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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.08.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140817026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914081702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914081702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-17
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
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veur 2. Nr. 416. Ndenü-Nvrssdr. Leipziger Tageblatt. Rloma-, 17. Nusuv 1S14. Zaljche Serüchte vaa -er Erschießung -es ^bg. Liebknecht wegen angeblichen Widerstande, gegen di« Au». Hebung zum Heer sind im Auslande verbreitet. Diese Gerüchte entbehren jeder Grundlage; Liebknecht ist dem „B. L." zusolge wohl und munter in seiner Berliner Wohnung. Was italienisch« Zeitungen aus englischer Quelle mttzuteilen muhten, ersieht man aus folgender Meldung des römischen Mitarbeiters des „B. L": „Die Abendblätter hatten bereits die Erschießung des Abg. Liebknechts wegen Widerstandes gegen die Aushebung zum Kriegsdienst veröffentlicht; die Meldung kam aus London und stützte sich angeblich auf Berichte nach Kopen hagen geflüchteter deutscher Sozialisten. Die Zeitung „Messaggero" widmet dieser Nachricht eine volle Seite und verzeichnet dabei noch das Gerücht, daß wegen der Erschießung Liebknechts bereits Unruhen in Berlin ausgebrochen seien; während dieser sei auch Rosa Luxemburg erschossen worden." Einberufung japanischer Studenten. Berlin, 17. August. (Eig. Drahtbericht.) Japanische Studenten der Berliner Hochschulen erhalten seit gestern R ü ck b e r u f u n g s- o r der. Von dem Polntechnikum sind zwei Dutzend japanischer Hcerespflichtiger zurückbcrufen worden, um ihrer Dienstpflicht zu genügen. Vie Verteidigung Deutschlands in Vort und Schrift. Zu den beklagenswerten Erscheinungen bei großen Kriegen gehört die Unterdrückung der Wahrheit. Was können wir tun, wenn in England, Frankreich, Rußland, Italien usw. die Presse nur das der öffentlichen Meinung unter breitet, was ihr gut dünkt, und nichts, was zu unseren Gunsten spricht?! Sind wir dagegen ganz ohnmächtig? Wir begrasten es als eine vortreffliche Maß regel, das; bei Liebhcit u. Thiesen in Ber lin eine Schrift in englischer Sprache er schienen ist, die nach den amtlichen Mitteilungen den Sachverhalt vor dem Kriege, die diploma tischen Vorgänge und Tatsachen in einwand freier Form zusammcnstellt. Der Titel lautet: »Oernwnv« rvLsonz kor var vitk liuLsisu" Die Schrift kann, wenn es gelingt, sie in Eng land gehörig zu verbreiten, ausgezeichnete Dienste tun. Wir verweisen ans unseren heu tigen Leitaufsap. Aber auch für Frankreich und namentlich Italien empfiehlt sich der Ver such einer solchen Aufklärung dringend. Im Zusammenhang mit diesem Wunsche teilen wir folgende, uns aus Berlin zugehende Drahtnach richt mit: Wie wir aus bester Quelle erfahren, sind von amtlicher deutscher Stelle Vorkehrungen getroffen worden, um angesichts der tendenziösen und un- wahren Berichterstattung der großen Bureaus Havas und Reuter eine wahrheitsgetreue Bekannt gabe der Kriegsvorgänge an die Presse der neutralen Staaten Italien, die Balkanländcr, die skandina vischen Staaten, Holland, Spanien und die Vereinig ten Staaten für die Zukunft sichcrzustellen. Die Maßnahmen sind dem Staatssekretariat des Aeußern unterstellt worden. von -en eigenen Sol-aten geknebelte russische Offiziere. In einem uns zur Verfügung gestellten Brief, der aus den Grenzbezirken des Ostens stammt, ist folgen des zu lesen: . In dem russischen Grenzorte 