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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.08.1917
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1917-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19170809010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1917080901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1917080901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-08
- Tag 1917-08-09
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Monat
1917-08
-
Jahr
1917
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Zur Verufung des Abg. Schiffer " D Berlin, 8. August. (Drahtkericht unserer Ber- ltner Schrtftleitung.) Die Ernennung des Abgeordneten SchlfferzumDirektorlm Reichsscyatzamt, der nach der Septembertagung des Reichstages seine Ernennung zum Un terstaatssekretär solgen wird, bedeutet eine verdiente Anerken nung für diesen ungemein begabten Politiker. Zugleich erfährt so der Ministerwechsel im Reiche eine durchaus wünschenswerte Ergänzung. Herr Schisser ist auf dem Gebiet, auf dem er nun zu arbeiten haben wird, kein Neuling mehr. An allen Steuer aktionen der gegenwärtigen Legislaturperiode bat er bestimmen den Anteil genommen. Vielfach hat gerade sein Scharfsinn den Ausweg aus verzwickten Situationen zu weisen gewußt. Herr Schiffer wird im Reichsschatzamt das direkte Steuerwesen zu be arbeiten haben. Die Ordnung der Finanzbeziehungen zwischen Reich und Einzelstaaten, auch der direkte Ausbau der Erbschafts steuer werden ihm Zufällen. In den letzten Tagen ist hie und da Herr Schisser als der voraussichtliche Nachfolger Bassermanns in der Leitung der Partei und auch der Reichstagsfraktion genannt worden. Die Meldung eilt den Geschehnissen weit voraus, da über diese Dinge teils der Parteivorstand, teils die Reichstags fraktion zu entscheiden haben und beide natürlich noch keine Gelegenheit halten, sich mit dieser Frage zu befassen. Aber die Kandidatur Schiffers scheidet nunmehr aus. Ministerialdirektor Schiffer wird sein Reichstags Mandat selbstverständlich niederzulegen haben und wird sich auch um keine Wieder wahl bewerben können. Was man neuerdings von der Lex Spahn berichtet hat, die die Möglichkeit schaffen sollte, daß Mitglieder des BnndeSrates zugleich auch Reichstagsabgcordnete sein könnten, war irreführend. Es ist aber möglich, daß Herr Schisser dem preußischen Landtag erhalten bleibt. Darüber schweben, wie wir zu wissen glauben, noch Erwägungen. * . * Der Abgeordnete Eugen Schiffer ist am 14. Februar 1860 in Breslau geboren, steht also im 58. Lebensjahre. Nach Bollendung seiner Studien an den Univcrsiiälen in Breslau, Leipzig und Tübingen war er zunächst Amtsrichter in Zabrze, wurde dann Landrichter in Magde burg, im Jahre 1906 Kammcrgerichlsrat und 1910 VerwallungSgerichls- rat. Im Jahre 190:1 wurde er in das preußische Abgeordnetenhaus und später auch in den Reichstag gewählt, wo er den Wahlkreis Wolmir- »^dr-Ncuhaldensleben vertritt. Baldige Einbringung der Wahtvorlage? tu. Berlin, 8. August. tDrahlbcrichl.) Die Konferenzen des Reichskanzlers mit den FroklionSführern des Abgeordnetenhauses sind fortgesetzt worden. (Sestern wurde namens der sozialdemokra tischen Fraktion der Abg. Hirsch empfangen. Der Reichskanzler unterhieli sich des längeren mit ihm über die Wahlrcchtsvorlage und erklärte, daß er sie bald cinbrinxcn werde. Handschreiben des Kaisers an Helfferich >vtb. Berlin, 8. August. sDrahlber cht.s Der Kaiser hat an den Staoism'.nistcr Dr. Helfferich das nachstehende Handschreiben ge richtet: Mein lieber Helfferich! Bei aller Würdigung dec Gründe, aus denen Sie mir de Ahnen anvertcauten Acmter zuc Berfügung gestellt haben, vermag ich mich nicht zu enischUcszen, aus Ihre Dienste zu verzichten. Wenn ich auch Ahrem Wunsche, von der Leitung des Re chsamtS des Innern enthoben zu werden, willfahren will, muß ich doch im Einklang mit den Bor- schlügen des Reichskanzlers Wert darauf legen, daß Sie die Ihnen durch »leinen Erlaß vom 22. Mai I9l6 übertragene allgemeine Stell vertretung des Reichskanzlers beibehalten und Mitglied des Staatsministeriums bleiben. Befreit von den Geschäften der einzelnen Ressorts, werden Sie in der Lage sein, Ihle ganze Kraft der Vertretung des ReichskanzkrrS in fetnrr d«rch den Krieg in jo außerordentlichem Umfang angewachsenen Tätigkeit und der Erledigung von besonderen großen Ausgaben zu widmen, deren Uebertragung Vorbehalten bleibt. Bis zu der geplanten Umgestaltung des Reichsamts des Innern und der Besetzung der neu zu schaffenden Stellen beauftrage ich Sie, die Leitung dieses Amtes n»ch beizubshallen. In Anerkennung Ihrer hervorragenden Verdienste um dir Reichsfinan zen und die Kriegswirtschaft verleihe ich Ihnen hiermit den Roten Adlerorden 1. Klasse, dessen Abzeichen beifolgcn. Großes Hauptquartier, 6. August. Ihr wohlgeneigter (gez.) Wilhelm. Hindenburgs Dank an Kraetke <vtd. Berlin, 8. August. (Drahlbericht.) Das neueste Amtsblatt des AeichSpostamtcs veröffentlicht folgendes Schreiben des Chefs des Gencralstabcs des Feldheeres, Gencralfeldmarschallä v. Hinden- bürg, an den bisherigen Staatssekretär des Reichspostamtes Kraetke: Großes Hauptquartier, 1. August 1917. Die glatte Erledigung des gewaltig gesteigerten Feldpostocrkehrs in den verflossenen drei Kriegsjahrcn ist nur durch weitgehende Mithilfe der Heimat möglich geworden. Fast die Hälfte der Postbeamten wurde zum Heeresdienst einbcrusen, und nur mühsam konnten die Lücken ge schlossen werden: neues Personal war auszubilden, der Betrieb den wechselnden Erfordernissen des Krieges immer erneut anzupassen. Schwierigkeiten aller Art störten die Arbeit. Trotzdem ist neben der Bewältigung des gesamten HeimalverkehrS mit einer den Verhältnissen des Friedens fast gleichkvmmendcn Pünktlichkeit und Ordnung dle Feld post versorgt worden. Dazu bedurft« eS unermüdlicher, treuester Arbeit der gesamten Post, vom höchsten Beamten bis zum einfachen Aushelfer in der Postsammelstelle. Auch dadurch sind eng« Bande zwischen Feld heer und Heimat geknüpft worden. Allen Beteiligten in der Heimat, die daru mltgeholfen haben, sag« ich Dank und Anerkennung für die auf opferungsvolle Tätigkeit im Dienste der Feldpost und damit des ge- samten deutschen Heer es. v. Hindenburg. Die Aufgaben de» Reichswtrtschaftsamts D Berlin, 8. August. lDrabtbericht unserer Ber liner Schriftleikung.) Dem neuen RetchSwirt- schaftSamt sind in erster Linie die Aufgaben überwiesen wor den, die der bisherigen Abteilung IV des Reichsamts des Innern oblagen, nämlich Handelspolitik, Handelsverträge, Handelssachen, Landwirtschaft, Industrie, die wirtschaftlichen Fragen, Zölle und Steuern, Produktionssragen des In- und Auslandes, Statistik, Außenhandel, Banken- und Börsenwesen. Der neue Leiter des Reichswirlschaftsamtes Dr. Schwander wird als nächste Auf gabe das neue