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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.12.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141222018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914122201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914122201
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-12
- Tag 1914-12-22
-
Monat
1914-12
-
Jahr
1914
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Oktobertag ging rasch zu Ende, es sing schon an zu dämmern, und die Luft war auf einmal scharf und kalt geworden. „Das Erste wäre erledigt!" sagte Ette bc- friedigt. „Wir sind untergebracht, wenn auch nicht so billig, wie der gute Hans Dietrich es geglaubt hat. Aber wir sind wenigstens in einem deutschen Hause." Gisela rückte näher an die Freundin heran. Ihr hübsches, zartes Gesichtchen hatte einen trüb-, seligen Ausdruck, und die braunen Angen schau- ten verwirrt und geängstigt auf die fremde Um gebung. Es war alles noch so neu, so schrecklich fremd! Die lange Reise schon war für sie, die nie den Fuß über tue Wiener Umgebung hinausgesetzt hatte, ein schwer zu bewältigendes Ereignis gc- wesen — nun hieß es sich hier in der fremden Stadt einrichten, hunderterlei Angelegenheiten erledigen, sich ein ganz unbekanntes Publikum erobern. Sie seufzte unwillkürlich. Und Else drehte sich lächelnd nach ihr um. „Was ist das, Schatz? Aber schäme dich doch!" Ja, Else konnte leicht lachen! Wer alles so energisch anzugreifen verstand und sich von niemanden hinters Licht führen ließ, wie sie! Gisela wußte genau, daß sie selbst niemals den Mut gehabt hätte, das greuliche Klavier, das in denk kleinen Salon der Pension ein gelang weiltes Dasein führte und das Frau Reukomm ihnen gerne vermietet hätte, so energisch abzu- lehnen, wie Else eS getan hatte! Sie hätte es sich sicher ausschwatzen lassen, um dann beim Uebcn Tränen der Wut und Schmach über ihre Feigheit zu vergießen. ElseS Hand kam herüber und umfaßte ihre Finger. „Kopf hoch, liebes Herz! Ist das Heimweh denn so arg?" „Ja!" gestand Gisela. „Obwohl mein Zu- Hause gerade nicht dieses Bedauern verdienen würde! Aber jetzt ist mir bang nach meinem häßlichen Hofzimmer, von anderm gar nicht zu reden! Selbst nach Onkel Ferdinand sehne ich mich. Um diese Zeit kommt er immer au» dem AasseehauS —" Else lachte wieder. Sie harte ein wunder volles, klingendes Lachen, wie das Geschmetter einer Lerche. „Und macht dir einen Krawall, wenn er schlechter Laune ist und geht an dir vorüber wie an einem alten Möbelstück, wenn er guter Laune ist! Um den darfst du nicht jammern! Ich bin gewiß nicht leicht iortgegangen, und die Meine,' haben mir den Entschluß sehr schwer gemacht, aber nun heißt es sich tapfer mit der Tatsache, daß wir nun einmal diese Kunstreise unternom men haben, abfinden und durchführen, was wir uns vorgenommen haben." „Aber die fremde Stadt, das ungemütliche Haus —" „Die Stadt wird uns schon lieb werden, wenn wir unfern ersten großen Erfolg errungen haben! Und die ungemütlichen Zimmer richte ich ein, daß du Augen machen wirst! Morgen besorge ich eine Menge hübscher Sachen, dann werden wir unS rasch wie zu Hause fühlen." „Und die fremden Menschen — die ab scheuliche Sprache —" spann Gisela ihre Klage weiter. „Die fremden Menschen beißen nicht! Wir haben Henderson und seine Schwester, und wenn Frau Dietrich uns auch ganz fremd ist, er und ich sind Jugendfreunde. Und Russisch mußt du ebem lernen, Kleines, eine Lehrerin findest du sogar im Haufe. Wir können >a Frau