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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.09.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191409205
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19140920
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19140920
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-20
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
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ZWMMKM Kunst unci Wissensekast Theater unS Krieg. Eine große und schwere Ausgabe ist in diesen Wochen dem Theater vor allen anderen Künsten zu gefallen. Schwer darum, weil es die dienende Stellung, die ihm jetzt zukommt, aussöhnen mutz mit den Forderungen der Kunst. Zwei Klippen drohten: Zeitfremdheit oder wahllose Hingabe an den Inhalt der Zeit ohne Rücksicht auf Form. Zudem wandeln sich unsere Anforderungen an das Theater auch mit den Ereignissen. So war uns. in den ersten Wochen die heitere Muse völlig verleidet, und selbst der beglückende Zauber des germanischen Lustspiels versagte naturnotwendig gegenüber der hohen Eefühlsspannung, die auf uns lastete. In diesen Tagen war die Wucht Kleistischer Leidenschaft fast das einzige, was uns über die Not der Zeit hinaushob, weil es eben die in uns drängenden Ge fühle befreite. Diese ersten schwersten Tage, da wir nur den einen Gedanken trugen, sind vorüber; wir atmen freier und schauen die Zukunft mit ruhigem Ernst. Damit ist uns wieder die Fähigkeit gegeben, »ns für Stunden von der Wirklichkeit zu lösen. Das Theater soll unsere freie Lebensstimmung steigern. Gewiß fordern auch wir jetzt einen Spiegel unserer Seele, und es ist selbstverständlich, daß wir nur deutschen Geist von der Bühne spüren wollen. Aber wir vermögen je nach der besonderen Stimmung den schweren Rhythmus der Tragödie ebenso wie die lautere Fröhlichkeit eines Lustspiels wieder auf uns wirken zu lassen. Es ist nicht Leichtfertigkeit, die aus der Größe der Zeit flüchtet, als ob wir, während unsere Lieben draußen bluten, billigen Frohsinn suchten. Wir alle, auch wir daheim, leiden unter dem Druck der Zeit. Es ist ein deutscher Zug, daß wir uns mit Lächeln über die eigene Not erheben; der Humor ist deutsch, die Komik im engeren Sinne welsch. Ebenso wie unsere Krieger draußen ihre mutterländische Fröhlichkeit nicht lassen, so sind auch wir nicht verurteilt, stets die Schwere der Zeit im Gesicht zu tragen. Wir wollen das Theater suchen, damit unsere Seele frei werde und wir mit un gehemmter Kraft den Kampf durchhalten. Wir haben in diesen Tagen gesehen, welchen Reichtum an rein deutschen Stücken wir haben. Der Dichter unserer Zeit ist Kleist; und wir sind ihm noch nie so nahe gewesen. Kleist ist jetzt erst nach hundertjährigem Verkanntsein wirklich in das Volk eingegangen, und dieses wird seinen deutschen Shakespeare nun halten, um ihn nie wieder zu ver. lieren. Aber auch auf andere besannen wir uns und erlösten manches Dichterwerk aus dem Moder. Schillers sittliches Pathos fand wieder Gehör im Herzen; Heyse, Wildenbruch und andere lebten auf. Eine Gefahr indessen droht der Kunst. Wir wol len jetzt gewiß nicht darüber wehklagen, daß manches Stück seinem vaterländischen Inhalt eine Aufführung dankte, auch wenn die Mängel der Form sie in an derer Zeit verboten hätten. Es sind dies Zugeständ nisse an den Augenblick, die sich durch das Bedürfnis rechtfertigen. Aber dies Hebel darf nicht wuchern, und vor allem es darf nur auf den Augenblick sich beschränken, von dem es sein Recht hat. Solche Dra men stehen auf der Stufe von lebenden Bildern mit begleitendem Text. Die Zeit wird wohl