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L. Vellage. vannrrstag. l0. vezemver 1914. Leipziger Tageblatt. Nr. S26. Morveu-Nuseave. VrUe S. - Meinungen un- Stimmungen in Amerika. I. Georg« Lu»der», einer der sbrkanntosben Großkaufleute in New York, hat seinen Geschäfts freunden in Deutschland eine eingehend» Schilderung der amerikanischen Verhältnisse, wie sie sich mit Be ginn des Krieges entwickelten, zugehrn lassen. Da Herr Lueders seit 24 fahren amerikanischer Bürger ist und viele geschäftliche Beziehungen zu aller Wüt unterhält, ist er weit mehr al» mancher andere zu einem Urteile berufen. Ein Freund unseres Blatte hat uns sein Schreiben zur Verfügung gestellt, und wir entnehmen ihm einige sehr lesenswerte Aus führungen: Zunächst bestätigt der Verfasser die Unzuverlässig keit der meisten amerikanischen Blätter und iyrer verlogenen ausländischen Berichterstatter. Um so wichtiger sei es, daß die Funkentelegraphie der deutschen Gesellschaften einigermatzen im Danae blieb. Natürlich steht sie unter amerika- nischer Zensur. Heber die Haltung der Zeitungen heißt es dann: Wirklich für Deutschland treten natürlich nur die deutschen Zeitungen hier ein; bet Beginn des Krieges schrieben die sämtlichen anglo-amerikanischen Zeitungen m allerschürfster Weise gegen Deutschland, und ihre Artikel hätten gar nicht beleidigender für Deutschland sein können, wenn sie in England selbst oder Frankreich geschrieben worden wären. Was nun die bekannteren Zeitungen angeht, so hat der „New Bork Herald" nur noch den Namen, aber nicht mehr den Einflug und noch viel weniger den Inhalt, den er früher aufweisen konnte. Den größten Einfluß hat die „New York Time s", die jetzt in einer Auflage erscheint größer als die des „Sun", des „Herald" und der „Tribüne" zusammen. Der Inhaber und Redakteur der „New York Times" heißt Adolf S. O chs, und wenn ich nicht irre, stammte sein Vater aus Wetzlar in Hessen. Der Sekretär des Blattes ist ein Herr B. C. Franck. Daß nun diese so einflußreiche Zeitung in den Händen von zwei Leuten mit so deutschen Namen und vermutlich auch deutscher Abstammung eine so deutschfeindliche Haltung einnehmen würde, sollte man natürlich nicht erwarten. Aber in der Tat, die Artikel dieses Blattes sowohl als auch all der anderen anglo-amerikanischen Zei tungen waren einfach haarsträubend für einen Deut schen, und man konnte nur in ohnmächtiger Wut mit den Zähnen knirschen. Der ganze Ton in allen diesen Zeitungen, einschließlich der an die Herausgeber ge richteten und von diesen veröffentlichten Briefe waren derartig, daß es, wie gesagt, in Paris oder London nicht schlimmer hätte sein können. Die erste Zeitung, die dann allmählich anfing etwas Gerechtigkeit und Berücksichtigung de» deut schen Standpunktes zu zeigen, war die „Evening Post", die man, um gerecht zu sein, überhaupt wohl die höchststehende Zeitung Amerikas nennen kann; sie wurde seinerzeit von Oswald Villard, dem in Deutschland sehr bekannten Finanzmann, erworben, und noch jetzt ist dessen Sohn, Oswald Garrison Villard, Präsident des Unternehmens. Der Chef Redakteur der „Evening Pott" ist Mr. Rollos« Ogden, mir persönlich wohlbekannt, da er seinen Wohnsitz in dem kleinen Städtchen nahe New-York hat, das auch ich bewohne, ein Umstand, durch den wir natürlich des öfteren zusammengebracht werden. Diese