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Dresdner Nachrichten : 06.11.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-11-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-193211066
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19321106
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19321106
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-11
- Tag 1932-11-06
-
Monat
1932-11
-
Jahr
1932
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 06.11.1932
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er die in es Der Vase -er Herzosin Stktortsch» Grzühlung von SanS SVorhar- v. Voffor Di« hohen Fenster des truhig stolzen Piastenschlosses er- leuchtete strahlende FesteShelle. Da« Gastmahl war vorüber. Die Hofmustkanten packte» «tkig die Geigen und Flöten ein. Die Geladenen rüsteten zmn Aufbruch. Noch immer drängte die bunt schillernde, lange Reihe d«r zur Tasel Befohlenen an dem herzoglichen Paare vor über. Boll tiefer Ehrfurcht und mit höfischer Sicherheit ver beugten sich die schlesischen Edclleute, die aus der Umgegend herveigekommen waren. Die «ine Hand auf den Deacnknauf gestützt, den Feber hut in ber anderen stand der Plast Johann Christian neben seiner Gemahlin Dorothea Sibnlla, der fürstliche» Frau. Immer wieder neigte die Herzogin das Haupt, huldvoll und gütig. Wundersam schön mutete sie an in ihrer hehren, be strickenden Frauenhaftigkeit. Hinter der hohen Frau harrte Friedrich von Logau, der Page der Herzogin. Aufmerksam blickten die klugen Augen in die farbenvolle Buntheit des vorbetwallenden Zuges. Feierlicher Ernst weihte die reine Kindlichkeit des bild hübschen Knabengesichtes. Unter dem samtenen Barett senkte sich das mattschtmmernde Haargelock weich aus das gestickte HalSkoller. Hinter den letzten bavonsagendcn Karossen hatte» sich dröhnend und polternd die massigen Torslttgel des Portals geschlossen. Diener huschten durch die leer gewordenen Räume, löschten die Kerzen der bronzenen Kronleuchter. Noch einmal schritt die Herzogin, ihrer Gewohnheit ge mäß, durch die verstummten Prunkzimmer. Und Logan trug ihre sctdenrauschcnde Schleppe. Sie traten hinaus aus den Balkon. Sterne brannten in der dunklen Weite wie silberne Gipfel, die berghohe Finsternis krönten. Lau ging der Wind. In verlorenem Schweigen ruhte die Stadt. „Die Sterne!" rief Logau in sähcr Begeisterung, so ur sprünglich knabenhaft, so allen höfischen Zwang vergessend, -aß Dorothea sich lächelnd umwandte. ,Hchr sagt das so bewundernd, Junkerlein, und doch, so scheint es mir, gar traurig." „Traurig, Durchlaucht?" Der Page errötete, als seine Innersten Gefühle verraten sah. „Traurig wohl." „Und warum?" „Die Sterne dort droben", — Friedrich schaute in Himmelsferne — „glänzen so anders als die daheim Brockut, als wären es nicht die gleichen, als wären andere." «Und sie sind Euch nicht so lieb wie die zu Haus?" Der Edelknabe schüttelte den Kopf. „Daheim lehnte ich ost an meinem Fenster, das der alte Giebel des Hauses überragt. Davor steht eine wipfelbrcite Linde, und in der raunt und redet es. Wenn ich dann liber das singende Ge- zweig hinweg blickte, hinauf, dann war es mir, als könnte ich ttl den Sternen allerlei lesen, als sühre über die Linde eine lichte Bahn in den goldenen Stcrncngarten." „Kleiner Schwärmer, der Ihr seid, Ihr werdet einmal «in Poet werben." „Ein Poet, Durchlaucht!" frohlockte der errötende Page beglückt» ,La, ei» Dichter, ein wirklicher Dichter." Der