Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 31.01.1937
- Erscheinungsdatum
- 1937-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-193701319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19370131
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19370131
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1937
-
Monat
1937-01
- Tag 1937-01-31
-
Monat
1937-01
-
Jahr
1937
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.01.1937
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Aunr SO. Ianrrav 1OS7 Vorn Ersten zunr Dritten Reich Deo Gang durch ein Jahrtausend deutfcher Geschichte Benedikt XV. und die Gefangenen des Weltkrieges In- und vom Kö- Zwei unbekannte Briese Wie unendlich ausgedehnt der briefliche Verkehr des päpst lichen Staatssekretariats in jenen Monaten war, ergibt sich schon daraus, daß der Bries vom 7. Juni die Auslaufnummer 91728, der Brief vom 21. August die Nummer 95176 trägt. Tros; dieser ungeheuren Inanspruchnahme fand Uber der Vatikan Zeit, sich uni das Schicksal eines einzelnen Kriegsgefangenen zu kümmern — ein Beleg für die ergreifende christlich' L- 'besiätiakeii Papst Benedikts XV. Karl v. Hohenlocipnc. Es sollte mich freuen, wenn der Erfolg dieser Schritte kein! Verzögerung erleiden würde. Zugleich benutze ich gern diese Gelegenheit, um E. H. d« ausgezeichneten Hochachtung zu versichern, mit der ich ver bleibe .... Und niemand, der dl« Zurückdränguna der Türken und den Der- teidigungskampf gegen den Sonnenkönig am Rhein und in Flandern betrachtet, wird bestreiten wollen, dah beides im Interesse Deutschlands log. — Aber freilich: an eine Resorm der Reichsverfassung vom Kaisertum her, an eine wirksam« Stärkung und Erneuerung der Reichsgewalt war nicht mehr zu denken. Di« Träger des Kommenden waren die Territorien, insbesondere das größte von ihnen, Brckidenburg-Preuhen. Ge stützt auf seinen Besitz außerhalb des Reiches und aus auswär tige Bündnisse vergrößert es seinen Besitz innerhalb des Reiches; iveniger gestört durch außenpolitische Verwicklungen als der Kaiserstaat, vermag es sein inneres Gefüge zu stärken, in un ermüdlicher Kleinarbeit den modernen absolutistischen Staats aufbau durchzuführen. Mit diesem Innerlich erstarkten Staats wesen erkämpft Friedrich der Große durch seine Losreißung Schlesiens von Oesterreich dem preußischen Staate seine Grotz- machtstellung. Damit ist der Grund zu dem Dualismus gelegt, der die deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert beherrscht. Wenige Jahr zehnte später legt der letzte römische Kaiser seine Krone nieder: das Alte Reich ist zu Ende. An seine Stelle tritt nach den Wirren der napoleonischen Krieg« 1818 ein Staatenbund, der Deutsche Bund; in ihm und um ihn spielt sich der Kampf der beiden deutschen Großmächte um die Vork;errschaft im de»tsä;en Raum« ab. Das deutsche Volk freilich will nicht den Kampf; es will die Einheit, will den nationalen Staat, der den gesamten deutschen Volksboden zusammenfaßt. Es will das Reich, will die Wiederherstellung des Kaisertums, mit dem seine Erinne rung an nationale Größe verbunden ist. Der Versuch von 1848 scheiterte mn Mißverhältnis zwischen Macht und Anspruch, zu gleich aber am Widerstand der traditionellen Partikularismen. Bismarck erkennt dm Charakter der deutschen Frage als Macht ¬ frag« zwischen den beiden deutschen Großmächten; er wählt sein« Losung, und er führt sie zum Siege. Man hat lange Zeit in dieser Lösung die Erfüllung der deutschen Geschichte zu erblicken vermeint, hat das kleiudeulsche Reich Bismarcks als die Krönung des deutschen Einl;«itsstrebeus hingestellt. Und man hat alles, was