Abkommen mit Oesterreich-Ungarn abzuschließen haben und darüber hinaus dann daran arbeiten müssen, die durch den Krieg zerrissenen Fäden unserer Handels beziehungen neu zu knüpfen. Auch die sogenannte Ueber- gcngSwlrtschaft soll dem neuen Reichsamt unterstellt wer den. Dazu kommen dann noch dle sozialpolitischen Auf gaben, die bisher der Abteilung II des Reichsamts des Innern unterstanden. Bor allem wird cs dann noch die Fürsorge für die Kriegsinvaliden zu regeln haben. Der Amtsantritt der neuen Minister Berlin, 8. August. (Drahtbericht unserer Ber liner Schriftleitung.) Herr von Kühlmann hat heute vormittag die Leitung der Geschäfte im Auswärtigen Amt über nommen. Sein Nachfolger in Konstantinopel ist noch nicht be stimmt. Bon einiger Seile würde, wie das «Berliner Tageblatt" andeutet, eine militärische Persönlichkeit, die bereits die türkischen Verhältnisse kennt, in Frage kommen. Genannt wird Herr von Lossow. O Berlin, 8. August. (Drahtbericht unserer Ber liner Schriftleitung.) Die «Tägliche Rundschau" bringt heute abend Mitteilungen über die Besetzungen der Ilnlerstaats- sekretariate, die uns nicht zutreffend erscheinen. Richtig an diesen Meldungen wird wohl nur sein, daß an Stelle des zurückgetrckenen Dr. Richter Herr Lewald Unter st aatSsekretär des Rcichsamts des Innern wird. Die anderen Angaben, auch die über die zukünftige Verwendung des Freiherrn von Stein, haben wir Grund, einstweilen für Kombinationen zu halten. (-) Berlin, 8. August. (Drahtbericht unserer Ber liner Schriftleikung.) Im großen Sitzungssaals des Finanzministeriums fand heute die Uebergabe der Leitung des Finanzministeriums durch den bisherigen Chef Dr. Lenhe an den neuen Finanzminister Hergt statt. „Unberechtigte Krttik- <r.) Köln, 8. August. (Eig. D r a h t b e r i ch t.) Die «Köln. Ztg." schreibt in einem Artikel unter der Ueberschrift «Unberechtigte Kritik": «An dem Kabinett dcS Herrn Michaelis haben unsere und auch einige neutrale Demokraten auszusehcn, daß es nicht nach dem Modus zustande gekommen sei, wie es in parlamentarisch regierten Ländern üblich ist. Sic verraten dabei freuich nicht, wie Herr Michaelis es hätte machen sollen, aus einer parlamentarischen Mehrheilspartei sein« Regierung zu bilden, wo cs doch bei uns etwas Derartiges wie eine regierungsfähige Mehrheitspartei überhaupt nicht gibt. Ein starker Wille zur Einführung des parlamentarischen Systems hat sich in den letzten Wochen so wenig gezeigt, daß man hier sagen kann, der Mehrheit der politischen Vertretung deS deutschen Volkes widerstrebt diese Neuerung. Herr Michaelis wäre also sehr undemokratisch verfahren, wenn er, ohne von der Mehrheit der Nation dazu moralisch ermutigt zu sein, ein Kabinett nur aus Mitgliedern des deutschen Reichsparlamentes zusammengesetzt hätte. Die Gegenwart verlangt etwas ganz anderes, und es ist bedauerlich, daß unsere Demokraten davon immer noch nichts spüren. Die meisten der mißvergnügten Artikel über daS Kabinett Michaelis muten an, als seien sie im tiefsten Frieden geschrieben. Gibt es gegenwärtig in England so etwas wie ein parlamen tarisches System? Mir brauchen ein politisches KriegSkabinett, in dem die tüchtigsten Männer aus den verscyicdensten Gebieten von einem straffen Willen fest zusammengeschlossen werden. Daß Herr v. Beth - niann Hollweg diesen eisernen Willen nicht hatte, ist einer der ernstesten Fehler in seiner Kanzlerschaft gewesen. Herr