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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 14.11.1932
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1932-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19321114023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1932111402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1932111402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1932
-
Monat
1932-11
- Tag 1932-11-14
-
Monat
1932-11
-
Jahr
1932
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ErmMcS Bekenntnis zum Föderalismus v. Papens Antwort auf -ie Beorüßung Auf die BegrüstungSansprache des Ministerpräsidenten antwortete Reichskanzler von Papen: Lehr verehrter Herr Ministerpräsident! Für die liebenswürdigen Morte der Begrüßung, die Sie soeben die Güte hatten, im Namen der sächsischen Staatsregierung in der Hauptstadt Ihres Landes an mich zu richten, sage ich Ihnen ausrichtigsten Dank. Ich darf bei dieser feierlichen Gelegenheit das schon so ost abgelegte Be kenntnis wiederhole», daß die derzeitige SleichSregiernng voll und ganz ans söderalistischem Boden steht und das, sie nichts ernstlicher wünscht, als in enger persön licher Fühlung mit den Ländern daS kulturelle und wirt schaftliche Eigenleben der deutschen Bundesstaaten nach seder Richtung hin zu fördern. Mit vollem Recht haben Sie, Herr Ministerpräsident, betont, dast Reichsregierung und Länder regierungen sich nm des Reiches willen zu gemeinsamer Arbeit zusanimensinden müssen. Niemals ist dieses Bekennt nis der Zusammenarbeit berechtigter und notwendiger ge wesen, als in der Stunde, da wir gemeinsam um die seelische und materielle Neugestaltung des Reiches ringen. Die tätige Mitwirkung der Länder bei der Lösung deS Problems der Neichsresvrm ist deshalb eine Selbstver ständlichkeit. Menn daher auch in Zukunft es die be sondere Sorge der NeichSregierung sein wird, den Ländern unter genauer Abgrenzung der beiderseitigen Zuständigkeit die Mitarbeit an der Gesetzgebung und Berwaltung im Reiche zu ermöglichen, so wird eS nicht weniger wichtig sein — und ich habe in dieser Frage immer die besondere Unter stützung Sachsens gesunden —, die Autorität des Reiches und seiner Regierung nach innen und nach austen in vollem Umlange zu wahren. Mein Besuch im Lande Sachsen fällt In eine Zeit ernste ster wirtschaftliche Störungen und damit nalnrnvtwendig verbundener stärkster sozialer Spannungen. Die NeichS regierung hat in ihrem M i r t s ch a s t s p r o g r a m m ver sucht, den Anstost zu einer Nenbelcbung der Wirtschaft, zu einer tatkräftigen Bekämpfung des nationalen Un glücks der Arbeitslosigkeit zu geben. Mit Dank barkeit erkennen wir an. dast unser Rus gerade in Sachsen Vielsachen Widerhall gesunden hat. Der Bericht der Han delskammer E h c m n i tz berichtet über sichtbare Belebung in fast allen Zweigen. Wir willen, dast die sächsische Wirt schaft aller Zweige sich in den letzten Jahrzehnten z« einem Höch st mast entwickelt hat. Wir wissen, dast gerade der sächsische mittlere und kleine Unternehmer mit äusterster Sparsamkeit und unter Einsatz letzter eigener Kräfte arbeitet, nm Aufträge hereinzuholen, seine Arbeiter in Brot und seine Industrie dem Lande zu erhalten. Da die Wirtschaftspolitik des Reiches im beste« Ginne «in« MittelstanbSpolitik sein soll, so hat die ReichSregierung nicht gezögert, auch Sachsen entsprechend seiner besonders bedrängten Lage besondere Hilfe angcdeihen