Zeitung kostet 3 Cent», wie die Morgenausgabe de» „Herald", während alle übrigen Blätter morgens und abends nur 1 Cent kalten. So wird die „Eve- ntng Post" nur von den höheren Klassen gelesen, be sonder» von den Deutsch-Amerikanern. Diese Zeitung nun fing, wie gesagt, zuerst an, Gerechtiakett zu zeigen, und heute bringt sie Leit artikel, über die man sich nicht beklagen kann, bringt Berichte von Deutschen und über Deutschland und Briefe von Deutschen neben solchen von der gegneri schen Seite; am 10. Oktober brachte sie sogar nach dem Hamburger Fremdenblatt einen Artikel, wie die offiziellen deutschen Nachrichten gefälscht worden sind. Es ist nur natürlich und kann den Amerikanern nicht zum Vorwurf gemacht werden, daß, wenn alle Zeitungen und Wochenschriften in solch alle-'.chärmer Weise gegen Deutschland schrieben, die Leute keine besonders günstige Gesinnung für Deutschland haben. Ich muß hier sogar anführen, daß ich unter meinen Freunden in den ersten Tagen des Krieges manchen Deutschen gefunden habe, der gegen Deutschland gesinnt war; die meisten sahen die Zukunft Deutsch lands für hoffnungslos an, und meinen Argumenten und meiner absoluten Zuversicht in die gute Sache Deutschlands gelang es erst, den Leuten wieder etwas Glauben an ihr altes Vaterland zu geben; dies war natürlich nur im Anfang, denn heute gibt es wohl nur noch vereinzelte wenige Deutsche, die nicht ganz Feuer und Flamme sind für den Sieg des alten Vaterlandes. Ich selbst muß offen zugeben, daß ich mich nicht rühmen kann, immer ein sehr deutschgesinnter Deutsch- Amerikaner gewesen zu sein, bei Angriffen jedoch, wie sie von der anglo-amerikanischen Presse gebracht wurden, mußte einer wohl weder Herz noch Gemüt haben, wenn er nicht fest und treu zu seinem früheren Vaterlande hielte. Meinen amerikanischen Bekannten habe ich offen erklärt: ganz gleich wie viel oder wie wenig ich vor dem Kriege deutsch gesinnt gewesen sei, als mein Gefühl natürlich in erster Linie Amerika galt, jetzt sei ich jedenfalls ebenso ichroff deutsch gesinnt, wie vorher amerikanisch, und ich muß hier gestehen, daß mir kein Amerikaner dies verübelt hat. Wie zaghaft die Deutschen hier zunächst waren, geht daraus hervor, daß, als der Aufruf einiger be kannter Deutschen erging, zunächst schriftlich an die bekanntesten Deutschen New Yorks, ihre Namen unter einen öffentlichen Aufruf, der in den Zeitungen erscheinen sollte, zu setzen, anstatt der aufgeforderten 200 sich kaum 40 bis 50 dazu bereit erklärten. Die meisten hatten als Entschuldigung, daß sie sich ihre amerikanischen Beziehungen und ihre Kunden hier verderben würden, andere sogar schützten ihre eng lischen Verbindungen vor, wie wir sie hier natürlich alle haben, einschließlich meiner eigenen Firma. Kanada ist überdies zu nahe, und Kanada ist so schroff englisch gesinnt, wie England selbst; die Be ziehungen der Deutschen hier zu Kanada aber sind in vielen Fällen sehr enge. Es bedurfte vieles Zuredens, persönlicher Ueber- zeugung und starker Anrufung des Patriotismus bei vielen Deutschen, eh« die Unterschriften zu- sammmkamen. Mein Name war gleich zu Anfang des Aufrufe» auf der Liste, und ich wurde auch von vielen Amerikanern daraus aufmerksam gemacht, doch es ist nicht ein einziger, der es mich hätte irgend wie entgelten lassen, und ich knüpfe daran die Be