selbst diese Eintagser,Zeugnisse wieder Hinwegfegen. Im ganzen aber wird das deutsche Theater bemüht sein müssen, die Forderungen der Gegenwart mit denen der Kunst auszugleichen und einem großen Volke nur Großes und Gutes zu bieten. Billiges Hurrageschrei in zurechtgestutzten Machwerken sollte von der Bühne verbannt bleiben; damit entwürdigen wir uns selbst und sinken fast auf die Stufe des französischen Chauvinismus. Zn dieser Hinsicht ist an einzelnen auswärtigen Bühnen gesündigt worden. Es ist nicht notwendig, daß wir in jedem Stück unsere augenblickliche Stellung und Stimmung im Weltkrieg beleuchtet sehen. Hier eben droht eine künstlerische Verflachung. Der Inhalt wird alles» und die Form bleibt gleichgültig. Aber die Güter unserer Kultur sollen und müssen uns auch in einer Lage wie der unseren heilig bleiben. Es kommt nur auf den Geist und die Seele der Stücke an, nicht auf die Einzelbeziehungen ihres Inhalts. Gewiß findet zwischen Zuschauer und Bühne eine Wechsel wirkung statt, unv je stärker die mitgedracktc Stim mung des Zuschauers ist, desto hartnäckiger behauptet sie sich gegen die auf iyn eindringenden Kräfte der künstlerischen Einbildung. Darum sind naturgemäß alle Stoffe zu meiden, die unserem jetzigen Gefühlsinhalt zuwider sind. Heroisch muß die Tragödie, deutsch das Lustspiel sein. Aber es hieße die Stärke des deutschen Idealismus ver kleinern, wollte man Stücke ausschließen, die nicht ganz den Tatsachen der Gegenwart entsprechen, etwa Wallenstein wegen des „Dank vom Hause Oesterreich!" Das gleiche gilt für Shakespeare. Er ist von Ge burt, nicht von Geist ein Engländer. Er gehört für immer zu uns. Denn deutsche Geistes- und Seelen arbeit hat ihn erobert. Wir brauchen ihn in solcher Zeit, weil er zu unseren Vertrautesten gehört. Selbst Moliöre werden wir nicht aufgeben dürfen, wenn er allerdings auch unserer jetzigen Verfassung ent gegen ist. Molieres Komik ist trotz ihres allgemeinen Wertes französisch durch und durch, und eben darum würden wir sie im Augenblick als Fremdstoff empfinden. Was aber die Zukunft angeht, so wird der Krieg nirgends so umgewälzt haben wie im Theater. Fran zösische Schwankfrivolität wird uns unbegreiflich fein. Der seit Jahren sieche Naturalismus hat den Todesstoß erlitten. Die rein lyrische „Dramatik" aber, deren künstlerische Werte im einzelnen nicht zu bestreiten sind, deren schöpferische Zukunft hingegen völlig zweifelhaft blieb, ist gleichfalls — und hier liegt Tragik — in ihrer Jugend vernichtet. Die Zeit ist nicht mehr lyrisch, sondern dramatisch geworden, und sie wird Werke hervorbringen, die Drama sind von Seele und Blut. Ein solches Drama aber wird und muß deutsch sein. Or. k'rioärivb Ledroedt. Eine aeuent-eckte Miniatur aus Sem Kreise -er HerraS vou Lau-sbers. Die reichentwickelte mittelalterliche Miniatur malerei bildet ein Gebiet des deutschen Kunst schaffens, dessen Dunkel erst in jüngster Zeit die Forschung aufzulichten begonnen hat. Bereits ist ein allgemein anerkanntes, wichtiges Ergebnis ge wonnen worden: es ist dies der von keiner Seite mehr bestrittene Nachweis der engen Abhängigkeit der abendländischen Miniaturmalerei von der byzan ¬ tinischen. Dagegen sind die einzelnen Kanäle, die vom Morgenlande ins Abendland führten, noch kaum aufgedcckt, und alle Versuche, Handschriften unbe kannter Herkunft einer Gruppe einzugliedern oder gar zu lokalisieren, erwiesen sich bisher als äußerst schwierig. Um so willkommener ist nun ein glück licher Fund, der Dr. Hermann Flamm in Frei bürg i. Br. geglückt ist und über den er im jüngsten Hefte des von Professor Karl Kötschau herausge gebenen „Repertoriums für Kunstwissenschaft" einen überaus sorgfältigen Bericht abstattet. Denn dieser Fund bietet mancherlei neue Anhaltspunkte und be sonders bestimmt er auch die kunstgeschichtliche Stel lung näher, die der berühmte, im Original bekannt lich leider verlorene „llorws stelicierum" der Aebtissin Herrad von Landsberg einnimmt. Der Fund, um den es sich handelt, sind zwei Blätter, die auf dem Einbande eines im Freiburger Stadtarchive auf bewahrten Weinungeldbuches aufgeklebt waren und von denen eins zwei prachtvolle Miniaturen auf weist. Ein besonders günstiger Umstand wollte, daß der Freiburger Dompfarrer Herr Brettle im Nach lasse des früheren Dompräbendars Dr. Leo auf dem Umschläge eines Rechnungsbüchleins ein weiteres Pergamentblatt entdeckte, das sich als zu diesen beiden Blättern zugehörig erwies. Es liegen also hier drei Blatt als Rest einer alten Bilderhandschrift vor. Sie enthalten das Inhaltsverzeichnis der Handschrift, ferner ein Marien-und Nikolaus-Sequenz, sowie eben jene kunstgcschichtlich so interessanten Miniaturen. Diese stellen im oberen Teile den Heiland und Petrus vor Zachäus auf dem Oelbaum, das Ganze mit Silber stift angelegt, unten hingegen, energisch in Sepia aus gezogen, den heiligen Theodor mit einem Gefährten, beide beritten, auf. Die Wahl dieser Motive enthält, wie Flamm nachweist, offenbar eine Bezugnahme auf das Kirchweihfest der Augustiner Chorherren der römischen St.-Salvatorkirche. Dieses Fest wird am 9. November gefeiert, und auf denselben Tag fällt auch das Fest des heiligen Theodor. Nach ihrem kunstgeschichtlichen Charakter zeigen die Miniaturen noch durchaus den byzantinischen Stil, und zwar macht sich dabei, besonders in der Figur des Heilandes, die stilistische Verwandtschaft mit der entsprechenden Gestalt des „Lustgartens" der Herrad ganz auf fällig bemerklich. Das Ergebnis, zu dem Flamm in umfänglicher Untersuchung gelangt, ist nun dies, daß die neue Handschrift aus einer Künstlerstätte von Augustiner Chorherren stammt oder doch für ein Stift dieser Kongregation bestimmt war. Ihre wahr scheinliche Entstehungszeit liegt zwischen 1150 und 1180. Stilistisch steht sie dem Hortus deliciarum der Aebtissin Herrad näher als irgendeiner anderen Handschrift jener Zeit. Als dessen unmittelbare Vor lage möchte Flamm sie allerdings nicht ansehen; immerhin war sie eher Quelle des Hortus als irgend wie von ihm abhängig, und jedenfalls haben wir hier eine Kunstleistung auf dem Gebiete der Miniatur malerei vor uns, die dem ganzen Kulturkreise zuzu weisen ist, aus dem auch Herrad von Landsberg her vorgegangen ist. 81. k. * Aus den Städtischen Theatern: Am Sonnabend, den 26. d. M., gelangt im Alten Theater „Hans Lanae", Schauspiel von Paul Heyse, neu einstrediert zur Aufführung. * Schillerverein. Am nächsten Donnerstag, den 24. d. M., findet im der Alberthalle der 6. Vaterländische Abend des Schiller verein» mit Unterstützung von Rektor und Senat der Universität statt. Den Hauptinhalt bildet ein bedeutsamer Vortrag des Geographen unserer Hoch schul«, Geheimrats Prof. Dr. Partsch, der zur Freud« Leipzigs kürzlich einen lehr ehrenvollen Ruf an die Univemtät Berlin ablcynte. Herr Professor Partsch spricht über „Deutschlands Ost- grenze", den Schauplatz der großen, siegreichen Kämpfe des Generals v. Hindenburg und unserer tapferen Verbündeten, der Oesterreicher, und erläutert seine Schilderung dieser auch landschaftlich reizvollen und so wenig gekannten Teile unseres Vaterlandes durch Lichtbilder. Als Einleitung des Abends wird Max Fest auf der Orgel die Tokkata in F-Moll von I. S. Bach zu Gehör bringen, zum Schluß