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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.12.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141215013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914121501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914121501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-12
- Tag 1914-12-15
-
Monat
1914-12
-
Jahr
1914
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Ltensta-, lS. veremver lSl4. Leipziger TogedlE Nr. SSL. Morvea-Sus«ave. Seur r. Kunst- Wissenschaft und Unterhaltung Haas Thoma ua- ^-olfGberläa-«wl-er üie Verweisung -er -rutschen Kunst. Der Maler Momnre Nissen, der sich auch als .-zunstschriststeller vielfach betätigt hat, erörtert in einer soeben bei Herder in Freiburg erscheinenden kleinen Schrift ,^D«r Krieg und di« deutsche Kunst", che er den „kunstliebenden Deutschen beider Kaiier- veiche" widmet, die Gefahr der Entartung, die der deutschen Kunst durch den Pariser Einfluß droht, uns er ruft hiergegen die deutschen Künstler dazu auf, ich auf ihr eigenes Volkstum und dessen Wesen zu tzesinnen. So manchen bedeutenden Eideshelicr ruft wissen für seine Anschauungen auf, und neben die Ziyatten der Toten treten auch Künstler der Gegen wart mit lebendigem Worte. Vor allem sind es die Erklärungen von Hans Thoma und von Adolf Ober änder, die Interesse beanspruchen. Meister Thoma chreibt: „Schüler von mir sind in Paris gewesen und voll Weisheit dorther zurückgekehrt; sie mühen sich redlich ab, das neue Prinzip der Farbenzertrümme rung mit ihrem deutschen Gemüt, in dem immer poch der Funke einfacher Gröhe schlummert, in Ein klang zu bringen. Nackte Körper hat einer gemalt, rüe mittels zentimetergroß«! Flecke und Striche her- rostellt waren: roter Zinnober, grüner Zinnober, Llau. Ich Unwissender wühle nicht, was dazu sagen, nd vermutete, daß es den Gipfel der „Phantasie inst" bedeute, und daß dies Papageienmenschen mit unten Federn sein sollten, die man ja gerade so gut uachen darf wie Zentauren, Harpyien, Faune, Sire nen und dergleichen Fabelgctier. Daß dies aber die cchste, weil neueste Weisheit in der Malerei sei, crfuhr ich mit Staunen! Daß die Netzhaut dies alles wieder vereinigen soll, sagte man mir auch — aber mein« Netzhaut versagte. Es ist geradezu traurig, wie ganz talentvolle Leute vor solcher Winzigkeit allen künstlerischen Halt verlieren. Ueber Manet, Monet, Degas, Munch durfte man ja gar nicht mehr mucksen, wenn man nicht als Barbar gelten wollte, und die spitzfindigsten unserer Kunstgelehrten gingen ?uf den Leim. Spitzfindigkeit findet Spitzfindigkeit! Pas ist darüber Unsinn geschrieben worden! Man war versucht, zu glauben, es habe bisher in der Welt och kein« Kunst gegeben, bis das Momentane in der Malerei erfunden worden . . . Es streift ja schon an das Komisch«, wenn es nicht gar traurig wäre, daß es in Deutschland fast als ein Wagnis erscheint, wenn man Dürer Führer in der g.unst nennt — diese doch so selbstverständliche Sache. Loher kommt es nur, daß den Malern Dürer nicht in solcher Grundstein ist, wie es Bach den Musikern it? Welche Einflüsse sind es denn, die den Deutschen oas Allerdeutscheste immer wieder verhüllen, aus die reite schieben?? . . . Der Sinn für den deutschen Humor ist sowieso fast erloschen — bösartiger Witz mü