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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 28.12.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141228013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914122801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914122801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-12
- Tag 1914-12-28
-
Monat
1914-12
-
Jahr
1914
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Seur 2. Nr. ess. Morsrn-Nossade. Leipziger Tageblatt. Momag, 2S. vnemver lSl4. qeschosiener französischer Panzer musste sich zur Ausführung von Ausbesserungen nach Malta begeben. Gestern -ich cs noch in den französischen Berichten, das Linienschiff habe nur geringen Schaden davon getragen. Neue Einzelheiten über Sie Seeschlacht bei -en Zalklan-inseln. London. 27. Dezember. „Daily Telegraph" m.'ldet über New Pork aus Montevideo: Die Offi ziere der Flott: des Admirals Sturdee sind be sonders stolz darauf, dast es den Engländern gelang, die Deutschen zu überlisten und die Ueb.'rrcste des Geschwaders des Admirals Traddock zu ver stärken, ohne dast die Feind: davon erfuhren. Ts gelang ihnen, zwei mächtige Panzerkreilzer heranzu ziehen, die sich mit den Kreuzern „Tanopus". „Corn- wall", „Bristol" und „Glasgow" vereinigten und am 27. Novemb.'r Port Stanley zum Kohlen an liefen. Die großen Panzerkreuzer tonnten sich im Hafen hinter dem Landrücken vollständig verbergen. Am «. Dezember früh erschien das deutsche Geschwader, offenbar in der Absicht, die Falk landinseln zu überruinp.'ln und Port Stanley als Kohlenstation zu besetzen. Als die dcutschbn Schiffe nur die weniger starken britischen Schiffe sahen, machten sie sich zum Gefechte klar. Ts kam zum Kampf. Plötzlich erschienen im engen Hofeneingang die beiden grofzen britischen Panzerkreuzer. Admiral Graf von Spee merkte jetzt, dast er in eine Falle geraten war und gab seinen Schiffen das Signal, sich zu zerstreuen. Ts war jedoch zu spät. Der Kampf entwickelte sich in der bereits geschilderten Weise. Die Deut schen. namentlich die „S ch a r n h o r st", schassen ausgezeichnet. „Eneisenau" und »Scharn horst" feuerten bis zum Augenblicke des Unter ganges. Inzwischen kämpfte die „Glasgow" mit der „Leipzig". d!e mehr ausrichten konnte, als die anderen deutschen Schiffe. Als die „Leipzig", in Feuer ge hüllt, im Begriffe war, unterzugehen, stellte die „Glasgow" das Feuer ein, fuhr dicht an das deutsche sinkende Schiff heran und liest Boote herab. Als jedoch die ersten britischen Boote ausfuhren, um die Besatzung der „Leipzig" zu retten, schoh die „Leipzig" noch einmal. Das Geschah explodierte auf der „Glasgow". Daraufhin feuerte die „Glas gow" die letzte Breitseite auf die „Leipzig", die diese zum Sinken brachte. Die britischen Offiziere bedauern, dast von der ..Leipzig" offenbar in der Hitze des Kampfes dieser letzte Schuh abgegeben wurde. Sie glauben, dast cs sich um einen bedauerlichen Zufall han delte. Die übrigen briti'chen Schiffe holten die „Nürnberg" ein und forderten sie zur 1lebergabe auf. Da sie sich weigerte, wurde sie in Grund ge schossen. Ihr Untergang rettete die Schiffe „Dresden" und „Prinz Eitel Friedrich", weil die englischen Schiffe die Verfolgung ein stellten, um die Ueberlcbenden des deutschen Schiffes aufzunehmcn. Nach anderen Berichten aus Montevideo wurde der Panzerkreuzer „Invincible" 2Nmal von Ge schossen getroffen, ohne dast er ernstlichen Schaden erlitt. Nur 11 Mann der Besatzung wurden vermutet. Als die „Gneisenau" sank, hatte sic die ganze Munition verschossen, wollte jedoch nichts von Ueb ergäbe wissen. Beim