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Aben-Aussabe Donnerstag, 12. Fcmuar iszz »7. Sabrgang. Str. 21 kll Gegrünöet 18S6 Druck «. Sertag! glrplch » Nrlchurdr, Drrsden. VolNcheck-NIo. 1VSS Lrrtdr» Nachdruck nur mit druil. Qurllenangab« (Drrrdn. Rachr.) zuILINa. Unverlanal« Schrtststücke werden nicht aulbewakirt Drahlanlchrtst! Nachrtchlen Dreeden Yernlprecher-Lamnielnumnier: rsrer Kur sür NachlgrsprSche: Nr. rooll SchrNtteitung u. Ha»ptaeIch»Ii«steNe: Dresden - A. r, Martenstrabe SS/4S »ejagrgeovhr Set »stich iwetmaliger ZusteNung monaiNch ».SO MI. leinlchliebllch 70 Vts. für DrLger- lohn>, durch Poftbcius ».so MI. einschlieblich SS Big. Postgebühr lohne Postjusteiluna»gebühr> bei 7mal wbchenNIchem Berland. Sinjelnummer 10 Pfg. «njeigenpreile: Die elnlpaitise sa mm breii« Zeile Sb Pf«., lür ouswüri» 40 Psg., die SS mm breiie ReIIame,eIIe SO» Pfg., auherhaib SSO Psg. abj. »rilenabichlaa It. Daris, stiamillenanjelsen und Stellcnseluche ohne Rabatt IS Pis., auster halb rb Vs». Lllerlenstbühr SO Ps«. NuSwärilge Aus träge gegen Soranübejahlun» Zn-ustrie gegen Landwirtschaft Eine s»arte Erkitirnng des RciidSverbanbeS Berlin, 12. Inn. Der R c i ch S v e r b a n d der Deut- sch en Industrie erklärt: „Der Reichsvcrband der Deut schen Industrie nimmt mit grösttcr Empörung von den un erhörten, auch die (Ihre deü seiner Verantworlnng voll bc- wnsitcn deutschen Unternclnncrtnms schwer verlebenden An- grissen in der gestrigen Entschliestung des Vorstandes bcö RcichvlandbnndeS Kenntnis, in der von der „Ausplünderung der Landwirtschaft zugunsten der allmächtigen Geldbentel- intercssen der internationnl einnestclltcn Expvrtindustrie und ihrer Trnbnnten" gesprochen wird. Der Reichsverband lehnt cs ab, mit den silr diese Er klärung verantwortlichen Personen in eine sachliche Dis kussion einzutrcten. Er weist derartige, wider besseres Wissen erhobene, vaterländische Interessen aus das schwerste gesährdcndc Beschimpfungen eines unentbehr lichen Teiles der deutschen Wirtschaft ans das schärfste zurück. Bei den in dieser empörenden Weise angegriffenen Indu striezweigen handelt cS sich gerade nm diejenigen Industrien — namentlich auch in den Notstandsgebieten Sachsens, Thüringens, des Bergischen Landes und der Grenzgebiete —, deren materielle und seelische Not mindestens so grost ist wie in den .Ureisen der Landwirtschaft. Der Leitung des Ncichs- landbnndeS sei gesagt, das, sie ans Granit beisst, wenn sie glaubt, die Einheitsfront der deutschen Industrie durch eine derartige Verhetzung auch »ur lockern zu können. Das Bor gehen des BvrslandeS deö NcichSlandbnndeS ist um so un verständlicher, als ihm bekannt ist, das, sich die Industrie in den leiste» Monaten in Erkenntnis der Schicksalövcrbnndcnhcit der beiden RcrusSstände erneut zu erfolgversprechender Zusammen arbeit mit der Landwirtschaft bereit erklärt und gerade in den lebten Wochen und Tagen tu gemeinschaftlicher, persön licher Fühlungnahme um praktische, ans das (Gemeinwohl ab gestellte Lösungen bemüht hat — Tatsachen, die mit der Neichsregiernng verantwortungöbcwusstc Führer der Land wirtschaft begriisst haben. Im Interesse des Bolksganzcn ist eS nicht erträglich, daß die sachliche Arbeit verantwortlicher Männer durch eine ticsbcdaucrllchc Berhcstung zur Unsruchtbarkcit verdammt wird." BeizwcishmMimimmg tn »er Lmi»wirtstlM Sie Rttlestrültrma »es Sietchölanddundeö vrabtmolckung unvoror Korllnor Scdrlttloltnou Berlin, 12. Ian. Das Präsidium deSNeich S- kandbundeS, das Henle vormittag znsanimengelrelen war, nimm« zu dem von der Negierung beschlossenen Ab bruch der Bezic h u n g c n zum Landbnnd in einer E r- klärung Stellung, in der cs heisst: „Die Mitteilung der