Dietrich fragen, ob diese Manja Reukomm nett ist. In des werden wir uns mit den paar in Eile er lernten Redensarten behelfen, nicht zu vergessen, daß die gute Gesellschaft Französisch spricht." Sie waren nun in der Hauptstraße an- aelangt, wo um diese Zeiten lebhafte- Treiben herrschte. Gisela mußte zugebcn, daß die Men schen auch nicht anders aussahen, als zu Hause, und fand die bunten Trachten der Straßenhänd ler und die langen Röcke der Kutscher gan- drollig. Die Baulichkeiten fanden wenig Gnade vor ihren verwöhnten Augen, kaum, daß sie einige Prunkbauten gelten ließ. (Fortsetzung in der «bendausgade.) 1914. Dienst--, 22. vnrmdrr 1914. Leipziger Tageblatt. Nr. S4S. Moryea-Nusyave. Seite 7. jWlletn , Mitte, ro. rlich« KLndt- lnjung. Kündigungs lung. Spargelder, Bauaenoffen- te Vermögen «enofienschaft. h in allen 1. Januar ofort aße 19, I. Kunst- Wissenschaft und (Unterhaltung Vas größte Theater Vertins. Unser Berliner Schausptelreferent schreibt unterm Al. Dezember: Da» sollen uns die Herren Feinde nachmachen! Und die mehr oder minder Neutralen! Sie, di» sich an gruseligen Märchen über die wirtschaftliche Zerrüttung Deutschland», die verzweifelte Stimmung der Beoolterung und den tooähnUchen Zustand Berlins schadlos halten für nicht eriüute Herzens wünsche! Bewnders den Pariser und Londoner Zeitungsschreibern wäre zu gönnen geweien, daß man sie hatte mit den Berliner Kunstjchrifl- stellern zu der heutigen Besichtigung eintaoen tonnen Die fremden Herren, oie nun schon seit Monaten in Frankreichs und Englands Hauptnal ten an eine mit der ägyptischen Finsternis wetteifernde Licht-Ersparnis un- an die biblifchen mageren Zeiten gewohnt sind, sie würden ja die Augen geyörlg auf gerissen haben! Gewcfj aber wnroen sie ebensowenig wie über die verlorenen Schlachten oes Dreiveroands ein Sterbenswörtlein berichten über den Lieg deutscher Arbeite- und Kapitalstraft, deutscher Kunstbegeisterung und Kul- turdetätigung mitten rm Weltkriege... Der Vergleich mit den blutigen Erfolgen un srer Waffen im Felde ist nicht unerlaubt: denn die mora lische Wirkung einer Fnedenserrungenschast im Kriege ist bedeutungsvoll. Die Vollendung der Voltsrbühne wäre es logar auch bann, wenn nicht die aus den Fugen geratene Zeit es mit besonderer Freude begrüßen ließe, dag ein groges Werk des Willens zum Schönen vollendet wurde. Der riesige Kunst- und Volkspalaft, der binnen wenigen Tagen dem ernsten Spiel der Mulen ge öffnet werden wird, ist nämlich nicht ein Theater wie irgendein anderes Schauspielhaus. Seinem Weien, feiner Entstehung, seiner Leitung und seiner Aulgabe nach erkennen wir hier das neueste Glied der großen lunstsozialen Entwicklung, die in der deutschen Theatergeichichte einst ihren Ausgang nahm von den orunkvollen Hoftheatern oer Länoersürsten und dann die Fülle derPrwat- undStadtcheater auf dem Kampfplatz der freien Konkurrenz hervorrief. Das war Ver gangenheit und ist Gegenwart. Nun entstand etwas, das vorbildlich für die Zutunft jein will: das erste Voltstheater, das sich des lockenden Namens nicht bloß für da» Aushängeschild bedient Ein Theater vom Volke gebaut, vom Volke erhalten, dem Volke als Stätte reinen geistigen Genusses ohne große Eeldopter zugänglich, vom Volke selbst — durch gewählte künstlerische Vertrauensmänner — geleitet. In Deutschland ist man mit dem Wesen und den m tast 25 Jahren gesammelten Verdiensten der Berliner „Freien Volksbühnen" nun schon einigermaßen vertraut. Man w.tß, da» Liese allmählich zu riesigen Volksvereinen emporgediehenen