hauptung, daß, wenn auch die angloamerikanische Presse sich noch so antideutsch zeigt, sie in dieser Stimmung das große amerikanische Publikum nur teilweise vertritt. Ich verkehre fast nur mit Englisch-Amerikanern, aber in den nun 2^/, Monaten, die der Krieg dauert, ist mir auch noch nicht die kleinste unangenehme Szene mit Amerikanern vorgekommen. In all den amerikanischen Klubs, zu oenen ich gehöre, in all d:n amerikanischen Familien, mit denen ich zusammen komme, ist auch nicht das geringste verletzende Wort gefallen; wir haben den Krieg besprochen, ruhig, sachlich, ohne jede Aufregung, jeder :hrte die Ansicht des anderen. Ich komme nun zurück auf das Bestreben, von Deutschland und auch von hier ausgehend, die Ameri kaner zu Deutschlands Gunsten umzu- st i m m e n. Meiner Meinung nach kann dies nicht gescheh:n durch ein Ueberichwemmen der Ameri kaner mit Drucksachen, und ich muß der „Evening Post" Recht geben, die dagegen in einem Leitartikel protestiert. Die deutschen Interessen lir- g.m hier in sehr guten Händen, und besonders d;r deutsche Botschafter, Graf Bernstorfs, gab bei seiner Antunft hier ein ausgezeichnetes Interview, worin er sich über dir Lage vom drutschen Stand punkt aus klar geäußert har. („Times" 80. August.) Als Gesandter kann er natürlich die Berichterstatter nicht öfters empfangen, das würde g.gen die Form sein und unserer Regierung mißfallen, deshalb empfängt er Reporter jetzt nur, wenn er Nachrichten vom deutsch:» Hauptquartier erhält, die er dann einfach ausgibt. Der beste und geeignetste Mann aber, den Deutschland hierherschicken konnte und den deshalb wohl auch die deutsche Regierung ausgewühlt hat, ist Dr. Derndurg, der natürlich offen sprechen kann und dessen Artikel voll und unbeschnitten in der Zei tung „The Sun" erscheinen, die ich vorhin schon er wähnte; auch von anderen Blättern werden sie ab gedruckt. Es gibt wohl nur wenig Leute, die die Macht des überzeugenden Wortes — und noch dazu in Eng- lisch — so besitzen, wie Dr. Derndurg. Die anti deutsche „Times" (wenn nichts besonderes hinzu- gefügt ist, meine ich damit immer die „New York Times") gab in einem Leitartikel zu, daß Dr. Dern- burg so überzeugend spreche, daß es sehr schwer sei, ihn zu widerlegen, was nicht verhinderte, daß dann die schroffste Widerlegung in der engherzigsten Weise doch versucht wurde. Ferner hat Prof. Münsterberg, jetzt Dozent an der Harvard-Universität, viel geschrieben in Büchern und Zeitungen, ausgezeichnet und überzeu gend, immerhin doch vielleicht schon etwas zu viel, besonders für die abhängige Stellung, in der er sich befindet. Auch die Professoren Vurgeß von der Colum bia-Universität und Herb. Sanborn von der Vandcrbilt-Universität und ferner der Richter Eroßcup von dnn hohen Gericht in Chicago stehen auf Deutschlands Seit: und treten in gewich tigen Artikeln für d:n deutschen Standpunkt ein. Ebenso Professor v. Jagermann von der Har vard-Universität. Neue Nriegsschristen. * Flutartig mehrt sich mit jedem Tag die Menge der Bücher und Schriften, die mit mehr oder minder großer evachckunde den Krieg al» »in« Lvbensnot- wendigkeit rechtfertigen oder darüber htnau» For derungen für die Zukunft ausstellen. Besonders wertvoll sind un» di« im vertage von F. Bruckmann-München erschienenen „Krreg». aufsätze" von Houston Stewart Cham berlain, des