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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 31.12.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141231017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914123101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914123101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-12
- Tag 1914-12-31
-
Monat
1914-12
-
Jahr
1914
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veur 2. Nr. 662. Morgea-Nllsvsve. Leipzig« Lagediatt. vonnerstsg, Sl. vrremvrr 1914. sagt, daß di« franrösische Regierung den Befehlshaber der französischen Truppen in Marokko ermächtigt habe, ganz SUdmarokko bi» Mekiue« zu räume«. lD. T.) Ein Streiflicht auf -ie englische ,kultur*nation. Aus den Angaben eines in Adlersbot entwichenen Freiwilligen des 11. englischen Husarenregimrnts, des Jockeis John Pinkus, ist folgende Stelle be merkenswert: „Vor dem Schictzunterricht wird heroorgchoben, vag zwar in diesem Kriege Dum-Dum- Gc schosse nicht verwandt rverden sollten, Vas; man solche aber sehr leicht Herstellen könne durch Behandlung mit dem Taschenmesser oder durch Abschleifen an Steinen." Hier zeigt sich wieder einmal ko recht deutlich, wie wesensfremd dem englischen Charakter ehrliche Offenheit ist. Man erwähnt in der Unter weisung an die Rekruten zwar das Verbot, Dum- Dum-Geschosse anzuwenden, gibt aber zugleich den Weg zu seiner Umgehung an. Wie überall sonst, so auch hier: Heuchelei und Hinterlist, 3Bann werden wohl endlich den wirklichen Trägern von Kultur und Gesittung allenthalben in der Welt die Augen aufgchen? Der Aussan- -es russischen Heeres. Die „Voss. Zeitung" teilt einen Brief mit, der in Lodz in deutsche Hände siel und von einem russischen Artillerieoffizier herrührt. Der Brief ist geschrieben am 11. November. Wir ent nehmen ihm folgende Stellen: „Der Abend brachte uns eine Uebcrraschung und einen Schreck: Wir sabrn in u n s e r e m R ü ck e n Feuer aufblitzen, Kanonenschüsse und Ee- wehrfeuer, und obendrein wurde uns noch amtlich mitg.'tcilt, datz unsere Lage hoffnungslos sei. In der Nacht nahmen wir voneinander Abschied, tranken unseren Tee und ginge» in die Schanze. Natürlich verging die Nacht ohne Schlaf. Am Morgen, etwa um ti Uhr. wird uns eilig mitgeteilt, datz wir standhalten sollen bis aufs äußerste, da eine neue Armee uns zu Hilfe komme. Cs war schrecklich, es verging die zweite vollkommen schlaflos: Nacht. Kein Brot, keine Furage, Panik in der Stadt und jchreckensvollc Erwartung bei uns. Der Kampf geht weiter, schon zwei Wochen sind wir ununterbrochen im U-efecht, Tag und Nacht, Gcst.ru beschossen sic unsere Hütte, wo wir uns einlogiert hatten: wir muszten uns davonmachen in die Schanzen — obgleich in den Schanzen auch Ocfcn sind, so ist es doch auszcrordcnt- lich unangenehm dort, kalt, f.'ucht und schmutzig. — DieNerven versagen ihrcArbeit. Jetzt zuckt man zusammen, nicht blosz bei jeder deutschen Granate, sondern auch bei dem eigenen Schutz; klappert ein Soldat mit der Teekanne, hackt man Holz für den Ofen, so ist cs unerträglich. Geht es so weiter, so sind wir Kandidaten für das gelbe Haus. Begreife, ohne Schlaf fast ganze fünfzehn Tage! Keine Zeitungen, keine Briese, die Post bekommen wir seit dem 26. Oktober nicht mehr. Krankheits halber wegzusahren — daran ist nicht zu denken — Offiziere gibt es wenige, und das Ge wissen erlaubt es nicht. In der Infanterie sind in den Regimentern