giftige Entrüstung sind an seine Stelle getreten in r Leffentlichkeit, d. h., es ist alles brutal gewor- xn ... Es ist schon wichtig, dafür zu sorgen, daß s deutsche Eemütsleben, das doch auf einer beton ieren Innigkeit beruht, nicht schamlos wird. Wir 'Putschen könnten dadurch tiefer fallen inbezug auf Moralität als unsere leichtlebigeren Nachbarn. — Unklare Künstlerköpfe fühlen sich geniert und meinen, nß ihnen die Freiheit genommen werden könnte... h aber befürworte nur die deutsche Würde des ehr baren Menschen, der jetzt bald jeder geistige Fex und Hampelmann mit seiner Nacktheit ins Gesicht Min en will; als ob das was wäre, als ob das Kultur- ntschritt und Freiheit bedeutete. Ich will nur das rhalten wissen, was unserer Väter Sitte und was utsches Hausrecht ist." Der Sinn für Humor ist fast erloschen — so klagt r greis« Thoma. Zu den wenigen, die ihn noch iftvoll und erfreulich vertreten, zählt Adolf Ober oder. aus den „Fliegenden Blättern" jedem Deut en behaglich vertraut. Und Oberländer urteilt er di« Internationalisierung der deutschen Kunst cht minder hart als Hans Thoma. „Der allzuviele internationale Verkehr — so schreibt er — ist be- mders für den Deutschen, der immer auf dem laufen- m bleiben zu müßen glaubt (wie ein Maschinen bauer), geradezu verhongnisooll geworden. In der schönen Zeit des gelben Postwagens konnte der Künstler die recht« mittlere Linie wohl finden, wenn er in sein Inneres ging — aber nicht in der Zeit des Llitzzuges, der mit dämonischer Schnelligkeit jede Mode von einem Ende der Welt zum andern trögt. Das fürchterliche Durcheinander «iner modernen internatioiürlen Kunstausstellung regt mich so auf und drückt mich nieder, daß ich seit Jahren gar leinen Besuch mehr wage. Der wahren Kunst dient nicht das wissenschaftlich optische Gesetz, sondern die warme seelische Anschauung als Richtschnur. Das ist kein Kunstwerk, wo nichts damit dargestellt ist! „Es gibt keine Menschen, es gibt nur Flecken!" Dieser allen Ernstes von einem großen Modernen aufgestellt« Satz enthält die ganze Seelenlosigleit der modernen Richtung, dieser eiskalten Kunstreit«rei . . . Wenn die Kuh mehr tut als dreinschauen, so nennt man das schon „Anekdotenmalerei"! Ein Hapermoderner stößt sich sogar an der trefflichen Charakteristik eines Titanischen Porträts, weil ihn diese in Betrachtung der schönen Farbe irritiert — ach, die Anekdote von Karl dem Fünften!! O Mensch, Ebenbild Gottes, du bist also nicht mehr würdig, als rein malerisches Motiv zu gelten!" Leipzig, 15. Dezember. Beethoven-Abend des Winderjtein-Orchesters. „To Loolirovou tuuäuiaur,!" — so klang es aus der überaus herzlichen Zustimmung heraus, die eine künstlerisch andächtige Zuhörerschaft Herrn Professor Hans Winderstein und seinen Musikern für die schöne Wiedergabe der Eroica und dritten Leonoren- ouvertüre zuteil werden ließ. Die Sinfonie wirkt mit der ruhigen Macht der Antike, und inmitten aller, bis zur höchsten Erregtheit getriebenen Stei gerung lauscht doch immer ruhige Klarheit. Man cherlei Auslegung schon erfuhr dies« Komposition, und die Einbildungskraft regte sie immer wieder auf neu: und andere Art an. Aber genug sei es uns mit L«r Vorstellung gewaltiger Komplikation:», unter deren Einflüße der Meister ja so häufig stand, genug, daß hier jene Größe herrscht, deren Vorbild