zu lassen. So haben wir, um der sächsischen Wirtschaft entgegenzukommen, Teile Sachsens In das Ost- htlfegcbiet cinbezvgen, haben in Dresden eine Ge schäftsstelle der I n d u st r i e b a n k errichtet, damit sie in engster Fühlung mit den Kredttsuchenden bleiben und ent- sprechend der Notverordnung vom 4. September UM ihre Kreditgewährung in weitem Maste dem Bedürfnis der säch sischen Industrie anpassen könne. DeS weiteren hat sich der Herr Reichsminister der Finanzen bereit erklärt, bei einer Kreditgewährung an die sächsisch« Wirtschaft mitzuwirken, obwohl die Verhandlungen darüber noch nicht abgeschlossen sind. Die sächsische Regierung bat bewiesen, dast sie in dieser ernsten Zeit durch eine straffe und finanziell geregelte StaatSsührung daS ihrige für den Wiederaufstieg des Lan des zu leiste» gewillt ist. So hat sic ein ausgezeichnetes Vorbild gegeben, wie das innere deutsche Kernproblem der Arbeitslosigkeit mit Erfolg anznpacken ist. Die leichte Besserung, die wir schon bente aus manchen Gebieten des Wirtschaftslebens spüren, ist eine zarte Pflanze, die mit der Sorgfalt änstersten Vertrauen« gehegt und gepflegt, nicht aber mit dem mitleidslosen Absatz gehässiger Partei politik zertreten werden sollte. Die ReichSregierung w«rd dafür sorqen. dast der Ge» snndnngöprozest der Wirtschaft nicht durch Leiden« schäften des politischen NnverftandeS gestört werden wird. Sie Ist mehr wie sc der Ansicht, dast nur vertrauens volle Zusammenarbeit den Ländern ihre grund gewachsenen staatlichen und kulturellen Funktionen erhalten und dem Reiche seine alte Kraft und Stärke wiedergebcn kann. Ich banke Ihnen, Herr Ministerpräsident, kür das Gelöbnis unverbrüchlicher RcichStrcue, und bitte Sic und die StaatSrcgierung, dem sächsischen Volke die besten Wünsche der ReichSregierung für die Wohlfahrt Sachsens anSrichtcn zu wollen. Ser RMskanzler »er der Dresdner Melle Vom Hauptmiiiisterialgebättbe begab sich der Reichs kanzler mit dem Ministerpräsidenten gegen 12 Uhr mittags ziim Landtag. Hier wurde er im Präsidialzimmer vom LandtagSprändenten Wcckel begrünt, der im Anschlag daran die Mitglieder des LandtagovorstandeS dem Reichs kanzler vorstellte- In der früheren Ersten Kammer des LandtagSgebäudeS hatten sich inzwischen die Vertreter der Presse zu einem Empfang versammelt. Der Vor sitzende deS Bezirksvereins Dresden im Landesverband der Sächsischen Presse, Schriftleiter Dr. 8w ntfcher begrünte den Reichskanzler und gab seiner Genugtuung Ausdruck, da» der Kanzler trotz der karg bemessenen Stun den seines Dresdner Besuches Gelegenheit nähme, mit den Vertretern der Prelle in Dresden in persönliche Fühlung zu treten und sich über einige der dringenden schwebenden Tagcssragen anSzusprcchen. Im Vordergründe stünden hier natürlich die fragen der N c i ch S r e s o r in. soweit sie daS Verhältnis Sachsens zum Reiche betreffen, und in noch stärkerem Maste, wie die ReichSregierung zu ihrem Teile an der Beseitigung der austergewöhnlichen Notlage deS sächsischen Wirtschaftsgebietes mitznhelsen ge denke. Aus der Tatsache des Prcsscempsanges dürfe wohl geschlossen werden, das, der Reichskanzler auch der auhcrhalb der Reichshauptstadt erscheinenden, so viel- und feingliede rigen deutschen Presse die Bedeutung zuerkennc, die ihr als Vertreterin der besonderen, regional so verschiedenartig ge lagerten Kulturaufgaben der Länder innerhalb des Reichs ganzen zukommt. In Erwiderung auf diese Ansprache führte