Organisationen eine immer um fassendere künstlerische Tätigkeit entwickelten und immer größere Maßen der Bevölkerung in die magi chen Kieise des Geistigen und der schönen Künste zogen Auch ist bekannt, daß sich in den Jahrzehnten, die seit dem Jahre 1890 verflossen, das System der Volksbühnen wunderbar bewahrte: es sicherte jedem Mitglied, ohne Unterschied des gesellschaftlichen Ranges, für mäßigen Jahresbeitrag mindestens zehn wertvolle Theaterauffüyrungen im Jayre bisher zu meist durch Pachtverträge mit fremden Berliner Bühnen) und jedem Mitglied den gleichen Anspruch aus den „vornehmsten" Sitzplatz: denn unparteiisch entscheidet das gezogene Los über die Gunst des Platzes. Das System sicherte aber auch den Vereinen eine geregelte Ein nahme, um die alle kleinen und großen Theater der Welt diese Organisation beneiden. Auf der Grund lage dieses Systems, ermutigt durch die Blüte des llnternesmens, beschloß die „N e ue freie Volks bühne" im Jahre l9L9, geführt- von dem seither verstorbenen und nicht ersetzbaren Dr. Josef Ett lingen, den Bau eines eigenen großen Theaters. Zweifler bangten und warnten: doch wiederum gehonte dem Wagenden die Welt! Rasch erreichte der aus den Beiträgen armer und ärmster Leute gesammelte Baufonds die Höbe von einer Million Mark. Welch eine Leistungsprobe des deutschen Volks-Idealismus! Die stadt Ber lin übernahm Bürgschaft für die überdies nötigen Beträ e. Die beiden Volksbühnen-Vereine ta^en sich zu einem Kartell zusammen, um mit ver bündeten Krücken die Erhaltung des nur aut gei st i gen Gewinn berechneten Unternehmens zu sichern, Nicht einmal der Kriegssturm vermochte das Werk zu hemmen Es ist heute vollendet, und noch vor dem Ende des sich neigenden Kalenderiahre» wird es mit der Festaufsllhrung von Goethe» „Götz" ein- geweiht werden: mit der sturm- und drangvollen Dichtung, deren innerer Rhythmu» mit dem der Volksseele schwingt, und di« zugleich der künst- lerischen Aufgabe der Bühne die hohen Ziele weist. Die „Volksbühne" ist das größte Schau spielhaus Berlins und auch — die zur Be sichtigung Geladenen waren darin einig — das prächtigste, in der technischen Anlage das modernste. Im volkreichsten Teile der Millionen- stadt. im ehemaligen „Scheunenoiertel" des Ostens ergebt sich der monumentale Bau, frei von allen Seiten, auf dem Bülowplatz. Der als Theaterbau meister wohlbekannte Diplomingenieur Oskar Kaufmann bat in dieser glänzenden Vereinigung des Zweckmäßigen mit dem Anmutigen, Vornehmen, Entzückenden sein Meisterwerk geschaffen Der Zu chauerraum faßt nicht weniger als 2000 «itzptätze, von denen 1060 auf das Par kett, o,e übrigen auf drei Ninae entfallen. Der dritte Ring ist nicht etwa, wie der „letzte Rang" unserer Klassentheater. ein proletarisches Stiefkind. Auch dort strebte die sinnige Kunst nach behaglicher und färben- und formenjchöne: Ausschmückung. Es gibt in dem großen Jnnenraum. dessen l öch t originelle Wandbetleidung mir rotbraunem Pyra- midenmaha onr so erfreuend und heimlich wirkt, keinen Sitzplatz, der den vollen Eenusz von Auge und Ohr hindert. Für die mächtig tiefe und bre te Bühne sRampenlänge über 40 Meter!