Neichsregiernng enthält wesentliche L ii ck e n n n d U n r i ch- tigkcitc». die geeignet sind, den wahren Tatbestand zu verdunkeln. (Gerade die Tatsache, das, die bisherigen Ver- handlnngcn mit der Neichsregiernng zu keinen praktischen Folgerungen durch Ergreifen der notwendigen nnd mög lichen agrarpolitischen Svsvrtmastnahmen geführt hatten, war ausschlaggebend sür Ton und Inhalt der Entschlicstung des Bundesvor standes des Ncichslandbundes, die der Widerhall der Bcrzwcislung und Bcrbitterung des deutschen Land volkes ist, das sich insolge des Ausbleibens der immer wieder versprochenen durchgreifenden Agrarmast- nahmen von der NclchSregicrung im Stiche gelassen fühlt. Dieser Stimmung öffentlich Ausdruck zu geben, war selbst verständliche Pflicht des Bundesvorstandes Um keinen Ver such zu unterlassen, die Negierung zu den notwendigen Lo- fortmasmahmen zu veranlassen, wurde im weiteren Ver lauf der Bundcsvorstandssitznng beschlösse», deu Reichs- präsideutcn um eine» Empfang von Vertretern dcS Bundesvorstandes zu bitten, nm diesem persönlich ein nnmittelbares Bild von der Verzweiflungs stimmung der Landwirtschaft zu geben. Der nachgesnchte Empfang sand umgehend dnrch den Reichspräsidenten persönlich in den Mittagsstunden statt. ES ist kennzeichnend, das, die amtliche Mitteilung über b i e s c n B e s n ch st i l l s ch iv e i g c n d h i n iv c g g c h t, denn die bei diesem Empfang gemachten ^Ausführungen machten so tiefen Eindruck aus den Reichspräsidenten, dast er sich entschlost, die Vertreter deö Bundes vorstandes zu einer neuen Besprechung mit dem Reichskanzler, Neichswirtschaftsminifter und NeichS- ernährungsminister noch am selben Tage aus, zusordcrn. Diese Besprechung fand wenige Stunden nach dem Empfang durch den Reichspräsidenten statt. Wenn es in der amtlichen Mitteilung über diese zweite Besprechung heisst, dast durch die schon bereits getroffenen und noch be absichtigten Mastnahmen der Neichsregiernng den Wünschen der Abordnung schon so weit wie Irgend möglich Rechnung getragen worden sei, so ist diese Behauptung in doppelter Beziehung unrichtig. Die Neichsregiernng ist keinen Augen blick im Zweifel gelassen worden, dast die bisherigen agrarpolitischen Mastnahmen in keiner Be ziehung genügten. In bezug ans die beabsichtigten agrarpolitischen Mastnahmen war lediglich in zweierlei Beziehung eine Feststellung zu erreichen. Der Reichs- Präsident sagte einen umfassenden V o l l st r e ck n n g S - schnh zu und gab dem Reichskanzler entsprechende Weisung. Der Reichskanzler seinerseits stellte eine künftige Handhabung der landwirtschaftlichen Zölle in Aussicht, die der Lage der Landwirtschaft teilweise mehr ge- »echt werden sollte. , Wenn seht die Neichsregiernng die Tatsache der Ver- Ssfentlichung der Entschlicstung des Bundesvorstandes glaubt dazu benutzen zn sollen, die Bczic h u n g c n z n m Reich ö- landbnnd abzu brechen, so erscheint das lediglich als ein Versuch, sich der Verantwortung, die die NeichS- rcgierung gegenüber dem landwirtschaftlichen Berufsstande hat, zu entziehen, nm im Dunkel der Regierungs konklaven ihren bisherigen verhängnisvollen wirtschafts politischen Weg sortzusetzen. Ihr Anspruch aus V crtrancn zu dieser Politik aber lieste sich nur rechtfertigen, wenn die Negierung Taten aufweiseu könnte, die eine erfolgreiche Abkehr von der bisherigen verhängnisvollen Wirtschgstö- positik bringen. Dast diese bisher völlig fehlen, ist der Grund der V c r z iv c i s l n n g ö st i m in n n g i m Lande. Der Abbruch der Beziehungen zum ReichSlandbund ist ein Beweis dafür, dast die Negierung deir Notruf des Landvolkes nicht hören will oder völlig die wahre Sach lage verkennt. Der ReichSlandbund