fünf bis sechs Offiziere statt sechzig." Vie Strafe gegen Hussein Kemal. lVergl. auch die gestrige Abendnummer.) Konstantinopel, 30. Dezember. Die Ankündigung schwerwiegender Matznahmen gegen Hussein Kemal machen groszen Eindruck, da sie in der Geschichte des Islam selten vorgekommen sind. Durch Beschlutz der Regierung wird Hussein Kemal der Generals rang und der Paschatitel abgc sprachen. Die in den Fetwas verhängten Strafen kommen einer Proskription bzw Exkommunikation gleich. Ueber -ie Zamilienunterssühungen währen- -es Krieges schreibt die „Nordd. Allg. Ztg ", da» die im Inlande zurückgebliebenen Familien von Mannschaften, Re serve usw., die in den deutschen Kolonien in den Kriegsdienst eingetreten sind, in jeder Hinsicht den Angehörigen der aus dem Inlande eingetretenen Mannschaften gleich- zustcllen sind. Hierbei genügt schon die Wahrschein lichkeit des erfolgten Diensteintritts zur Anweisung der Unterstützungen. Müssen derartige Familien infolge von kriegerischen Ereignissen ihre Heimstätte verlassen und in anderen Orten Zuflucht nehmen, jo müssen, falls eine gesetzliche Unterstützung von Lieie- rungsverbänden des gewöhnlichen Aufenthalts- ortes nicht gewährt werden kann, die Lieserungsver- bände des ersten Zufluchtsortes für sie eintreten. Diese Lieferungsverbände haben die Unterstützungen auch bei späterem Aufenthaltswechsel weiterzuzahlen. Kehren jedoch die betreffenden Familien wieder in die Heimat zurück, so sind die heimatlichen Lieferungsverbände zur Weitergewährung der Unter stützungen verpflichtet. Bei Erlatz des vorgesehenen Spezialgesetzes wird dafür Sorge getragen, daß die erwähnten Bewilligungen in Höhe der gesetzlichen Mindestsätze den Lieferungsverbünden vom Reiche erstattet werden. Eiserne kreuze. Da; Eiserne Kreuz erhielten ferner verliehen: der Major Hans von Lüttichau aus Wismar i. Meckl. (1. Klasse), der Regimentskommandeur Oberstleutnant von Lewinski, der Rittmeister Freiherr von Esebeck, der Leutnant der Reserve von Dreßler, der Leutnant der Reserve von Heutig, sämtlich die 1. Klasse, alle sind vom Kürassierregiment 3, der Kommandeur des Infan terie-Regiments 44 von Rode-Diez elsky (1. Klasse), der Feldwebel im Insanterie-Rogi- ment 181 Karl Biber, der Vizefeldweb.'l im Infanterie-Regiment 104 Otto Max Langer, Mitinhaber der Firma Gotthilf Langer in Chemnitz, der Unteroffizier der Landwehr im Rcseroe-Infan- terie-Regiment 104 Max Seidl er. Gerichts schreiber beim Amtsgericht Chemnitz, der Unteroffi zier im Ersatz-Bataillon 45 der Arme: Gruppe Fal- kcnhausen Oswald Rothe, Sohn des Gutsbe sitzers Robert Rothe in Rudelsrvalde (er erhielt be reit» früher die Friedrich-August-Medaille in Sil ber verliehen), der Fahnenjunker bei d:r gern- iprechabteilung 27 Wilhelm, Sohn des Apo- thekers WilhÄm in Zwickau, der Leutnant und Bataillonsadjutant im Infanterie-Regiment 181 Hohmann, Sohn des Dr. Hohmann in Neu städte!, der Major im Acldartillerie-R:gimcnt 77 v. Schön fels, Besitzer des Ritterguts Rupperts- arün (1. Klasse), der Leutnant Fritz Krämer, Beamter der Plauener Bank ler hatte bereits das Bayr. Verdienstkreuz mit Krone und Schwertern er halten), der Kriegssreiwilliae Kurt Schmeitzer aus Plauen (unter gleichzeitiger Beförderung zum Gefreiten), der Ofsizierstellvertreter Oskar Col bitz aus Auerbach i. V. (unter gleichzeitiger Beförde rung zum Leutnant), der Gefreite Alfred Pfretzschncr aus Reichenbach, der Hauptmann und Kompaniefllhrer