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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.11.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141120020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914112002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914112002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-20
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
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Leipziger Tageblatt. Seur 2. Nr. sro. rrven0'ttuvgabe. Konferenz italienischer Sotlchofter. ** Kopentzage«, 20. Noveml>er. Mehrere ita» kienische Botschafter sind wie hierher ge- meldet wird, zu «tn:r Konferenz bei dem neuen Minister des Acuherev Sonnino noch Rom be rufen worden. Unter ihnen auch Botschafter Tittoni. der aus Bordeaux schon in Rom eingetroffen ist. Vas Seegefecht im Schwarzen Meere. : Petersburg, 20 November. Eine Petersburger amtliche Mclduna bestätigt, datz im Schwarzen Meere zwischen dem türkischen Schiffe „Sultan Selim" und einem russischen Geschwader ein Gefecht stattsand Das russische Flaqq schiff „Swatoj Ievstafi" wurde beschädigt. Russischer« seits wurden vier Lssiziere und 29 Mann getötet, ein Offizier und 19 Matrosen schwer, 5» leichter verletzt. Der Kamps dauerte ein« Viertelstunde. ..Sultan Selim" wurde nur wenig besthädigt. Vie ruMken Konsuln in üer Türkei zurückgehalten. ' Wien, 2<>. November. Die „Reichspost" meldet aus Mailand: Die türkische Regierung gab durch Vermittlung Italiens dem russischen Ko« binett bekannt, datz sic die russischen Konsuln in der Türkei so lange zurückhalte'' werde, bis die freie Rücikebr der türkischen Konsul:, ans Russland vollkommen sjchergestellt sei. Italien senöet Kriegsschiffe nach Alexan-rien. Mailand, 20. November. Da man seden Augen blick den Ausbruch von Unruhen in Kairo und Alexandrien befürchtet, hat nach dem ..Sccolo" die italienische Regierung beschlossen, zum Schutze ihrer Untertanen im Einvernehmen mit der englischen Negierung italienische Kriegs schiffe nach .1 l ex a n ü r i e n .zu entsenden. der Tabaktruff und fibg. Paasche. Vor einiger Zeit ist Abg. Paa sch e, der Vize präsident des Reichtages, in den Aufnchtsrat der Trustfirma Georg A. Iasmatp eingetreten. Er hat dadurch der deutschen Z,garetteninLustrie und der Trustabwehr einen schweren Stand bereitet, und cs ist daher von hervorragender n a t i o n a l l i b c- raler Leite der Perpich unternommen worden, Ge heimrat Pausche zu v c r a n l u i s e n, aus dem Auj- sichtsrat dieser Firin-r a u s z u 1 r e t e n. beider ver geblich, wie ans folgendem Schreiben hervorgeht: „Dresden. 11. November 1911. Herrn Justiziar Dr. Eides, Drcsden-A. Sehr geehrter Herr Iustizrat! Trotz unserer eifrigen, auch von anderen Partei freunden nnterstut ten Benrül, ingen ist es nicht gelungen, Herrn Geheimrat P a a s ch e von den Bedenken zn iil»erzer!g«n, die gegen seine Mit glicd'chaft ini Auffichtsrat der Akt Ges. Ä. Iasmatzi bestehen und die auch durch den neuen Plan, den englischen Aktienbesitz in oeut!chen über zuführen, nicht beseitigt worden sind, weitere Mittel, die Erfolg versprechen, stehen uns zurzeit nicht zu Ge bote. Indem wir dicken Ausgang lebboft be dauern, sind wir Der notionallilrerale Neichsrrerband zu Dresden. i. B. B l ü h e r." Es ist dringend erwünscht, dasz sich Abg. Paafche .zu der Angelegenheit ösf-ntlich äusierk. Wiüeriegunzf feindlicher Lügen übec öle Mechclner Katke-rale. * Berlin, 20. November. Die „'Norddeutsche