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Oer ungekrönte König von Deauville Nicolaus Xograpkos, äer tlerrscker 6es Kacearat Der Tod Sir Basil Za har off, lenkt nebenbei auch di« Blicke der Welt wieder einmal nach Deauville, wo der letzt« König des Baccarat thront, Nicolaus Zographos, Auch Zaharosf stand ja mit einem Großbetrieb der Glücksgöttin Fortuna in engem Zusammenhänge: er war eine Zeitlang an der Spielbank von Monte Larlo maßgebend beteiligt. Seit seinem Tode nun ist nur noch einer jener „Großen" des Glücksspiels llbriggeblie« den: Nicolaus Zographos, der Herrscher der Spielbank in Deauville. Zographos würde es niemand ansehen, was hinter ihm steckt, wenn man ihn nicht kennt. Ein unscheinbarer kleiner Herr. Aber wie Zaharosf ist er von Geheimnis umwittert. Dabei ist er an sich nicht einmal unsympathisch, nicht ein Mann, der, wie man so sagt, über Leichen geht. Durchaus nicht. Ihm ist das Spiel eine Kunst. Er hat sich eine eigene Philosophie zurecht« gemacht, deren Angelpunkt der Glaube ist, daß es Glück oder Unglück im Spiel nicht gebe, daß alle» nach durchaus festliegen den Gesehen vor sich gehe. Trotzdem aber gehört er nicht etwa zu jenen Phantasten, dt« «in „System" suchen, das Ihnen un bedingt Spielgewinn zuführen soll. Zographos glaubt an das Gesetz de» Spiels, ist aber zugleich davon überzeugt, daß dies Gesetz unerforschlich und unauffindbar sei. Er kam von ganz unten. In Griechenland, seiner Heimat, hütete er al» Kind Schafe. Dann wurde er Pikkolo in Phaleron — /Vuck Kartenspielen ist Kunst bei Athen. Das Lokal, dem er diente, war berüchtigt. Aber gerade dieser Umstand war es, dem der klein« Pikkolo seinen Ausstieg verdankte. Er hatte di« Gäste vor Gefahren zu warnen, er mußte auspassen, und aus kleinste Anzeichen achtgeben. So schärfte sich seine Menschenkenntnis. Nebenbei entwickelte sich in ihm schon früh eine Leidenschaft für das Kartenspiel, wobei es ihm zunächst nicht einmal um Ge winn ging, sondern um die Freude an seiner Geschicklichkeit. Seine Eignung zum Kartenspiel war über Erwarten groß, so daß er bald aussiel. Dann aber weiß man nichts me.hr von ihm. Viele Jahre später, 1920, erst tauchte er wieder auf. Da aber schon recht groß: er kam mit einem Riesenvermügen.nach Deau ville und suchte und fand dort sein Spielerglück. Man nannte ihn bald mit einer gewissen Scheu den besten Baccaratspieler der Welt. Seit Jahre» gilt Zographos etwas in der „großen Weit". Seine vier Neffen leiten, verwalten und repräsentieren in Deau ville die Spielbank, er selbst ist stets mehrere Monate der Jahres in London bei seinem Freunde aus der besten englischen Gesellschaft. Dort kommt niemand auf die Idee, an seiner Her kunst oder seinem Metier Anstoß zu nehmen. Zographos gilt als zu reich, als daß er überhaupt um des Gewinnes willen spielen würde. Er ist Spieler aus Neigung, — und er will nichts anderes sein. Oer ^eirat8verinittler / Johann Feichtl lehnt« an einem Baume und schaute zu, wie seine Herde sich gütlich tat. Dt« Kühe blieben ruhig aus ihrem Platze und fraßen gewissenhaft link» und rechts ab, was sie erreichen konnten; sie bewegten sich nur, wenn die Arbeit getan war, und traten dann ruhig einen halben Schritt vor, um von neuem anzufangen. Mit den Schweinen war da» anders. Di« fuhren hin und her, rissen hier und dort etwas vom Baden weg, blieben nirgend» stehen, und wenn eines sah, daß da» ander« «inen Fund machte, stürzte «» grunzend hin und suchte «» zu vertreiben. Sie waren beständig in Unruhe, voll Neid, und nicht einmal während des Fressens konnten sie «» unter lassen, giftig herumzuschauen, ob «» nicht «in«m anderen