Sietz (1. Klasse), der Offizier d« Landioehrkaoalleri« Fritz Arnold t, Direktor tat der Patzrnhof« Brauerei in Berlin, der Bta-o» arzt in einem Reserve-Znfanterie-Regiment Dr. Kron er, leitender Arzt des Sanatoriums Schlach tens«, der Bankvorstand der Bank der Ostpreußischen Landschaft (Wanwitt, Ostpr ), Leutnant der Reserve Walter Schukert aus Neuruppin. — Das Eiserne Kreuz in 4. Generation besitzt jetzt die Familie von Wechmar, und zwar sind damit aus gezeichnet worden: 1813: Freiherr von Wechmar, Kgl. Preuß. Rittmeister: 1870: Kgl. Preus,. Haupt- mann, Kommandeur der Stabswache 5. Armeekorps, Freiherr von Wechmar; 1914: Major im Füsilier- Regiment Nr. 30 Freiherr von Wechmar und dessen Sohn, Leutnant im Grofzherzoglich Mecklen burgischen Grenadier-Regiment Nr. 89 von Wech mar. — Dem Hauptmann im Reserve-Feldartillerie- Regiment Nr. 20, von Schneider-Egestorf, wurde zu seinem Eisernen Kreuz 2. und 1. Klasse auch das Oldenburgische Friedrich-August-Kreuz 2. und 1. Klasse verliehen. Der Leutnant der Reserve F e l d m a n n - Frankenfeld im Braunschweigischen Husaren-Regiment Nr. 17, kommandiert als Ordon- nanz-Offizicr bei der 40. Infanterie-Brigade, erhielt zu seinem Eisernen Kreuz 2. Klasse noch das Braun schweigische Verdienst-Kreuz am blau-gelben Bande. Auch der zweite Sohn des Rittergutsbesitzers Feld- mann-Frankenseld, Leutnant im Reitenden Feld jäger-Korps, vor seiner Verwundung beim Garde- Iägcr-Vataillon, hat bereits im September das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhalten. Zürs vaterlan- gefallen. Wie aus den Familiennachrichten der vor liegenden Ausgabe unseres Blattes ersichtlich ist, starben den Heldentod fürs Vaterland: Reinhold Ziesing >im Gefangenlager auf Korsikas, der Soldat Richard Burkhardt aus Roitzsch bei Lommatzsch. Der Kgl Sachs. Militär- verein lO7er zu Leipzig gibt bekannt, dasz das Mit glied, Oberleuinant und Kompanieführer im Land- wehr-Regint. 104 Gerichtsassessor Dr Curt Dittrich den Soldatemod starb. Die Firma Meier L Weichelt widmet wiederum dreien ihrer auf dem Felde der Ehre gefallenen Angestellten einen Nachruf. Die Freie farbentragende Verbindung „Hercynia" zeigt den Heldentod ihres inaktiven Burschen,Unteroffiziers der Landwehr im Infanterie-Regiment 105, cami. matb. Fritz Schubert an. Den Soldatentod er litten ferner: Oberleutnant der Landwehr Richard Jäger, Gefreiter der Mafchinengewchrkompanie des Injanterie-Regts. 10lj Will» Schneider, Gefreiter im Infanterie-Regiment 107 Kurt Güldner, Mit glieder der Turngemeinde Leipzig, D. T. Die Beamten schaft des Kaiser!. Bahnpostamts 21 gibt den Helden tod ihrer Mitarbeiter Oberposüchassner Ernst Fröbel, Postschaffner Paul Jänicke, Post schaffner Moritz Naundorf, Postschaffner E m r l Scheibe, Postbote Neinhold Wenzel bekannt. Ferner fielen auf dem Felde der Ehre: der Leut nant der Reserve im Landwehr Grenadier-Regi ment 101 Albert Rönsch, Seminarlehrcr in Auerbach i. V., Sohn der Frau verw. M. Rönsch in Nicderdöerwitz. der Ersatz-Reservist im Infanterie- Regiment 107 Postassistent Curt Schäfer aus Meuselwitz, der Einjährig-Kefreite im Schützen-Regi ment 108 Bankbeamter Richard Lorenz aus Freiberg, der Jäger im Rcserve-Iäger-Bataillon 21 Rudolf Paul Lippert aus Dresden, Diakon -er westfälischen Diakonissenanstalt „Nazareth", der Sergeant in, Infanterie-Regiment 100 Fritz Reim, Ritter des Eisernen Kreuzes und Inlmbcr der Friedrich-August-Medaille. der