All gemeine Zeitung" schreibt: Wiedcrlcgu n g feindlicher Lügen über die Mcchclner Kathedrale. — Der Geheime Regierungsrat v. Falke berichtete ans Brüssel am 19. Oktober: Als Nachtrag zu meinem Berichte vom >'». Oktober über die K u n st w e r t e i n M c ch e l n ist eine frei willige Kundgebung des Domherrn der Mechclner Kathedrale, v. L a „ g c n d o n ck, von Wichtigkeit. Er erklärte bei einer Vernehmung in Brüssel, dasz die Beschädigung der Kathedrale unbe. deutend sei und das, das erste Bombardement des Turmes der Kathedrale, wie auch ohne Zweifel die folgenden Beschießungen, den Zweck hatten, die auf den Turm postierten belgischen Beobachter zu entfernen. — Wenn in der auszcrdeutschen Presse von einer zwecklosen oder barbarischen Beschädigung der Mechclner Kathedrale durch die deutsche Be schießung die Rede sein sollte, kann die Aeuszcrung des belgischen Domherrn als Gegenden, «iv ver wendet werden. kiferne Kreuze. Mit dem Eisernen Kreuz wurden ferner au sg zeichnet: der Bataillonsarzt im Landwehr-Grenadier« Regiment Nr. 100 Stabsarzt der Reserve Dr. M a x Dost, Aniialtsoberarzt in Sonnenstein, der Fähnrich im Karabinier-Regiment Carl Friedrich Serre, der Chi nirg im Feldlazarett »des-1. Armeekorps Dr.med. HansLeidel.OberarztderchirAbteilvnaam riedrich« städter Krankenhauie, der Chef eines Feldlazarettes Oberstabsarzt Dr. Martin, der Leutnant der Reserve im Fe.darttlleric Regiment 2» Gerhard Ratzen, der Veterinär im Felvartill-rie-Reaiment -18 Dr Paul P ö n tz s ch, der Leutnant der R-ierve im In'anterie-Regiment 105, Dr. phil. Fritz Werner «letzt zum zweiten Male verwundet, der Vize- selowebel der Reserve und O fiziersstellv.-rkreter im Infanterie Regiment 178 Johannes 'Winkler, Postajsistent bei der Oberpostdire'tion Dre den, der Leutnantd Res. im Reseroe-Infanterie-Regimenr 243 Zollsekreär Hermann Bekurs, der Sergeant rm Reserve Iäper-Bataillon 13 Hugo Wauer, sämtlich aus Tresoen, den Brüdern Leutnant der Reserve und Aojutant einer Etappen-Kom- mandantur Curt Werner und Artillerie- Hauptmann Max Werner, Söhn: der Frau verw. FinanUandmesser A Werner auf Ritter gut Groszröszen iProv. Halle), früher 'n Dresden, der Leutnant der Re eroe im Reserve - Iraer-- Bataillon 12 Dr. phil AdolfTe uscher, Lemin-r- lehrer in Waldenbuig. der Unteroffizier der Land wehr in« Lanow.'h.-Infanterie-Regiment 1<> G ustav Georg Freiberg. Sohn des Lokomotiv führers a. D. Freiberg lunter gleichzeitiger Beförderung zum Feldwebel aus Freiberg, der Olfi- zierstellvertreter Ratsakiuar Johannes Meinig Lohn des verstorbenen Oberposta sistenten Meinig- Plauen, der 1870 das Eiserne Kreuz und 1866 die S: Heinrichs-Medaille erha ten hatte, der Offizier stellvertreter Walter Däumer, Mitinhaber der Fabrik von Schuster «L Co. in Plauen. Wettere Meldungen. Das Stellvertretende Generalkommando in Ham burg teilt zur allgemeinen Warnung mit, datz in Flensburg ein Muscctier mit Arrest bestraft wor den ist, weil er ein unverbürgtes Gerücht öffentlich verbreitet l-atte. " Ter gefangene Gouverneur von War, schau, Baron o. Korfs, ist einer Meldung des „B. L.