blaff« Arm der Fürstin legte sich um die zarten Schultern des Knaben. Mütterlich strich ihm ihre kosende Hand über das Haar, bann beugte sie sich nieder und küßte ihn auf die Stirn. Der Page stand ganz still, und als er nun die Schleppe der Herzogin ergriff, die zu ihren Gemächern ging, schritt er in einem seligen Rausche hinter ihr her. — Im Zimmer des Junkers Friedrich von Logau war die Kerze im schmiedeeisernen Leuchter niedergcbrannt und ivars in ihrem bebenden Verlöschen schattenhafte Kreise an die Wand. Der Edelknabe saß am Tisch, bas heiße Gesicht in die Arme gebettet. Bor seinen Augen stand die hohe Frau. Noch fühlte er die behutsamen Lippen auf seiner Stirn, noch vernahm er das Rauschen ihres Gewandes. In seiner jungen Seele keimte erste scheue Verehrung sttr eine Frau auf. Sein schnelles Herz sprach ein nie gekanntes, heimlich süßes Wort! „Liebe Dorell" flüsterte er leise. So nannte drunten das Volk seine Herzogin Dorothea Sibylla. Seine Gedanken irrten ins Endlose, kamen zueinander, trennten sich, vereinten sich von neuem, und durch sein tranm- volleS Sinnen zog lächelnd und gütig, so anmutsvoll lieb reizend — die Herzogin.... Fahl kroch der Morgen über die Dächer von Bricg. Lautlos sank die Nacht von den Türmen, tonhell schwang in der Stadt die Frtthglockc. Da erhob sich Logau, ging ans Fenster und riß cS auf. Lange schaute der Page hinaus, sah zu, wie die Sonne die Simse und Giebel, das GctUrm der schlesischen Hcrzogsstadt sieghaft umleuchtcte. Dann setzte er sich nieder, griff rasch zu Papier und Federkiel und schrieb. Mit brennenden Wangen — Verse. Er dichtete für siel Eine Gelegenheit mußte sich finden, bei der er der Fürstin verstohlen sein Gedicht überreichen und ihr damit seine bewundernde Verehrung auSdrttckcn konnte. Er über legte — wann er cs tun konnte? Bet der Mittagstafel vielleicht? Wenn er hinter ihrem hochlchnige» Stuhle stand und dem Bedienten die Schüssel abnahm, um sie mit leich ter, zierlicher Verneigung darzubieten? Oder wenn er ihr vor der täglichen Ausfahrt die Fuchöstola umlegte? Nein, so lange wollte er nicht warten — cS mnßte bald geschehen. Er umschnürte das Papier, sein erstes Gedicht, mit einem rosafarbenen Bändchen und schlüpfte damit über die säulen gestützten, stillen Gänge des Schlosses. Vor dem Schlaf gemach der Fürstin legte der Page das Mtnnebrteslein nieder. Dort würde die Kammersran es finden und es ihrer Herrin als Morgengruß bringe». Voller Ungeduld verfolgte Friedrich von Logau die hingehenden Stunden des TagcS. Was würde seine Herzogin sagen? Ob sie ihren Junker und Pagen belohnen würde? Un ruhig wanderte er in seinem Zimmer auf und nieder, erregt faßte er nach dem kurzen, blanken Degen. DaS grüne Leder des Wehrgehänges hatte die fürstliche Frau eigenhändig mit ihrem Namenszuge gestickt. Gewiß wttrds sic ihn rufen lassen, dachte er — und musterte prüfend den Sitz seiner Kniehosen, die weißen Strümpfe, die Schnallenschuhe. ES klopfte — der Junker zuckte zusammen. Der Mar schall des Hofes trat ein. Er trug ein Paket in der Hand und legte es vor dem Dreizehnjährigen nieder, mit dem Bescheid, daß die herzoglichen Herrschaften cS schickten. Da- bet spielte um seinen bartlosen, faltenreichen Mund ein scheinbar bitterer Ernst, finsterste Drohung. Kaum hatte sich die Tür hinter dem Sendling ge schlossen, da stürzte der Knabe hinzu und riß di« Hülle auf. Ein großer Lebkuchen, auf dem bas Abc in zuckerwetßen Buchstaben prangte, eine prächtige