Michaelis wäre aber genau in denselben Fehler verfallen, wenn er sich seht auf das Experiment eines parlamentarischen Kabinetts eingelassen hätte. DaS Vaterland ist in Gefahr, da braucht es Männer, die mit aufgekrempelten Aermeln zu arbeiten verstehen, und zwar nach seinem Kommando.) Wir tun nur gut, abzuwartcn, welche Leistungen dle neue Mannschaft an der Spritze vollbringt." Die Geister von Wörlitz Zum 100. Todestage des Herzogs Leopold Friedrich Franz von Anh-lt amS. August 1917. Von Balduin Möllhauscn. Nachdruck verboten. Als am 9. August 1817, am letzten Tage seines 77. Lebensjahres, drr Herzog Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau die Augen für immer schloß, da ging mit ihm ein Mann dahin, drr die Wahrheit des Goethe-Wortes: «Lange leben, heißt, viele begraben" wie kaum ein Zweiter halte erfahren müssen. Eltern, Gattin, Brüder, Sohn: Freunde und Helfer waren dem Herzog im Tode voraufgegangen — fast keiner war da, der sich im Augenblick des großen Verlustes bewußt war, den nicht nur das anhaltinische Volk, sondern das Geistesleben seiner Zeit mit dem «Vater Franz', wie ihn seine Landeäkinder nannten, verloren hatte. Es wsr, als wollte das Schicksal das Leben dieses edlen Fürsten, dem Recht und Gesetz, Kirche und Schule, Handel und Gewerbe sowie soziale Fürsorge im weitesten Sinne unendlich viel zu verdanken hatten, auSlilqen, indem es alle, die ihn zu würdigen vermocht hätten, vor ihm hinwcgnahm. So hat sich auch bis heukigentages kein namhafter Bio graph für den kunstsinnigen Herzog gefunden: zwei Arbeiten aus den vierziger und fünfziger Jahren dcS 19. Jahrhunderts sind noch heule nahezu die einzigen, unzulänglichen Dokumente, die wir von seinem Wesen und Wirken besitzen. Und dennoch — hundert Jahre sind ver- gangen, seit «Vaier Franz' dahtnging, aber noch heute ist er lebendig, und spricht zu uns durch sein LebenSwerk, den Park von Wörlitz. Park von Wörlitz! Reizendstes Märchen, gewoben aus Baumes- rauschen und Blülendust, Vogelsang und Sonnenschein, Antike und 18. Jahrhundert — was erwacht nicht alles zu neuem Leden beim Klange deines Namens. Welche Fülle von Geistern vermagst du herauf- zubrschwören, lachender Park! Oh! Laß sie, deren Namen mit dem deinen neu verknüpft ist, »och einmal wandern auf deinen verschlungenen Pfaden, noch einmal — am LrlnnerungSlag deines Fürsten... So erstehen Bilder wieder, wie sie einst ein gütiges Schicksal schuf. Der 8. April 1769. Der Fürst, die Fürstin und Friedrich Wilhelm von ErdmannSdorf legen den Grundstein zum Wörlitzer Schloß, besten Parkschöpfung bereits im Vorsahre in Angriff genommen werd. Glück liegt über dem Werk: es wächst der Bau, es dehnt sich der Park — noch nicht vier Jahre vergehen, und daS schmucke ScheZßlctn erhebt sich in strahlender Pracht, inmitten des leuchtend?» Grüns. Aber man rastet nicht, man schafft unablästig an dem Elbparadies. Allen voran der kluge Fürst und ihm zur Seite Männer wie ErdmannSdorf, der weltgereist« Kunstfreund und vollendete Weltmann,- nach ihm der nicht minder er fahrene Eiserbeck: die beiden Schochs, Vater und Sohn: nicht zu ver gessen des Gärtners Neumark. Sie alle sind die Väter des Parks, dessen Ruhm bald weit über deutsche Lande hinausdringcn sollte. And viele kamen, um das Wunderwerk zu schauen. So Karl August von Sachsen-Weimar und mit ihm Goethe. Aber eS enkspinnl sich kein inneres Verhältnis zwischen Hausherr und