uns gerade augenblicklich willkommen und not wendig ist. Zn der genannten Ouvertüre gab Beethoven innerlich aufs höchste gesteigerte pro grammatische Musik, und wie er selbst sagte, daß ,^ic ganze Sache mit der Oper di: mühsamste von der Welt" sei, so be- beschäftigte ihn ebensolange Zeit hindurch die ins rein Musikalische gewendete Darstellung der Seelen kämpfe von Florestan und Leonore, bis schließlich gleichsam drei Psychodramen in Gestalt dreier in weitesten Rahmen gespannte Ouvertüren als einzig in ihrer Art dastehende kolossale Meisterstudien vor handen waren. In annähernd zeitlicher Nahe dieser Werke befindet sich auch die Konzertari«: „Äh, Per- fido", die verschiedene Arten der Einschätzung er fahren mußte und von der Liszt einmal sagt«, sie sei in der Tat ein perfides Stüa. Letzteres v-eckeicyt insofern richtig, als wirklich gar mancher seine Kräfte an ihrer Bewältigung versuchte! Anders freilich lag die Sache gestern. Denn die aufs lebhafteste be grüßt« Sängerin, Fräulein Magdalena Serbe (die im Verlaufe des Abends noch drei orchester begleitete Lieder Besthovens spendete) bewies schlagend, in wie hohem Grade ihre Kunst und fast möchte man auch sagen, ihr« Stimme zugenommen und an Umfang gewonnen hat. Die einstige Leipziger Vertreterin jugendlicher Partien stand hier aus hohem Kothurn und behauptete sich siegreich. Scharf getrennt voneinander waren in die sem Vortrage die seelischen Aktiva und Passiva, ener gisch betont fand sich die dramatische Tendenz wie auch in mitleidvoller Schöicheit dargsboten das schmerzhafte Empfinden, gewissermaßen das vergeistigte Abbild einer Venös Dolorosa. Es war eine Freude, der vor trefflichen Sängerin wieder einmal im Konzertsaale zu begegnen. kdrgev Kegnitr. * Alfred Einicke, das Mitglied des Leipziger Schauspielhauses, feierte am 11. Dezember 1614 in aller Stille das seltene Jubiläum seiner fünfzig, jährigen Zugehörigkeit zum Theater. Am 11. Dezember 18kl betrat Einicke in Sangerhausen als „Wilhelm" in ..Lenore" von Hottei zum ersten Male die Bühne. Seine an Erfolgen reiche Lauf bahn führte ihn dann unter anderem auch über die Bühnen Aachen, Köln, Wien. Posen, Düsseldorf, Meiningen. Breslau, Nürnberg, Bremen, New Pork, Elberfeld. Freiburg i. B. und schließlich auch an das Lessin thecuer in Berlin Mit dem verstorbenen Leipziger Direktor Anton Hartmann war er in Düßeldorf tätig. Viele seiner alten Freunde und Kollegen werden sich in diesen Tagen seiner er innern. * Extrablätter. Heitere Bilder aus ernster Zeit von Bernauer - Schanzer und Gordon Musik von Kollo und B r e d j ch n e i d e r, die der SO. Aufführung im Bernner Theater entgegensehen kommen am 1. Werhnachlsfeiertag im Operetten theater in neuer dekorativer und kostümlicher Aus stattung zur Aufführung. * Das Theater der Neuen Freien Volksbühne, das größte Theater in Berlin, das sich die Berliner Arbeiter selbst geschaffen haben, soll am 23. De zember eröffnet werben Zur Weihe des Hauses wird „Götz von Berlichingen gegeven. * Die Berliner Reinhardt-Bühnen Die Direktion des Deutschen Theaters wird den Betrieb ihrer Bühnen über den 1. Januar hinaus jortsetzen und hat infolgedessen die Abmachung mit ihren Mitgliedern verlängert. Der Spielplan des Berliner Deutichen Theaters wird sich im De zember und Januar folgendermaßen gestalten Ende