Pscfscrkuchcnjungfer und — eine derbe Nute lagen vor ihm. Friedrich von Logau wandte sich schamrot ab. Er ver stand die Lektion und blieb von Stund' an nur noch — der artige Page der Herzogin. — , Wenn der schlesische Lichter Friedrich von Loga« später non seiner Pagcnzett am Bricgcr Piastenhofe, von der schönen Herzogin Dorothea Sibnlla erzählte, dann berichtete er auch immer lächelnd von dem ersten poetischen Versuch, HÄG Dvrel" -eWÜnnMe» DI? AÄtH? / «Nzze von Clara «tebtv Es war das letzte Geschenk, das sie von ihrem Mann bekommen hatte; als Retsepräsent. Einmal im Jahr pflegte Herr Schmitz zu verreisen; mit dem Postwagen ratterte er oben zum verschlafenen Städtchen hinaus und hinunter zur Haltestelle an der fernen Etsenbahnstrecke im Tal: „Man muß doch auch noch was von der Welt zu sehen kriegen, eh' man sich hier ganz und für immer schlafen legt." Sie blieb daheim und hielt derweil Hausputz, rieb Fenster und Böden, Türen und Möbel blitzblank, scheuerte Töpfe, räumte Schränke, pflanzte im Garten, jätete und begoß, schasste mit Emsigkeit wie eine Junge, obwohl sie bet Jahren war. Dann war sie abends so müde, daß ihr beim Stricken schon die Augen einschltesen und die Gedanken auch, die immer hinter ihm drein liefen: Nun ist er in Frankfurt — was Emil wohl sagt? — Ob sie sich sehr mit ihm freuen — ob er sich gut unterhält — vielleicht sitzt er im Palmen garten, trinkt da Kaffee?! — Ja, im Palmengarten war er gewesen, das erzählte er gleich. Und damit sic doch auch ein Andenken an seinen Be such im Frankfurter Palmengarten hatte, stellte er ein in dreifaches Setdenpapter eingehülltes Etwas vor sie aus den Tisch und rieb sich vergnügt die Hände: „Wickle mal aus! Gelt, da sreuste dich drüber!" . ES war eine Palme. Noch jung an Jahren, eigentlich erst ein Pälmchen, breitete noch keine nickenden Wedel aus wie fern aus paradiesischen Sttdsecinscln, wo Papageien schaukel» und Kolibris, blitzend wie Edelsteine, hin- und herslitzcn. Sie zeigte nur erst drei, noch etwas schüchterne grüne Fächer und einen jungen Trieb. Aber wer hatte wohl hier eine Halme, hier oben, wo immer die Lüste wehen und die Winter lang sind? Keiner im ganzen Ort. Eine Selten heit, eine Kostbarkeit, zehn Mark hatte sie gekostet! Da freute sich auch die Frau, obgleich sie eigentlich etwas anderes er wartet hatte: Ein wärmendes Tuch, eine Schürze, irgendeine Nützliche» oder eine Brosche zum Schmuck. Herr Schmitz stellte seine Palme dicht ans Fenster, er zeigte sic so allen, die vorübcrginge», und sie staunten. „Jetzt kriegt sic schon das vierte Blatt", sagte die Milchsrau. „Man spat bei Halmen nicht Blatt, man sagt Wedel", ver besserte Herr Schmitz, „oder Fächer. Meine Palme ist eine Fächcrpalme!" Wenn der Briefträger vorübertrabte, verstaubt und müde, blickte auch er schnell nach der Palme hin; die Kinder, die zur Schule gingen, blieben stehen und gafften nach ihr: Ob die auch Palmensrttchtc kriegte, so wie die Acpfcl? Und wenn Herr Schmitz sic in den Garten hinauötrug, damit sanft fallender, warmer Regen sie bespüle und ihr bas kleinste Stäubchen aus den Fächern wasche, dann blieb der und jener gewiß anch stehen, und man besprach des langen und breiten das Wachst»:» der wundersamen Fächerpalme. Sie wurde immer schöner, das machte die gute Hslege. Kein rauhes Lüstchen durste sie berühren, kein Zug; im Winter wurde eigens die gute Stube für sic gehetzt, im Wohnzimmer wäre z» viel Hin und Her für sie gewesen. Beileibe kein Anstoßen