Gästen. Man erkennt hochachtend die gegenseitige Bedeutung an, aber man schweigt sich häufig gegenseitig etwas vor. Nur wenn man über Alter tümer spricht, wird der Tonfall der Rede etwas wärmer. Doch der Park tat es Goethe an. Man zeigt noch heute einen Platz vor dem Schloß, wo am 14. Mai 1778 Goethe an die ferne Charlotte von Stein schrieb: «Hier ist's setzt unendlich schön, mich hal's gestern abend, wie wir durch die Seen, Kanäle und Wäldchen schlichen, sehr gerührt, wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben, einen Traun: um sich herum zu schaffen. Es ist, wenn man so durchzieht, wie ein Märchen und hat ganz den Cha rakter der «lysäischen Felder: in der sachtesten Mannigfaltigkeit flieht eines ins andere: keine Höhe zieht das Auge und das Verlangen an einen einzigen Punkt: man streicht herum, ohne zu fragen, wo man aus gegangen ist und hinkommt. DaS Buschwerk ist in seiner schönsten Jugend und das Ganze hat die reinste Lieblichkeit.' And eine große Freude hatte das Leben auch Goethe für seine Wörlitzer Tage vorbe- halten: daS Widersehcn mit Ernst Wolfgang Behrisch, dem lieben Ge- nossen aus den Leipziger Iugendtagen, der als Erzieher des Erbprinzen an den — um Goethes eigene Morte aus «Wahrheit und Dichtung" zu gebrauchen — «Hof eines in jeder Rücksicht trefflichen Fürsten", eben den Destauer Hof, berufen worden war. Andere kommen außer Karl August und Goethe, um Wörlitz zu be staunen: so der stille Lavater, der dem Fürsten bunt« Glasscherben aus der Schweizer Hcimat mitbrachte. In stillen Stunden der Muße setzte der Fürst diese selbst mühselig zusammen, für die Fensterpracht deS Gotischen Hauses im Wörlitzer Parke, daS noch heute eine der Herr- lichsten deutschen Gemäldesammlungen birgt. Ebendort war es, wo La- valer mit scharfem Demante in daS Fenster des «geistlichen Kabinetts" die Verse ritzt«: «Ihr Denkmal' alter Kunst und gottvertrauter Zeiten, Bewund'rung, Wehmut, Mut und Hoffnung sehn euch an. Zwar Kunst und Zeiten hin, doch zeigt ihr uns in Weiten, WaS frommer Menschheit Fleiß und ernste Tugend kann. Wörlitz, 18. Juli 1786. Johann Caspar Lavater.' Und weiter! Gleim weilte gern in Wörlitz, zumeist fand er sich am Geburtstage der Gemahlin seines kunstsinnigen Gönners ein. Gellert war häufiger Gast dcS «Vaters Franz' und Hardenberg. Novalis, schon vom Tode gezeichnet, sucht Erquickung an der lieb lichen Natur deS ParkeS. Wieland, Tiedge, begleitet von seiner Von der Universität Leipzig. Bibliothekar Prof. Dr. pyil. Franz Heinrich Weißbach von der Universitätsbibliothek zu Leipzig wurde vom sächsischen Kultusministerium zum Oberblbltvthekar er nannt. Professor Dr. Weißbach ist gleichzeitig an der Universität Leipzig Extraordinarius für Keilschriflforschung und alte Geschichte. Freundin Ellsa von der Recke, sowie später der Griechen müller, der gebürtige Destauer, sind begeisterte Gäste des Herzogs Franz. Ein besonderes Kapitel beanspruchen die Kenner und Förderer der Gartenkunst, denen die Anlage des Wörlitzer Parkes Bewunderung entlockte und Anregungen gab. Allen voran der Besitzer von Beloeil, dem belgischen Parkwunder, der Prince de Ltg ne, der in seinem dem Abbä Delille gewidmeten Werke über die Parkkunst das Lob von Wörlitz singt und diesem Lobe eine genaue, dem Schöpfrrgeist des «Vaters Franz' huldigende Beschreibung des Parkes folgen läßt, — eine Bewunderung, die der Fürst von Ligne auch der Kaiserin Katharina