« wurde der Erfindungs geist der Theatertechnit mit allen Er: ungenschauen dienstbar gemacht. Die Drehbühne gestattet die gleichzeitine Aufstellung von sechs Bühnenbildern. Zum ersten Male angewandt ist hier em gemauerter Kuppelhorizonc von 26 Me ern Höhe. Zum eFten Male eingefill rt ist die verseni- und erhöhbare Teilbühne, die neue Perspektive», neue Darslellun s- möglichkeiten gewäh r. Zum eriien Male auch wurde ecn neues System der Fonuny-Beleuchtung in An wendung gebracht, das ungeahnte Llchtwirkungen gestat et. Mit diesen Errungenschaften der Theater technik kann kein anderes Berliner Theater heute wetteifern. So haben der Baumeister und seine künstlerischen Gehilfen — hat der Verein „Neue freie Volksbühne" — hat das kunüopferwillige Volk mehr getan und geleistet, als oie an das Herkommen gebundenen Hoff nungen erwarteten. Der Nest liegt nun bei den dar stellenden Künstlern und ihrem Kunstführer. Dieser „Rest" ist und bleibt freilich die Hauptsache .. ! Man wird den Kräften, die auf der prachtvollen neuen Bühne neue Kunst zu wirken berufen sind, Frist gewähren müssen, sich ab.ustrnimen und zu ent falten. Schon an die Erstlrnge volle Ansprüche zu stellen, das widerspräche aller von Erfahrungen ab geleiteten Gerechtigkeit. Doch an einem strengen Maßgab und ohne Nachficht soll fernerhin gemeßen werden. Denn der Spruch auf dem Greuel des neuen herrschen Hauses: „Die Kunst dem Volke" verpflichtet, eines anderen Wortes eingedenk zu bleiben „Für das bildungsfähige Volk ist das Belle gerade gut genug." ttormLmr Lieurl. * Ein Verband der Berliner Theaterkritiker, der dieFöroerung der Beruis- und Standesiniereffen ver- folgr, wurde dieser Tage begründet. In den Vorstand wurden Dr. Alfred Klaar, Heinrich Neumann, Dr. Friedrich Dusel, Karl Strecker und Wilhelm Allmann gewählt. * Ein deutscher Gelehrter in Amerika. Der Direk tor der Münchner Handelshochschule, Professor Dr. Bonn, der vor Ausbruch des Krieges nach Kali fornien gereist war. um dort Vorträge zu halten, hat die Einladung zu Vorlesungen an der Harvard- Universität erhalten und angenommen. Kunstwerke auf der Flucht. Der „Cicerone" bringt nach amerikanischen Quellen intecessanle Mit teilungen darüber, in welchem Umfan'e Kunstbesitz des Festlandes bei Kriegsausbruch nach England ge schafft worden ist. Zunächst sind natürlich belgische Kunstschätze c «flüchtet worden. Der Wert der Kost barkeiten, die aus dem Brüsseler Königs. Schloß nach Buck:ngc',am Palace gebracht wurden, beträgt nach den amerikanischen Angaben etwa 60 Millionen Mark. Das amerikanische Blatt meint dam, da in kurzer Zeit die belgische Königsfamilie nötig Geld brauchen würde, so habe England eine prachtvolle Gelegen, heit, für wenig Geld in den Besitz von Kunstwerken zu kommen, die -u den kostbarsten der Welt gehören. Den belgkichen Museen soll kürzlich der Bürgermeister von London cm Namen der Sladt- verwaltung die Guilohall al» Zufluchtsort ihrer kostbaren Werke angeboren haben. Da sich indessen «ast alle bebeu.enuen Kunstwerke der belgischen Sammlungen und Kirchen im Lande vorgesunden Haren, scheint man keinen Gebrauch von diesem Er bieten gemacht zu haben Außer belgischem Besitz ist auch französischer in größerem Umwog nach Eng land geflüchtet worden. Der Ma quis de Breteurl, ein alter Freund der englischen Königsfamilie, hat jeine Schätze unter deren Schutz gellelli, darun.er zwei Rembrandts, einen Hals und zwei Bildnisse von Velasquez, die in Windsor bewahrt jein sollen. Auch dkl Lord Rothschild, den Herzögen von West- minster und Marlborough, bei Lil Philipp Sassoon. dem Baron de Forest und Howard de Walden «oll festiänülfcber Kunstbesitz rn Aufbewahrung jein. Der Herzog von Westminster behütet eine wertvolle Biclltotuet und eine nanzöffsche Sammlung von Seores-Porzellanen, vielleicht ce tostoarue. oie es gibt. Außerdem sollen nach Kunfthandtermckteicungen unmittelbar nach dem