oder mit ihr Hcrnmriicken, un veränderter Stand in vollem Licht. Und anch nicht zu warm, die Frau mußte sich stets beim Heizen nach dem Thermo meter richten. Oft war sie ganz ärgerlich. Das war doch zuviel des GetucS, wurde denn auf sie so viel Rücksicht ge nommen? Die dumme Palme, wenn sie doch cinginge! Aber sic ging uicht ein. Sic wuchs immer höher, ihre Wedeln wurden länger, schon neigten die sich nnd nickten sonst; das blanke Grün ihrer Fächer sprach zu Herrn Schmitz vom Paradies ferner Länder, in die er gern einmal gereist wäre, Länder, in denen ^S keine Winter gibt und auch keiucn Hunger, denn büschelweise hängen dort an Palmen die Datteln. — Der Topf war der Halme längst zu klein geworden, man hatte für sie einen Kübel anschassen müssen. Der alte Mann konnte aber jetzt den Kübel nicht mehr allein in den sansten Regen tragen, ihm war er mit der Zeit zu schwer geworden, cs mußte immer jemand mit an- sassen, und als endlich die Palme den siebenten grünen Fächer ausbreitete an langem winkendem Wedel, da starb der alte Herr Schmitz. Die Frau mar nun allein — nicht Kind noch Kegel — Freunde auch nicht mehr, alter Leute Freunde sterben, und die Jugend geht für sich. Sie war ganz allein mit der Palme. Und jetzt liebte sie die. Was sie einst nur aus Pflicht an der Halme getan halte, das tat sie ihr jetzt aus Liebe an — seine Freude, fein Stolz! Ausü Fensterbrett stellen konnte man sie jetzt nicht mehr und die bewundernden Blicke der Vor übergehenden einheimscn, wie Herr Schmitz es getan, dazu war der Kübel zu groß, ach, und eö schauten auch nicht viele mehr nach ihr, Schwitzens Palme war längst nichts Neues mehr, und den Hauptweg nahm man auch nicht mehr hier vorbei, das Hänschen der Witwe war wie seitabgcrückt. Da ließ die Frau, als cS schön warm und beständig wurde, den Kübel hinaus in den Garten tragen, am geschützten Platz wurde er da ein wenig in die Erde eingcsenkt, daß er fest nnd gesichert stand, denn ihr mar gewesen, als sie ihre Palme lange betrachtend ansah, als trauere die ein wenig. Sie hatte einen großen Schrecken bekommen. Nun aber würde ihr die Freiheit gewiß gut tun, stand sie doch hier in der linden Sommcrluft, kein Baum streckte seine Aeste be drückend über sie, sic konnte ganz frei und leicht atme». War cs nicht bereits, als ob ihre Wedel sich höben, bas Grün ihrer Fächer grüner erglänzte? Froh konnte die Palme hinans in den Himmel sehen, von wo der selige Schmitz auf sie herabschautc. Es war ein herrlicher Sommer. Der Frau erster Blick galt am Morgen der Palme: Seht her, alle, seht, wie stolz und vornehin sic steht, wie eine Königin! Alles andere, der Flicdcrbusch, die Wcißdornheckc, das kleine Vlumengemengsel waren Bettler am Weg gegen sie. Heute war es ein Tag, der allzu heiß war. Der Palme würde er schon recht sein. Wo die herstammte, war es ja immer so, aber die Frau pustete. Am Mittag zog's in der Ferne aus, schwarz, eine Wolke mit schwefligen Ränder««. Doch nicht ein Gewitter etwa? Die Frau flatterte ein wenig unruhig durchs Haus, schloß vorsichtshalber schou jetzt alle Fenster; an ihre Palme dachte sie auch, aber der tat ja ein Rcgcu nur gut. Sie saft nun im verdnnkclten Zimmer — man sah kaum mehr etwas, cS war plötzlich ganz finster — nnd hielt die Hände gefaltet, wie immer beim Gewitter. Da, horch, fernes Tosen! Kein Donner, ein Heulen! Es wälzt sich etwas heran. Ein furchtbarer Windstoft fuhr gegen das Haus, rift alle Läden los und ivars sie krachend