Untergang salutierten viele Offiziere. Ein Teil der Besatzung versammelte sich auf dem Achterdeck und iang die .Wacht am Nhein". Eine grohe Anzahl, darunter auch Offiziere, wurden nachher gerettet. Einige starben an Bord der englischen Schiffe. Die übrigen wurden nach England ge bracht. Bon der „Scharnhorst" wurde niemand ge rettet. Vie Zeftigung -es jkan-inavischen Abkommens. Stockholm, 27. Dezember. (Eigene Draht meldung.) Im Anschlust an die Zusammenkunft d:r nordischen Könige in Malmö findet in der zweit »n Januarwoche eine neue Konferenz der Auslandsministcr der skandinavischen Länder in Stockholm statt zur Fortsetzung der staatsrecht lichen Verhandlungen über den gemeinsamen Schutz der Neutralität der dr.'i skandina vischen Reiche. Der heilige Krieg. L. Nom, 27. Dezember Der „Corners delle Puglie" meldet aus Konstantinopel: Im Kau kasus hat der kurdische Bairat seinen Stamm dem Kommandanten des 10. Armeekorps mr Ver fügung gestellt. Im Sudan Haden trotz des Be- lagerungszustandes die Stämme von Dan re den heiligen Krieg proklamiert und die indischen Truppen es abgelehnt, gegen ihre Glaubens genossen zu tämpfen. Die englischen Behörden liehen darauf 30 Soldaten hängen. Zez von -en Zranzofen geräumt. Aus Marokko wird dem „B. L." zufolge die Räumung von Fez durch die Franzosen bestätigt. Die französischen Truppen konzentrieren sich gegen San Gert. Selutfchisian gegen Eaglan-. Konstantinopel, 27. Dezember. Die Stämme von Belutschistan haben gemeinsam eine Million nach Kabul, der Hautpstadt von Afghanistan, und eine andere nach Teheran entsandt, die über ein gemeinsame» Vorgehen gegen Eng land verhandeln sollen. Inzwischen haben Stämme aus Belutschistan in Karavschi an der indischen Grenz« «ine Abteilung von 250 Engländern überfallen, 150 getötet und den Nest ge- sangengenommen. Die Engländer haben da für den Vertreter des Stammes gefangen gesetzt. Gleichzeitig hat die englisch« Regierung von Persien verlangt, dast persische Truppen Nasrabad an der Grenze von Belutschistan besetzen sollen, da dort Kommissare aus Belutschistan durchzukommcn pflogen. Di« persische Regierung hat sich jedoch auster stände erklärt, diesem Verlangen nachzu- kommen. (B. T.) Waffenlager in einem Nonnenkloster. Koustantinopel. 27. Dezember. Der Araberzeitung „Elre junnahn" zufolge wurden bei einer Hausiuchung in einem Nonnenkloster zu Duma in Syrien eine Anzahl Waffen, Munition und Dum- Dumgeschoss« entdeckt und beschlagnahmt. (B. L.) -ejchwer-e -es Noten Haibmon-s über Nustlan-. Der Rote Halbmond hat, dem „B. T." zu folge, an das Rote Kreuz in Genf einen Protest gerichtet, weil di« russische Regierung durch den türkischen Botschafter der Pforte hat be kanntgeben lassen, sie werde den Roten Halbmond nicht respektieren. Das Zentralkomitee des Ncten Kreuzes in Genf hat jetzt mitgerellt, daß dem Roten Halbmonde der volle Schutz der Genfer Konvention gebühre, und dast es deshalb in Petersburg durch Las russische Rote Kreuz inter venieren werde. A-miral Souchon beim Sultan. Aus Konstantinopel wird der „Franks. Ztg." ge meldet: Der Sultan empfing den Admiral Souchon in längerer Audienz. Der Sultan sprach dem Be fehlshaber der türkischen Flotte ferne besondere Anerkennung über die Fortschritte aus, die die ottomanische Flotte seit der llebernahme des Kom mandos durch Souchon gemacht hat. Numänilch - türkisches han-elsabkommen. Nach einer Meldung des „B. T." aus Kon stantinopel ist zwischen türkischen und rumänischen Handelshäusern ein Ab kommen geschlossen worden über den Austausch gewisser Produkte, deren Ausfuhr in dem be treffenden Lande nicht verboten