mit dieser Linie der deut schen Geschichte nicht in Einklang zu bringen mar, als Verirrung brandmarken zu müssen geglaubt. Man kann diesen Ueber- schwang angesichts der Machtsülle des Bismarckreiches und des, Glanzes der deutschen Kaiserkrone von 1871 verstehen. Heute wissen wir, daß auch diese Lösung eine Teillösung mar. Der Ausschluß des Südostdeutschtums aus dem Reiche hat das Ueber- gewicht des nichtdeutschen Volkstumes im Donaustaat entschie den, hat den lebendigen Zustrom dcutsä>en Blutes, vor allem aus dem Siidwesten des Reiches, zum Versiegen gebracht. Der von der Logik der Tatsachen aufgezwungene Ersatz für das Ver lorene, der außenpolitische Rückhalt im deutsch-österreichischen Bündnis von 1879, hat keinen vollwertigen Ersatz bieten können. So kam es, daß di« südostdeutsche Großmacht innerlich unzu reichend gerüstet in den Weltkrieg eintrat, der über ihre Exi stenz entschied. Innerlich homogener als der Donaustaat, von unwesent lichen Ausnahmen abgesehen reiner Nationalstaat, ist das Bis marckreich in den Friedensjahren zu einer geschlossenen Einheit zusammengewachsen. Der traditionelle Partikularismus der Länder ist ihm nie zu einer nenncnsiverten Gefahr geworden; das einheitliche Nationalbewußtsein des Volkes hat ihn mehr und mehr gegenstandslos gemacht. Bedenklicher war es, daß es nicht gelang, das ganze Volk in allen seinen Schichten innerlich ganz für den Staat zu gewinnen, daß Uber der Lösung der nationalen Aufgabe die Lösung der sozialen in den Hintergrund trat Trotzdem war das Reick nicht gefestigt genug, um die furcht bare Belastungsprobe des Weltkrieges zu überdauern und die zentrifugaten Tendenzen der Nachkriegsjahre zu überwinden. Das Dritte Reich hat dann durch die Aufhebung der Parteien und die einheitliche straffe Zusammenfassung der Reichsgcwalt di« Geschlossenheit, des deutschen Volks- und Reichskörpers in einem nie gekannten Grade gesteigert. Aufgabe der Zukunft wird es fein, die endgültigen Formen zu schassen, in denen das deutsche Volkstum auf dem Boden Mitteleuropas die ungeteilt« Erfüllung seiner nationalen Hoffnungen findet. Wechselvoller als die Geschichte jedes anderen europäischen Staates und Volkes ist die Geschichte des deutschen Volkes und seiner staatliä)en Formen. Der nationale Staat, das Ergebnis der modernen Staatsentwicklung seit dem ausgehenden Mittel- alter, ist im deutschen Raume sehr viel später Wirklichkeit ge- worden cks Im übrigen Europa. Anders als bei den National staaten des Westens und den von ihrer Entwicklung beeinflußten Staatsgebilden hat er dem deutschen Volke nicht oder doch nur unzulänglich die Erfüllung seiner nationalen Hoffnungen und Wünsche gebracht, hat er Raum und Volk, Reich und Staat nicht zur Einheit zusammenklingen lassen. Es wäre verfehlt, den Grund dafür in einem Versagen der politischen Fähigkeiten unseres Volkes zu suchen, wie man es ost genug getan hctt. Das deutsche Volk hat größer« geschichtliche Leistungen aufzuweisen, es kann auf eine reicher« Vergangenheit -urückbltcken als irgend ein anderes Volk Europas; nichts berechtigt uns dazu, frühere große Epochen unserer Geschichte als „politische Fehlleistungen" herabzuwürdigen und zu bekritteln. Erst vor kurzem ist von maßgebender Stelle gesagt worden, daß es eine Versündigung am Reichtum unseres geschichtlichen Lebens sein würde, wollte man günze Jahrhunderte der deutschen Vergangenheit dem Be wußtsein unseres Volkes entfremden. Am wenigsten wird sich dazu entschließen können, wer im Volke, nicht im Staate, den eigentlichen Träger und das Objekt -es geschichtlichen Werdens erblickt. Für ihn wird die späte und unvollkommene