die.es Monats wird der Shakespeare-Zyklus durch die Neueinstudierung des „W inlermarchen" mit der Musik von Engelbert Humperdinck ab- geichlosien. Der Januar bringt als erste Hauptmann- Jnizenierung „Schluck und Z a u" unter Mar Reinhardts Regie. Vorher gelangt Ferdinand Rai munds romanriich-komliches Zaubermärchen „A l pen- lönig und Menschenfeind" zur Darstellung. In den Kammerspielen ist Goethes „Stella" die nächste Erllaufführung. * Ein Fund zur deutschen Romantik. Interessante Brieflchaiten aus der oeutschen Frühromantik haben sich letzt gefunden, nachdem sie noch Erich Schmidt bei der Ausgabe der Briefe von Caroline Schlegel unzugänglich gewesen waren Es sind die Urschriften der Briefe Friedrich Schlegels an Augukte Böhmer, das geniale, so früh ver storbene Kind Carolinens. Die Briese sollen dem nächst von Prof. Otto Braun veröffentlicht werden. * Bildhauer Peter Schvnkrod, einer der begab testen jüngeren Plaftiier des Reichslandes, ist in Frankreich gefallen. Lchöndrod, der ein Alter von 25 Jahren erreicht hat. stammte aus Kolmar. Aus der Straßburger Kunstgewerbeschule und dann in München bei Heinrich Waderö ausgebildet, hat er besonders in Holzplastiken Gutes geschaffen. Bei einer im Elsässischen Kunsthaus in Straßburg veranstalteten Ausstellung verdienten, wie die „Kunstchronik" be richtet, einige lleine, von Schönbrod selbst in Holz ausgeiührte Figuren, eine Salome, ein Jochanaan besondere Beachrung. Der Olympische Sport, dem sich der Künstler widmete, bot feinem Schaffen viele Anregung. Er zog als Osfizierstelloertreter in den Krieg, wurde zum Leuinant befördert und erhielt das Eiserne Kreuz. Nun liegt er an einem Wald rande bei Sondvoorde begraben. * Professor Richard Friese, der bekannte Tier maler, begeht Dienslao, den 15. d. M, seinen 60 Geburtstag Im Jahre 1854 in Gumbinnen ge boren, kam er 1877 nach Berlin, wo er bis 1881 die Kunstakademie besuchte, um sich zum Tier- und Landschaftsmaler auszubiloen Er trat zuerst mit Darstellungen von Löwen und Tigern hervor, denen er später viele Bilder aus dem Tierleben unserer heimi chen Wälder foloen lie°r. Zahlreiche seiner Gemälde sind in öffentlichen und privaten Galerien zu finden. Zu Frieses Hauptwerken gehört das „Löwenpaar" aus dem Jahre 1884, in der Dresdner Galerie, „Auf der Walstatt" aus dem Jahre 186«» in der Berliner Nationalgalerie. „Tiger aus der Lauer", „Aus der Rominter Heide". „Wandernde Nenntierherde". „Im Bredszeller Moor aus dem Jahre IMö, im Städtischen Museum zu Königs berg i Pr.. u. a. 2m Jahre 1898 führte ihn eine Studienreise nach Spitzbergen, als deren Haupt ergebnisse die Bilder „Mitternacht auf der Jena- inscl" und „Meister Petz im Treiben" gelten. Seit 18L2 ist Richard Friese Mitglied der Königlichen Akademie der Künste in Berlin. * ^»«heimrat Dr. Posner. der bekannte Be r liner U r alog e, vollendet am 16. Dezember sein sech zigstes Lebensjahr. Pofner ist geborener Berliner, sein Vater war der Begründer der ange sehenen medizinischen Zeitschrift „Berliner Klinische Wochenschrift, die er seit langen Jahren leitet, zu nächst gemein chaftlich mit C. A. Ewald und nach deßen Ausicheiüen vor sieben Jahren mit Hans Kohn. Zuiaminen mit Waldcyer redigiert Posner die alt berühmten Jahresberichte von Virchvw-Hersch und außerdem ist er Mitherausgeber der „Zeitschrift