ertönt der allgemeine Gesang des Arabischen Baterlandsliedes: „Der Gott der Eisen wachsen ließ." Karten sind in der Linckeschen Buchhandlung, Burg straße 1—5, zu 30 Pf. bis 1,50 zu haben. » Theaterchronik. Klabunds Einakter „Rußland marschiert" kommt dieser Tage 'n ben Münchner Kaminerspielen zur Uraufführung. — Das Herzogliche Hoftheater zu Dessau wird seine diesjährige Spielzeit Mitte Oktober eröffnen. — Das Schauspielhaus in Bremen beginnt am 20. September die Spielzeit mit der Uraufführung des dreiaktigen Schauspiels „Die heilig« Not" von Joh. Wiegand und W. Scharrelmann. Ferner ist die Uraufführung eines Lustspiels von Sil Vara angekündigt. — „Theodor Körner", die Frciheitsooer von Alfred Kaiser, ist von Direktor Dr. Hans Locwen- feld für das Stadttheater in Hamburg er worben und gelangt heute zur Erstausführung. — Das Stadttheater in Hanau wird im Oktober versuchsweise auf 6 Wochen eröffnet. Die Stadt Hanau sichert die Schauspielcrgehälter. — „ V o l l- dampf voraus", Marrnestück in drei Akten von Arthur Lippsch'tz und Eduard Eugen Eitler, wurde vom Deutschen Schauspielhause in Hamburg erworben. * Adele Sandrock feierte gestern den fünf zigsten Geburtstag. Von ihrer Mutter, die Tragödin am holländischen Nationalthcater in Rotterdam war, hat sie die Liebe und Begeisterung für das Theater geerbt. Nachdem die Holländerin die deutsche Sprache sich zu eigen gemacht und fleißig die deutschen Klassiker studiert, debütierte sie am Ber liner Uraniatheater und wurde 1880 an das Hof theater in Meiningen engagiert. Nach einem Jahre schon verließ sie die Meininger, weil die noch un geübte Anfängerin nicht gefiel. Erst neun Jahre später errang Adele Candrock am Theater an der Wien als „Jza" im „Fall Clemenceau" einen un bestrittenen Erfolg. Wien wurde nun die künst lerische Heimat der Tragödin, deren originelles Talent am Wiener Deutschen Volkstheater und vor allem am Burgtheater zur weitesten Entfaltung kam. Im Jahre 1898 schied sie grollend vom Lurgtbeater und machte weite Gastspielreisen nach Deutschland, Amerika, Rußland und Holland. Für kurze Zeit kehrte sie an das Deutsche Volkstheater in Wien zu rück, um dann ihre Wanderfahrten wieder aufzu nehmen. Ueberall wurde sie mit Beifall empfangen, und auch am Deutschen Theater in Berlin sand ihr Spiel Anerkennung. vrulsche Männer. 44j Geschichtlicher Roman von Wilhelm Jensen. Noch einmal durch die weite Ebene des alten „Butjadingerlandes", bis sich abermals ein Kirchturm draus aufhob, der des Städtchens Brake, des eigentlichen Seehafens von Bremen, wo die Weser nach dem Einfluß der Hunte erst für große, tiefgehende Schiffe befahrbar ward. Da grüßten schon aus der Weite an hohen Masten Segel von Schonern, Briggs und Barken her- über, gleichfalls der Ankömmlinge harrend. Der letzte Ritt war's gewesen, und wehmütig faßte die Reiter der Nötigungszwang an, sich von ihren treuen Pferden zu trennen; doch konnt's nicht anders gesclsehen, zu ihrer Mitnahme boten die Schiffe nicht Raum, und sie mußten schnell um geringfügigste Preise an die zusammcngeström- ten Landleute mehr verschenkt als verkauft wer. den. Dabei gerieten sich Hans Gibich und Eber, gard Falke zum erstenmal wieder zu Gesicht, und die Augen beider stutzten gleicherweise, da nach den Mitteilungen des Herzogs jeder vom andern geglaubt hatte, unmöglich sei's, noch einmal mit ihm zulammcnzutresfen. Aber dichtes Getümmel von Pferden, ihren Käufern und Verkäufern drängte sich fast schon im selben Augenblick zwi- Ichcn sie, knappe Frist nur war allen noch am Lande zubemessen, überall warteten die See. leute auf das Geheiß, die Vertäuungen zu lösen, und