wird sich dadurch nicht beirren lassen, seinen Kamps sür die Gesundung der Landwirtschaft mit allen gebotenen Mitteln sortzu- scsten. Die Neichsregiernng kündigt in ihrer amtlichen Mitteilung lediglich an, dast alles sachlich mögliche für die Landwirt schaft geschehen werde. ES ist nicht die erste Zusicherung dieser Art. Die Stellung des NcichSlandbnndeS zu der NcichSrcgicrung wird nach wie vor nicht von den Ver sprechungen, sondern von den Taten der Negierung bestimmt werden." * Die heute in Berlin verbreiteten Gerüchte, dast der Ncichölandbnndpräsibcnt Gras Kalckrcuth beabsichtige, sein Amt wegen des Konfliktes mit der Rcichsrcgicrung nicdcrznlegcn, entbehren jeglicher Begründung. Heber die Vorgeschichte beS Empfanges des Ncichöland- vundcS beim Reichspräsidenten und den Empfang selbst gibt der „Völkische Beobachter" folgende Darstellung: Da die Not der Landwirtschaft gerade in den letzten Tagen un geheuerliche Formen angenommen habe, sei vom Bundes vorstand die bekannte scharfe Entschliestnng einstimmig an genommen worden. Im Anschlust an die Annahme sei ans der Versammlung der Provinzvcrtrctcr spontan dem Präsi dium der Wunsch vorgctragcn worden, dast der NeichSland- bnnd durch seinen Präsidenten selbst beim Reichspräsidenten vorstellig werden solle. Au dem Empfang hätten die Ver treter der besonders schwer bedrohten Provinzen Ost- prcnstcn und Schleswig-Holstein teilgcnommen. Die vo« ihnen geschilderte Not nnd Verzweiflung des LcmdvolkeS habe sichtlich tiefen Eindruck aus de» Reichspräsidenten gemacht. Unter der niederschmetternden Wirkung der nüchternen Tatsachenberichte habe der Reichspräsident nach eineinhalb stündiger Aussprache den Reichskanzler v. Schleicher, den NctchSernährungSmintster Frh. v. Bra n n und NcichS- wtrtschastSinintstcr Warmbold für 17,.10 Uhr zn sich be ordert, um in ihrer Gegenwart die furchtbaren Notbcrichte des NclchSlandbundprästdtiimS anzuhürcn. Um 17,80 Uhr habe dann auch der nochmalige Empfang des Präsidiums stattgefunden. Der Reichspräsident habe tm Anschlust an den Bor trag des LandbundprästdiumS dem Reichskanzler von Schleicher de« bestimmten Austrag erteilt, neben de« von der Landwirtschaft gesorderte« nnd in kürzester Frist z« erlassenden zollpolitischen Mastnahmen noch am heutigen Tage, dem 1L Januar, in Zusammen arbeit mit dem Justiz- nnd Flnanzminifterinm eine verordn«»- hera»»z«dri«sei»» di« diS -nm Jnkrast» Straster war bei Hindenburg Vralrtmvlckung unvorvr Sorllnor LobrUtlvttuug Berlin, 12. Jan. Bon amtlicher Stelle wird heute mitgeteilt, dast der Abgeordnete Gregor Strastcr in der letzten Woche vom Reichspräsidenten von Hindenburg empsangen worden ist. Für den Reichspräsidenten sei dabei der Wunsch bestimmend gewesen, sich über die Pcrsön, lichkeit des in der letzten Zeit so viel genannten national sozialistischen Abgeordneten zu unterrichten. Hindenburg habe jedoch davon abgesehen, sich zu den Darlegungen, die im Gregor Straster machte, zn änstcrn. treten der sonstigen ersorderlichen Hilssmastnahmen sür die Landivirtfchast die Vertreibung der Bauern von ihren angestammten Höfen verhindere. Die „Deutsche Zeitung" hebt hervvr, dast sic den Schritt der Neichsregiernng nicht billigen könne. Er erscheine in einem besonders merkwürdigen Lichte, wenn man wisse, dast die Vertreter des NcichSlandbundes bereits während der bc- wusttcn Besprechung dem Reichskanzler ».Schleicher von d e m W o rt l a u t d e r E n t s ch l i c st n n g K e n n t n i s g c - geben haben. Die „Kreuzzcitnng" hält die Folgen des anstcrordcntlich tiefgehenden Konflikts für unübersehbar. In der Besprechung sei cö teilweise zu erregten Ausein andersetzung en gekommen, wobei sich Präsident Kalckrcuth