besser ging«. Johann F«tchtl bemerkte da» alles wohl, und weil er ein Philosoph war, macht« er sich seine Gedanken darüber. Er sand, daß di« Schweine sehr ihren Brotgebern, den Gemeindebürgern von Kraglstng, glichen, und daß es nur recht wenige gäbe, di« «» so machten wie die Kühe Er kam zu dem Schlüsse, wie auch andere Gelehrt« schon lange vor ihm, daß di« Menschen, geradeso wi« dt« Tiere, selten mit dem zufrieden sind, was sie haben, und daß sie den Brocken für den besten halt««, welchen st« einem andern wegschnappen. Warum da» so ist'? Es wird wohl so sein müssen, klebri gen» beschäftigte er sich nicht lang« damit, auf die Gründe ein. zugehen. Gr liebt« da» nicht und begnügte sich nach Art der Philosophen mit der einfachen Dbtsache. Dann legte er sich der Läng« nach in» Dra», ließ sich von der Sonn« anscheinen und dachte an gar nicht» mehr. Er zog Grashalm« aus und strich sie langsam durch den Mund; dann versuchte er mit mit den Zehen Erasbüschel aus- zureißen und sie über den Kopf zu werfen, und er war eben daran, «in« groß« Fertigkeit hierin zu erlangen, als er durch einen Bauernburschen gestört wurde, den der Weg vorbeisiihrte. „'K Good, Feichtl l" Oberbaxerisclie ttumorerske von l^koma ,,'ß Good, Nazi! Wo aus und wo an?" „Ein bissel zum Wirt niibeischau'n nach Zetdlstng." „Zum Zeidlfinger Wirt am hellichten Werktag? Zu was hast nachher das Feiertagsg'wand ang'legt?" „Ja — hm! Du, paß auf, Feichtl, i muaß dir was sag'«. Magst a Zlehgarn?" „Oane net, aber zwoa." „No. da hast drei. Nachher bist aber g'wiß z'frieden." War nur der Hosbauern-Nazi von mir haben will, denkt der Feichtl. daß er gar jo freigebig ist. Den Fehler hat da» Hosbauerngeschlecht sonst nicht. Er läßt sich aber seine Gedanken nicht ankennen und verlangt ein Schnellfeuer. „A schön'» Wetta Ham ma, Nazi." „Zs net übel" „Wenn da vöder Wind herhalt, Ham ma no lang Ichö." „Ja", sagt der Nazi. „Du, Feichtl, wta viel moanst, daß an Moserbanern sei Eenz mitkriagt?" „Aha", denkt der Feichtl, „setzt hör i di gehn." Und alsvann sagt er: „Ja mei, wer ko dös wissen? Ma ka dö Leut net in Geldbeutel netschaug'n." „Geh. stell di net a so, du Feinspinner, du woaßt a» recht guat. Wenn d' ma'» g'nau sagst, geht'» mir auf an Preußen taler net z'samm." „So, auf an Taler? San drei Mark, gelt, Nazi? Zs a schön'» Geld. Zu was willst es denn so g'nau wissen?" „Ja woaßt, da Vota will übergeben nach der Arndt (Ernte), und i soll an Hof kriag'n. Die Alt'n verlanga drei- tausad March Umstandsgeld, und d'Hirwa (Herberge) Herrichten kost aa tausad March, und nacha an Bruada wegzahln, sand aa viertausad March No. da hab i -'nächst mit'n Moserbauern g'spracht; der sagt, er gibt seiner Eenzl achttausad zwoahundert March mit. Moanst, daß dö» wahr ist?" „Wo hast denn dein Preußentaler?" „I bleib dir'n nit schuld). Da hast'n." „Gelt'» Gott", laat der FeiLtl und lcki«bt den Taler «in. „So, Nazi, jetzt will i dir's g'nau sagen: Der Moserbauer hat di net ang'logen. I woaß g'wiß. daß d Eenzl siebeiUausad March Muatterguat hat, und dös andre laßt der Vater springa." „Nachher ts recht", meint der Nazi, „ast geh i glei num dazua." „Halt a wengl, jetzt muaß dar i was sag'». I woaß dir a Hochzeiterin mit neutaulad." „Wo?" sagt d«r Nazi. „Dös kimmt z ieht. Z'erscht muaß i wißen, ob » d'magst." „Za, wia wer denn i net mög'n?" „Ma woaß oft net; st« i» a bißl schiasecket g'wachsen." „San viel G'schwister da?" „Naa, aber a ledig'» Kind hat s'." „Wer'n dö neutausad March baar auszahlt?" „Ja, dö kriagst auf d'Hand." „Aft gilt's schon. Schlag ein, Feichtl!" „Nur a bißl warten, Nazi. Jetzt kimmt d'Hauptsach. Wa» kriag denn