Verfassers der Grundlagen des HL. Jahrhunderts. Er ist, obwohl Engländer von Geburt, ein« der Unseren geworden, und seine Stimme wiegt, einerlei, wie man sich zu manchen seiner Gedanken stellt, schwer. Man l«>«, was er über Englands Machthunger zu sagen bat. — Paul Rohrbach, der bekannte, unermüdliche Verfechter unserer Weltpolitik, erscheint mit zwei Veröffent lichungen : „Zum Weltvolkhindurch!" (Stutt gart, Engel Horns Nachfolger) und „Der Krieg und die deutsche Politik" (Verlag: Das größere Deutschland). Mit Recht kann sich Rohrbach auf seine Voraussage des großen Weltgeschehens be rufen. — Mit begersterndem Schwung ist Waldemar Bonsels Schrift: „Das junge Deutschland und der große Krieg" geschrieben. (Walter Schmidkunz, München.) — Eine zum Teil ge schichtliche, aber sehr zeitgemäße Betrachtung liefert Walter List mit seiner vom Xenien-Verlag in Leipzig herausgegebenen Schrift: „Das poli tische Testament Peters des Großen und Napoleon Bonapartes als Ver mächtnisse zum Weltkrieg." Die Ver gleiche, die der Verfasser zieht^ wie die Nutzanwen dung auf die gegenwärtigen Weltvorgänge sind von überzeugender Wirkung. Immer von neuem wird die Frage behandelt was der Krieg eigentlich soll. Müht sich der eine Verfasser mehr um die Erklärung der Völkergegen sätze, so untersuchen andere die Wirkungen des Krieges auf dir Volksseele. Wirklich gediegene Arbeiten fanden wir in den Kriegsheften der Internationalen Monatsschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik (Heraus geber Max Cornicelius, Verlag von B. E. Teubner, Leipzig-Berlin). Im Nooemberheft spricht sich z. B. Luzo Brentano in außerordent lich anziehender und überlegter Weise über Deutsch land und seine Gegner aus. — Äon besonderem Werte ist di« Untersuchung des Verhältnisses zwischen „K r i rau n d K u l t u r", womit Karl Lambrecht die im Verlage von S. Hirzel-Leipzig erschienene, mehrfach erwähnte Sammlung Zwischen Krieg und Frieden" bereichert. Die Schrift enthält drei Vor träge über deutsche Kultur, dir in der Form der Red« wiedergegeben sind und eine Fülle von Ge danken vermitteln. — Zu den entschiedenen Ver fechtern des Gedankens, daß der Krieg zu einem un geahnten Aufschwung des Deutschtums auf allen Ge bieten führen werde, gehört Cyr. Lud-w. Poe hl- ma n n. Sein Buch „Das Gute des Welt krieges" (Verlag Hugo Schmidt, München) atmet eine vaterländische Zuversicht, die auch Zwei felnde einnehmen und überzeugen wird. In ähn lichem Geiste ist die Schrift von Adolf Saager „Die Frucht des Weltkrieges" (Verlag von Robert Lutz, Stuttgart) gehalten. Auch er faßt den Krieg als Lehrmeister auf, der Deutschland vor neue gewaltige Aufgaben stellen wird. — Auf ein neues Deutschland gehen auch die hohen Gedanken hinaus, die Landgerichtsdirektor Gust. Schief! er in feinem bei L. Friedrichsen in Hamburg er schienenen Vortrage „Unserekulturellenver. antwortungen nach dem Kriege" in getst- L 6 Spielrvareu - Ausstellung im 2. Stock -er neuen Lebensmittel-Halle (Zahrstuhl-Senutzuag) kn Kolonialwaren I.n> Hroße Auswahl in Liebesgaben . Pfd. 0.95 . Pfd. 0.85 . Pfd. 0.85 . Pfd. 0.75 . Pfd. 0.95 . Pfd. 0.78 . Pfd. 0.95 . Pfd. 0.85 . Pfd. 1.00 . Pfd. 0.70 . Pfd. 1.00 Pfd. 0.50 . . Pfd. 0.68 u. 0.75 Pfd. 0.45 0.60 0.75 Pfd. 1.20 . Kopf 0.05—0.15 . Kopf 0.10—0.25 . 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