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4 Tafel 6 a stellt die baulichen Einzelheiten dar und zwar Fig. 3 die Ecke einer der Langseiten des Tempels, links davon Fig. 1 das Gebälk des Pronaos und Opisthodoms in gleichem Maassstabe und gleicher Höhenlage. Die kräftige Gliederung und edlen Maassverhält nisse, welche diesen Tempel zu einem der schönsten unter allen uns erhaltenen dorischen Monumenten machen, kommen in dem Gesamt bilde der Ostfront Taf. 60 zur Geltung. Obwohl in der Mitte des fünften Jahrhunderts und nur etwa 10 — 20 Jahre früher als der Parthenon entstanden, steht die Architektur des Zeustempels der älteren Bauweise näher als den nach schlankeren Verhältnissen und feinerer Gliederung strebenden athenischen Monumenten. Von besonders schöner Bildung ist das Capitell mit der straffen elastischen Curve seines Echinus; es hält etwa die Mitte zwischen dem durch seinen hohen Echinus auffallenden Kapitell des Tempels von Aegina und dem des sogen. Theseus-Tempels in Athen. Zu weiteren Ver gleichen geben Gebälk und Säulenhöhe Anlass. Jenes beträgt, nahezu übereinstimmend mit den Verhältnissen am Tempel zu Aegina, beinahe 2 /s der Säulenhöhe, während dieses Verhältniss sich beim Parthenon auf ca. 2:6 1 / i , beim Tempel zu Nemea etwa auf 2:8 1 / 3 beziffert. Die Säulenhöhe ferner beträgt etwa 4 1 / 2 unteren Durchmesser, beim Theseustempel und Parthenon 5 1 / 2 Durch messer. Das Material des Tempels ist der einheimische grobe Muschel kalk, dessen rauhe Oberfläche sich indessen vortrefflich für Ver putz eignet. Hur für die Bildwerke und zwar für die Giebel figuren sowohl wie die Metopen ist parischer Marmor verwendet. Die Metopen bilden jedoch nur verhältnissmässig schwache Marmor tafeln, welche in Falze an den Seiten der Triglyphenblöcke ein- greifen. Aus Marmor ist ferner die Eindeckung des Tempeldaches hergestellt. Sie besteht aus ebenen Flachziegeln mit seitlich auf gebogenen Bändern, deren Fugen von sattelförmigen Kalypteren überdeckt werden. Die Simen bilden in ihrer unteren Hälfte einen geraden Band, der obere Theil ist kräftig ausgebaucht und schliesst mit einem Eundstab ab. Sämtliche Ornamente waren nur gemalt, weiss auf blauem Grunde, und konnten nach den erhaltenen Besten mit ziemlicher Sicherheit ergänzt werden. Der obere Bundstab zeigt eine Heftschnur, hierauf folgt, tlieilweise auf den unteren geraden Theil übergreifend ein Anthemienschema, am unteren Bande ein Mäander. Streng und edel stilisirte Löw T enmasken bilden die Wasserspeier. Da die Simen jedesmal die Länge zweier Ziegel bahnen haben, so sind die hinter den Löwenköpfen liegenden Kalyptere nicht bis zur Sima herabgeführt, sondern greifen auf etwas weiter zurückliegende sattelförmige Widerhalter auf. Es kann mithin das in zwei Bahnen sich ansammelnde Begenwasser, indem es um jenen Widerhalter herumfliesst, durch den gerade in der Mitte liegenden Wasserspeier abgeführt werden. Beste von Bemalung, welche Anhalt für eine Ergänzung boten, enthielt auch das die Hängeplatte krönende Kymation. Sein Orna ment bildete die bekannte dorische Blattwelle. Dieses Kymation ist übrigens nur an den Langseiten und auf den beiden ansteigen den Giebelgeisa vorhanden, nicht aber auf der die Basis des Giebelfeldes bildenden Hängeplatte. Fig. 2 gibt die Unteransicht des Geison mit seinen Tropfen platten nebst dem Profil des Triglyphon; Fig. 7 den Grundriss der Kapitelle der äusseren Säulen; Fig. 5 u. 6 Profil der Anten und Säulen des Pronaos in grösserem Maassstabe wieder. Von den Hallen beider Schmalfronten betrat man im Osten den Pronaos, die