vor die erbebenden Fenster. Und nun ein Rauschen, so unheimlich — es kam näher und näher — und plötzlich eil« Niedersansen, bei jäher völliger Finsternis ein peitschendes Prasseln, ein Knirschen wie von springenden Kieseln — immer mehr, immer lauter, Hagel! Zitternd war die Frau zusammengeschreckt, mit einem Aufschrei aus der Türe gestürzt! Die Palme! Hagelstücke, so groft wie Nüsse, rvie Taubcncier, die schlage:« alles zu sammen. Sie hatte den groben Regenschirm aus dem Ständer gerissen — ein altes verfärbtes Regendach aus Urväter zeilen —, schon stürzte sie in den Garten, in das Rauschen, das Sausen, das Knirschen und Prasseln hinein. Sie spannte den Schirm ans, streckte schützend den Arm hoch: Nun mochte cs hageln, Sterne von Eis mit zackigen Rändern um festen Kern, nun mag alles niedergeschlagen werden, das Gras, die Büsche, die Blumen — ihre Palme schützte das rettende Dach aus Urväterzciten. Gepeitscht, geschlagen, beworfen. Wie Nüsse, vom Baum geschüttelt, nur noch viel härter traf es sie an den Kopf, Blut lief ihr ins graue Haar. Die gute Frau Schmitz hatte sich doch erkältet, obwohl sic sich gleich umgczogcn, etilen heißen Kaffee getrunken hatte und mit einer Wärmflasche ins Bett gekrochen mar. Frost» schauer schüttelten sie, aber sic war doch herzlich vergnügt: Die Palme gerettet! Am dritten Tag war die Witwe Schmitz tot. Sie wurde neben Herrn Schmitz bcigesctzt. Die Palme stand vergesse:«. Plötzlich siel es jemandem ein: Die setzen mir aufs Grab, da wird sie sich gut. ausnehmen, was soll man auch sonst damit?! Und so geschah es. Und es war merkwürdig, die ver zärtelte Pflanze, von fernen Inseln der Südsee stammend, breitete kräftige Wedel aus, und ihr Gefächer, frisch und grün, erzählte von einem Paradies, das auch hier unter grauerem Himmel schön ist. Dl? P?lVilts?Ik?täl!il1 / Bon C. Del er Eines Tages fiel der Blick des Generaldirektors auf st«, I als er mit mehreren Herren durch den Betrieb ging. Sie war schon vier Jahre im Dienste. Jetzt wurde sie zum ersten I Male in das Direktiondbüro gerufen. Sic wunderte sich, hatte dunkle Ahnungen von Kündi gung und anderen Unannehmlichkeiten. „Ach waS!" zerstreute die rothaarige und irafeiveise Mia ihre Bedenken, währen- sich Hanne vor dem Spiegel noch schnell das Haar in Ordnung brachte, „du gefällst ihm. Weiter nichts. Er sucht Anschluft!" ' - „Der Generaldirektor und seine Privatsekretärin!" ver suchte Hanne zu lächeln. „Wir drehen hier doch-kernen Film, wo so was vorkommt." - - * „Na, was solltest du denn soiUt bei ihn«? Kündigen kann dir der Bürovorsteher alleine. Dazu braucht sich der Herr Generaldirektor nicht zu bemühen. Ich sage dir: er ist ver knallt in dich. Wie er dich angesehen hat! Du!" „Red' keinen Unsinn!" wehrte Hanne ärgerlich ab. * „Fräulein Lenz", sagt« der Generaldirektor, als Hanne verlege» in einem Klubsessel Platz genommen hatte, „ich habe mir Ihre Personalakten kommen lassen. Sic sind jetzt vier Jahre im Dienst? Ihr Gehalt beträgt ISN Mark?" whll" flüsterte Hanne. r wenig, eigentlich", meinte der hohe Chef. „Ja", antwortete sie noch leiser. „Haben Sie etivas dagegen, wenn ich Ihr Gehalt auf zmethundertfünfztg Mark erhöhe?" fragte der General direktor und lächelte ihr ermunternd zu. „Aber — womit — wofür...?" stotterte sie errötend. „Glauben Sic denn, diese Summ« für Ihre Arbeit nicht zu verdienen?" fragt« der Generaldirektor «infach. <> Einige Monate vergingen. Hanne wurde schließlich die Sekretärin des