der Zweiten von Rußland gegenüber zum Ausdruck brachte. Eine Laune des Schicksals fügte es ferner, daß der Vorkämpfer des schottischen Parks auf deutschem Boden, dec Fürst von Pückler- Muskau, in Destau seine Erziehung genoß und von der Anlage des Wörlitzer Parkes tiefwurzelnde Anregungen mit ins Leben hinaus nahm, mochte er diese Anregungen auch später in bewußtem Gegensätze zu Wörlitz verarbeiten. Als er in seinen letzten Lebensjahren noch einmal als 80jährigcr in Wörlitz weilte, erkannte er die Vorzüge des herzog lichen Parkes ohne weiteres an und gab zu, daß der «Vater Franz" so Vorzügliches geleistet bade, daß jeder Freund der Gartenkunst in Wörlitz nicht nur die tiefsten Eindrücke, sondern auch die wertvollsten Lehren erhalten könne. — Ninrmt eS da noch Wunder, daß der Führer der deutschen Naturwissenschaft im vergangenen Jahrhundert, Alexander von Humboldt, gern ln Wörlitz weilte, wohin ihn, den Weitgereisten, besonders dle Fülle der Prachtexemplare auslän discher Bäume lockte? So ließen sich noch zahlreiche Geister im Wörlitzer Parke be schwören. Schließen wir ihre lange Reihe mit I. I. Rousseau, dessen Manen der Schöpfer von Wörlitz vorurteilsfrei eine Heimstätte in seinem Parke bereitete. Lin Denkmal erhebt sich dort für Rousseau, «den Bürger zu Genf, der die Witzling« zu gesundem Verstände, die Wollüstigen zu wahrem Genust«, die irrende Kunst zur Einfalt der Na tur, die Zweifler zum Trost der Offenbarung mit männlicher Beredt- samkeit zurückwteS'. Alle diese Namen, die mit der Geschichte der Glanzzeit von Wörlitz verknüpft sind, dürften zur Genüge am heutigen Tage ein ehrfürchtige« Erinnern an den Schöpfer aller der Schönheiten des Parkes recht fertigen. Die Industrieanlagen im besetzten Frankreich wtb. Berlin, 8. August. sDrahtbertcht.) In der französischen Zeitung «Journal des D^baks^ und dem Zunkspruch Lyon vom 17. Juli wurde die Nachricht verbreitet, daß die Deutschen plan mäßig alle Hochöfen, Walzwerke und Motoren aus den Werken im besetzten Frankreich fortschaffen und nach Deutschland ausführen. Zum Beweis wird ein Rundschreiben des Vereins Deutscher Eisenhüttenleule angeführt. Der französische Propagandadienst versucht diese Maßnahme als Plünderung hinzustellen. Dazu sei bemerkt, daß die deutsche Heeresverwaltung nur jene Einrichtungen zurückführt, die für dte Aufrechterhaltung der Rüstungsindustrie unentbehrlich sind. Dieses Borgehen ist eine unbedingte Kriegsnokwendlgkeit, ein Akt der Selbstverteidigung gegenüber den völkerrechtswidrigen Maßnahmen, die Deutschlands Gegner durch Absperrung Deutschlands vom Weltmeer durchgefllhrt haben. Was zu Heereszwecken nicht beschlagnahmt und sort- gefllhrt werden muh, wird an Ort und Stelle nach Möglichkeit wieder in Betrieb gesetzt, um in den betreffenden Gebieten der durch den Krieg daniedcrliegcndcn Wirtschaft wieder aufzuhelfen. Ist die Wiederinbelriebnahme nicht möglich, weil Arbeiter oder Rohstoffe fehlen, oder die Anlagen im Feuerhercich liegen, so wird das Bestmöglichste zur Erhaltung der Anlagen und Einrich tungen getan. Vielfach werden die Maschineneinrichkungen usm. nur fortgcnommen, um sie vor Zerstörung durch Feuer, Witte rungsverhältnisse usw. zu bewahren und um sie später nach Mög lichkeit dem Dorbesiher zurückzugeben. Einigung in der deutschen Holzindustrie D Berlin, 8. August. (Drahkbericht unserer Ber liner S ch r i f t l c i t u n q.) Die Verhandlungen