ist. Die rumänische Regierung hat sich zur Bereitstellung von Transport mitteln bereit erklärt. Die türkische Prelle sieht in diesem Abkommen ein Zeichen für die Besserung der türkisch-rumänischen Beziehungen. Neuer türkisch-amerikanischer Zwischenfall. Amsterdam, 27. Dezember. Reuter meldet aus Athen: Der Kommandant des amerikanischen Kreuzers „North Carolina" requirierte den amerikanischen Dampfer „Virginia" und begab sich nach Tripolis und Smyrna, um die engli schen und französischen Untertanen und Konsuln mit Erlaubnis der türkischen Behörden an Bord zu nehmen. Die Behörden verweiger ten die Erlaubnis. Einigen Franzosen gelang es aber, an Bord der „Virginia" zu kommen, worauf das Schiff von einer Menge überrannt wurde. In der Verwirrung wurden die beiden ersten Offi ziere und der Kapitän des Kreuzers be leidigt. Auf die Drohung, zu schicstcn, zog sich die Menge zurück. s„P. Z.") Vie Japaner bleiben -em europäischen Kriegsschauplätze fern. Rotterdam, 27. Dezember. Wie der „Nicuwe Notterdanffche Courant" aus Tokio meldet, teilte bei Beantwortung einer Anfrage in der japani schen Kammer der japani^'2 Minister des Aeusteren mit, dast kein einziges Land Japan ersucht habe, Truppen nach Europa zu schicken. Nie-erloge -er Zranzosen un- Englän-er in Kamerun. Der „B. M." zufolge lzabcn nach verschiedenen in London vorliegenden amtlichen Meldungen aus Kamerun französisch« Detachements eine schwere Niederlage durch die deutschen Trup pen erlitten. Die Franzosen wurden von den Deut schen plötzlich überfallen und mussten sich schleunigst zurückzichcn, nachdem sie drei Offiziere und -1t Mann verloren hatten. Ebenso erlitten die Engländer am 5. De zember eine Schlappe bei dem Dorfe Laum, :Ä) Kilometer nördlich von Mttjllka: sie verloren «inen Offizier und 20 Mann. Infolge des deutschen unverhofften Widerstandes ist der Invasionsplan in sofern abgeändert worden, als die englischen Streit kräfte jetzt von Vonoveri aus an der Eisenbahnlinie nordwärts marschieren. Vie Heimkehr -es früheren -rutschen Militärattaches in Paris. (7) Berlin, 27. Dezemb?r. Der frühere deutsche Militärattache in Paris Oberstleutnant v.Winter- feldt, der seit Kriegsausbruch krank inGrisolles lag und von Toulouse nach San Sebastian flüchtet.', ist gestern abend in Berlin anackom - men. Die englische und die französische Regierung sind ihm in zuvorkommendster Weise entgegen gekommen, so dast Oberstleutnant v. Winterfeldt von Barcelona aus nach Italien reisen konnie. Gberhofpre-iger Drpan-er un- -ie Zel-grauen. Der Berliner Tom war wie immer zur Wcih- nachtsliturgie überfüllt. Da kamen, so schreibt der „D. L.", noch vier Feldgraue. Platz war nirgends, sie lagerten sich auf der obersten Altarstufe. Die Kirchendiener sahen es und mochten denken, sie seien es nicht anders gewöhnt. Da erschien auch Exzellenz Dryandcr zum Gottesdienst. Die Feld grauen sehen, sofort einen Stuhl heroei- holen und Anweisung geben, -en übrigen auch Stühle zu bringen, war das Werk eines Augenblicks. Eiserne Kreuze. Mit dem Eisernen Kreuz wurden ausgezeichnet: der Hauptmann der Reserve, Ncgierungsbaumeister Hans Därpfeld aus D.rlin (1. Klage), der Ge freite in einem Iäqerbataillon Franz Kämmer aus Werneuchen (1. Klass«), der Major ErichHei- nersdorff (1. Klasse), Sohn des verstorbenen Apothekenbcsitzers H.'inersdorff in Berlin, der Ober leutnant der Reserve im Husaren-Regiment 20, Fi nanzamtmann Dr. Wiesand. Adjutant im Gene ralkommando des 27. Reservekorps, der Gefreite der Reserve im Grenadier-Regiemcnt 10i Rudols Schmidt, der Meldereiter Sergeant beim Rcgi mcntsstab des Reserve-Feldartillert'-Negimcnt "»3 Otto Listner, sämtlich ans Dresden, der Leut nant im Kaiser!. Freiwilligen Automobilkorps, Di rektor Hans Hilz, Mitglied des Berliner Auto mobilklubs, der Stabsarzt Dr. Fritz Beichrödcr dirigierender Arzt des städtischen Krankenhauses, Gitschiner Skraste, in Berlin, -er Stabsarzt Pro fessor Dr. Siegfried Hammerschlag, zu künftiger Leiter der im Bau -.'kindlichen Proviozial- Hcbammcnlcchranstalt in Neukölln, -er Offizicrsstcll- vertreter im Rcserve-Infant.'rie-Regimcnt 228. Rechtsanwalt Martin Citron, der Feldwebel im 4. Landwehr Regiment Lehrer Richard Kirschstein. der Leutnant der Reserve Erich Miillrr, Sekretär der Landesversicherungsanstalt Brandenburg, der Unteroffizier bei der schweren Fustartilleric Dagobert Philipp, Direktor der Leob <L Co.-Gescllschast m. b. H. in Charlottcnburg. der Fel-unterarzt Erich Iaruslawsky, Sohn des Stadtlats Iaruslawsky in Rastvnburg, der Ge freit: in der Maschinengewchrkompanie eines In fanterie-Regiments Walter Burin g aus Thorn. Weitere Mel-ungen. * Kaiser Wilhelm liest durch ein Schreiben der deutschen Botschaft in Wien dem Ctadtrat in Linz seinen Dank für die ll m b e n e n n u n g d e s Marktes in Kaiser-Wilhelm-Platz aussprechen. * Die Ausfuhr von lebendem Rindvieh und lebenden Schweinen aus Holland ist vom 24. De zember ab verboten. * Aus Buenos Aires wird gemeldet, dast das Ausfuhrverbot für Weizenmehl aufgehoben worden ist. * Die australische Regierung hat den gesamten Weizenvorrat in Neu-Süd-Wales beschlagnahmt. keine Verminderung unserer Viehbestände. Von B. Claus, Leipzig. Von verschiedenen Seiten sind an das Reichsamt des Innern Eingaben gerichtet worden, die Reichs regierung zu veranlassen, den Viehbestand durch Zwangsmastnabmcn zu vermindern. Bezweckt wird damit, die Futtcrmittclvorräte zu strecken und sie, soweit dies angängig ist. für die menschliche Ernäh rung freizumach-n. Die Notwendigkeit und Nützlich keit eines so außergewöhnlichen Vorgehens must aber stark bezweifelt werden. Für die menschliche Ernährung kommen aus den Viebsuttcrbeständen nur Kartof ein. Hafer und Gerste in Frage. Es ist nun zunächst festzustellrn, ob die gcoenwärtige, reichliche Viehhaltung die Versorgung unseres Volkes in diesen Erzeugnissen gefährdet ober auch nur erschwert. Beides ist entschieden zu ver neinen. Mit Nahrungsmitteln, die wir aus Hafer und Gerste Herstellen, wie Haferflocken, Grrest, Grütze und Graupen, sind wir überreich versorgt: von diesen Produkten konnten wir sogar 2 Millionen Zentner im Jahre 1913 ans Ausland abgeben. Hafer und Gerste also mehr als bisher zu diesem Zwecke heran zuziehen, erübrigt sich. Aebnlich liegen die Verhält nisse bei der Kartoffel. Von 54 Millionen Tonnen Gesamtproduktion kommen im höchsten Falle 7 Mil lionen Tonnen als Speisekartoffeln in Betracht: bei dieser Annahme sind aus den Kopf der Bevölkerung rcick'lich 2 Zentner berechnet. Da zu Spiritus, Flocken un- Stärke weitere 6 Millionen Tonnen verarbeitet werden, so ver bleiben für Vichfütterung 40 Millionen Tonnen gleich 800 Millionen Zentner. Für diese riesige Futtermassc ist schlechterdings eine andere Verwen dung nicht vorhanden Ja es must bedauert werden, dast die Futtcrkartoffeln bis ins späte Frühjahr hinein gestreckt werden müllen, da sie durch Fäulnis und Keimung leiden. Eine bessere Verwertung der Futterkartoffel, wie sie ja auch von den Führern der Landwirtschaft, vor allem von Gras Schwerin, erstrebt wird, die Verarbeitung zu Flocken und Schnitzeln in Kartoffeltrockunqsanstalten, wäre aus volkswirtschaftlichen Gründen höchst erwünscht. Leider ist diese Industrie noch wenig