ersten ^ounarsch der Deiujchen auf Paris die Pari er Kunsthändler ihre stücke nach Englund gebracht Haren, wo sie sorgiärtig auibewahrr werden. Vielleicht befindet sich auch dort die Mädchen- bülte des Museums Wicar in Lille, die unter Leo nardo da Vrncis Namen geht und von oer die American „Arr News" nur Mitteilen, daß sie mir vielen anderen tollbaren Stücken „in Sicherheit" sei. Auch leutichen Besitz oll England beherbergen: wenig glaubwürdig klingt allerdings tue amerikani che Mit teilung, dag einen Tag, bevor England an Deutzch- lanu den Krieg erklärte, eine deutsche Baronin, eine „Eousine der Familie Krupp", ihren Schmuck dem Lord Noltpchilü zur Aufbewahrung gesandt habe, glaubha.ter die, oan bei oer Anreise der öster- reichische Botschafter seine tostb.'re Miniaturensamm- lung der Sorge des Lords L amfordham und die Fürstin Lichn^wsly ihre Suwe.-n einer Perwnlcch- keit in der Umgebung der Königin anvertrauten. Die künftige Kauflraft des Marktes in England scheint man dort ziemlich , errng anzuschlagen. Wenigstens «oll ein Londoner Händler den Ameri kanern die Aussicht eröffnet habe >, sie würden, wenn sie wollten, die nächsten zwei bis drei Jahre die ein zigen Bäufer für Kunstwerke ein. * Eine Kriegsmedaille 1914 nennt Professor Hermann Han n-M ünchen sein kleines Kunst werk, das soeben durch den Verlag der Munren- handlung AdolphE. Cohn, Frankfurt a/M, zur Ausgabe gelangt — Hermann Hahn, der i.am- haite Schöpfer des Lrsztdenimals in Weimar, des Goekhebentmals für Chicago uno erller Pre srräger für das Bismarcknationaldentmal, hat hier sein Bestes gegeben eine geschlossen stilisierte Kompo- sition in technisch vollendeter kraitiger Modellierung — um dem Gedanken der nationalen Elhenung des deutichen Voltes plaiiljchen Ausdruck zu verleihen. Die Vorseite zeigt die hurnischbewehrte Büste der Germania mit freiwallendem Haar^chmuck. Das trotzige Haupt, das im Zorne auszuwallen scheint, erinnert an tue aus tiefen» Frieden vom Feinde auf- aejchreckte, zur Notwehr gezwungene deutsche Nation. Aus der Ruckwite hat der Künstler in der überaus krackvollen nackten Gestalt eines zum Schlage aus holenden jugendlichen Kriegers mit großem Wurfe den Körnerfchen Vers: „Das höchste Heil, das letzie liegt rm Schwert-" symbolisiert. Hahn schuf mit seinem Werte eine im bellen Sinne voltstumlrche Medaille von künstlerischer Bedeutung. Nicht nur die Kriegsiürjorge, welcher Künlller und Verlag den Reinertrag gewidmet haben, wird ihm hierfür Dank wissen * Altrömische Assessoren. In dem eben heraus gegebenen Hefte der äuß. reichhaltigen und lesenswerten „Mainzer Z'chrift" ver öffentlicht der bekannte Mainzer Epigraphiker Pros Dr. K. Körber die in den letzten Jahren in der Gegend von Mainz gefundenen altrömischen In schriften, und bringt dabei in einem Anhang auch Stücke, die schon früher in Rheinhessen gefunden, aber noch nicht veröffentlicht, oe.loren oder jetzc im Museum von Mannheim aufbewuhrt sind. Darunter erreit eine wah.scheinlich zu Ehren eines Sklaven «richtete Grabinschrift unser Interesse: ne laniet folgendermaßen: l>(>«j Kanibus >ii!.