doch auf dich wird sie hören.' .Meinst du?' .Gott, Stephan, wie du redest! Als wenn dein Wort nicht immer ein Evangelium für sie wäre! Und so viel Gehorsam wirst du dir als Vormund ja wohl verschaffen können, dah sie nach Hause kommt, wenn du eS verlangst. Oder kannst du dir ein Weihnachten ohne Elisabeth vorstellen?' Nein, daS konnte er nicht. .Na also.' Tante Betty war dadurch wenigstens einiger maßen befriedigt. .Und ich hätte auch keine Freude. Schreibe ihr sofort, Stephan, hörst du?' Aber er schützte seine Arbeit vor. .Du weißt, wie viel es gerade jetzt für mich zu tun gibt!' .Ja, siehst du, daran ist nun auch das Mädel schuld. WaS Elisabeth sonst besorgte, kommt nun auch noch auf dein Teil — die Vorbereitungen zur VereinSgründung nehmen Zeit weg, und die Kontrolle Ker Speiseanstelt und Kai andere alles — nein, eS ist unverentwortltch von ihr, gerade jetzt wegzublelben. Ich werde ihr «inen Brief schicke», Ken sie »tcht «n Ken Spiegel steckt.' Stephan erwiderte nicht». Lr wußte, wie schnell Tante Bettyt Zorn stets verfloa, und er «ar überzeugt, datz der Brief mehr Bitten als Vorwürfe enthalten würde. Er selbst konnte nicht an Elisabeth schreiben, er wollte nicht betteln um ihr Kommen, sie sollte freiwillig zurückkehren, denn dah sein Herz ihr offen stand, das wußte sie ja. Er entbehrte sie ja zu jeder Stunde, ob sie das nicht fühlte? Und wenn er auch ganz von dem adsah, waS er persönlich durch ihr Fernsein ver lor, so blieb doch noch genug in sozialer Beziehung, waS ihn Llifaoeth beiß vermissen ließ. In allen Angelegenheiten, welche die Interessen, die Wohlfahrt der Arbeiter betrafen, war sie ja leine treueste Beraterin und Helferin gewesen. Und gerade jetzt hätte er so vieles mit ihr besprechen mögen. Da war der neue Verein, ein längst geplantes Unternehmen, cme Lieblingsidcc Elisabeths! Drei Lage vor dem Fest ries Stephan ihn ins Leben, und sie war fern. Aber er sorgte dafür, daß man ihrer gedachte, ja sie stand, obgleich abwesend, doch im Mittelpunkt der Feier. Stephan schenkte nämlich an diesem Lage den Arbeitern Elisa beths lebensgroßes Bild. Von der heilen Wand des Schulsoales, der vorläufig das Vereinslokal bilden jollte, und vom Lichtgianz der Weihnachtskerzen bestrahlt, lächeilen Elisabeths Augen auf die Versammlung hernieder. Unter diesem Bild sprach nun Stephan Ruthard zu den Arbeitern. In kurzen Worten machte er ihnen den Zweck des Vereins klar. An den Sonntagen sollten sie hier zusammenkommen, Männer und Frauen und Jünglinge und Mädchen, eS sollten Vorträge gehalten, gelesen und musiziert werden, und Stephan wünschte, daß die Arbeiter selbst oucb das Wort ergreifen und zur Belehrung und Unterhaltung der anderen reitragen möchten. Und weiter sagte er ihnen, daß der Gedanke, )en Verein zu gründen, nicht »en ihm stamme, sondern von Eli- abeth, und darum teufte er ihn aus ihren Namen. .Ich weiß," uhr er fort, .Katz ihr sie nicht vergessen werdet, auch wenn sic fern st, kenn ihr hakt sie lieb, unk »es man lieb hat, das — vergißt man nicht. Ä kraucht keine Erinnerung an sie, nnd das Bild soll keine solche sein, und der Name des Vereins auch nicht. Aber daß ihr immer in Elisabeth Ruthards Sinne handelt, daran soll euch das alles mahnen, das vergeßt nicht! ' Einen Moment herrschte daraus atemlose Stille. Dann erhob sich Fritz Deinbard. .Brüder, Schwestern," rief er begeistert in die Versammlung hinein, .ihr habt gehört, was Herr Rulhard gesagt, hat! Und vor dem Bilde dieser herrlichsten Fran laßt uns nun geloben, dah ihr Geist unter uns wohnen soll — der Geist der Liebe, der Güte, des Friedens —, laßt eS uns in die Hand des Mannes geloben, dem wir dlS über daS Grab hinaus zu Dank verpflichtet sind!' (Fortsetzung in der nächsten Abend-Ausgabe) wwek twwkwr Spwiwwwckvlv« «wer wwO» ckwr KLwrt». VonuttoUrLuw Wellt«.
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