über die Teue rungszulage im deutschen Holzgewerbe, die in der vorigen Woche zu scheitern nnd zu schweren wirlschaftlichen Kämpfen zu führen drahte, haben in einer neuen Sitzung, die heute vor dem Kriegsamt slallfand, zu einer friedlichen Verständigung zwischen den Arbeitgeber- und Arbeilnekmcrverbänden geführt. Es wurde eine Ver einbarung getroffen, wonach mit Wirkung vom 1. August 1917 e.ne Tcucrungsznlc-ge gewährt wird, die pro Stunde für Arbeiter in den ersten drei Tarisklasfen 15 Pfennige, für Arbeiterinnen in Tarisklakse l 12 Pfennige beträgt. Die TeuernngSzulage erhöht sich vom 15. Septem ber d. I. ab für alle Arbeiter um 5 Pfennige, für alle Arbeiterinnen um 3 Pfennig pro Slunde. Die Militärverwaltungen in Preußen, Bayern, Sachsen und Württemberg werden bei Vergebung von Aufträgen die Einhaltung dieser Vereinbarung zur Pflicht machen. Auch die Gciverbcgcrichte nnd Schlichtungsausschüsse im ganzen Deut schen Reiche sind bei Lohnslreiiigkeilcn im Holzgcwerbe an die neue Vereinbarung gebunden. Staatsausgleichsrncklafte an Kartoffeln Die «Deutsche Parlaments-Korrespondenz' berichtet: Bon besonderer Bedeutung für die Durchführung der künf tigen Kartoffeluersorgung dürfte die von der Reichskarkoffelstellc geplante Schaffung einer Staatsausgleichsrücklage an Kartoffeln werden. In einer Anzahl von Ausgleichsstellen sollen demgemäß entsprechende Mengen von Kartoffeln ein gelagert werden, um in eintretenden Notfällen sofort Verwendung finden zu können. Auf diese Weise hofft man Bersorgungs- schwierigkeiten schnell begegnen zu können. Politische Nachrichten " Eine Million für die arbeitenden Frauen. Der Kaiser hat auf Befürwortung der Kaiserin für die Aufgaben des nationalen Aus schusses für Frauenarbeit im Kriege beim Kriegsamt die Summe von einerMillion Mark aus den ihm für die Kriegsfürsorge zur Ver fügung stehenden Mitteln bewilligt, um die für die arbeitenden Frauen Deutschlands erforderlichen Fürsorgemahnahmen weiter ausgestalten zu können. Der Wunsch der Kaiserin, der bereits in einem Schreiben an den Chef des Kriegsamkes Generalleutnant Gröner über die Notwendigkeit der Fürsorge für die Arbeiterinnen zum Ausdruck kam, findet hierdurch eine tatkräftige Unterstützung. Die Hoffnung ist berechtigt, daß alle Kreise, besonders die Industrie, zum verstärkten Aus bau der Frauenfürsorge auch ihrerseits weitere Mittel bereitstellen werden. * Die bulgarische KönigSsamilie in Friedrichshafen. Mittwoch vormittag trafen der Köntg der Bulgaren, Kronprinz Boris und Prinz Kyrill von Bulgarien zum Besuche des könig lichen Hofes in Friedrichshafen ein. Der König war mit Gefolge an wesend. Nach gegenseitiger herzlicher Begrüßung begaben sich die Fürstlichkeiten auf den Bahnhofsvorplatz, wo der König der Bulgaren unter den Klängen der bulgarischen Nationalhymne die Front der Ehren kompanie abschritt. Sodann fuhren die Majestäten, dle bulgarischen Prinzen, Ministerpräsident Radoslawow und Ministerpräsident v. Weizsäcker, vom Publikum freudig begrüßt, zum königlichen Schloß. Für den Nachmittag war eine Rundfahrt auf dem Bodensee vorgesehen, für 8 Uhr abends große Tafel im Sommersaal. * Der Lhefredakkenr deS «Bonnet Rouge' verhaftet. Die «Frkf. Ztg.' meldet aus Basel: Wie Havas berichtet, ist nunmehr auch der Chefredakteur Almcrcyda des bereits unterdrückten «Bonnet Rouge" ln Paris verhaftet worden.
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