nach kurzem begannen die Husaren, schwar zen Strömen ähnlich, über die Anlegebrücken auf die Fahrzeuge hinüber zu fließen. Zuschauend stand der Herzog, von seinen Offizieren umringt, er wollte sich zuletzt an Bord des größten Schiffes begeben, dessen Kapitän, vor ein paar Tagen im Hafen von Brake eingelaufen, um die Vergünstigung gebeten, ihn aufnehmen zu dürfen. Eine amerikanische Vollbrigg war's, an allen Nal)en und Stangen festlich von bunten Flaggen und Wimpeln übcrflattert; fröhlichsten Anblick bot's im goldenen Strahlenauffall der Augustsonne — Da fuhren aus einmal die Köpfe der Offi ziere wie ungläubig herum, ihnen schlug ein Klang ans Ohr, den sie nie vernommen und nicht für möglich gehalten, zum erstenmal ein lautes Auflachen vom Mund« des Herzogs Friedrich Wilhelm. Seine Augen hatten plötz lich an der Brigg etwas wahrgenommen, und seine Hand deutete darauf hin, nach einer groß buchstabigen weißen Inschrift unter ihrem Bug: „Iks Skepberäess", die im Halbrund eine hübsch aus Holz geschnitzte weibliche Figur in apfcl- blütenfarbigem kurzem Kleidchen tz la berxers mit einem Strohhut auf dem blonden Haar und einem bebänderten Stabe in der Hand umgab. Und nun kurz nach einem Gesicht unter seinem Geleit umfuchend, rief der Herzog: „Du warst ein ungläubiger Thomas, Rittmeister Gibich. Ich sagte dir's, die Schäferin würde uns ins Engel land führen." Rasch ging sein Blick weiter umher, dann trat er aus dem Kreis auf Ebcrgard Falke zu, die unschlüssig gleichfalls noch am Lande ge. blieben, in einiger Entfernung vereinzelt abge sondert stand, und sprach sie an: „Ich erbitte von unserer Schutzpatronin die Ehre, mich auch an Bord ihres Admiralschiffes zu führen." Merkbar lag eine Verworrenheit über ihren Sinnen, und sie wußte nicht, was sie solle. Doch hurtig ihren Arm fassend und in den seinigen legend, zog er sie mit sich und schritt an ihrer Seite über den Landungsst eg zur „Lbepderstess" hinüber. Das Signal für l..m Kapitän war's, auf dessen Kommando sich jetzt die Brigg vom Ufer löste, als vorderste mit gebauschten Segeln den Strom hinunterzugleiten begann. Ihr folg ten die anderen, dicht von schwarzen Husaren, tschakos überdeckten Schiffe nach, in einigem Ab- stände ließ sich bereits die herannahende dunkle Masse der bei Elsfleth mit ihrer lebendigen Fracht beladenen Fahrzeuge gewahren. Alle, die nicht in den Kämpfen vor Halberstadt und vor Braunschweig gefallen, hatten das rettende Was. ser erreicht; noch zwar war nicht jede Gefahr vorüber, denn am rechtsseitigen Weserrandc wur den sie von einer reitenden Batterie verfolgt, und wie beim Untergänge Schills in Stralsund, waren es dänische Truppen, die ihr Geschü^cucr hauptsächlich nach der festlich geschmückten Brigg richteten. Aber die von ihr Fortgetragenen wa ren anderen Bedrohungen entronnen und lachten nur über die da und dort wirkungslos in den Fluß einschlagenden, einzig die Wasserfläche kraus durchfurchenden Kugeln. Als ein letzter feind licher Abschiedsgruß kamen sie ohnmächtig daher und reichten bald über das immer breiter wer. dende Strombett nicht mehr herüber. Leuchtend blaute der Himmel, günstiger Wind wehte, doch nur in einer mäßigen Stärke, welche die klei neren, dicht von den Fußsoldaten ungefüllten Schiffe nicht gefährdete; die Natur schien' mit der Schwarzen Schar im Bund« zu stehen. Um die Nachmittagsmitte liefen sie an dem Flecken Bremerlehe vorbei — vom künftigen Bremer haven zeigte die Küste noch keine erste Grün dungsspur — und wie der Abend herannahte, schwanden zur Rechten und Linken die Weser ufer aus dem Gesichtsbereich weg, breitete sich vor ihnen di« offene