Verwirk lichung des Nationalstaates In der deutschen Geschichte nur ein Zeichen mehr sein, dah gerade die deutsche Geschichte zuerst und vor allem als Volksgeschichte zu verstehen ist und daß Ver fassungen und Staatsformcn nichts anderes sind ctls die wechseln den Lebensformen und Wachstumsbildungen dieses Volkes. Der moderne Staat ist hervorgegangen aus dem seudalen Staat (Lehnsstaat) des Mittelalters. Seit dem Ausgang des Mittelalters drängt in den westeuropäischen Ländern das König tum, gestützt auf seinen, ursprünglich nicht überragenden, Haus besitz, die Macht der großen Lehnsherren, der Fürsten, in zu« nehmendem Maß« zurück. Je stärker die Macht in den Händen des Monarchen zusammengefaßt wird, desto wirksamer vermag er den partikularen Tendenzen der Stände und Landesteile ent- gegenzutreten und die gesammelten Kräfte des Staatsgebiets nach außen zu wenden. So wachsen aus geringen räumlichen und rechtlichen Anfängen mächtig« Stctatsgebilde heran, di« ab soluten Monarchien, deren typische Repräsentanten das Frank reich und Spanien des 16. und 17. Jahrhunderts sind. Der Mo narch wird zum Inbegriff des Staates, die Einheit der Nation beruht auf dem Gehorsam gegen den gemeinsamen König. Die Revolution von 1789 setzt an Stell« dessen die Gleichartigkeit der Einrichtungen, die von den Vertretern aller Landestctle auf Grund gemeinsamer Grundsätze Angenommen werden. Dazu tritt die Idee der einheitlichen, auf gleicher Spracl)« und Kultur beruhenden Nation, in der alle Glieder des eigenen Volkstums in einem Staat« zusammengefaßt sind oder sein sollen, und in Verbindung damit das Streben nach „natürlichen Grenzen". Das schließliche Ergebnis dieser Entwicklung ist der parlamen tarisch-demokratische Nationalstaat des 19. Jahrhunderts der bis in die Gegenwart hinein die Staatsform der meisten europäi schen Völker bildet«. Grundsätzlich anders und sehr viel verwickelter ist der ge schichtliche Werdegang des deutschen Staates verlaufen. Schon in seinen Ursprüngen zeigt sich diese Wesensverschiedenheit: Das Reich der Deutschen ist kein deutsches, sondern ein römisches Reich: „Heiliges Römisches Reich" ist seine amtliche Bezeichnung geblieben bis an sein Ende. Der spätere Zusatz „deutscher Nation" bezeichnet das Reichsgebiet, soweit es^ deutsche Lande umfaßt; er bringt in einer Zeit, da dcls national« Bewußtsein ausgeprägter wird, das nationaie Element neben dem über nationalen, universalen zum Ausdruck. Aber auch das Reich deutscher Nation deckt sich nicht mit den Grenzen des deutschen Volkstums: während es im Westen romanische Siedlungsgebiete umsaßt erstreckt sich im Osten das deutscl)e Volkstum weit Uber das Reichsgebiet hinaus. — Der universale Charakter, tief ver wurzelt im christlichen Universalismus des Mittelalters („Hei liges Reich"), ist dem R«iä)e auch dann noch verblieben, als di« mittelalterliche Ordnung längst zerbrochen war und der modern« Nationalstaat das politische Gesicht Europas geprägt hatte. Als letzter Kaiser hctt zwar Karl V. den universalen Hoheitsanspruch des Kaisertums verfochten, und er ist in diesem Kampfe geschei tert, weil die partikularen Kräfte im politischen und religiösen Leben der Christenheit die Oberhand gewonnen hatten. Aber noch bis ins 18 Jahrhundert hinein hastet der Kaiserkrone ein Glanz an, der sie immer wieder den mächtigen französischen Königen begehrenswert, dem deutschen Volke aber unendlich vcr- ehrungswürdiger erscheinen läßt als alle anderen Irdischen Ge walten. Und daß Kaiser und Reich keine bloße Formel, dah sie politische Wirklichkeit waren, zeigen die Erfolge des Kaisertums Im Kampfe gegen die französische