Generaldirektors. Sic mar glücklich und er- lodigt« ihre neuen Pflichten mit bcsmldcren« Eifer. „Ich muß es mir doch verdienen!" sagte sic sich. Sie fühlte, daß sie vom Glück überraschend ausgezeichnet mar, aber indem sie sich ihrer Arbeit doppelt eifrig hingab, glaubte sie, ihr Glück schon beinahe erklären zu können. Manchmal begegnete ihr DNa im Betrieb. Dann lächelte diese spöttisch. - - - „Mir kannst du nichts vormachenl" sagte Mia einmal. „Was denn?" fragte Hanne ganz erschrocken. . . „Tu nur nicht so!" meinte Mia und drehte ihr dcnR licken. * Bald lächelten auch ander« «vte Mia. Lächelten wissend, hintergründig, verstehend ... Hanne hatte ein paarmal mit dem Generaldirektor Theater besucht und irgendwo zusammen gegessen. Man hatte Gerüchte kursierten im Betrieb. Mia sorgte dafür, daß sie nicht verstummten. Eines Tages dann brachen zwischen Hanne und ihrem Verlobten, der stellungslos «var und den sie unterstützte, schwere Differenzen aus. „Mir kannst du doch nichts vormachenl" sagte er, als Hanne erzählt und erklärt hatte. Ihr fiel ein, daß Mia die gleichen Worte gebraucht hatte. „Mir kannst du doch nichts vormachenl" schrie Karl noch einmal, weil sie schwieg, „Glaubst du denn, daß ich so dumm biu? Wer wird dir mir nichts dir nichts das Gehalt erhöhen, in der heutigen Zeit, deine Stellung verbessern, mit dir ins Theater fahren, in teuren Restaurants essen, ohne «in be stimmtes Ziel zu verfolgen? Soll ich vielleicht warten nnd zusehen, bis der Herr Generaldirektor, n»enn er soiu Ziel wirklich noch nicht erreicht haben sollte . . ,F>ör' auf!" bat Hanne. „Ich höre nicht ans!" fuhr er gereizt fort. „Ich muß es dir endlich einmal sagen. Jeder Bissen, den du mir mit brachtest. jede Kleinigkeit, jedes Geschenk, jedes Buch, jede Krawatte hat mir schlaflose Nächte bereitet. Solche selbstlose Generaldirektoren wie deinen gibt cs ja nicht «nal im Film. Ich verlange von dir, daß du dich in den Betrieb zurückver setzen läßt. Und wenn «vir hungern müssen!" „HungernI" Hanne lächelte verächtlich. „Ob mir das etivas auörnachte? Warum nicht hungern? Resser, als deine schrecklichen Wort« höre». Aber den Posten kann ich nicht ansgcbcn. Es wäre größte Undankbarkeit einem wirklich an ständigen Charakter gegenüber." Er lachte höhnisch auf und zog den Ring vom Finger. * Es ging alles so rasch, wie cs niemand vermutet hatte. Fürchterliche Qualen litt Karl: Hanne hatte sich in der Nacht nach diese::« Vorfall mit Gas vergiftet. Die Bosheit, der Unverstand der Mitmenschen hatten plötzlich ihren Lebens willen gebrochen. Der Generaldirektor stand erschüttert an ihrem Grabe. Selbst hier verstummt« das Gerücht nicht, u:rü di« neugierige Welt suchte tu seinem Gesicht nach Spuren einer vermeint lichen Sünde. „Glauben Sie mir", sagte der Generaldirektor später ein mal im Kreise seiner Bekannten, als jemand gc«vagt hatte, das Gespräch aus Hanne Lenz zu lenken, -glauben Sic mir: Keinen anderen Grund hätte ich, diesem Mädchen «In besseres, schöneres Leben bereiten zu wollen, als die frappante Aehn- lichkeit, die es mit meiner einzigen, längst verstorbenen Tochter hatte." Nicminid wußte eine Erwiderung auf diese simple Erklärung. Alle waren erschüttert. Und der Generaldirektor zerdrückte langsam den Rest seiner Zigarre im Aschenbecher, mit einem GesichtSausdruck, als könnte man seinetwegen ruhig auch die Welt oder wenig stens ihre Meinung so zwischen den ÜtaatM UMMW > -s
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