i?" „Iaso! No, dös sehg'n ma nacha scho, i laß mi net an« schaug'n." „Naa, naa, mei Liaba, so geht der Handel net. I muaß mei G'wiß Ham." „No, wia viel verlangst denn?" „Zwoahundert March." „Ah, dö» i» dennerscht z'viel! Hundertachzig mag i, aba mehr« net." Nach langem Handeln einigen sich die Zwei. Feichtl be kommt hundertneunzig Mark Schmuserlohn und muß zum Hoch- zettesien eingeladen werden. „Zs ma net Angst um dö zehn March", kalkuliert Johann Feichtl, „i moa alleweil, t nimm mei Bettziachn (Bettuch) al» B'schoadtüchel mit — No, Nazi", fährt er laut fort, „jetzt will i dir sog'n, wie sie hoaßt. Appolonia Reischl, dem Göbelbauer von Zusering sei Tochter. Wenn'» dir recht is, nachher kummst am Sunntag nach Huglfing zum Unterwirt, da mach ma nacha d'Hozet aus." „3» gut, i ktmm. Aber Feichtl, dös sag i dir: neutaußch March wann s' net hat, na reiß i di in da Mitt' ausanand. Pfllat dt Good." „Pfüat di Good, Nazi!" Der Bauernbursche entfernt« sich langsam nach Kraglstng zu. Er warf keinen Blick zurück aus das Dorf, wo di« Moser bauern Eenzl wohnte, die beinahe seine Frau aeworden wär«. Oer Oer^ von La8t1ernaine In der Nähe der Stadt Eastlemaine im australischen Staat Victoria liegt ein Berg, der ein in der Welt ohne Bei spiel dastehendes geologisches Phänomen darstellen dürste. E» Ist ein Berg, der atmet. Bis vor rund 80 Jahren wurde das Innere des Berge» ausgebeutet. Der Bergwerksschacht brannte dann jedoch nieder und die Mine wurde ausgelassen. Es blieb als Andenken an diese ehemalige Bergbautütigkeit nur noch die Mündung de» Tunnelschachtes übrig, die allerdings heute auch schon weit gehend verfallen ist Diese Oessnung des Tunnelschachtes spielt heute die Rolle eines Nasenloches, durch da» der Berg Atem holt. Im übrigen vollzieht sich diese Atmung des Beiges von Eastlemaine geologisch betrachtet aus solgende Weise: Der Berg besteht aus weichem, porösem Erdmaterial, das mit einer dicken. Basaltschicht überdeckt ist. Wird nun der Berg durch die Sommer sonne erwärmt, dann dehnt sich der Basalt aus und wirst sich. Dadurch entstehen Hohlräume, während sich gleichzeitig in dem darunterliegenden Erdreich Spalten und Risse bilden. Durch das „Nasenloch" des Berges dringt nun die Außenlust in» Innere und füllt die Riste mit Lust. Zieht sich dann der Basalt in der kalten Jahreszeit wieder zusammen, und verschwinden die Hohlränme, dann wird diese eingepumpte Lust wieder aus gestoßen. Qedanken dei kro8tk1srem Letter Plauderei am >Vockenenäe Von Usrabu. „Für kalte Tage warme Sachen?" mahnen uns die Plakate des Winterschlußverkaufs. Das nenne ich eine rechte Mahnung zur rechten Zeit. Denn zugleich mit dem Winterschlutzverkauf haben Frost und Eis und Schnee sturm bei uns Einzug gehalten — so als sollte allen Zweiflern gründlich klar gemacht werden, daß es eben trotz des Winterschlußverkaufs mit dem Winter noch keineswegs Schluß sei. Für kalte Tage warme Sachen! Das ist auch die Losung aller, die der Kälte mit äußeren und inneren Mitteln zu Leibe gehen. Nicht nur der gute Kachelofen ist hier rühmend zu nennen, nicht nur Strtckwesten, Woll sacken und selbstgestrickte Socken. Dankbar gedenken wir des Grogs, der als Abendgetränk ein vortrefflicher Grip peschutz bleibt, gedenken des warmen Korns und des Zwetschgenwassers, das mit heißem Kaffee eine so liebliche Verbindung eingehen kann. Rotwein ist auch nicht zu ver achten; Weißwein aber heißt, wenn er genügend erhitzt und gesüßt ist: „Seehund". Durch solche heilsamen Mittel gestärkt, vermögen wir zur Seite des wärmenden Ofens über den Frost nachzudenken . . . Von den Eisriesen bis zu Luzifer Wie denken Sie denn darüber? Ist