Ersatz Reservist im k. u. k. Linien-Inmnterie Regiment 10 Gustav 10 eist ler, -er Landwehrmann im Reseroe-Iägcr- Bataillon 13 Oswin Kunze, Baumeister, der Soldat im Infanterie - Regiment 134 Walter Wendel, der Gefreite im Infanterie-Regiment 105 Bruno Fritzsche, -er Kriegsfreiwillige im Feld artillerie-Regiment 77 Curt Wünsch, Ler Land wehrmann im Rescrve-Insanterie-Regiment 245 Oberpostschasfner Martin W erncr, sämtlich aus Leipzig, der Kriegsfreiwillige im Infanterie-Regi ment 107 Richard Jeep, Oberprimaner des Schiller Realgymnasiums. Sohn des Apothekers Jeep in Nerchau, der Leutnant der Reserve im Landwehr- Grenadier-Rcgimcnt- 101 Assessor Dr. jur. W i l - h elm Körne r, Sohn des Stadtrats Dr. Körner in Dresden, der Leutnant der Reserve und Kompanie führer im Grenadier-Regiment 100 Richard Schiller, Ritter des Eisernen Kreuzes, der Ober jäger der Reserve Alfred Knirsch, sämtlich aus Dresden, der Unteroffizier der Landwehr Kand. des höheren Schulamts Hugo Paul Hauptmann, Sohn des verstorbenen Gllterverwalters am oberen Bahnhof in Plauen Hauptmann, Ritter des Eisernen Kreuzes, der Landwehrmann im Reseroe-Infanterie- Regiment 133 Zeichner Paul Kurt Wunder lich aus Planen, der Einj.-Kriegsfreiwillige im Infanterie-Regiment 105 Stud. phil. Albert Martin Schmalfutz aus Ellefeld, der Land wehr-Unteroffizier Ernst Paul Dem m ler, Ritter des Eisernen Kreuzes (früher Bürgerschul lehrer in Oelsnitz, alsdann Seminarlchrer in Löbau), der Unteroffizier der Landwehr im bayr. Reserve-Ink intcr e-Regiment 21 Ernst Seemann aus Crimn Usch cu. der Major und Bataillonskom- mandenr, zu.c.zt Rcgimentsführer Konrad von der Lenen aus Jena, der Leutnant der Landwehr Otto Appelius aus Berlin, Verlagsdirektor und Schriftleiter, der Oberleutnant Kurt Dahm- Berlin, Ritter des Eisernen Kreuzes 1. und 2. Klasse, der Kriegsfreiwillige Herbert Oesterreich, einziger Sohn des kaiserlichen Bankrats Oesterreich in Stralsund. Ehre ihrem Andenken! weitere Mel-ungen. * Das neue englische Naturalisie- rungsgcjetz, das am Freitag in Kraft tritt, er möglicht englischen Witwen deutscher Männer die Wiedererlangung der britischen Staatsangehörigkeit gegen eine Gebühr von 5 Schilling * Die Universität Budapest hat an den Rektor der Universität Tübingen eine Zuschrift ge richtet, in der sie erklärt, dasz sie sich dem gemein samen Protest der deutschen Universitäten gegen die verleumderischen Beschuldigungen des Dreiverbandes anschliefzt. Ungarn un- -er Krieg. ?. Der feindliche Lügcnfeldzug bat sich während der letzten Zeit besonders auch gegen Ungarn ge- richtet. Erst wurden in der Londoner Press« opposi tionellen Budapester Zeitungen deutschfeindliche und antiösterreichifch separatistische Acutzerungcn unter geschoben. die sic in Wirklichkeit niemals getan hatten. Die Folge war, dass die verleumdeten unga rischen Blätter die Fälschung öffentlich als solche seststelltcn. Durch diese Erfahrung nicht abgeschreckt, bat die „Morning Post" neuerdings den ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Tisza und einige Füh rer der ungarischen Opposition vor ihren Lügenkarren gespannt. Uebercinstimmend wurde ihnen die Mei nung unterstellt, das, der österreichisch-ungarische Gcncralstab Ungarns Bedürfnisse gegenüber dem russischen Angriff nicht genügend berücksichtige, um im Anschluß hieran mit dem Gedanken eine« un- »chhSevge«, v. h. »an Oesterreich getrennten, Ungarn zu spielen und Las Gerücht von