-A." zufolge im Fort Zorn darf bei Küstrin untergcbracht worden. In Italien wird amtlich di: Einberufung der L a n d w e h r j a h r g ä n g e 1887 und 1886 ver öffentlicht. * Wie die „Franks. Ztg." aus Sydney indirekt erfährt, ist Kapitän von Müller, Kommandant der „Emden", dort eingctrosfrn. Er bleibt in Sydney. Wie die „Frtft. Ztg." aus Peking meldet, hat der frühere Herausgeber des „Japan Herold", Ost wald, die Leitung der offiziösen „Peking Ga zette" übernommen. Kriegstreibrreien in Rumänien. Wie erinnerlich, hat sich gleich zu Beginn des groszen Weltbrandes in Rumänien eine kriegerische Strömung bemerkbar gemacht. Sie wurde genährt durch die Gesinnungssreundschaft für Frankreich, doch waren es mehr noch nationale Gründe, vor allem der Wunsch, die in Ungarn lebenden Rumänen mit dem rumänischen Nationalslaatc zu r>ereinigen, die stark ans die Bolksstimmung einwirtten. Auch nach dem Tode des Königs Carol hat die Regierung sich solchen kriegerischen Bestrebungen w-versetzt, und sie wird dies auch weiterhin tun. sie ist überzeugt, dasz ein Krieg gegen Oesterreich keinen Segen bringen könne, und auf den Dank Rußlands zu rechnen, hält sie nach bekannten Erfahrungen erst reckst für eine trügerijck-e Sache. Es ist kein Grund an der Ehrlich keit ihrer Absichten zu zweifeln. Wir schicken diese Bemerkungen einem uns aus Bukarest zugehenden Bericht voraus, der auf die neuesten Treibereien der Kriegshetzer aufmerksam macht. Es wird uns ge schrieben: ,Ln einem Briese de» ungarischen Mi nisterpräsidenten Grasen Tisza an den rumän-ichen Erzbischof Metropolitan Metranu werden den ungarländischen Rumänen angesichts ihrer patriotischen Haltung in dem gegenwärtigen Kriege grotze Zugeständnisse hinsichtlich ihrer Natio nalität zeitens der ungarischen Regierung zugesichert. Diese Zugeständnisse sollen auf d»e Stimmung hier im Lande eine beruhigende und versöhnliche Wirkung üben. Jetzt, nachdem Jilipescu mit der Forde rung nach diesen Zugeständnissen auf die Straste herabgestiegen ist, ist die Wirkung etwas fraglich ge worden. In der großen Masse der rumänischen Be völkerung hat sich, ausgestachelt durch eine skrupellose Presse und bezahlter Hetzapostel, das Ideal eines „Grost Rumäniens" unter Hinzunahme von halb Ungarn festgesetzt und man hält jetzt den Augenblick für gekommen, dieses Ideal durch den Eintritt in den Kampf gegen Oesterreich-Deutschland zu verwirklichen. Seit kurzem entfalten die Gegner der beiden Zentralmächte wieder eine erhöhte Tätigkeit, allen voran die Universitätsprofessoren, die dem Könige eine Denkschrift überreichten, in dem der sofortige Eintritt in den Krieg gefordert wird. Ebenso haben sich in verschiedenen Versammlungen angesehene Po litiker für den Krieg gegen Oesterreich erklärt und die Bolksstimmung ist derart erregt, datz, falls Czernowitz w eder in die Hände der Russen fallen sollte oder die Russen, die in Bessarabien eine graste Truppenmacht angesammelt haben, durch die nörd liche Moldau marschieren würden, um die Oester reicher in deren rechten Flanke anzugreifen, die Ne gierung einen schweren Stand haben würde. Das Kabinett B r n t: a n u tut olles möal chc. um de Neutralität aufrecht zu erhalten, die auch dem König am Herzen liegt. Seit mehreren Wochen ist hier mit deutscher Unterstützung ein literarisches Büro entstanden, das unter der Leitung des Herrn I v e r s e n - München die hiesige und auswärtige Presse mit deutschen oder auch rumänischen Nachrichten versorgt. Zn der hie sigen Presse w'rd nun täglich das Büro und sein Leiter in der unflätigsten Weise angegriffen. Das Büro wird als Spionagehüro gebrandmarkt und die Verhaftung aller seiner Insassen gefordert. In gleicher Weise werden tsie Unternehmer der neuge- gründcten deutschfreundlichen Zeitung „Ziua" san ihr Spitze der Präsident der dcutsch-evanaelischen Ge meinde Schlawas beschimpft. Da Iosrsen die