Vorhalle der Cella, im Westen die Hinterhalle oder den Opisthodom, der mit der Cella keinerlei Verbindung hatte. Pronaos und Opisthodom waren durch je 2 Säulen zwischen Anten geöffnet. Ueber diesem Stützensystem befand sich ein Gebälk, das Fig. 4, Tafel 6 a wiedergiebt. Das Gebälk schliesst mit einem aus einer Platte und Kymation bestehenden Gliede ab, dessen Oberkante das Auflager für die Deckenbalken bezeichnet. Sein Triglyphenfries zeigte je 6 mit Beliefs geschmückte Metopen. Die Beliefs stell ten die 12 Thaten des Herakles dar und sind augenscheinlich von denselben Künstlern gefertigt, welche die Giebelsculpturen schufen. Pausanias nennt als den Urheber des Ostgiebels Paionios, als den Künstler des Westgiebels Alkamenes, obwohl die auf gefundenen Bildwerke wenig der Vorstellung entsprechen, die man sich von der Kunstweise beider, als jüngeren Zeitgenossen und Schülern des Pheidias, gemacht hat. — Die Bildwerke des Ostgiebels stellen dar die Vorbereitungen zum Wettkampfe zwischen Oinomaos, dem Könige des Olympia benachbarten Pisa und Pe- lops, dem Freier seiner Tochter Hippodameia. Die Mitte nimmt die imposante Figur des Zeus ein, links davon (vom Beschauer) Pelops, ihm zur Seite Hippodameia; es folgen ein knieender Jüngling, hinter diesem des Pelops Gespann mit seinem Bosse lenker, in der Giebelecke eine knieende Frauengestalt und der Flussgott Alpheios. Bechts von der Mittelfigur steht auf den Speer gestützt Oinomaos, neben ihm seine Gattin Sterope und dann, in einer der Gegenseite entsprechenden Folge, Nebenfiguren, im äusser- sten Winkel der gelagerte Kladeos, die Personification des Berg wassers, das sich bei Olympia in den Alpheios ergiesst. Ist statuarische Buhe der Grundzug in der Composition dieses Giebelfeldes, so herrscht die leidenschaftlichste Bewegung und Ver schlingung der Gruppen im Westgiebel, der einen in der griechischen Plastik beliebten Vorwurf, den Streit der Lapithen mit den Frauen raubenden Kentauren darstellt. Den Buhepunkt bildet auch hier eine Götterfigur in der Mitte, und gelagerte Eckfiguren in den Winkeln des Giebels. Ein später hinzugefügter Schmuck sind die von Mummius nach Beendigung des Achäischen Krieges ge weihten vergoldeten Schilde; diese wurden an den Metopen ange bracht, woselbst ihre Umrisse an der besseren Erhaltung des Putzes kenntlich und messbar geblieben sind. Das Innere des Tempels. Der Fussboden des Pronaos enthält ein im Grundrisse auf unsrer Tafel nur in Umrissen ange deutetes Mosaik aus vielfarbigen, in Mörtel gebetteten Flusskieseln, das als das älteste, noch aus griechischer Zeit stammende Beispiel seiner Art zu betrachten ist. Die Mittelfelder enthielten figürliche Darstellungen, von denen die eine, ein Triton mit dem Erosknaben, noch leidlich erhalten ist, hierauf folgte ein Anthemienfries und als Einfassung des Ganzen ein breiter Mäander. Im nördlichen Theile des Pronaos hat ein älteres Bathron für ein Weihegeschenk die Fortführung des Mosaiks gehindert. Eine über 4 3 / 4 m breite Thür führte in das Innere der Cella. Der 8,35 m breite und 27,84 m lange Baum ist durch eine doppelte Stützenstellung in drei Schiffe getheilt (vergl. S. 12). Nur wenige Stümpfe von den inneren Säulen sind noch vorhanden; zur Zeit der französischen Expedition von 1829 waren jedoch Beste der oberen Säulenstellung gefunden worden. Zwei Treppen, deren Schwellen noch erhalten sind, führten zu Gallerien*) über den Seitenschiffen und weiter in den Dachboden. *) Die Existenz derartiger Gallerien, von denen aus das Zeusbild zu beschauen war, ist durch Pausanias ausdrücklich überliefert.