^zl llliiL'.illl>1 VlO 0 ,8 i lkl CLVl^XXKll M8k^E1--- „Den Manen des Nicasius, eines Sklaven des Bei ¬ sitzer» Ltberaliniu» Victor, der die Rangstufe «ine» Centenariu» hatte." Nach dem altrömischen Beamtenrecht war der Assessor der rechts kundige Berater eine» Beamten, der Gerichts barkeit besaß: er bildet al» solcher ein Glied seine» Consilium, seines Rates. Obschon der Beamte natürlich für seine offiziellen Handlungen verant wortlich war und nach freiem Ermessen entschied, hörte er doch in wichtigen Fragen die Ansicht feines Assessors. Im vorliegendem Falle ist natürlich in erster Linie an unet men, daß Liderallniu» dem Statthalter von Odergermanien beigegeben war. Wir erfahren aus einer Jnichriit von Thorignq au» dem Jahre 238 n. Chr., von einem Affefjor T. Seunius Solemnis des Statthalters von Britannia inferior. Wie Domaszewski bei Anlaß des Mainzer Fundes noch nntteut, waren die Assessoren je nach ihrem Verhältnis zum Statthalter, der sie ganz nach seinem Ermessen wählt, von oan, verschiedener Herkunft und Ledensllellung: ein Beisitzer, der einem Statthalter von nur pratorischem Rang zugellellt war, stand auf der Beamrenleillr unter dein eines -ckalthaiters mit loniulariichein Range: daher mag es rühren, daß der britische Afjessor auch mit einem gerrngeren Gehalt bedacht war als der obergermanische. vermisthtes. * Schwimmende Flüchtlingsdörfer in Frankreich In Puris Hut man ange angen, ichwimmende Fliicht- lingsoörier zu bauen' sie sollen den zahllmen Flücht lingen aus dem Kamplgeb ete zum Aufenthalt dienen Bisher ist ein einziges solches ichwimmendes F.üchtlingsdors auf der Seine »n Beiried genommen. Wettere aber sind im Bau oder geplant. Sie be stehen einfach aus einer Reihe aneinander gekoppelter Wohnllhiffe, die auf der Seine so angebracht werden. >aß sie den Verkehr nicht stören. Ein Friedensp ophet. Wohl in allen kriegführen den Lindern fragt man sich, wie lange der Krieg noch bauern wird Bis zum 27. April 1915. so glaubt der „Figaro" versichern zu können. An diesem Lage nämlich wird, wie ihm ern Italiener, Graf Ugo Baschieri. geweisjagt hat, der Frredensschluh voll zogen weiden, und Graf Ugo Baschiert rst ein Prophet, der scton einmal ein großes Ereignis gewerssagt hat. Es war das Erdbeben von Santiago de Chile Am Morgen de» Tages, al» die Kate stroph.' eintrat, weissagte er. daß abends die Stadt vernichtet sein würde. Wahrscheinlich kachle man ihn da aus: aber als sich abends zeigte, wie recht er ge habt yacke, dankte man ihm mit einer kräftigen Tracht Piugel! * Der Kamps um Kaiser Wilhelm» Zigarre. Trotzdem ma c »n London jeden Tag Kaiser Wichelm als oen ,,schwarzen Mann" hinstellr, haben die Eng länder nichts von der großen Bewunderung für den Deutschen Kaiser verloren, die im geheimen noch feden En .lander beherrscht. Lord Lonsdale hatte sich, wie jetzt aus London gemeldet wird, einc Zigarre auigehoben, die der Kaiser ihm einst gab. Der Lord stellte Liese Zigarre jetzt dem Roten Kreuz zur Verfügung, das sie versteigern ließ Eine Schlächterfirma in Hanley erstand die kostbare Zi garre fchließlich für den Preis von nahezu 800 und jetz prangt sie nun als Stolz der Firma in» Schaufenster des Schlächterladens. * Kollegiale Schadenfreude. Ich kenne keine Parteien mehr. So hallt es von allen Seiten her. So ries es vom Thron, und alles lauscht, Rechte Hand, linke Hand, alles vertauscht. Erstaunt hört diese Kunde mein Ohr, Mein Haar, es sträubt sich vor Grausen empor. Ich muß erleben, was nimmer geschah, Muß sehen, was nimmer ein Auge sah: Beschlagnahmt wurde — ist es ein Traum? — Beschlagnahmt wurde — man glaubt es kaum — Von wegen falscher Gerüchtsverbreitung Die „Norddeutsche Allgemeine Zei tung"! Da brummt der „Vorwärts" in tiefstem Daß: „Siehst du, Kollegin, das kommt von das!" (Aus dem „Kladderadatsch".) Wandernde Musikanten. 