sehr zurtickgehalten habe. Vollstreckunossckutz vralrtmolckuag unsoror vorllnor Svdrlltloltuug Berlin, IS. Januar. Neber die agrarpolitischen Mast nahmen der Ncichsregierung erfahre» wir, dast eine Ver ordnung, die sich mit dem landwirtschaftlichen Voll st r e ck u n g s sch u tz besaht, sertiggestcllt wordc« ist. Der Termin der Jnkrastscftung dieser Verordnung steht im Augenblick noch nicht fest. Die Beratungen über diesen Gegenstand haben sich längere Zeit hingczogen, da man die Benachteiligungen, die ein VollslreckungSschntz sür die Gläubiger im Gefolge hat, nach Möglichkeit vermindern will. Der Vollstreckungs schutz soll aber o h ne V e r z u g da zur Anwendung gelangen, wo unverschuldet in schwere Notlage gcra te n e Landwirte sonst den Verlust ihres ganzen Anwesens zu beklagen hätten. Innerhalb der Landwirtschaft hat cs stark verstimmend gewirkt, dast die Regierung von der ihr gegebenen Ermächti gung zur B u t t c r b c i m i s ch u n g noch leinen Gebrauch ge macht hat. Demgegenüber wird darauf hingcwicsen, dast in der Buttcrbeimischung eine hundertprozentige Ersolgsmast- nahme für die Landwirtschaft auch nicht zu erblicken sei. Wenn man der Margarine zu viel Butter beimenge, lause man Ge fahr, dast die Konsumenten schlicstlich überhaupt ans Butter verzichteten nnd sich völlig der Margarine znwcnden. Auch die übrigen anstcrdcutschcn Länder, die die Bnttcrbcimischnng zur Margarine cingcsiihrt haben, gingen sehr vorsichtig zu Werke, und die gleiche Pflicht ergebe sich auch sür die Reichs regierung. Sollten sich jedoch die noch im Gang befindlichen Ver handlungen mit der Margarincindustrie zerschlagen, so würde die Neichsregiernng nicht zögern, von ihrer Ermächtigung Gebrauch zu machen. Als wesentlich auf dem Margarincgcbict wird es angesehen, eine weitere Vermehrung der jetzt zu fast 80 Prozent von ausländischem Kapital kontrollierten deutschen Margarine produktion zn verhindern. Das soll in der Weise geschehen, dast die Margarincindiistric gegebenenfalls dnrch staatliche ZwangSmastnahmcn ans dem gegenwärtigen Stand fest gehalten wird. Mckst ist in der Regierung der Auffassung, dast die Margarincindustrie bei den guten Gewinnen, die sie hat, eine gcwisscBclastnngzngunstcnderdcnt- schen Landivirtschast ans sich nehmen könne. Im Zusammenhang mit der Margarincfragc wird regie rungsseitig darauf hlngeivicsen, dast sich S ch u tz m astnah - men für die bäuerliche V e r c d c l u n g S w i r t - schäft in Vorbereitung befinden. Im Augenblick werden jedoch noch keine konkreten Angaben über die genannten Mastnahmen gemacht, insbesondere nm sogenannte Vor- cinsnhren aus dem Ausland zn vermeiden. ES ist aber damit zu rechnen, dast angesichts der katastrophalen Ver hältnisse i» der bäuerlichen VcredcliingSwirtschaft von der autonomen Z o l l b e r e ch t i g u n g Gebrauch gemacht werden wird, vor allem auch deshalb, weil andere Länder sich vor einer deutschen agrarischen Einfuhr völlig absperrcn nnd ihre landwirtschaftliche Produktion zu einem beträcht lichen Teil aus den deutschen Markt werfen. Gegenüber anderslautenden Darstellungen wird von unterrichteter Seite noch einmal mit aller Entschiedenheit unterstrichen, dast die Entschlicstung des Reichs« landbnudcS, durch die der Konflikt hcransbcschivorcn wurde, weder dem NcichSpräsidente», noch den Mitgliedern der Neichsregiernng vor der gestrigen Konferenz beim Reichspräsidenten bckanntgcwcscn ist. Der NctchSkanz- l c r fand sie erst auf seinem Schreibtisch vor. als er von der Konferenz kam. Auch bei dem- ersten Empsang ist von der Entschlicstung mit keinem Mort die Nede gewesen, so dast der Reichspräsident vollkommen überrascht war, als er sie am Abend kennenlernte.