für Urologie". Bei der Begründung der Berliner urolo- giichen Gesell.chait vor einigen Jahren wurde er als Vorsitzender gewählt. Pomer studierte zunächst Natur wissenschaften und promovierte auf Grund einer zoologischen Arbeit 1875 in Leipzig zum Dr. phil. und 1882 in Gießen zum Dr med. Später ließ Posner sich in Berlin als Arzt nieder, habilitierte sich 1891 als Privatdozent für innere Medizin, erhielt 1895 den Titel Profesior, und wurde 1902 zum außer ordentlichen Professor uno 1vi2 zum Geh. Medizinal rat ernannt. Posner hat zahlreiche Arbeiien aus dem Gebiete der pathologischen Anatomie, der physio- logischen Chemie und der inneren Medizin geschrieben. Aus feinem Spezialgebiet seien nur seine „Diagnostik der Harnkrantheiten" und „Therapie der Harnkrank- hetten" und die „Hygiene des menschlichen Geschlechts lebens" hervorgehoben * Theodor Curti gestorben. Der früher« Direktor der „Frankfurter Zeitung" Theodor Curti ist in Thun an Herzlähinuna gestorben. 1848 in Rappcrswyl in der Schweiz geboren, besuchte er nach seiner Gymnasialzeit di: Genfer Akademie und die Universitäten Zurich und Würzburg. Sein Studium gehörte der Medizin und der Juristerei. Aber bald widmete er sich dem Zeitungswesen, und schon 1871 finden wir ihn als Redakteur der „Frankfurter Zeitung". Dann wirkte er zntweise an der „St. Gallener Zeitung" und von 1879 bis 1894 an der „Züricher Post" kehrte aber zur „Frankfurter Zeitung" zurück, deren Leitung er über nahm. Vielfältig fruchtbar hat er gewirkt, und auch literarisch mannigfach in historischer, politischer und ästhetischer Richtung sich mit Erfolg betätigt. Za selbst um Len dramatischen Lorbeer hat er aekämost. Allgemeines Interesse fand auch seine „Geschichte der Frankfurter Zeitung von 1856—1906 . Ein« viel festige und immer schaffende Persönlichkeit ist in ihm dahingegangen. * Profeßor Minot--». In Boston ist Dr. Charles Sedgewick Mi not wohl der bekannteste Anatom Amerikas, verstorben. Er war Professor der Histo logie und Embryologie an der mediziniichen Schul der Harvard-Universität und Direktor des amerika nischen Laboratoriums dieser Lehranstalt. In den Jahren 1912 und l9l3 war Dr. Minot Austausch professor an den Universitäten Berlin und Jena. Hervorragend ist sein ausführliche« Lehrbuch der menschlichen Embryologie, das seinen Namen neben seinen zahlreichen Spezialunternehmungen bekannt gemacht bat. * Hochschulnachrichten. Aus Münster i. W wird uns berichtet: Der Privatdozent Profeßor Dr. med Otto Krummacher wurde zum Abteilungs- vorsteher am Physiologischen Institut der Uni versität Münster i. W. ernannt. — Von der Dresdener Tierärztlichen Hochschule sind alle Assistenten bis auf zwei, ferner 40 Prozent der Ordinarien und 50 Prozent der Extraordinarien, außerdem 3 Privatdozenten und secks Diener «inde- rufen. — Aus Koburg wird gemeldet: Der Letter des Herzoglichen naturwissenschaftlichen Museums, Dr. Fischer ist gestorben. SA i» litt WMM »IL W M « WiilW di! 8 W M, MW M11 7 W idM Tic Sic „Was wollt ihr denn alle von mir?" schrie sie jammernd auf. Und brach zusammen, ehe ihr Lina beispringcn konnte. Ueber den Schreibtisch gebeugt lag sie, ohn- mächtig. Und hielt mit starren Händen das un- vollendete Wert Erhardts, seinen Abschiedsbrief. Sie lrua den Kranz hinein und regte ihn zu r Sarg. Die Kinder i an der Tür