Reichskanzler v. Vapen aus: „Sehr verehrter Herr Vorsitzender! Meine Herren! Es ist mir eine ganz besondere Freude dast ich anlästlich des Besuches, den ich im Auftrage der ReichSregierung heute in Ihrer wundervollen Hauptstadt des Landes Sachsen dem Herrn Ministerpräsidenten und seiner Regierung abstatte, in einem engeren persönlichen Kontakt mit Ihnen, als dem Ausdrucksorgan der öffentlichen Meinung Sachsens, Ver bindung aiisuehmen kann. An die Spitze meiner Aus fiihrungen möchte ich erneut bas Bekenntnis stellen, dast ich durchaus der Interpret einer föderalistisch eingestellten Reichs regierung bin, das heisst, dast die NeichSregierung in engster Zusam menarbeit mit den Ländern den neuen Boden zu schassen versucht, den wir brauchen, nm im Reiche, in den Ländern und den Gemeinden zu neuem Wohlstand, zu neuem Ge meinschaftsleben zu kommen. Die Zusammenarbeit zwischen Reich, Ländern und Ge meinden scheint mir aber niemals notwendiger zu sein als gerade in dieser Zeit der materiellen und seelischen Nöte, in dieser Zeit der ungeheuren Arbeitslosigkeit und der dadurch naturnotwendig hervorgcrusenen sozialen Span nungen. Es ist selbstverständlich, dast an dem Problem der Reichs reform, die uns zur Zeit beschäftigt, die Länder in hohem Maste teil haben und dast sic entscheidend an diesen Fragen mitzuwirken haben. Ich glaube, dast eö notwendig ist, ein mal ganz klar zu sagen, dast der Sinn und das Ziel dieser ReichSregierung sehr ost mistvcrstandcn worden sind. Wenn wir von einer Reform unseres verfallungSmästigcn Lebens sprechen, so haben wir niemals im Sinne gehabt, die Mit wirkung des Volkes an den Geschicken des Landes in irgend einer Weise ausznschalten. Im Gegenteil, wir haben uns bemüht, von vornherein klarzumachcn, dast wir eine neue, bessere, konstitutionelle Basis zu schassen bemüht sind, die gerade eine M i t w i r k u n g d e r breitesten Massen deS Volkes an der Regierung erst ermöglicht, die uns erst die Möglichkeit gibt, über diese Zustände hiiiwegzukommen, wie sie heute zwangsläufig in der Entwicklung der letzten Jahre, wahrlich nicht erst seit der Zeit dieser Neichsregierung, im Reiche entstanden sind. Diese neue konstitutionelle Basis will die breiteste Mitarbeit von Volk und Parteien, die der AnSbruckSkaktor der politi- lchen Gesinnungsgemeinschastcn sind. WaS wir «ollen, ist kebiglich, den überspitzten Parlamentarismus ausznschalten, der nach dem Vorbild« der westlichen Demo, kratien in Deutschland «ingesührt ist, doch, wie mir scheint, ho manches Unheil in den letzten Jahren angerichtet hat. Ich persönlich bin der Ausfällung, dast durch alle Par teien eine weitgehende Ueberclttstlmmnng über die Ziele dieser Reichsresvrm gebt. Denn die Beseitianng deS Dualis mus zwischen Reich und Preusten und die Wiederherstellung einer neuen konstitutionellen Basis durch Ziisammciiarbeit zwischen Volk und Regierung, das ist ein Ziel, dem alle Parteien znstrcbcn. Die Niiaucierungcn sind naturgemäst verschieden. Aber cs ml stte möglich sein, auch in dieser schwierigen Zeit sür ein solches Ziel eine breite Basis zu finden. Deshalb lasien Sie mich Hler sagen, »ast die ResikeeNNÜ mit sehr großem Ernste datet Ist, eküe möglichst breite Basi^sür ihre Ziele und sür ihr Werk, sür ihre Arbeit zu sinden. Es ist nicht so, wie es manchmal in der Presse hinqestellt wird, dast sie dies nur nachausten hin bekundet, aber noch nicht die ernste Absicht hätte. Im Gegenteil, meine Herren, eS wäre