vorgeschritten. Wollte man nun in diesem Jahre, wo die Kartoffel ernte quantitativ und qualitativ so günstig aus gefallen ist, den Viehbestand berabsetzen, so hieß: das noch gröstcre Mengen dem Verderben auslicfern. Wenn trotz unserer unvergleichlichen Kartoffelernte Speisekartoffeln nur schwer und zu nicht angemessenen Preisen in den Handel kommen, so sind die Gründe hierfür leider in einer nicht schwer genug zu ver urteilenden Spckulationssucht mit Volksnahrungs mitteln zu suchen. Die Notwendigkeit, Futtermittel der menschlichen Ernährung mehr als bisher zunifübren. liegt keines falls vor. Es fragt sich weiter, ob eine Verminde rung des Viehbestandes zwecks Streckung der Futter mittel geboten ist. Unseres Erachtens rnusi man die Entscheidung dieser Frage dem Landwirte überlassen. Auf Grund einaebender Erfahrunaen must er mit Sicherheit beurteilen können, wieviel Vieh er auf Grund seiner Futterbestände dnrchhaltcn kann. Ge waltsame Eingriffe seitens des Staates könnten hier unübersehbaren Schaden verursachen und dürften durchaus nicht im Interesse der Allaemeinhcit liegen. Wie denkt man sich überhaupt die Verminderung des Viehbestandes? Schweine können doch nur abgcschlachtet werden, wenn sie ausgewachsen sind. Tiere in einem Alter, in dem sie am stärksten zunehmen, zu schlachten, könnte vom volkswirtschaftlichen Standpunkte aus nicht scharf genug verurteilt werden. Ein Rückgang des Schweinebcstand-'s würde also nur durch Ver minderung der Nacb ucht bewirkt werden können. Dast die Landwirtschaft n^-ch dieser Richtung hin be reits vorgegangcn ist, darf mir Sicherheit an genommen werden. Der Bauer weist, dast bei hohen Kartoffel- und Klcicprciien -er Verdienst an sich kein allzu hoher ist und dast ansterdem bei dem starken Rückgang des Fleischkonsums ein starkes Angebot die Preise in absehbarer Zeit herabdrücken müsste. Nach dieser Seite bedarf cs jedenfalls keines staatlichen Druckes. Höchst bedenklich aber erscheint cs. unseren nutzbringenden gesunden Rindcrbestand ohne Not an- zugrcifrn. Er repräsentiert einen Wert von 7 Mil liarden, und gleichfalls nach Milliarden beziffert sich sein jährlicher Nutzen aus Milch, Butter. Kä!e und Fleisch Nutzvieh abzuschlachten ist schon deshalb un tunlich und lästt sich nur im äustcrlten Notfälle recht fertigen, weil man aus ihm weit mehr heraus nimmt, als man hineinffiitcrt. Leider hat ab und zu eine Verminderung des Rinderbestanbes eintrclen müssen, zulrtzt im Jahre 1911. Dann lag aber ein absoluter Zwang vor, hcr- oorgerufen durch eine Misternt: in den wesentlichsten Futtermitteln. Besonders hat anhaltende Trocken heit schon öfter unseren Viehbestand bedroht. Gegen wärtig ist er aber durchaus nicht gefährdet. Ls fehlen uns 3 Millionen Tonnen Futt.'rgcrst« und un gefähr 700 000 Tonnen Kleie, die uns Rußland in den Vorjahren lieferte. Was bedeuten diese Mmgcn aber unseren sonstigen Futtervorräten gegenüber? Für seinen Ninderbestand d.'ckt sich der Dauer be sonders ein; ja man kann sagen, dast beim mittleren und kleinen Bauern die ganze Feldwirtschaft auf die Viehhaltung zugeschnitten ist. Die Erträgnisse der Wi.'sen. der Klee-, Rüben- und Krautfelder. zum Teil auch der Kartoffelfelder kommen in der Haupt' fache als Futter für die Rinder in Betracht. Hier bei handelt es sich um ungeh'ure Futtermassen denen gegenüber die fehlenden 3 Millionen Tonnen Futter gerste nicht allzuschwer in die Waqschale fallen. Um diese noch mit auszubringen, würde eine Erntrflach« von nur 1.3 Millionen Hektar völlig ausreichend sein. Der ganze landwirtschaftliche Betri ü» ist cnff die Viehzucht eingestellt . und ein Eingriff würde schwere Störungen zur Folge haben. Ungefähr von Mitte Mai bis Ende Oktober, je nach der Gunst der Wit terung, nährt der Landwirt die Rinder vornehmlich mit dem Grünklee, d:r zwei- bis dreimal geschnitten wirb. Was sollte nun aus dem nächstjährigen Klee werden, der bei günstigem Stande kaum zu ver füttern ist. wenn man den Rinderbestond erheblich verminderte? Kommt der Klee im Frühjahr gut an, und dazu ist nach dem Stande im Herbste begrün dete Aussicht vorhanden, so ist der Bauer bez. der Rindcrv'rsorgung schon der schwersten Sorge über hoben. Für den Winter kommt vor allem die Heufütte rung in Betracht. Wir haben im Jahre 1913 einen seltenen günstigen Heuschnitt gehabt, und das lange Aushalten des Grünfutters hat die Inangriffnahme der Heuvorrätc bis zum E.nlreten der ^rcstfrostc hinausgezögert. Da nun durch den Kri:g auch noch der Pferdebcstand geringer geworden ist, kommen für die diesjährigen austerordcntlichcn.Heuvonäte, es han delt sich um rund WO Millionen Zentner, hauptsäch lich nur Vie Rinder als B:rbraucher in Betracht. Auch hierin liegt ein gewichtiger Grund, den Rinder bestand voll aufrechtzuerhalten. Für den Winter hat sich der Bauer noch mit Kraut und Futterrüben versorgt, und auch diese sind infolge der häufigen Niederschläge gut geraten. Dast zur Vi'hflltterung austerdem noch 800 Millionen Zentner Futter, kartofseln vorhanden sind, ist schon vorher gesagt wor den. Das sind für 40 Millionen Rind.'r und Schweine berechnet, die jüngsten Tiere sind für den Kartoffel verbrauch noch nicht mit cinzustellen, pro S:ück 20 Zentner jährlich. Bei Heu und Futterrüben dürfte cs sich um annähernd dasselbe Quantum handeln. Als Viehfutler müssen weiter ausgcoraucht werden Spreu und Hrferstroh, und von Bedeutung ist auch ver Verbrauch der übrigen reichen Strohvor- räte zur Streu; da die Landwirtschaft auf ein be stimmtes Quantum Stalldünger einoer'ch.ct ist. Den vorst:henden Ausführungen ist zu entnehmen, dast die eigene Futtercrnte für die Durchhaltung des Viehbestandes selten so günstig gewesen ist wie in dir, sein Jahre, unv vergegenwärtigt mon sich die>c ge waltigen Futtermassen, jo kommt man zu der Ueber- zcugung, dast das Fehlen der 3 Millionen Tonnen Futtergersie unseren Viehbestand nicht erschüttern kann. Es handelt sich dabei ja auch nur um einen Teil eines Kraftfutters. Wir selbst bringen aus eigener Ernte 3 Millionen Tonnen Gerste zu Futter zwecken auf. und nicht zu unterschätzen ist die Kleie von 12 Millionen Tonnen Roggen und 1,6 Millionen Tonnen Weizen und der Schrot aus dem geringen, nicht mahlfähigen Getreide aller Art. Austerdem er fährt unser Körnermarkt im Kriegsjahre durch Ver hinderung der Ausfuhr auch eine b:achtenswerte Stärkung; denn es bleiben dem Vorjahre gegenüber im Lande: " Tonnen Roaoenmehl, 600 000 „ Roggen, 150 000 „ Hafer, 180 000 „ Weizenmehl, 100 000 ,. Haferflocken, Griest, Grütze, Graupen. Diese ganz beträchtlichen Mengen, die nach der Statistik vom Jahre 1913 ins Ausland gegangen sind, kommen während des Krieges der Ernährung unfer?s Volkes und unseres Viehbestandes zugute. Es ist weiter zu erwägen, daß Brennereien und Brauereien, die Nahrungsmittel als Rohstoffe ver arbeiten, zurzeit wesentlich in ihrem Konsum und Kontingent beschränkt sind. Die in Frag: kommen den Industrien verarbeiteten 1912/13 nachstehende Rohstoffe: 722 000 Tonnen Malz, 366 000 Getreide, 2 730 000 „ Kartoffeln. Diese Zahlen lassen erkennen, daß auch die Ein schränkung der Brennereien und Brauereien von Be deutung für die Viehfütterung sein dürfte. Es darf weiter die Verringerung des