Universalmonarchie und gegen dl« Türken. Bewundernswert und groß waren sie, und unver gleichlich größer hätten sie sein können, wenn der religiöse un territoriale Partikularismus nicht von innen heraus das Reich lahmgelegt hätte. Hauptträger der Gegnerschaft gegen Kaiser und Reich waren die Fürsten. Anders als in Westeuropa haben die großen Lehnsherren des deutschen Mittelalters sich gegen das deutsch« Königtum behauptet und an -er Wende zur Neuzeit ihre nahezu völlige Souveränität erkämpft. Vom Statutum in savorem prinelpum Friedrichs II. (1231) bis zu den Bestimmungen des Westfälischen Friedens (1648) über ->e fürstlichen Libertäten vollzieht sich dieser kontinuierliche Aufstieg des Fürstentums, der zugleich ein Abstieg des Reiches sein mußt« und war. Nicht nur die Inanspruchnahme des Kaisertums durch die universalen Auf gaben, sondern auch durch die Aufgaben der Reichsverteidigung Ist von den Fürsten -azu benutzt worden, um immer neue Rechte -es Reiches sich anzueignen. Mehr als einmal sind dabei deutsche Fürsten Im Bunde mit dem außenpolitischen Feinde geaen Kaiser und Reich in die Schranken getreten, und groß« Stücke des Reiches sind dabei für immer verloren aegangen. Das Bündnis des territorialen mit -em religiösen Partikularismus hat schließlich für immer gegen Kaiser und Reich entschieden, und diese Entscheidung ist zu einer Zeit gefallen, In der dem Kaisertum eine Machtfülle sondergleichen zu Gebote stand, eine Macht, die Deutschland in den weltgeschichtlichen Umwälzungen des 16. und 17. Jahrhunderts unendliche Möglichkeiten eröffnete Die Auflehnung weltlicher Fürsten hat nicht nur das universale Kaisertum, sondern auch das nationale deutsche Königtum unter graben; Ne Kat das Reich von innen her zersetzt und Uber das deutsck« Volk unabsehbaren Schaden gebracht. Das vom Auslan-e garantierte Recht der deutschen Fürsten auf Bündnisse mit fremden Mächten, das beide sich gemeinsam Im Dreißigjährigen Krieg« erkämpften, bezeichnet den Endpunkt dieses Zersetzunasorozesses. Zwar bleibt das Reich weiter be stehen. und gerade in dem Jahrhundert nack dem Großen Krieg« lebt der Glanz des Kaisertums noch einmal aus In dem großen Abwehrkampse gegen Türken und Franzosen. N"ck elnm»l zeigt sich, wie In früheren Jahrhunderten, daß des Kaisers Stärke des Reiches Größe, sein« N^derlag-n D-utschlanda Nied-rlaaen, seine Siege deutsche Siege sind. Gewiß kommen die Waffen erfolg« zunächst und vor allem dem Kaiser und seinen Erblanden zugute, aber sie haben auch di« Hauptlast des Kampfes zu tragen. Wie sehr sich der Papst aber sogar »m das Schicksal eines einzelnen Kriegsgefangenen bemühte, aeht aus einem zweiten, mir ebenfalls im Original vorliegenden Briefe hervor, der an ein MItalied des genannten Vereins gerichtet war, der im-In- terelle eines auf der Insel Astnarg befindlichen Kriegsgefan-ie- nen di- Vermittluna des Pavstes erbeten hatte und daraufhin vom Kardinalstaatssekretär Gasparrl folgend« Antwort erhielt: Vatikan, 21. August 1919. „Ich beeil« mich «. H. mftzutellen, daß vom Hl. Stuhl auf zwei verschiedenen Wegen neue Schritt« eingeleitet worden sind, um di« Rückkehr de» auf Asinara befindlichen Kriegsgefangenen ». H. zu beschleunigen; Zu den größten Liebeswerken in -cm kurzen Pontifikat Benedikts XV. wird neben seinen unausgesetzten Bemühungen um Wiederlierstellung des Weltfriedens auch die unermüdliche Sorge gerechnet iverden müssen, mit der er auf Erleichterung des Schicksals der in den verschiedenen Ländern besindliä-en Kriegs gefangenen hinwirkte. In diesem Zusammenhang seien hier zivei bisher unbekannte Briese des damaligen Kardinalstaats