der Einreichung eines Rücktrittsgesuches des Ministerpräsidenten aus- zustreuen. Dieser Darstellung wollte man den An schein der Glaubwürdigkeit dadurch geben, datz sie als ein Bericht über die letzten Verhandlungen des ungarischen Abgeordnetenhauses verbreitet wmü>e. Da weder das Abgeordnetenhaus feit geraumer Zeit getagt hat, noch eine entsprechende Rede vom Grafen Tisza jemals gehalten wurde, konnte der Lügen charakter jener Ausstreuungen ebenso leicht fest gestellt wie erkannt werden. Was aber die Hineinzerrung ungarischer Oppo sitionsführer in den Schwindelfeldzug anbelangt, so hat die „Morning Post" auch nach dieser Richtung auf eine empfindliche Lektion nicht lange zu warten brauchen. Nachdem nämlich das genannte Londoner Blatt den Grafen Apponyi und Andrassy nachgesagt hatte, an die ungarische Nation den Auf ruf gerichtet zu haben, sie möge selbst die Grenzrn des Königreichs verteidigen, wenn die Behörden ihre Wünsche nicht hören wollten —, sind in einem Wiener Blatte Auslassungen beider Politiker er schienen, die von nichts anderem als von bundes freundlicher Gesinnung und von der Unterordnung unter den österreich fch-unaarischen Staatsgedankcn Zeugnis ablegen. Gras Andrassy widerspricht den Gerüchten, da» in Oesterreich und in Ungarn Friedenssehnsucht herrsche, und erklärt: In Ungarn existiert kein ernster Bürger, der nicht die Fortsetzung des Kampfes bis zum vollen und ganzen Siege fordern würde. Wir wollen den Frieden und werden ihn erkämpfen und erringen. Aber dieser Friede mutz auch die Er füllung aller berechtigten Wünsche Oesterreich- Ungarns bedeuten und dessen Nationen die Ruhe und Entwicklung dauernd sichern. Ganz ähnliche Gedanken äutzert Graf Apponyi, indem er ausführt: Wir müssen zunächst uns und dann der gesitteten Menschheit den Frieden er kämpfen, der ein wirklicher Friede ist. Zu diesem Zwecke mutz die Kraft des moskowitischen Erbfeindes und seiner westlichen Hel fershelfer, die zu den Verrätern an der westlichen Kultur wurden, gebrochen werden. Schon nimmt das quantitative M tzoer- hältnis zwischen uns und Nutzland ab. Un'ere quali tative Ueberlegenhert macht sich immer mehr gellend. Ausharren ist beute die größte Pflicht. Die Friedenssehnsucht mutz heute die Gestalt der kriegerischen Entschlossenheit annehmen. Die Treibereien der „Morning Post" haben also keinen anderen Erfolg gehabt, als die namhaftesten Führer der Opposition zu einer geharnischten Kund gebung ihrer entschlossenen Kampfesfreudigkeit und Siegeszuversicht zu bestimmen. Der Triumph -er »Vailp Mail*. Wenn irgendein Blatt ein „Verdienst" an dem Ausbruch des Weltkrieges hat, so ist es die Londoner „Daily Mail". Diese vielgelesene Zeitung gehört mit den „Times", der „Evcning News" und einer Rerhc von Zeitschriften zu dem Harmsworth-N ng und ist Eigentum des Lords Northcliffe, der sich als Zeitungskönig aufspielen darf und tatsäch lich einen guten Teil der öffentlichen Meinung Eng lands beherrscht. Die „Daily Mail" hat kürzlich ein Buch heraus gegeben, das sich betitelt: SeLre-^longerinM krijw tbe i)or!z' Kail 1896—1914. Scarc-Monger, wörtlich übersetzt: Schreckenskrämer, war ein Spottwort für die nervösen Leute, die nachts über London gespen stische Zeppeline schnurren hörten und in jedem deutschen Kellner einen spionierenden Stabsoffizier witterten; die Zeitung legt sich jetzt dieses Wort, das Beispiel der Geusen nachahmend, als ehrende Be zeichnung zu und klebt auf