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Nr.L49 Dtenstav, 22. November 1932 - Killers Antwort an -en ReichsprMenlev Klärung von Borlragen notwendig '' Polens erster Angrist auf Danzigs Wwrmg lohn), durch Postbezua S.io Ml. elnlchUißUch 0« Psg. Postarbühr lohn» Vogtuftellun««aebal)r) bel 1 mal n>0chenMch«m verland, lklnjelnummer ra Psg., außerhalb Sachlen« l» Big. Anjelgenprelse: rie einlpaltlge oo mm breite Zeile Sb Psg., lür autwärt« «0 Big., die sa mm breiie «ekiameieile roo Psg., außerhalb osa Pfg. abz. Kriienablchiag lt. rar», gamttlenan,eigen und Siellengeluche ohne Siabalt 1ü außerhalb s» Psg. vssertengebllhr so Psg. «nSwlirtige «ustrige gegen Boraulbejahlun^ voll- Die nur Par- Fernlprecher-Sammelnummer! SS »St Viur Mr Nachtgewräche: Rr. »00l» Schriltleltung u. HouptgelchSltSlteNe! LreSdrn.ßl. l, Marienstraße S«/aS Dresden. Postscheck-Kto. l06S Dresden Nachdruck nur mlt deutl-Ouellenangabe «Dresdn. vachr.) «ulltlltg. Unverlangte Schaustücke werden nicht aulbewahrt M LU tt-! M -.L Einführung -er 8lo!y-MIungen auf -en Danziger Eifenbahnen Danzig, 21. Nov. von polnischer Seite wird nnnmehr amtlich die Einrichtung der Wechsel lassen ln Danzig ab 1. Dezember verkünde«. Während ln Gens bi« vorberei, tätigen sür die Entscheidung ans Zulässigkeit der polnischen Handlungen noch im Gange sind, führt Polen zielbewußt schrittweise die Vorbereitung zur Einführung der Zloty, Währung bei den Danziger Eisenbahnen durch. Aus die Brüskierung des hohen Kommissars des Völkerbundes in Danzig durch die Art der Ablehnung seiner Vermittlung solgt also die Brüskierung des Völkerbundes. Kons wird sich nun entscheiden müssen, ob es sich dies« Schädi gung seines Ansehens gefallen lassen will. W Antrittsbesuche -eutschor Diplomaten Berlin, lü. Nov. Der deutsche Botschafter in Nom v. Hassell ist heute vom König znr Uebergabe seines Be glaubigungsschreibens empfangen worden. — In Paris hat heute der deutsche Botschafter Küster dem französischen Präsidenten sein Beglaubigungsschreiben überreicht. Rom SinsuhttiMwerunoen ln Srankretch Paris, 21. November. Das französische LandwtrtschastS- Ministerium hat mit sofortiger Wirkung die Einfuhrzölle für ausländisches Holz erhöht. Gegenüber den Einfuhrzöllen, die Anfang d. I. erhoben wurden, sehen die neuen Zölle ein« vier- bis fllufsache Erhöhung vor. Gleichzeitig ver- ösfentlicht die Negierung einen GcsctzeSerlaß, nach dem die Kaffee.Einfuhr kontingentiert wird. vorlluor SvdrUtloltuug daß die pessimistische Einstellung gegenüber diesem Ablauf der innerpolitischen Dinge nach wie vor als vorherrschend bezeichnet werden kann. Zn den Kreisen, die dieser Auffassung sind, glaubt man die Lage dahin beurteilen zu müssen, das, cS sich setzt im wesent lichen zwischen NeichSprästdentenpalaiS und NSDAP, nur noch um die Klärung der Schuldsrage handele, bah also die beteiligten Gruppen ihre Taktik jetzt darauf einrichten, jeweils dem andern Verhandlungspartner vor der Oesfcnt- lichkcit die Schuld am Scheitern der Bemühungen um eine nationale Konzentration zuzuschicben. Dagegen ist man in den Kreisen, die trotz allem die Hossnung auf eine Eini gung nicht anfgcgcben haben, der Ausfassung, dast die Rück fragen Hitlers an den Reichspräsidenten im wesentlichen dazu bestimmt seien, dem Führer der NSDAP. Zeit zu ver schaffen, zumal lebhafte Bestrebungen im Gange seien, die jetzigen inncrpolitischcn Entscheidungen auf ein Gleis zu drängen» ans dem die Entwickelung weitergchcn könne, ohne dast die NSDAP, in der unbedingten Opposition bleibe. Diese Bestrebungen sind auf verschiedene Momente zurückzu führen. Einmal ist daraus zu verweisen, dast Hitler mit zahlreichen in der Wirtschaft führenden Persönlichkeiten am Montag Besprechungen gehabt hat. Hcrvorgctreten sind dabei insbesondere der frühere NeichSbankprästdcnt Dr. Schacht und der Generaldirektor der Hapag, Dr. Cuno. Die Wirtschaft