Nordsee aus. Halb unbe wußt entflog Hans Gibich, dem zum Kriegs mann umgewandelten klassischen Philologen, bei dem Anblick vom Munde der Ausruf: „Tha- latta — Thalatta!" Was er mit durchgckämpft, hatte seit dem Zug des Lenophon und feiner Zehntausend aus der persischen Wildnis bis an den Pontus Euxinus in der Geschichte kaum wieder seinesgleichen gefunden. Da kam übers Meer aus Norden etwas heran, von weitem einer dunkel aufdrängcnden Wetterwolke gleichend. Doch näher rückend, nahm es einen lichten, Hellen Schein an, gliederte sich zu hochragenden Masten und blinkenden Segeln machtvoller Schiffskolosse auseinander, über denen blaue, am Innenrande rotdurchkreuzte Flaggen im abendlichen Winde flatterten. Laut los zogen sie, der größte von ihnen voran, der Sbspkeräess entgegen, dann flogen plötzlich an allen unzählbare Fahnen in die Luft empor, gleichzeitig flammten und donnerten aus Hun derten von Geschützen Salutschüsse auf, das vorderste Schiff senkte dreimal die niedergeholte Admiralsflagge Lord George Stuarts vor der Brigg herab und ließ sie wieder emporsteigen — der Ehrengruß war's, mit dem damals eme englisch« Flotte die Helden in Empfang nahm, die allein in ganz Europa gewagt, der unge- heuren Macht des Kaisers der Franzosen, deS Todfeindes Englands, Trotz zu bieten und wie ein Häuflein alle Sturmwetter durchkreuzender Zugvögel, am Schluß ihrer dreiwöchigen Wanderschaft jetzt zu Seeschwalben umgcwandelt, nach dem Gestade hinüber trachteten. 12. Gradeswegs indes ging's diesem nicht zu, dafür war in die alte Wildkatze, die Nordsee, so unschuldsvoll sanftmütig sie sich auch heut stellte, für die vollen Ruderfahrzeuge doch kein Vertrauen zu setzen, und als das Tageslicht wieder begann, gewahrten die Insassen derselben ein kleines, seltsam mit steilen, rotbraunen Fels wänden abfallendes Eiland vor sich, das einer Steinscholle gleich einsam in der weiten See zu schwimmen schien. Helgoland war's, das „hillige Land", di« alte Heiligtumsstätte des Friesenvolkes, seit einem Jahre von England in Besitz genommen, um ihm als Haup'tstütz- punkt des wider die Napoleonische „Kontinental sperre" betriebenen unermeßlichen Schmuggel- Handels zu dienen. Hier waren zwei Rasttage für die Schwarz« Schar vor ihrer Umquar tierung auf nordseesicherc Schiffe anberaumt; vorbedacht hatte die englische Flotte ausreichende Nahrungsmittel zur Hungerbcfricdignng so Zahl reicher Gäste mitgeführt, wie die winzige Insel sie wohl noch nie zuvor gesehen. An den kurzen Einfall von Zugvögelschwärmen war sie zwar seit uralter Zeit im Frühling und Herbst ge- wöhnt, aber solche, von deren scbwarzhaubigen Köpfen weiße Totengebeine herabolickten, hatten sich bisher niemals auf ihr eingestellt, und gleicherweise, wie die wenigen menscylichen Be wohner des Eilands, sah seine älteste angesessene Bevölkerung von Seeschwatben, Möwen und Sturmseglern hochverwundcrt auf das dicht« Ge wimmel der so absonderlich gezeichneten Ankömm linge hin. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.) KIsus Block- n. kdnntLslv-Xnros, Lcdvttenstotte «»a,» tv» R-v nnst römlscds Streiten blvter blk. 6.5V dis SiolLrdlß« LostümstoSo, Linstun^en, 110 di» 130 cm dreit Bieter >lk. 1A.5V dis voll»»» nnck daldsoickonv Llvistvrstolls. _ Oross« ^n»v»KI in xlntt, gestreikt unck gemustert, 95 di» 140 em dreit, Kvter blk. llv.5v di» in zVolle, Leiste nnst 8»mt, in reicker ^usvntü, 'M AO ORULß vllS D vll v Streiten, kurv» unst Odins - Illuster blster ölk. 4.— di» 2., 8p62ia1kaus kür LIsiäsrstoffö ttvuls 8onn1sg von 11 dis 6 Ukk geöffnet. SKns»»» 2—4
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