Räume se'ncs Lokals unter der Angabe eines kom merziellen Büros (das es auch anfangs war) mietete. w'«rde i'-in v'm HmlSe'^iLHmer) "i"c»- hie sigen Bank) der Prozess wegen sofortiger Aufhebung des Vertrages gemacht. Dieser Klage ist auch statt gegeben und Iversen überdies zu ooyy o.., Geldstrafe verurteilt worden. Kommentar überflüssig." Russische Spionage gegen veutschlanö. Leipzig, 20 November. L Bor dem zweiten Strafsenate des Reichsgerichts hatte sich heute der am 15. Dezember 1887 rn Berlin oeborcne Kaufmann Kurt Kaul, der zuletzt in Ber in-Schönebecg wohnhaft mar und sich zurzeit in der Untersuchungshaft befindet, wegen Verrates in i l i t ä r i s ch e r G e h e i m n i s s e zu verantworten. Den Vorsitz in derVerbandlung führte Senatspräsident Dr. Menne, als Ber reter der Antlazebebörde fungierte Oberlandesgerichtsrat Dr. Döhn und die Verteidigung des Angeklagten Kaul lag in den Händen des Rechtsanwalts beim Reichsaerichte Dr. Ganz Die gegen Kaul erhobene Anklage hän-'t mit dem Strafverfahren zusammen, das am 14. Juli vor dem Kriegsgerichte der Königlichen Kommandantur m Berlin in der Verhandlung neeen den Feldwebel Artur Pohl, zu Ende geführt wurde Pohl, der seit 1906 beim Militär diente, war bis 1913 bei der ersten Landwehrinfpeltion in Berlin beschäftint geweien und dann -um 1 Westpreuszischen Pionierbataillon in Thorn versetzt worden. Dort hat er in den Diensten Rn- lands Spionage getrie ben, und das Kriegsgericht hat ihn wegen Verbrechens gegen das Gesetz vom 3. Juli 1893 betreffend den Verrat militärifcherGehe mnisse und weg-nBestechungzu einer Gesamtstrafe von fünfzehn Jahren Zuchthaus, zehn Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Zulässigkeit der Stellung unter Polizeiaufsicht und Ausstoßung aus dem Heere verurteilt. Die bei ihm gefundenen 500 Mark wurden als dem Staate ver- Königreich Daheim. 22j Roman von Ada von GerSdorff. „Ist. Wenn jemals im Leben eine Rettung doch noch kommen sollte — ein Schiff, das uns erlöst, befreit und in die Heimat zurücksührl, nicht wahr, daun werden Sie leinen Zwang auf mich ausüdcn hieraus, aus dieser Trauung ? Sie werden mir die Scheidung gewähren und mich zurückkchren lassen, wohin mein Herz mich einzig und einig ziehen wird, in die geliebte, ach, unvergessliche Heimat!" Ihre Stimme brach m heiszein Schluchzen. „Das, das muffen, das -vollen Sic mir ver sprechen, nicht ivahr? Sehen Sie, ich würde mich dann — viel, viel ruhiger, froher, freier fühlen mit Ihnen — lieber, lieber Herr — nein, nein, ich wollte sagen. . . sic schluckte und würgte tapfer an ihrem Schluchzen, „lieber Knut, ja, nicht wahr? 49vnn Sie mich doch gern wollen, weil Sie mich — Sic tagten eS ja selbst, weil Sie mich mehr liebten, wie Ihr Leben — dann werden Sie mir die Hoffnung lassen, dass Sie mich, wenn es doch einmal sein sollte, was ja doch nie sein wird, oder in langen Jahren, wenn ich schon ganz alt sein werde, dann kann ich gehen, fort, fort von dieser schreck lichen, einsamen Insel, nicht ivahr?" Und nun flössen sie doch, die Tranen, unauf haltsam flössen sic auf die gefalteten Hände, und in ihrer bittenden Stimme lag solch eine heisse Herzensangst, dasz er allen Schmerz, alle Demütigung der Welt — und wie tief demüti gend war doch ihr unbewusst banges Buten, ehe er sie noch hatte, sic dermaleinst frei zu geben — auf sich genommen hätte, nur um rhren damit zu lindern. Alles hätte er ihr ver. sprachen, — sich zu töten, sobald ein rettendes Schiff komme, damit sie ganz