legt lehr grasten Wert darauf, dast dieser neue Anlauf, eine gewisse Klärung der innerpolitischen Verhältnisse hcrbeizusühren. nicht abermals «rsolgloS verläuft. Dabei spielt hauptsächlich der Gesichtspunkt eine Rolle, dast das Wirtschaftsleben nur dann eine Erholung erfahren könnte, wenn einer der wesentlichsten Bcunruhignnqsfak- torcn, nämlich die nationalsozialistische Opposition gegen die NeichSrcgierung, auSgcschaltet würde. Zn gleicher Linie lanfen die sehr ernsthaften und mit grostcm Nachdruck betriebenen Bemühungen, die Harz burger Front ungeachtet des vergangenen Haders wieder zusammcnznsttgcn. Zn dieser Richtung sind zahl reiche Schritte beim Führer der Dcntschnationalen, Geheim rat Hilgenberg, erfolgt, der sich diesen Bestrebungen nicht verschliesst, zumal er ans dem Standpunkt steht, dast bei der HcranSarbeitung eines besonderen, auf wirtschastlichein Ge biet gemässtgtcn Programms einem Zusammengehen mit den Nationalsozialisten nichts lm Wege stände. Aus deutsch nationalen Kreisen wird neuerdings darauf verwiesen, dast Gchelmrat Hugcnbera sich nach wie vor zu dem Gedanken non Harzbur g, allo der Frontbildung zwischen National sozialisten, Deutschnationalen, Stahlhelm und anderen natio nalen bürgerlichen Gruppen, bekenne. Was die Deutsche Volkspartei angeht, so stört man, dast sie bereit sei. an einer MehrhcitS- oder MinderhcitSrcgierung Hitlers mit- zunstrkcn. falls man sich auf ein NegicrnugSprogramm einigen könne. Das Zentrum, das die Forderung nach Aufrechterhaltung des Dualismus zwischen Prenstcn und dem Reich gestellt hat, scheint in den letzten Stunden doch sehr nachdenklich geworden zu sein. Gerade die neuen und sehr ernsthaften Bemühungen um die Harzburgcr Front haben die Herren um KaaS lebhaft beunruhigt, und so heisst es, dast sie schon jetzt bereit seien, ihre Forderung aus Wie derherstellung der alten Verhältnisse in Preusten fallen zu lassen, um nur an der neuen Kombination beteiligt zu sein. In ZentrnmSkreiscn ist man sich dessen bewusst, dast die Harzburger Front, käme sie wieder zustande, den Zcntrumöeinslust aus die Dauer völlig auSzu schalt en in der Lage sein würde. ES herrscht in politischen Kreisen kein Zweifel, dast nach Wiederherstellung der Harzburgcr Ftont Hindenburg ohne grobe Vorbehalte bereit sein würde, die Verantwortung für eine Präsidtalregiernng in die Hände Adolf Hitlers zu legen. So rechtfertigt dieser ereignisreiche Montag nicht unter allen Umständen die pessimistischen Auf fassungen, di« um die Mittags, und NachmittagSzett vorherrschend waren. ES ist nicht ausgeschlossen, dast die Entwicklung einen verlaus nimmt, der alle wahrhaft nationalen Kreise und Gruppen zusrledenstellen könnte. Parlaments uns Wahlreform Die meisten deutschen Ländcrparlamente und der Reichs tag sind seit Zähren nahezu arbeitsunfähig. Sie sind vor allem nicht imstande, ihrer verfassungSmässtgen Ausgabe nachzukommen, aus eigener Kraft vom Vertrauen der Mehrheit getragene Negierungen zu schaffen und die gesetz geberischen Arbeiten zu erledigen. Der Reichspräsident räumt gegenwärtig den Parteien des Reichstages eine letzte Chance ein, eine tragsähigc Mehrheit für eine ncu- zubildende NeichSrcgierung zu schassen. Ob der Versuch ge lingen wird, können selbst beim Zustandekommen des neuen Kabinetts erst die nächsten Monate der praktischen Zu sammenarbeit mit dem Reichstag lehren. Bis jetzt haben die Parteien bewiesen, dast sic die ParlamentSmaschtncrie nur in solchen Zeiten einigermastcn ansrcchterstalten konnten, in denen Reich und Länder über genügend Mittel verfügten, um den zahlreichen Agitationsanträgen einigermastcn ge recht zu werden. Bezeichnenderweise begann die Krise des Parlaments mit der wirtschaftlichen Krise. ES zeigte sich, dast die Parlamentsmehrhclten stets dazu neigten, dem Volke zwar das zu geben, was es gerne wollte, nicht aber das, was es benötigte. Die