dem Titelblatt an „Daily Mail" den anreißerischen Zusatz: „Das Blatt, das den Krieg vorausqesagt hat." Die „Daily Mail", die grotze Eelderwcrbunqs- maschinc, als getreuer Eckart des englischen Volkes, ist wahrlich ein Bild, vor dem die Briten, die sich noch einen Schimmer gesunden Urteils bewahrt haben, nicht wissen werden, ob sie weinen oder lachen sollen, denn geachtet war die Zeitung nie. wenn auch viel gelesen, weil sie di« Sensationsgier des breiten, denkfaulen Publikums als ihr oberstes Gesetz an erkannte und diesem unersättlichen Moloch stets ohne Zaudern Anstand. Ehre und Gewissen opferte. Aus Geschäftsgründcn betrieb sic die gefährlichste inter national« Brandstifterci; mit Recht hält die „Daily News" dem edeln Lord Norrhcliffe vor: „Sie haben Krieg gepredigt als eine journalistische Sensation — Krieg in Südafrika, Krieg mit Russland, Krieg mit Frankreich. Krieg mit Deutschland. Bürgerkrieg in Ulster." Jetzt, wo «ine dieser mannigfachen Kriegs ansagen, und zwar die sensationellste, dem Stratzcn- verkauf förderlichste und deshalb am häufigsten wiederholte, in Erfüllung gegangen ist — durch ge wissenlose Rabulisten am Staatsruder un- nicht durch ein unabwendbares Schicksal —, wirft die nichtsnutzige Kläfferin grotzartig den Propheten mantel um und verlangt den Tank des Vaterlandes. Man könnte sie vergleichen mit einer bösen Sieben, die ihren einfältigen Gatten unablässig gegen den friedlichen, fleissigen Nachbar aufgestachelt hat, und die sich dann an« Tage einer blutigen Prügelei hin stellt und ruft: .Hut ab vor meiner Prophetengabc, ich habe diesen Streit lange vorausgcsagt!" Die „Köln. Ztg." zeigt an der Hand einer Blütenlese aus dem englischen Blatte, datz cs aller dings den Krieg vorausgesogt hat, was aber nicht im geringsten Wunder nimmt, weil cs, von geringen gelegentlichen heuchlerischen Freundschaftsanwand lungen abgesehen, die Kriegshetze gegen Deutschland fort und fort betrieben hat. Ganz mit Recht zieht die „Köln. Ztg." folgende Schlußfolgerung: „Die Nutzanwendung des Buches, das die „Daily Mail", tbv paper ilmt koretolck tko «ar, — wer denkt da nicht an die Reklamen profitsüchtiger Wahrsager und Hellseher? — herausgegeben hat, liegt in der Lehre, datz das Publikum die Presse hat, die es verdient, datz es sich selbst an der Nase zupfen soll, wenn Unternehmen wie die „Daily Mail" emporblühen. Gewitz, die Zeitung ohne idealen Rückhalt, Zeitungen, denen cs nicht um die Wahrheit, sondern um die Sensation zu tun ist. sind ein Krebsschaden am Leibe der Nation. Die Gefahr. :inc Zeitung lediglich aus Gewinnrück sichten zu leiten, liegt am nächsten, wenn in der Hand eines einzigen Unternehmers Blätter von ver- schicdener Art und Richtung vereinigt werden. Das journalistische Gewissen mutz darunter leiden. Hoffentlich bleibt Deutschland von solchen Engros- betrieben mit Geistesfuttcr verschont; die Macht, die sie den Eeschäftskniffen und dem persönlichen Ehrgeiz «ines einzelnen unverantwortlichen Geldmanncs ein räumen. ist, wie das Beispiel des Lords Northcliffe lehrt, dazu angetan, das öffentliche Leben herunterzudrücken, das ruhige Urteil zu verwirren, und statt eines gesun den, würdigen Patriotismus einen häßlichen, plebejisch-schreienden Chau vinismus zu züchten. Datz alle Schatten- eiten des englischen Bolkscharakters jetzt in so er- chrcckendcr Weise hervortreten, dafür mögen sich pätere Geschlechter England» auch bei Northcliffe und