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46 Der Kanonikus von Wyssehrad. >142 auf den Mauern und der Fischer nnd Armen, welche bei Nacht arbeiten, daß sie aus ihrer Kirche Flammen hätten aufsteigen sehen, welche sich bis zum Himmel erhoben. Auf diese Nachricht besuchten sie, vom heiligen Geiste erleuchtet, ihr Kloster, besahen die Kirche und die Altäre und suchten insbesondere weinenden Auges die Reliquien ihrer Patronin, der heiligen Ludmila, ließen auch den Steinhauer und Mauerer Wernher unter den Stein- und Holztrümmern danach forschen. Und sieh, wie es Gottes Wille war, fand Wernher den Sarg wohl erhalten und vom Feuer verschont auf, eilte hocherfreut zu den Frauen und brachte ihnen die frohe Botschaft, für diese Freude um eine Belohnung bittend. O großer Gott, wunderbar in deinen Heiligen, gesegnet - in deinen Werken! Mit welchem Jubel hast du deine Dienerinnen zu erfüllen dich gewürdigt, mit welchem Tröste der Heimsuchung überschüttet, mit welch' großer Freude über deine Gegenwart be glückt! Sie fallen Gott dankend aus die Kniee, befeuchten den Boden mit ihren Thränen und lausen, alle Traurigkeit ver gessend, um den Sarg zu erheben. Aber wie versteinert hielten sie mit ihrem Wagniß inne und schickten zn dem Priester Pudo, mit dessen Rath und Beihilfe sie den Sarg fortzutragen ver suchten. Als sie jedoch au das Stadtthor kamen, fanden sie cs verschlossen und verriegelt, den Durchgang verhindernd, und konnten es durch vieles Rütteln und mit aller Anstrengung nicht öffnen. Durch dieses Wunder erschreckt, kehrten sie zurück, woher sie ge kommen waren, und schickten zu Bischof Otto, mit der demüthigen Bitte, zu kommen und zu bestimmen, was geschehen sollte. Dieser antwortete, er getraue sich nichts zu unternehmen, ehevor er nach Rom geschickt hätte. Sie aber baten den Bischof Zdico von Mähren, ihr sehnliches Verlangen zu erfüllen, und dieser ver sprach, es zu thun, wenn ihr eigener Bischof seine Beistimmung dazu geben würde. Die Klosterfrauen gaben also ihr Vorhaben nicht auf, erhoben den Sarg nach dem Rath des Herrn Heinrich, Dekan von Prag, des Erzdiakons Peter und der klebrigen des