Pferdeve- ftanües nicht unterschätzt werden. Das Pferd ist zwei fellos ein sehr kostspieliges Tier. Allein Haser ver braucht cs jährlich, sehr mäßig gerechnet, 2ö Doppel zentner, das ist genau der Ertrag ecnes Hektars. Unsere 4,2 Millionen Pferde in Deutschland vean- spruck^en also nur in dem einen Futtermittel eine Erntefläche von 4,2 Millionen Hekrar, das ist zwei Drittel der Fläche, auf der wir 70 Millionen Men schen mit Brot ernähren. Die 9,7 Millioiren Tonnen Hafer, die Deutschland jährlich erzeugt, werden bis auf einen kleinen Teil als Pferdefutter verbraucht. Die allmähliche Verdrängung des Pferdes durch das Auto ist also eine volkswirtschaftliche Frage aller ersten Ranges. Augenblicklich kommt es uns nun sehr zugute, daß der Pierdebestand durch den Krieg stark vermindert worden ist, und daß ein gut Teil Futter für Kriegspferde im Auslande requiriert wird. In Sachsen allein sollen nach Angaben des Landeskultur rates 30 000 bis 50 000 Stück fehlen, das wäre ein Viertel des gesamten Pferdebcstandcs (171 000). Wenn eine dementsprechende Menge Hafer und Heu für andere Futterzwecke frei würde, so brauchten wir uns um Futterersatz überhaupt nicht zu sorgen. Ein ansehnliches Quantum Hafer wird auf jeden Fall für die Viehmast frei werden. Weiter ist mit einem Futtcrzuwachs aus der Zuckerrübenindustrie zu rechnen. Bekanntlich ist Deutschland das erste Zuckerlan- der Erde. 1912/13 produzierte es 2,6 Millionen Tonnen Zucker, das dop pelte Quantum des eigenen Bedarfs. Da uns nun bis auf weiteres die Ausfuhr in diesem Produkte ab geschnitten ist, müssen die Zuckerrübenvorräte in diesem Jahre einer anderen Verwendung zugeführt werden, und da kann nur die Viehfütterung in Frage kommen. Schon heute bieten Zuckerriibenfabriken Schnitzel aus getrockneten Zuckerrüben als Kraft futter an. Der deutsche Viehzüchter wird das An gebot begrüßen; denn cs handelt sich in Deutschland um 16,6 Millionen Tonnen Zuckerrüben. Hoffentlich sind auch die Mahnungen der Be hörden, die Küchenabfälle mehr als bisher der Vieh fütterung zukommen zu lassen, auf recht fruchtbaren Boden gefallen. Da Hunderttausende von Haushal tungen in Frage kommen, handelt es sich auch hier um recht beträchtliche Futtermengen, die gewonnen werden können. Eine Verminderung des Viehbestandes lästt sich von keinem Gesichtspunkte aus rechtfertigen. Was für die menschliche Ernährung mehr gebraucht wird als in den Vorjahren, ist reichlich vorhanden und fällt gar nicht ins Gewicht. Die Notwendigkeit einer besonderen Streckung der Futtermittel ergibt sich nicht aus dem bloßen Fehlen der ausländischen Futtergerstc. Sie ist ein ansehnlicher, aber dock nicht ausschlaggebender Faktor in der VtelMterung, für die Ersatzmittel verschiedener Art vorhanden sind. Für viele Futtermittel liegt aber das Bedürfnis eines reichlichen und raschen Verbrauchs vor, wenn nicht riesige Werte verloren gehen sollen. Ein Rück gang in der Schweinezucht, mit dem auch «ine Er sparnis an Kraftfutter verbunden ist, wird sich von jelbst ergeben, da wir bei unserem derzeitigen Flellchkonsum den vorjährigen Bestand nicht aufzu- zehren vermögen. Dagegen würde uns eine Ver ringerung de? Rindcrdcstandes ein« Knappheit und austerordentliche Verteuerung der Molkcreiprodukte bringen, die von der gesamten Bevölkerung schmerz lich empfunden werden würde. Und Sachverständige werden zugestehen dast ein guter Viehstand leicht zu ruinieren, aber schwer wieder zu ersetzen ist. Darum sollte man nur in der äußersten Not daran denken, ihn anzutasten. Keine Landwirtschaft der Erde brtuDt
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