die Kälte nun etwas Gutes oder etwas Schlimmes? Antworten Sie bitte nicht zu schnell! Eine solche Stellungnahme darf nickt davon abhängen, daß die Bezahlung der letzten Koylenrechnung sehr schmerzlich oder der letzte Sktsonn« tag im Erzgebirge sehr schön war. Kälte haben schon unsere Altvordern als eine der großen Grundkräfte empfunden, die das All beherrschen. Der Sonne entgegengestellt dachten sie die Eisriesen, die Söhne der ewigen Nacht. Licht und Flamme sind be lebende, Dunkel und Kälte tödliche Kräfte. Nun mag man sagen, daß diese alten Vorstellungen uns verlorengegan gen sind. Mag darauf verweisen, daß die Verkörperung des lebenverneinenden, gegen Gott sich erhebenden Teils der Schöpfung, der Teufel, im Christentum als ein Sohn der Flammen erscheint. Den Einwand können nur unpoetische Leute machen. Die andern wissen, daß die größte Dichtung aus dem Gedankenkreise des Christentums. Dantes Comedia, den Teufel nicht inmitten von Nöllenflammen zeigt, sondern — im ewigen Eise. Das Schlagen der Flügelrmare Luzi fers erregt jenen eisigen Wind, vor dessen Anhauch die tiefste Hölle wie zu Glas gefriert. Eisiger Sturmwind tobt nach Dante im tiefsten Schlunde der Hölle. Wer von uns, meine Freunde, der einmal in diesen Frosttagen in aller Frühe herausmußte aus dem warmen Bett, draußen aber vom eisigen Anhauch des steifen Osts empfanoen wurde, hat nicht gescholten: „Dieser Satanswind!" Wir stimmen da im Gefühl ganz mit Dante überein . . . Das kalte Herz Und überhaupt: Ist nicht Kälte, Erstarrung nicht nur Sinnbild des Todes, sondern auch dessen äußeres Zeichen? Wenn die Hände erkaltet, der Leib erstarrt ist, hat die Seele von ihm Abschied genommen. Erstarrung der Adern verkündet schon dem noch lebenden Körper das kommende Ende. Leven ist Bewegung, Erstarrung aber das Ende der Bewegung. Mit leisem Grauen haben wir als Kinder das Mär chen vom kalten Herzen gelesen, Hauffs sinnreiche Er- zählung von dem Schwarzwälder Burschen, der dem Teufel sein Herz verkauft und dafür einen Stein in die Brust erhalten hatte. Inzwischen haben wir ja gelernt, was jenes Märlein bedeutet. Sind gar ost den Menschen begegnet, die den Stein in der Brust hatten statt des lebendigen Herzens. Und jenen andern auch, denen das einst lebendige, warme Herz erstarrt war an der Herzens kälte der anderen ... Kaltes Blut bewahren! Das ist eine gute Mahnung, die man oft zu hören bekommt und die man wohl auch oft an andere weiter gibt. Aber es gibt Geschehnisse und Lagen, in denen nur der kaltes Blut zu bewahren ver mag, der wirklich ein kaltes Herz hat Gehen nicht solche Menschen einen geraden und sichern Weg durch das Le ben? Sie bezwingen das Leben, weil sie sich dem Gesetz des Todes unterworfen haben. Wir anderen aber, die von den Irrungen des Herzens hin und her gerissen wer den, sind ihnen hoffnungslos unterlegen ... Schale neuen Lebens „Frost im Herzen ist schlecht, aber Frost im Konpe ist auch nicht das richtige", mag nun mancher denken. Und da hat er vollkommen reckt. Die Welt als Kriegsschau platz zweier kämpfenden Mächte zu sehen — der Wärme und Kälte, des Lichtes und der Finsternis, des Lebens und des Todes — das ist gewiß eine nükliche und brauch bare Vorstellung. Wenn aber das Nachdenken zu nichts anderem gut wäre als dazu, dann wäre es zum Ver zweifeln. Hinter dem Kanins, der sich vor uns-'ren Auaen abspielt und den wir in unserem Herren fühlen, müllen wir die höhere Einheit erkennen, vor der wir uns in Ehrfurcht neigen. Schau hinaus auf die schneebedeckten Fluren? In Frost erstarrt liegt die Welt. Wie ein weißes Toten gewand hüllt des Winters Zauber die Erde ein. Und doch