meisten Parteien trieben stets lieber Agitationspolitik an Stelle der Staats politik. Zn ihren Entschlüssen wurden sie weniger von dem Wohle der Allgemeinheit geleitet, als von den kurzsichtigen TageSbcdttrsnissen bestimmter Wählerschichtcn, deren Stim men cs für die nächsten Wahlen zu sangen oder zu erhalten galt. An Stelle des Gemeinnutzes trat das Wohl von Znteressentengr uppen, die es verstanden, auf Parteien Einflust zu gewinnen, oder sich gar des Partei apparates zu bemächtigen. So wurde das Parlament aus einer Stätte sachlicher Arbeit znm Tummelplatz wüstester Parteileidenschastcn. Die Tätigkeit Ser Fraktionen wurde vielfach nur die Fortsetzung des Wahlkampfes mit anderen Mitteln. Kein Wunder, dast das Ansehen dieses entarteten Parlamentarismus aus ein Minimum sank. Zm Reiche sowohl wie in den Ländern führte das Ver sagen der Parlamente zu ihrer weitestgehenden Aus schaltung. Schon 102-1 während der Stabilisierung der Mark und des NenausbaueS der StaatSsinanzcn schaltete sich der Reichstag in dem Gefühl, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein, durch Ermächtigungsgesetz an die Regierung selbst aus. Das bedeutete nichts anderes als das Eingeständnis der MehrhcitSpartcicn, unpopuläre, aber staatsnotwendige Be schlüsse nfcht fassen zu können. Unter der Kanzlerschaft Brü nings verzichtete das Parlament, der Not gehorchend, cnds auf jeden tiefergehenden politische» Einflnst. Methode der Notverordnungen unter Brüning war möglich, weil eine um ihre eigene Existenz besorgte lamcntsmchrhelt zwar nicht den Mut fand, die Ncgicrungs- mastnahmcn abzulchncn, sich aber auch nicht mit ihnen be lasten wollte. Zn den Ländern änsterte sich die Krise der Parlamente vor allem darin, dast die meisten Negierungen zwar durch negative Mehrheiten gestürzt wurden, die Frak tionen sedoch nicht in der Lage waren, sich zu positiven Mehrheiten für eine Neubildung der Negierung znsammen- znfinden. So erlangten die meisten gcschästSstthrcnden Länderrcgierunaen eine Machtvollkommenheit, die cs ihnen gestattete, die Funktionen der arbeitsunfähig gewordenen Parlamente weitestgehend zu übernehmen. Bis herunter zu den Gcmeindekollegien, bereu Beschlüsse zum grössten Teil von der Genehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörden ab hängen, hat sich in Deutschland als Ergebnis dreizehnjähri ger schrankenloser Demokratie die parlamentarische Maschi nerie selbst fast völlig totgclanfen. Auch die schroffen Gegner des überspitzten Parlamenta rismus sind sich darin einig, dast dieser Zustand aus die Dauer nicht haltbar ist. Zwischen schrankenloser Parlaments wirtschaft und völliger Ausschaltung der Volksvertretung must ein gesunder Mittelweg gesunden werden, der es gestattet, den gewählten Repräsentanten des VolkS- wtllenS ihren natürlichen AusgabcnkreiS innerhalb eines organischen Staatsaufbaues wieder znrückzugcbcn. ES hat sich wohl hinreichend erwiesen, das; allein mit Wahlen diese Aufgabe nicht zu lösen ist. Vielmehr herrscht gegenwärtig in allen Parteilagern bis wett in die Kreise der bürger lichen Linken hinein die Auffassung, dast dazu sowohl Ne- formen des Wahlvorganges selbst wie des var- lamelltartschen Betriebes nötig sind. Entscheidend bleibt allerdings daneben die Frage, ob die NeichSrcgierung im Wege einer BersassungSreform, durch Stärkung der Macht des Reichspräsidenten, mehr, als es durch die bis herige Entwicklung bereits geschehen ist, von parlamenta rischen Mehrheiten losgelöst werden soll. Dem Parlament würbe dann im wesentlichen die gesetzgebende Tätig- k«tt und bi« Kontrolle der NegtcrungSmastnahmen, namentlich der Ausgaben- und Clnuahmenwirtschaft, ob liegen. Wobei es sich noch fragt, ob das Parlament sich in di« gesetzgebende Tätigkeit mit einer neuzubildenden Ersten Kammer teilen soll. Daneben bleiben aber die Probleme der Parlaments reform selbst besonders