sekretärs Gasparri wiedergegeben, die dieser im Auftrag Papst Benedikts XV. im Sommer 1919 an den Verein „Kriegsgesange-. nenhilfe Italien" in Wien und an eines seiner Mitglieder richtete. Sie geben Antwort aus di« Bitte an den Papst, sich für die Heimkehr der in italienischer Kriegsgefangenschaft be findlichen Oesterreick)er und Deutschen vcrivenden zu wollen. Es sei dabei vorausgeschickt, daß -er obengenannte Verein es sich zur Aufgabe gestellt hatte, nicht nur durch Zusendung von Geld. Lebensmitteln und dergleichen das Los der Gefangenen er träglicher zu gestalten, sondern mich ihren Angehörigen Nach richten über di« in den verschiedensten Lagern Italiens befind lichen Gefangenen zukommen zu lassen. Seine Bemühungen fanden stets di« tatkräftige Unterstützung des damaligen päpst lichen Nuntius in Wien, der in ständigem Briefwechsel nut dem Hl. Stuhl über dl« (befangenen frage stand, aber auch das in Wien befindliche italienische Oberkommando trug viel dazu bei, die schwer« Aufgabe des Vereins zu fördern. Als sich nun der Abschluß der Frie-ensverhandlungen Immer weiter verzögerte und die Rückkehr der Kriegsgefangenen, über deren Gesundheitszustand oft recht bedenkliche Nachrichten ein liefen, bis ins Ungewisse hinausgeschoben schien, wandte sich der Verein Im Mai 1919 an Papst Benedikt XV. und übersandte ihm eine mit zahlreichen Unterschriften von Angehörigen der Kriegsgefangenen bedeckte Bittschrift, um durch seine Fürsprache von -er italienischen Regierung die Heimkehr der Kriegsgefange nen zu erwirken. Auf dieses Schreiben traf Mitte Juni die Antwort des Kar dinalstaatssekretärs Gasparrl bei dem Vorsitzenden ein, die mir im Original vorliegt und -i« (in deutscher Uebersetzung) lautet: Vatikan, 7. Juni 1919. Zunächst beehre ich mich, Euer Hochwohlgeboren den Emp fang Ihrer von so edlen Beweggründen getragenen Zuschrift an zuzeigen, worin Sie im Namen zahlreicher Familien, die in ban ger Sorge um das Schicksal ihrer in italienisckrer Kriegsgefangen schaft befindlichen Angehörigen leben, die erhabene Verwendung Seiner Heiligkeit anrufen, um diese für beide Teile so qualvolle Leldenszeit zu beenden. Der Hl. Vater konnte von einer Bitte, die von einem solchen Vertrauen zu Ihm erfüllt war und «in so hohes Ziel verfolgte, nicht unberührt bleiben und wird im Hinblick auf die innigen Bitten aus allen Kreisen, die Sie Ihrem Briefe beigelcgt haben, um so bereitwilliger feinen Einfluß bei allen in Betracht kom menden Stell«» geltend machen. Ich trage daher kein Bedenken, E. H. zu versichern, daß es das Herz Seiner Heiligkeit mit der tiefsten Befriedigung er füllen würde, wenn di« väterliche Verwendung des erhabenen Stellvertreters Christi — ich möchte sagen: fein Angstschrei iarido di angoscia) — bet allen denen den gewünschten Wider hall fände, in deren Händen das Schicksal so vieler armer Ge fangener liegt; bei allen seinen Liebeswerken im Laufe dieses langen Krieges würde dl« Erfüllung Ihrer Bitt« ihm den größ ten und ersehntesten Trost gewähren. Segne und fördere Gott diese väterlichen Bestrebungen, wie er die überaus menschenfreundliche und christliche Tätigkeit eines Vereins segnen und fördern wird, der mit allen seinen Kräften zur Erleichterung des schweren Loses der Kriegsgefangenen bei« zutragen bestrebt Ist In der zuversichtlichen Hoffnung, Ihnen schon In kurzer Zeit gute Nachrichten übersenden zu können, freue ich mich, Ihnen und allen Mitgliedern des Vereins -en besonder--» Segen des Hl. Vaters zu übermitteln lind verbleibe mit dem Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung.... Vorbereitungen zur RLniaskrönung Der Hofmarschall hat