und Hoffnung — —! Laß Dir zuleyt, meine Elena, noch einmal das Wort zurusen, das über der Grabestür des edelsten landesherrlichen Paa res eingegossen ist in Erz: Heilige Hoffnung, Ausfluß göttlicher Kraft, Quelle des beglückenden Gedankens. Daß Verbindungen, Welche den erkenntnisfähigen Teil unserer Wesen vereinigen, Allen Umbildungen des Wandelbaren ohnegeachtet. Unzerstörbar bestehen. Es klopfte leise an der Tür. Schon eine geraume Zeit. Lina trat zögernd ein. „Frau Leutnant verzeihen! Ihre Exzellenz die Frau Hofmarschallin sind persönlich am Tele phon und lassen gnädigst fragen, ob Frau von Iagemann bereit wären, mit nach Herstadt zu fahren. Ins Lazarett. Ihre Exzellenz die Frau Großmutter hätten doch wohl Frau Leutnant schon gesagt, daß Frau Leutnant " Lina verstummte vor dem entsetzten Blick ihrer Herrin, die wie erstarrt am Schreibtisch saß, sich nicht bewegte, kein Wort sprach, sie nur immerfort mit großen, weitausgerissencn Augen ansah. Noch einmal versuchte das Mädcsien, sich ihr verständlich zu machen und fühlte mit Schrecken, wie ihm selber ein fröstelnder Schauer über den Rücken hinabrann. „Frau Leutnant! Gnädige Frau! Hrau Hofmarschallin-Exzellenz — — —! Frau Leutnant — !" schrie Lina ent ¬ setzt auf. Da erwachte die starre Frau. Das unerbitt liche Leben rief sie. Die Botschaft brachten sie von seinem Tode . . . oder eine feige Lüge, daß er nicht tot sei. Sie logen alle, aue. Tor war er ihr, tot. Sie hatte seinen letzten Ruf im Herzen und würde ihn nie, niemals mehr verlieren Riß sich empor. Vie ckeutsche Urt. 0 Ein Roman aus unseren großen Tagen von Paul Burg. Du meines Lebens leuchtender Stern! In Deine Hände lege ich dies Werk, halb- tig, weil der Krieg mich ruft. Laß mich freu- g ziehen, denn auch an Deiner Seite wäre yt nicht mein Glück mehr, weil alle Männer m Vaterlande zuerst und zumeist gehören, das ? geboren hat und nährt. Was ich bin und was ich habe, danke ich der 7>na und Dir, Dir, Elena. Alles lege ich in eine Hände. v Einmal im Leben sieht jeder Mensch offen in ine Zukunft, sieht sein Ende. Ich weiß es ewiß, an meinem Werke habe im heute zum -ren Male geschrieben. Vollende Du es! Du "arst mir in allem eine so treue und tüchtige Gefährtin, versage nicht dies eine Mal, lf mir, unfern Namen Iagemann zu rechten i^hren zu bringen! Wo ich verzagte und zer- rach an einem fremden Geiste vergangener Zeit, chöpfe Du aus den ewigen Bronnen Deines ttchen und weichen, wahrhaft weiblichen Frauen- i'rzens! Wenn Du diese Zeilen findest, nimm Dich meiner Arbeit, meiner Pläne an! Dann werden wir immer im Geiste beiei-n- nder sein und in diesem Werke zusammen fort eben, wo ich auch bleibe und ende. Dann wirst 'n jeden Tag und jede Stunde tief im Herzen nhlen, daß ich Dich, heißgeliebteste Elena, nie :rgessen kann, wie auch Du mich wirst nicht rgessen mögen, denn unsere Jugend und Ehe ar ja lauter Sonne unserer Liebe, und uns 'nschlingt das unlösliche Band der Treue und lrbeit, die ein seliges Ausruhen im Erinnern onngt. Lebe wohl, Elena Iagemann! Und wenn ich dock» wiederkehren. Dich wieder- hcn soll . . . mein Danken, mein Gluck wäre i>ue Grenzen, wie eS jetzt unser beider Hoffen ist. Schlimme Wochen waren es für oas Jage- mannsche Haus. Die Baronin-Nichte schickte Anna herüber, daß sie sich mit Lina und der alten Exzellenz in die