fttnesgleichen bedanken." Eia mißglückter französischer Sturmangriff. Der Redakteur des ,Sigaro", Charle» Tar- dteux. der den Feldzug als Korporal mitgemacht hat und dabei schwer verwundet wurde, gibt, wie wir dem „Hamb. Frrmdenblatt" «ntnehmen, fol gende packende Schilderung von einem mißglück ten französischen Bajonettangriff: Da waren wir also mitten im Tosen der Schlacht. Es ist das erstemal, und wahrhaftig, wjr sind ein wenig aufgeregt, ein wenig zögernd und ungewiß. Die Kugeln, die unbeirrt ihre Bahn unter dem Blätterdach dahinsausen, weben ein Netz um uns, dessen unsichtbare Maschen fortwährend losgetr:nnr, fortwährend erneuert werden, und in das wir uns blindlings mit gesenktem Kopf wie Fische stürzen. Diese furchtbaren Mitrailleusenmähmaschinen! Wenn wir rückwärts marschierten, würde uns der Tornister etwas beschützen. Aber nein, es heißt, den Kugeln, die den Mensch-n -urchspietzcn wie eine Nadel das Gewebe, die Brust, die Stirn, die Augen darbieten, alles das, was der böse Zufall zu Brei zermalmen kann. Ich beneide das Rhinozeros und das Krokodil. Niemals habe ich so alle meine verwund baren Stellen gefühlt. Schnell den Tornister auf den Rücken! Das Gefühl der Pflicht kommt mir zusammen mit dem der Gefahr zum Bewußtsein, und ich versuch:, nicht mehr an den- Kampf zu denken. Ich fühle mich für den Mut eines kleinen Teiles dieser lebendigen, marschierenden Mauer ver antwortlich und blicke auf meine Kameraden. Keiner von ihnen steht aufrecht, alle liegen der Länge nach im Gras. Plötzlich springt der Adjutant hoch. Sein Gesicht ist blaß und verzerrt, mit blitzen den Augen ruft er: „Nicht mehr feuern, vorwärts!" Zusammengekrümmt springen wir durch das Wald dickicht, in dem die Bäume wahre Kugelkorridorc bilden! Halt! und schon wirft sich alles zur Erde Neben mir schleppt sich ein Verwundeter auf dem Ellbogen stöhnend aus der Kampflinic zurück. Sein Blut färbt das Gras. Rechts und links hat der Wald die Leute verschlungen. Ich sehe sie nicht mehr. Wo sind sie? Was machen sie? Kaum kann ich in dichtem Blätterwerk zehn Mann unterscheiden, dis wie die Würmer am Boden entlangkriechen. Ein weiterer Sprung bringt uns endlich an die Linie. Wir leeren mechanisch unsere Patronen laschen. Viele aber rühren sich nicht mehr, die armen Teufel.... Wie lange sollen wir so unter dem Feuer bleiben? Endlich schallt laut die Stimme des Hauptmanns herüber: „Vorwärts, zum Teufel, wollt ihr wohl ausstchen! Vorwärts!" — „Los denn!" sagt mein Nachbar und duckt sich hinter einen Zwerg hast kleinen Strauch. Wir haben Angst, weil wir wegen des dichten Gestrüpps keine zehn Meter weit sehen können und befürchten müssen, urplötzlich aui den sich verborgen haltenden Feind zu stoßen. Es ist nicht zum Aushalten. Dies Gefühl ist wirklich un erträglich. Müde und wütend, mich so am Boden hinzuschleppen, erhebe ich mich. Wird denn dieser Wald nie aushören? Müssen wir nicht geradeswegs den unsichtbaren Deutschen in die Hände fallen? Takataka, takataka! Wieder Mitrailleusen! Lassen wir den Sturm sich erst austoben. Was für ein Hagel! Den Kopf hochhcben wäre der Tod. Wo ist meine Korporalschaft geblieben? Ich kenne keinen einzigen Menschen um mich. Die Flinte brennt mir in der Hand. Wenn sie seht unkiinronl Wir können keine 80 Meter mehr von ihnen entfernt jein. Da der Befehl: „Die Bajonette aufarpflanzt!" Die Hand will mir nicht gehorchen. „Ruhe, Ruh«, Korporal!" Das Blut hämmert mir in den