in diesen Tagen die letzten schrift lichen Einladungen hinansgeschickt. Die Könige. Fürstlichkeiten und Präsidenten der verschiedenen Nationen werden durch „Rei sende des Königs" persönlich ringelnden. In Westminster Abtey iverden die Plätze nach Zentimetern vergeben — 40 Zentimeter für den „Normalmenschen", 45 Zentimeter sür den Peer, zwischen aber bereiten sich in London mancherlei große kleine Ucberraschungcn vor. Selten hat sich ein Gerückt so schnell hcrumgesprocken Buckingham-Palast bis nach Fort Belvedere wie jenes, daß nig Georg VI. die Absicht habe, sich einen Kinnbart stehen zu lassen — wie sein Vater. Die Peomen von der Schutztruppe des Königs, die Wächter des Towers, hatten sich während der verflossenen kurzen Zwischcnregicrung zum ersten Mal seit Jahrzehnten rasiert. Heute sieht man sic wieder mit einem Borstenkinn herumlaufcn, das sich bis zum 12. Mai. dem Krö nungstage, mit einem recht schönen ausgewachsenen Spihbart — genau wie einst — bedeckt haben dürfte. Dreimal waren -die Porträtisten der Königlichen Münze in Sandringham. Dreimal hat der König ihnen Modell gestan den. Heute ist es ein offenes Geheimnis, daß spätestens am Krönungstage die neuen englischen Geldstücke mit dem Kops Georgs VI. in den Verkehr kommen. Nur eines steht noch nicht fest: wird der Kopf Georgs VI. nach rechts oder nach link» fchauen? Bisher hielt man es immer so. daß die Kovfrichtung abwechselnd gewählt wurde. Der Kopf Georgs V. schaute zum Beispiel nach links. Der Kopf auf den Münzen Eduards VIII. hätte nach rechts sehen sollen. Aber diese Münzen sind gar nicht erst geprägt worden. Nun weiß man nicht, ob sich der Kopf Georgs VI. nach rechts oder nach links wenden wird. In bezug auf die Briefmarken ist man schon ein wenig klarer geworden. Zur Krönung kommt eine Spezialserie her aus, die aber nur während der Krönungstage verkauft wird. Bia dahin sind nämlich die Maschinen der Königlichen Brief- marken-Druckerei soweit umgebaut, dah man die neuen regu lären Marken mit dem Kopf Georgs VI. täglich in einer Auflage von 20 Millionen Stück herausbringen kann. Wenn man das vor einigen Tagen vom Earl Marshal, dem Herzog von Norfolk, herausgegebene Krönungsprogramm durch sieht, dann findet man im Anschluß an die Mitteilungen über Staatsbankette, Empfänge, Paraden und Gottesdienste die kurze Nachricht, daß am 9. Juni Königs Geburtstag gefeiert werde. Dabei kann man im Gotha nachlesen, daß Georg VI. am 14. Dezember geboren Ist. Er hätte also an jenem Tage seinen 41. Geburtstag feiern müssen. Dieser Tag fiel jedoch zwei Tage nach der Königsproklamation. Deshalb ordnete Georg VI. ausdrücklich an, daß der Geburtstag ein gutes halbes Jahr ver schoben werde. So kommt es, daß ein englischer König seinen Geburtstag mit Verspätung feiert. Der Chef von Scotland Pard hat die Personallisten für die außerplanmäßig erforderlichen 25 000 Policemen, die man für die Krönungstage benötigen wird, zusammengcstellt. da man erwarten kann, daß die Krönungsfeier eines der größten Ereignisse Europas in den letzten hun dert Jahren und bestimmt das größte Gesckehnis festlicher Art in England werden wird. Eine Million Anfragen zur Be schaffung von Sitzplätzen liegen bei der dazu eigens eingerich teten Behörde vor. Alle Londoner Hotels sind für d>e Krö« nungstage ausverkguft. Die gnfangs eingetrolsenen Ablagen der Amerikaner sind zuriickgcnommen. Der Andrang Ist so groß, daß bis heute schon 50 000 Personen in schwimmenden Hotels, also auf Dampfern, wohnen werden. Die astatischen Fürstlichkeiten, die teilweise mit ihrem Harem elntresfcn, blei-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)