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1242. 205 Als daher ein Fleischer das Weib sah, welches die Kleider auf »282 der Schulter trug, wie man dies mit verkäuflichen Kleidern nach Art der Walker zu thun pflegt, ging er zu ihr hin und fragte sie, was die Kleider kosteten. Er war nämlich der Nachbar des jenigen, dessen Söhnchen ermordet war, und da er die Kleider erkannte, führte er sie an seine Bude,, indem er sagte, er wolle die Kleider kaufen und sofort bezahlen; sie aber folgte ihm. Sie kamen also an den genannten Ort, wo der Fleischer die Kleider nahm und genauer untersuchte, ob sie wirklich die des Söhnchens seines Nachbarn wären, wie er vermuthete, und nachdem er sie genau erkannt hatte, fragte er sie, wo sie dieselben her hätte. Sie aber antwortete: „Eine unbekannte Frau gab sie mir zum Verkaufen;" woraus jener: „Die Kleider sind gestohlen." Und indem er verweigerte ihr dieselben wieder zu geben, hängte er sie an einer Stange in seiner Bude auf und hielt das Weib durch längeres Reden so lange hin, bis die Sache dem, welchen sie anging, mitgctheilt werden konnte. Als aber das Weib be reits hitziger die Rückgabe der Kleider verlangte, erschienen Diener, welche den Knaben suchten, und da sie die Kleider erkannten, nahmen sie das Weib fest und brachten es sammt den Kleidern dem Vater des ermordeten Knaben. Nachdem sich der Vater von der Wahrheit überzeugt hatte, stellte er sie dem Richter vor und dieser verurtheilte sie zum Galgen. Ein anderes Weib hatte, nachdem man ihren Mann und ihre ganze Familie begraben hatte, noch eine einzige am Leben gebliebene Tochter. Beide führten ein erbärmliches Leben, indem sie ihre Nahrung erbettelten und schon halb todt waren, weil viele Arme, wenn sie auch den ganzen Tag von Thüre zu Thüre bettelten, ich will nicht sagen ein größeres oder kleineres Stück chen Brod, ja kaum Brosamen erlangen konnten, um ihr elendes Leben zu fristen. O daß sie die Schoten gehabt hätten, mit welchen man die Schweine füttert! Eines Tages kam die Mutter, nachdem sie sich vergeblich um ein Almosen bemüht hatte, beim