Schläfen, mir wird heiß, die Kehle wird trocken, kaum kann ich schlucken. Die Kugeln schlagen an die Bäum«, die deutschen Infanteristen wüten furchtbar. Die schnurgeraden Flugbahnen der Geschosse weben immer dichtere Eeweb« ui . uns. Beim Ausstehen hat man das Gefühl, wie ein Taucher in ein metallistbes Bad zu tauchen. Die Granaten sausen mit einer Wut wie schnaubende Lokomotiven heran. Werden sie denn gor nicht müde, zu schießen, diese verwünschten Deutschen! Nicht möglich, cincn Befehl in diesem Getose zu ver stehen. Ich krieche und schieße, weil ich sehe, datz man das neben mir auch tut. In Wellenlinie, die hier und da zurückschwcnkt, gehen wir vor, gleichsam eine Woge, die sich an un sichtbaren Hindernissen bricht. Unter Keuchen, Fluchen und Klagen stolpern wir über die schon erkalteten Körper der Unseren. Vorwärts! . . . Ein neuer Ansturm: der letzte! Wir ersticken vor Angst, Fieber. Ungeduld, zum Ende zu kommen, endlich etwas zu sehen. Takataka, takataka! Wir werfen uns zu Boden. Aber cs gibt genug, die stumm, ohne die Arme vorzuwerfen, hinschlagen und Lücken hinter lassen. Endlich eine Lichtung! In 40 Meter sehen wir die deutschen Laufgräben von blitzen den Bajonetten und unaufhörlich sprühendem Feuer beleuchtet. Teufel, wie da hingelangen? Wir fühlen plötzlich, wie unsere Bewegung glatt stockt. Ungewiß weichen wir zurück, denken nicht mehr ein mal ans Schießen. Ein Schrei erhebt sich unter uns: „Die Drahtverhaue!" In dem furchtbaren Hindernis haben sich schon einige der Unseren ver fangen und erheben sich nicht mehr, von Kugeln durchlöchert. Sind alle Anführer aefallcn? „Zurück, zurück!" wird von allen Seiten geschrien.... In 30 Sekunden haben wir die 200 Meter rurückoelegt, für die wir vorher 20 Minuten — eine Ewigkeit — im Mitraillcusenhagel gebraucht hatten. Zurück in den Laufgraben, wo alle die verwundeten und toten Kameraden neben den fortgeworfenen Sachen liegen, fangen wir blaß vor Aufregung und Wut in ohn mächtigem Zorn an, durch den Wald zu schießen, zu schießen, bis der Kommandierende selbst von der Nachhut ohne Kopfbedeckung ««gejagt kommt und uns zuschreit: „Aufhüren. nicht mehr feuern!" Lernen wir nichts! Es wird uns geschrieben: Die Maßregeln der Regierung machen mir den Eindruck, datz sie auch heute noch von Leuten beraten wird, welche England und die Engländer gar nicht kennen oder nur ein nebelhaftes Gebilde von ihnen im Kopf: herumtragcn. Wenn ober unser Volk auch durch diesen Kri:g nicht lernt. Fremde angemessener zu behandeln, so sind alle seincOpfer umsonst gewesen, und es bleibt dauernd eine Nation vier ten oder fünften Ranges auf der Erde, wie bish:r." Dieser Ausspruch befindet sich in dcn „Süddeut- schen Monatsheften", und einer der besten Kenner der englischen Volksseele —4 Dr. Carl P e t e r s — hat ihn niederaeschrieben. ' Mit ihm möchte man fast daran zwerftln, daß un viel aus den mit Blut geschriebenen Serien dieses Weltkrieges lernen. — Am 31. Oktober d. Z. sah ich in einem Kaffeehaus Leipzigs eines jener weib lichen Wesen, die im Dienst der „englischen Heilsarmee" stehen und schon durch ihr A.utzeres das Wesen des englischen Volkes kennzeichnen. — Mitten im lodernden Kriegsbrand, wo die Blüte der Söhne unseres Volkes die Walstatt deckt in einem Kampf«, den uns dieses frömmelnde Volk auf»', zwunaen hat, da füllen die Söldlinge dieser «nglischen Sekt« — ^-«il»«r»e«" ge-
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