sa geradezu slindhast, wenn man in einer so ungeheuer schwierigen Stunde des Landes nicht alles versuchen würde, siir ein grosteS Ziel, in dessen gemeinsamer Linie wir zu sammen marschieren können, bezüglich der Austen» und Innenpolitik eine möglichst breite Basis zu finden. Die Berliner Presse, obgleich ich sie kehr schätze. Ist nicht immer der Ausdruck der Meinung des Landes. Im Gegen teil, ich bin immer der Auffassung gewesen, dast der wahre Ausdruck der öffentlichen Meinung des Landes vielmehr die Provinzpresfe ist, und deshalb ist eö mir eine besondere Frendc, heute mit Ihnen, meine Herren, hier zusammen sein zu können. Mir liegt am Herzen, dast gerade die Beziehungen zwischen der Neichsregierung und Ihnen, als den Vertretern der regionalen Presse, die ja viel mehr den PnlSschlag des Volkes und der Wirtschaft fühlt, als die aus Berlin be schränkte Presse, hcrzustellcn, weil ich mir sehr viel davon verspreche. Tie innere und äustere Lage des Reiches — darüber kann kein Zweiiel bestehen — ist ansterordcntllch ernst. ES besteht eine weite Gemeinsamkeit der Ziele in der auswärtigen Politik, und eö kann eine Gemeinsamkeit her gestellt werden über die Ziele der Innenpolitik. WaS uns not tut, ist nicht Streit über Pcrsonenfragen. Tenn ich habe eS immer wieder betont, dast Perlonensragen an sich in diesem historischen Spiel der Kräfte keine Nolle, keine entscheidende Rolle, spielen. Was unö not tut, ist die Einigkeit im "'»re und im Willen, aus diesem Zustande wirtschaftlicher seelischer ^"»zche ber- anSzukommen zu einer besseren Zelt, und ich möchte Ihre Mitwirkung dazu erbitten, meine Herren, die Sie ko viel, so unendlich viel dazu beitragen können, diesen Willen, dieses Vertrauen z» stärken, mit dem allein wir einer besseren Zett entgegengehen können. Denn letzten Endes, meine Herren, Vertrauen ist alles. Ich habe mit Befriedigung den letzten Bericht der Handelskammcc Ehemnitz gelesen, aus dem hcrvorgcht, dast in fast allew Zweigen der so wundervoll ausgebildeten sächsi schen Wirtschaft die Dinge anfangen, sich zu beleben. Ucbcr- all steckt man den Kopf aus der Decke und sagt: ES wird anders werden. Wir wollen diese zart, Pflanz« der Hoffnung aus eine bessere Zeit uns nicht zertreten lallen durch den mitleidlosen Absatz gehässiger Parteipolitik, wie ich eS eben zum Ausdruck gebracht habe. Lasten Sie uns zusammen, arbeiten zu dem grasten gemeinsamen Ziele einer Stärkung des Reiches und der Länder, einer Wiedergeburt auch Ihres wunderschönen Landes Sachse». * Hierauf erklärte sich der Reichskanzler bereit, an ihn gerichtete Fragen im einzelnen zu beantworten. Auf die Anfrage, ob er sich bei der Durchführung der in Aussicht genommenen BcrsassungS- und NeichSreform im Nahmen der Vcrsassnng zu halten gedenke, oder dieselbe unter Um ständen durchbrechen werde, machte sich Herr v. Pavcn die Erklärung des sächsischen Ministerpräsidenten im Landtag zu eigen, in der von selten der sächsischen Negierung zum Ausdruck gebracht worden war, dast kein Anlaß vorliege, der ReichSregierung verfastnugS, «ibrige Absichten zu unterstelle«. Auf die Frage, ob im Verlauf der NeichSreform auch an eine Umbildung des mitteldeutschen Raumes, an Abtrennung von Landesteilen und Zusammenlegung von Ländern gedacht sei, antwortete der Reichskanzler, es gäbe jetzt vordringlichere Probleme zn löse», »ad es werde Nr. 5Z7 Sette 2 Mo nkag.1L NoMM-rlN?' - ^Äre»-«er Aochrlchkeü* l« übrige« nicht» unternommen «erbe«, ohne daß bi« Lil«, der ei« Wort «ttspreche«. Ein Vertreter aus dem Chemnitzer Gebiet wies daraus hin, daß die dortige Textil Industrie durch wilde Streiks und den Terror der kommunistischen GewerkschastS- opposttion verhindert worden sei, die Lvvsiv Arbeiter neu «inzustellen, für deren Beschäftigung auf Grund der wirtschaft- ltchen vage Möglichkeit bestehe. Statt besten seien nur etwa Vlltin Einstellungen möglich gewesen. Mit Rücksicht darauf wurde der Reichskanzler gebeten, wirksame gesetzliche Hand haben zu schaffen, um diese Sabotage seine» Wirtschalis- programmS verhindern zu können. Der Reichskanzler versicherte, dast er diese Schwierigkeiten genau kenne. Wenn irgend möglich, sei er für eine wirtschastsfriebltche Ver ständigung mit beu Arbeitnehmern. Gegenüber bösem Wille« mühte« aber selbstverständlich gewiste Maßnahme« ergrisfe« «erde», «m gewaltsame Störungen des WirtschastSausbaueS »« verbinde»«. Im einzelne« müsse er der«» «««enbnng der sächsischen Regierung überlasten. Auf eine letzte Frage, wie er sich die Beseitigung des nun aus 8llü Millionen angewachsenen Defizits im MeichShauShalt denke, erwiderte der Reichskanzler, dast ei in der Beantwortung dieser Frage dem NetchSfinanzmtnister nicht vorgreisen könne. Empfang un- Begrüßung im Rathaus Vom Landtagögebäubc aus begab sich der Reichskanzler mit Staatöminister Richter zum Rathaus, um den städtischen Körperschaften seinen Besuch abzustatten. Lie Herren wurden am Fcsteingang des Rathauses von Ober bürgermeister Dr. Külz und Stadtdirektor Dr. M o nie empfangen und in die oberen Festräume geleitet, wo sie der Vorstand der Stadtverordneten und die Mitglieder des Rales erwarteten. Nach deren Vorstellung hielt Vberbüroermrltter Dr. Külz im Schwarzen Zimmer folgende Ansprache an den Reiche- kanzlcr: Hochzuverehrenber Herr Reichskanzler! Im Namen der städtischen Körperschaften danke ich ehrerbietigst für den Be such, den unserem Rathaus abzustatten Sie die Güte haben. ES ist eine Ehre und Freude, deu Reichskanzler des Deut schen Reiches bei unö begrüben zu können. Mir dürfen in diesem Besuche ein Bekenntnis zu der N o t g e m c i n s ch a st erblicken, zu der schicksalhaft die Träger des deutschen Ge meinschaftslebens: Reich, Länder und Gemeinden, zulam- mengcschlvsien sind, ein Bekenntnis, das wir unsererseits er widern möchten mit dem Bekenntnis zn dem Aukban- willen, von dem Sie, Herr Reichskanzler, und die Reichs regierung erfüllt sind. Die Klagen über die Ftnanznot der Städte im allgemeinen, und der Stadt Dresden im beson deren, sollen die kurzen Minuten dieses Besuches nicht er füllen. Diele Not ist der ReichSregierung bekannt, aber eine Bitte darf ich mir in diesem Augenblick erlauben: Die Neichsregierung trägt sich mit dem Plan einer Reichs reform, ein auch von der Seite des Reiches her mir nicht ganz unbekanntes Problem. In dem ungeheuren Um- schichtungsprozcst des Gemeinschaftslebens in Deutschland, in dem wir nnS jetzt auf politischem, wirtschaftlichem, sozialem rind kulturellem Gebiete befinden, must die Selbstverwaltung der Gemeinden ein sicheres Fundament bleiben, und ich wage den Sah, dast eine Zertrümmerung dieses Fundamentes jeden Aufbau und jede Gesundung des Ge meinschaftslebens auch in den Ländern und im Reiche un- möglich machen würde. Wir stehen dicht vor einer solchen Zertrümmerung, und deswegen darf ich als Oberbürger meister eiüsr deutsche» Ländeshauptstadt und eines groben deutschen