vordringlich. Bor allem besteht die Frage: Wie kann das Parlament sein Ansehen durch ge eignete Maßnahmen wieder heben und sich von der reine« vradtruolckuo« uuoorer Berlin, 21. November. Adolf Hitler hat den ge samten Montagnachmittag bis nach 7 Uhr abends mit seinen Unterstthrern im Berliner Hotel Kaiserhos Beratungen über die Antwort gepflogen, die er dem Reichspräsidenten aus dessen Ersuchen zuscndcn wollte. Die Antwort selbst war gegen 7 Uhr abends scrtiggcstcllt und bekam ihre juristische und staatsrechtliche Ucbcrarbcitung durch den bekannten Rechtsanwalt Dr. Lütgcbrune, der sich in Hitlers stän diger Begleitung befindet. Kurz vor 8 Uhr verliest NeichS- tagSpräsident Göring mit dem Brief den Kaiscrhof und begab sich zum Staatssekretär des Reichspräsidenten, Dr. Meißner, um ihm das Antwortschreiben zu übergeben. Der Bries ist ziemlich umfangreich «nb an de« Staats sekretär Dr. Meißner gerichtet mit dem Hinweis, dast mit der näheren Aufklärung der noch osseiiilchenden Fragen nicht der Reichspräsident persönlich besaßt zn werden brauche. NationalsozlalistilcherseitS wurde iaraushin folgende Verlautbarung anSaegebcn: „Nach eingehenden Aussprachen mit führenden Männern der nationalsozialistischen Bewegung und des sonstigen djsentlichen Lebens wurde heute abend 20 Uhr die Antwort Mols Hitlers in Form eines Briefes an den Herrn StaatS- selretär Dr. Mcistncr überreicht. Der Bries enthält eine Reihe von Fragen, die voraussichtlich im Laufe des morgigen Lage? geklärt werden." Surz darauf wurde von der Presscabtetlung der R e i ch S- regierung folgende amtliche Mitteilung verbreitet: „Der Führer der Nationalsozialistischen Deutschen Ar beiterpartei, Adolf Hitler, hat an den Staatssekretär Dr. Meißner ein Schreiben gerichtet, in welchem einige Rück fragen gestellt werden, deren Beantwortung im Laufe des morgigen TageS erfolgen wird." In politischen Kreisen hatte nun ein Rätselraten ein gesetzt, wie das Antwortschreiben Hitlers politisch zu bewerten fei. Ausgangspunkt und Ursache dieses Schreibens sind die Bedingungen, aus deren Grundlage der Reichspräsi dent am Montagvormtttag Adolf Hitler den Auftrag zu einer sondierenden Programmgestaltung und Kabinetts bildung auf der Basis einer parlamentarischen Mehrheit erteilt hat. Der Reichspräsident gab bekanntlich Hitler am Montagvormittag bei dellen letztem Besuch eine schriftliche Ausarbeitung mit, in der die Wünsche und Absichten des Reichspräsidenten formuliert sind. Zm wesentlichen handelt es sich dabei um folgende Punkte: 1. Ansstcllnng eines geschloffenen Wirtschafts programms. L. Weitersörberung der Reichsreform unter Aistrechterhaltung der Bestrebungen auf Beseitigung deS Dnaliemuö zwilchen Reich und Preuße». S. Wehr, und Außenministerium in neu» traler Hand. Der Reichspräsident legt Wert aus diese Bedingungen, weil er oberster Kriegsherr ist und daö Reich »Slkerrcchtlich vertritt und alle außenpolitischen Verträge »ou Ihm unterzeichnet werden müllen. t. Kein AuSführ nngSgeseß zu Artikel <8 ter Ncichöversassung, das die Präsidialbesugnlsse beschränkt. Soweit nun etwas über Hitlers Antivort durch gesickert ist, ist daraus zu cntuchmcn, taß der Führer der NSDAP, grundsätzlich den ihm »om Reichspräsidenten gewordenen Austrag nicht ablehnt. Er gibt in seinem Schreiben allerdings dem Wunsche Aus druck, dast noch einige Fragen geklärt werden mttstten. llimual möchte er wissen, wie der Reichspräsident sich die Herstellung einer parlamentarischen Mehrheit unter den obwaltenden Verhältnissen denkt, zum andern richtet er an Hindenburg die Frage, ob auch eine Regierung Hitler darauf rechnen könne, daß der Reichspräsident ihr mit den Befugnissen des Art. 48, also mit dem Notverordnungs- «iht. zur Seite stehen wird. Bei der Beantwortung der Frage, welche politischen Schlüsse ans dem Briefwechsel gezogen werben können, wäre nach der einen Seite hin zu bemerken.