und gar frei werde von ihm. „Hast du mich denn nicht ein ivenig, gar nicht lieb, Annika?" Sie schwieg, und zu seiner Qual wieder holte er die Frage, die unnütze Frage: „Gar nicht lieb —?" Da senkte sie still das Haupt, gab ihm aber doch einen kleinen Trost: „Roch nicht," murmelte sie. „Aber — du fürchtest dich nicht mehr — wie?" forschte er traurig weiter. Sie schnnea wieder und senkte die Stirn tiefer. Da fragte er nicht mehr. Sie aber sah ihm jetzt ganz gerade in die Augen und sagte feierlich: „Rein Ich werde rechtsgültig mit Ihnen getraut werden und werde Ihnen eine — eine gute Frau sein, soweit ich das verstehe — und j'o lange, so lange ich in Daheim sein mus;," schloss sic mit einem schwachen Versuch zu lächeln ihre Worte, die. wie ein feierliches Gelöbnis klangen. „Ich bin zufrieden," entgegnete er ernst. „Also eigentlich willst du mich aus Liebe für Kapitän Sammetmann heiraten," versuchte er zn scherzen. „Ja, natürlich," sagte sie rasch und allzu osicnlwrzig und dann aber, a.s er sich schweigend erhob, im tiefsten Herzen die eigene Härte und Grausamkeit hässlich nachfühlend, stand sie auch rasch auf und trat ganz dicht vor ihn hin, und bot ihm schüchtern, gehorsam die Lippen. Gr lichte sic sanft auf den Scheitel, ohne die Lippen zu berühren, und in sein Herz zog eine gewisse Freudigkeit ein, denn er sah aus ihrem Tvn, dasi sie sich sehr wohl der ganzen ernsten Tragwnic ihres Versprechens, ibm eilte „rechtsgültige Frau" zu sein, bewusst war, wäh rend er sich an des alten Mannes kluges Wort erinnerte, dast er kein Talent, kein« Aussicht habe, die Liebe des Mädchens mit schmachten dem, geduldigen! Werben und Huldigen zu ge winnen, wohl aber, die Liebe der Frau zn er- * Zwingen und im Sturm zu ertrotzen. „So," sagte er heiter, „du hast also um mich geworben zu einer Ehe ans Zeit, — und ich nfilligc ein." „Ja," sagte sie ebenso, und er sah mit Beschämung, dast sie ihm keine hinterhältigen Gedanken zutrante. „Und nun heißt cs, unseren Standesbeam ten in sein Bureau, unseren Priester in seine Kirche, unfern Kapitän auf die letzte Planke seines Schiffes einznladen, so schnell als möglich, denn diese Planke ist hinfällig und der Mann ist cs auch. Wir dürfen keine Zeit verlieren." In der Nähe der Einbuchtung des Insel herzens hatte Jarl ihnen einen Ruheplatz, «inen gemeinsamen Wohnraum geschaffen. Rohrsessel, Strohskühle und Tische hatten sie aus dem Wrack mit hergeführt. Matten lagen auf den doppelt gesteckten Steinen des BodenS unter den Syko- morcn und Mangroven. Geschirr und Gesäße stand zierlich herum. Schatten gaben die brei ten Palmenblätter, aus denen Tino, in allerlei Künsten seiner Heimat bewandert, mancherlei Geflechte anfertigte. Neben dem Strohsessclchcn der jungen Fran tag eine Extramatte, die Tino aus kühlen Blättern für den sanften, gelben Collie, den edlen Shir-Khan, gefertigt hatte, der allezeit ein getreuer Wächter war' und so^ fort Laut gab, wenn irgend etwas Ungewöhn liches sich ihr nahte. Das ganze Bild sah mehr nach einer an mutigen Sommerfrische, einer spielerischen Villeggiatur aus, als nach dem düster schweren Hintergründe des schwersten Schicksals, das diese Menschen schiffbrüchig machte, an diesen Strand geworfen und aufeinander angewiesen hatte. Das Brautpaar, das die Verlobung auf Grund der Scheidungsmöglichkeit geschlossen hatte, wandte sich diesem Sitzplatz zu, wo sie in der leichten Morgenbrise der Kapitän in seinem Korbsessel zufrieden erwartet«. Unterwegs sprach Jarl seine Befürchtungen aus. „Ja," meinte Annika nachdenklich, „es sieht schlecht Mtt ihm aus, fürchte auch ich; und Ihre ganze Kunst, Herr Doktor, wird hier wohl nicht mehr viel tun können, als sein Leben noch eine Weile Hinhalten." Er nickte stumm, ohne ihr den ,chH«rrn Dok- Freuag, 20. November l9l4 Svdrsibmasodmoo LkeMbiiiA, ». ^i-kwmulselis dir. '4. 