Kultur- und WirtschastSzentrumS die Bitte äußern: Geben Sie den deutschen Städten wieder Lebens möglichkeiten, machen Sie die Selbstverwaltung aus dem Martnrium, das sie jetzt ist, wieder zu einer Stätte, wo der ungebrochen vor handene Miederausbauwillc sich auch wirklich wieder in die Aufbautat Hinsehen kann, weisen Sie in der Neichsrclorm den Gemeinden im GcsamtorganismuS des deutschen Ge meinschaftslebens wieder den Platz an. der ihnen im Inter esse deS Volksganzcn gebührt. Wir ringen und kämpfen an der finstersten Peripherie deS Gemeinschaftslebens, und da mit in der großen Lebensnahe für den einzelnen Menschen. Starke L ä h m u n q S c r s ch c i n n n g e n erschweren uns dieses Ringen und Schassen, aber stärker sind das D e n n och unseres SelbstcrhaltungSwillcnS und der Glaube an die deutsche Zukunft und an die Mission, die auch in der Zukunft die deutschen Städte zu erfüllen haben. Wir sollen in der Zeit der Not diecFahnen nicht sinken lassen. Aus der Fahne deS ältesten deutschen Regiments, des 8. vstpreustischen, steht der Satz: Kein Unglück ewig! Möchte dieses Wort sich auch in unserem Selbsterhaltungs- kamps bewahrheiten. Mit dem herzlichen und aufrichtigen Wunsche, dast cs Ihnen, Herr Reichskanzler, unö und dem deutschen Volke vergönnt sein möge, recht bald wieder ein Deutsches Reich zu sehen, in dem auch die deutschen Städte wieder die vor nehmsten Pflcgstätten der geistigen, sittlichen, körperlichen und wirtschaftlichen Wohlfahrt sind, grübe ich, im Namen der sächsischen Landeshauptstadt, den Reichskanzler des Deutschen Reiches. Der Reichskanzler führte daraus folgendes aus: Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, Herr Ober bürgermeister, für die zu Herzen gehenden Worte, die Lie eben die Güte hatten, an mich zu richte». Ich habe dem Herrn Ministerpräsidenten vor wenigen Minuten zum Aus druck gebracht, dast mein Besuch und der Besuch der Reichs regierung in Ihrer wunderbaren Landeshauptstadt snmbol- hast sein soll sür die tiefernste Ueberzcugung des Reiches, daß wir nur in einem föderalistischen Zusammenwirken von Reich, Ländern und Gemeinde» die unendliche Not dieser Zeit meistern werden. Sie wissen, meine Herren, dast ich ein überzeugter Interpret des föderalistischen Gedankens bin, und dast ich tief innerlich davon durchdrungen bin, dast die kulturellen und staatlichen grundgcwachsenen Eigenwerte der Länder als erste und wichtigste Faktoren an der Erneuerung unseres ganzen Gemeinschaftslebens mitbaucn müssen. Sie, Herr Oberbürgermeister, als Chef einer so grosten Gemeindeverwaltung einer der glänzendsten Städte, die dem Deutschen Reiche so unendlich viel an Kunst- und Ge meinst n n geschenkt hat, haben an mich die Bitte gerichtet, nicht der Selbstverwaltung zu vergessen. Gcwist nicht! Wir sind in Deutschland grob geworden, Herr Oberbürger meister, als cs noch eine wahre Selbstverwaltung gab. Tas war die erste und wahre Demokratie, die wir in Deutschland hatten, längst vor jener, die Rousseau erfunden hat. Mein ernster Wunsch ist, baß es zu dieser Selbstver waltung wieder kommen möge. Wenn wir heute sür eine Erneuerung der Atmosphäre aus dem Gebiete des Parlamentarismus kämpfen, so richtet sich dieser Kampf nicht etwa gegen naturgegebene Rechte des Volkes an der Negierung in Reich, Ländern und Gemein den teilzunehmen, sondern das Volk soll vielmehr gerade dazu herangc»ogeu werden. Aber dieser:
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