Nachtwachen teile. Sie erschien auch jelbst und war der alten Tante Iagemann, die über allen Schreck ganz kopflos dasaß, eine gehorsame, zu allem willige Nichte. Tagelang verweigerte der Hausarzt jede Aus kunft, ob es mit Elena besser oder schlechter stehe. An einem Morgen kam er mit einem be rühmten Professor aus Berlin und einem jungen Kollegen aus der Stadt vorgcfahren. Sie schlos sen sich ins Krankenzimmer ein. Die beiden Mäd chen jagten in einem fort die Treppen auf und nieder. Bange Stunden schlichen dahin. In ihrer Stube saß die alte Exzellenz vor dem Schätze bewahrer und tauschte auf ihr ungestümes Herz, verwandte keinen Blick von den Zeigern der Uhr. Sie rückten so langsam, langsam vor . . . Von der Straße scholl frohes, ungestümes Lärmen. „Siebzigtansend Russen gefangen!" rie fen Helle Stimmen. Man schrie und fang. Es war Sedantag. Nach bangen Stunden traten die Aerzte bei der Exzellenz ein Der Berliner Professor strich zufrieden seinen langen, weißen Bart. „Na, es sieht gut aus, Exzellenz! Ich hätte nicht gedacht, daß wir es noch so kriegten. Aber der verehrte Kollege hatte gut vorgesorgt. Sie können sich getrost zu Weihnachten auf einen kleinen springlebendigen Urenkel ein richten." Mit heißen Tränen in den Augen dankte sie den Aerzten. „Nur weiß ich nicht, ob Ihrer Frau Enkel tochter der Tod ihres Gatten auch wirklich be kannt und zu Bewußtsein gekommen ist"', schränkte der Professor die frohen Aussichten ein. „Wir könnten da leicht einen schlimmen Rückfall er leben. Sie müssen sehr vorsichtig sich verge wissern, vocbereiten, gnädige Frau!" Sie nahm auch dieses jchwere Amt auf sich Als die Totenliste den Namen des Leutnants der Reserve Hans Georg Erhardt von Jage mann brachte, ließ sie die Haustür für jeden Beileidsbesuch verschließeu und suhr nach der Grabstätte der Iagemanns hinaus. Hans Martins hundertster Geburtstag, der Eichcnkranz Erhardts, das war alles vergessen worden in der Not der Tage, die um Elenas zartes Leben rangen. Tiefgebeugt schritt die Gcecsiu nun au seir.eu Sarg und h elt eine lauge traurige Zwiesprache nnl dem Toten. Als sre aus der dunklen Gruft wieder hin austrat auf den abendlichen Dorfkirchhof, winkte sie den Kindern, die um die Gräber spielten, und ließ sie buntes Laub von den herbstelndcn Bäumen pflücken. Unter den erstaunten Kindern saß die alte gebeugte Frau und wand einen Kranz aus Eichenlaub und Zweigen vom Le- bensbaum. Die weichen Nadeln schmiegten sich in ihre Finger, das Laub der Eiche fing schon an gelb zu werden und raschelte in den zitternden Händen. Diesmal sangen die Dorfkinder nicht: ängstlich hingen ihre Blicke an den strengen, festgeschlossenen Lippen der alten Frau. Häupten aus Hans Martins Z standen in ehrfürchtiger Scheu hörten die Greisin murmeln. „Sollen wir beide denn wirklich die letzten sein? Mein guter, alter HanS Martin!" Im sinkenden Abend suhr sie heim durch das herbstbunte Land. Und Anna trat in ihre Stube. „Exzellenz sind so gut zu uns geivesen, als Reinhardt weg mußte. Hier schickt er einen lan gen Brief, wie der gnädige Herr gestorben ist. Und er schreibt, er hatte so gern einen ganz an dern Brief als seinen Dank nach Hause geschickt Es täte ihm ja auch selber so furchtbar weh —" (Fortsetzung in der Abendausgabe.)
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