1«:. 12981. He, fallen eingezogen. Am Tage vor der Verhandlung gegen den Feldwebel Pohl war der russische' Botschafter auf Reisen gegangen, einige Tage vorher hatte der russische Militärattach, Oberst von Basarow die Reichshauptstadt verlaßen und ist auch nicht auf seinen Posten zurück gekehrt. Er war in den Prozest verwickelt. Der Feldwebel Pohl s-ll mit dem Oberst von Ba sarow in Beziehungen getreten sein unv durch ihn dann mit dem Angekagten Kaul Bekanntscda't ge- macht Haden, der schon »eit längerer Zett im Dienste des russischen Nachrichtenbureaus in Petersburg ge standen haben wll. Kaul soll unter dem Namen eines Dr Blumental ausgetreten sein. Zu der heutigen Berhandlung waren sieben Zeugen geladen, darunter be and sich aucki Pohl, der aus dem Zuchthause vorgeführt worden war. Als militärische Sachoer,ländige waren zugczen Major Hübner und Rittmeister v. -eyd« l i«. Die per önliche Vernemnung des Angeklagten Kaul ergab wlgendes: Nachdem er auf der Real schule das Zeugnis isir den Dienst ats Einjährig. Freiwilliger erhalten hatte, widmete er sich dem kaufmännischen Berufe und bekleidete ver schiedene Steilungen in Vertin, Pjor heim und Ludwigsburg. In der letztgenannten Stadt trat Kaul a s Kor..- -"ndent und Buchhalter bei ber Firma Aibcrl Witz ud Co. ein; er verlobte sich mit der Tochter des Wrtzets und versprach, sich mit e.nem größeren Kapitale als Teilhaber zu beteiligen. Wie er behauptete, hatte er sem Vermögen bei der Bank Steam und Co. in London deponiert. Kaul reiste auch nach Lonoon, um sein Geld zu holen Sein Cher und zukum.icer Schwiegervater war aber so vorgchtig, ihm eine» «einer Angestellten als Be gleiter m.l auf die Reitz' zu geben, und da kam der schwindel an den Tag. Kaul besaß gar nichts und dcr Angestellte mutz e ihm noch die Karte zur Rück- tahri kaufen Es kam zu einer Auseinandersetzung zwnch.'n Kaul und Wctze,. K. ul drohte, er werde sich erschienen und inarkierle einen Nervenanfall. Für oie Firma W.tzel L Co. hatte Kam nur erne Ge chäfts- rei.e gemacht, und zwar nach Amsterdam, ohne jeden Eriolg, er erlebte indessen einen Eisendahnunfall, indem der von ibm l enutzie Zug auf einen Prelluock auifuhr. Obwohl er nur erne gerinniügige Haut wunde am Kopfe davongetragen hatte, urengie er einen Pro etz auf Schadenersatz in Höbe von '„0000 Gulden an. Im Wege des Vergleichs bekam er dann 2000 Gulden. Bis zum 26. Juli 1910 hielt Kaul sich in einem Lanator um au«, rann siedelte er nach Berlin über, wo er sich ducch uschlagen suchte, w gut es gin ^ Er war auch als Klavierspieler in Nacht- lotalen deschältigr, was er ivd- Yen in Abrede stellte. Dann suchte er beim BerUnerPolueiprasidrum um eine Anstellung bei der politischen Abteilung nach und jagte in «einem Bewerbungsschreiben, datz er die englische, die französische und die italienische Sprache sowie Esperanlo vollständig beherriche, auch habe er gute Kenntnisse in Polnisch, Russisch, Dänisch, Holländisch, Spanisch und Malaiisch. Man hat rhm indesirn zu verstehen gegeben, datz man keine Verwendung für ih r habe, einen schriftlichen Bescheid hat er nicht be kommen. Kaul wurde darauf