1s Roman von Georg Dellavoß. Der Kutscher, der mit den Händen in der Tasche und eine schwermütige Melodie durch die Zähne summend am Gitter des kleinen Vor- aartens gelehnt hatte, fuhr beim Anblick der Damen, die aus dem Hause traten, aus seiner bequemen Stellung auf. Eilfertig kletterte er auf den Bock und begann die Decken von den Gäulen zu zerren. Bon der Pensionswirtin bis zum Wagen begleitet, stiegen Else und Gisela in das etwas holprige Vehikel und setzten sich zurecht. „Wir lassen die Sachen also vom Hotel aus zu Ihnen schicken, Frau Reukomm," sagte Elise, ..bitte, stellen Sie alles nur indessen in das Wohnzimmer. Wir kommen nicht spät." „Ich werde alles besorgen." Der Wagen setzte sich m Bewegung und verschwand bald um die nächste Ecke. Frau Reukomm verweilte noch einige Minuten unter ihrer Türe und starrte die einsame Gasse hin unter. Schritte, die sich näherten, ließen sie zusammenschrecken, und mit einer gewissen Aengstlichleit eilte sie hinein und schloß die Türe mit einem harten Ruck hinter sich zu. Ohne die Augen von der Erde zu heben, ging sie die schmale, von einem billigen Läufer bedeckte Treppe hinaus, bis das Rauschen,«pncs Kleides sie aus ihrem Nachdenken weckte. Dann kam ein weicher Schimmer in ihre blauen» etwas ausdruckslosen Augen. „Du gehst in die Stunde, Manja?" Das funge Mädchen, das mit einem Pack Bücher aus dem Arme die Treppe herab kam, legte den Arm um die große Frau und küßte sie auf die Wange. „Ja, Mama! Die Damen sind schon fort — was wollten sie?" „Sie haben die drei Zimmer im ersten Stock gemietet," antwortete Frau Reukomm, während ihre Hand in verstohlener Liebkosung über die schmale Schulter der jungen Mädchens glitt. „Vermietet? Das ist schön!" Manja drehte sich vor Vergnügen um sich selbst. „Wer sind die Damen, Mama?" „Sie haben die Zimmer für den ganzen Winter genommen —" Frau Reukomm zog zwei Visitenkarten aus dem Schürzentäschchen — „es sind Oesterreicherinnen und, wenn ich sie recht verstanden habe, wollen sie hier Konzerte geben. Kammermusikabende. Ich glaube, es ist noch ein Herr mit seiner Schwester dabei, die wolmen aber bei Verwandten." Mania drehte die Karten nach allen Seiten. „Else Hildebrandt —" „Gisela Bernhard —" las sie halblaut. Dann sagte sie mit einem An flug von Aengstlichkeit in der Stimme: „Wieso kamen sie zu uns?" „Kapellmeister Dietrich Hal sie empfohlen!" „Dann ist alles gut!" Manja atmete er leichtert auf. „Er vergißt uns nicht und ist immer so gut zu unS, obwohl seine Frau schon lange keine Stunden mehr bei mir nimmt! Aber jetzt muß ich mich beeilen, Mamascha, sonst komme ich zu spät in die Stunde!" „Lebe wohl, mein Kind." Frau Reukomm rief ein Mädchen und be gab sich in das obere Stockwerk, nm die Zim mer der neuen Mieterinnen in Ordnung zu bringen. Sie waren bei Kapellmeister Dietrich zum Abendessen geladen und wollten die Nacht nicht mehr im Hotel verbringen. Die Zimmer, die lange leer gestanden hatten, waren vermietet, gut vermietet — aber die Sor genfalten um den Mund der Frau lösten sich nicht bei dem Gedanken. Ihre Seele war so verschreckt, trotz der gelassenen Außenseite, daß sie immer in Erwartung irgendeines Unheils war. Jeder neue Mieter war für sie ein Problem, ein Gegenstand sorgfältig verhehlter Beobach tungen, bis sie so weit war, ihn beurteilen zu können. Der Wagen war indessen aus der ein- samen Billenstraße, die bald schmale, einstöckige Häuser mit kleinen Vorgärten, bald niedliche Holzbauten, in Büschen und Bäumen großer Gärten vergraben, aufwieS, in den belebteren Teil der Stadt gelangt. Der klare, sonnenhelle
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