Ltadtreisender bet der Firma Kräh, ,m Juni 1912 wurde er entlaßen, da er sich widerrechillch einen Firmenstempel hatte an fertigen laßen und Un.erschlagungen an eintassierten Geldern in Höye von mehreren hundert Ma:k be gangen hatte. Inzwischen hatte er sich zum zweiten Male verlobt: «einer Braut gegenüber Hartz er sich für einen Dr. meo. ausgegeben, der viele Beziehungen im Auslande unterhalte. Um das glaubhaft zu machen, schickte er Karten an Bekannte im Auslande, die er sich dann zurück senden ließ. Als er stellungslos geworden war. spielte er in einem Kino, wo er als Studiosus der Chemie und Dr. med. austrat. In dieser Zeit hat Kaul sich nochmals an das Polizeipräsidium ge wandt, er möchte eine Anstellung als Agent für die feinere Spionageabteilung Haven und veriprach größte Umsicht und Diskretion. Man kehrne aber wieder ab. 2m Herbste 1912 machte Kaul einen vom Roten Kreuze veranstalteten chcruraischen Kursus mit, dann reiste er nach Serbien und Bulgarien und damit setzen die Handlungen ein. die ihn unter An klage der Spionage gebracht haben. Der Er- öffnungsbeichlutz besagt nämlich, datz der Ange klagte Kaul im Jahre 1914 im Inlands und im Auslande erstens allein den Versuch gemacht hat, sich in den Besitz von im Interesse der Staatssicherheit geheim zu haltenden Gegenständen zu bringen, um sie dem russiichen Nachrichtendlenste auszuliefern, und datz er rweitens mit dem Feldwebel Pohl zusammen geheim zu haltende Zeichnungen an das genannte Nach- richtenoureau ausgeliesert hat, also versuchten und vollendeten Verrat militärischer Geheimnisse begangen hat. Der Vertreter der tov" zu verweisen, während er mit einem gc wissen pürerlichen oder brüderlichen Tonfall wer ter Annika sagte, und er hatte daher seinen durchdachten Plan. Beide waren perstuinmt, als sie sich dem Platz näherten. In strammer Haltung saß Sammetmann am Tische und por ihm lagen große Papier bogen, die er eifrig beschrieb. Aufs höchste er staunt hielten die beiden an, als er ihnen sein wettcrgebräuntes Gesicht zumendete. aus dessen straff gesammelten Linien die zwei schwarzen Acuglein ihnen ernst entgegenblickten. Er trug auch seine» blauen, dicken, stets so ängstlich zugeknöpften Rcgenflansch nicht, svn- dern einen leichten Leinwandrock mit losem Halstuch von roter Leide, farbenleuchtcnd in der Frühlust. Und der zweire Blick der junstcn Leute siel auf die großen, gestempelten, richtrg und korrekt mit dem Hamburger Stadtstempel gestempelten Bogen, von dessen einem ihnen mit einer außer gewöhnlich großen, deutlich dicken Schrift schwarz entgegenleumtetc, daß Knut Gabriel Wilhelm Jarl, Doktor med., mit Anna Scholastika Re^o tius an Bord des PassagierdampserS „Anna Brinkmann" richtig und rechtsgültig vom Kapi tän und Führer des Schiffes, seiner obersten in allen Rechtsfragen der Art geltenden Be hörde, ehelich verbunden worden war, in höch ster Notwendigkeit, lp'rbeigcführt durch die Nor des SchiffbrucyS- Und von dem andern Blatt leuchtete ihnen ebenso klar und scharf entgegen, daß das Fräulein Anna Scholastika RelotiuS diese Ehe nur einyegangen war in der Voraus setzung der sofortigen Ehescheidung, sobald sie den deutschen Heimatboden wieder zu betreten das Glück haben sollten, wie eS ihr unter zeichneter Ehemann, Knut Gabriel Wilhelm Jarl als Grundbedingung der Bewilligung dem Fräu lein Anna Scholastika Relotius vorher zugesagt habe. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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