1. harrte un serer Soldaten noch eine besondere Ueberraschung. Die Bevölkerung, die sich ansangs als sehr unter würfig und ängstlich erwies, wurde allmählich be ruhigter. Auf die unter ernstlichen Androhungen ge stellte Frage, ob noch irgendwie russische Dragoner oder Soldaten sich in dem Nest oder in der Umgebung versteckt hätten, wurden wir in einen Keller geführt, aus dem Stöhnen und Hilferufe heroordrangen. Man fand zwei Podparutschiks (Leutnants) und »tn«n Korporal gefesselt vor. Die Hände waren ihnen mit Riemen und Pferdezaumzeug auf den Rücken gebunden, und ave drei hatte man mit Stricken so fest zusammengeschnürt, daß sie sich buchstäblich nicht rühren konnten und starke Ein schnitte am Körper aufwiesen. Natürlich wurden sie gefangen genommen. Au» ihren Erzählungen ging hervor, daß sie von ihren Dragonern deshalb un schädlich gemacht worden wären, weil sie darauf be standen hatten, daß sie absitzen und den Ort Legen den Feind verteidigen sollten. Nach längerem Streit batten die Dragoner in ihrer Mehrzahl sich über sie yergestürzt und sie in dieser Lvetse unschädlich gemacht. Unter furchtbarem Gefluche ergingen sie sich dann in den gröbsten Ausdrücken gegen ihre Soldaten, die aus- gesiicyte Feiglinge und nicht wert seien, daß die russische Erde sie ernährte. Mit dieser Ernährung speziell scheint es aber eine besondere Bewandtnis gehabt zu haben. Nach den Aussagen der Orts bewohner haben gerade die Offiziere ihre LeuteundderenPferdehungernlassen, da sie selbst die Gelder nicht auszahl, ten, sondern vertranken. Die Leute mußten sich so ihr Esten und das Fressen zusammenstehlen, um überhaupt notdürftig versorgt zu werden. — Eine nette Probe für die Disziplin bei den russischen Gren - truppen! Die Offiziere, die die Schwadronsgelder veruntreuen, und die Mann chaften, die die handgreif liche Rache mit offenbarer Feigheit vor dem Feinde verbinden, denn es wurden nicht einmal die kleinsten Anstalten gemacht, um den Ort irgendwie zu ver teidigen, der sich ganz gut dafür geeignet hätte . . ." Weitere Meldungen. Der Polizeipräsident in Frankfurt a. M. hat laut ..V. Z." zwei Radlerin st itute wegen Wuchers gesperrt. Die Institute hatten für Botengänge von einer Stunde Dauer 7 berechnet. Da ein derartiger Satz den tatsächlichen Verhält nissen n!^t enlsnncht. bat das Kommando kurz darauf die Institute aufgehoben. * Der Großherzog von Mecklenburg- Schwerin hat sich am Sonntag abend aus den Kriegsschauplatz begeben. * Nach den bis zum 11. d. M. in Berlin vor ¬ liegenden amtlichen Ansagen nehmen 6 4 deutsche Prinzen und 18 Bundesfürsten an dem Feldzug teil, davon über dreiviertcl in militärischem Frontdienst. s * Die militärischen Behörden der deutschen Grenzbezirke haben die Ausübung der Jagd verboten. Auch in den inneren Reichs gebieten ist von einer Anzahl militärischer Befehls haber die Jagdausübung vorläufig verboten worden. * Auch im Reichslande wird jetzt eifrig ver deutscht. In Straßburg, Kolmar und anderen elsässischen Städten sind über Nacht französische Firmentafeln, Hotelnamen und Warenbezeichnungen wie verschwunden. Russische Stimmungen. D Berlin, 16. August. Ein Freund von mir, der seine Ferien am estlän- dtschen strande zugebiacht ha:, ist dieser Tage nach lAägiger, nicht ganz ungefährlicher Fahrt nach Ber lin zurückgekehrt. Aus seinen Erzählungen scheint mir das eine und andere auch für einen weiteren Kreis mitteilenswert: handelt es sich dabei im großen gainen auch um bereits belannte Dinge, io ist manches davon, weil es von einem klugen Be obachter mit geschärftem politischen Urteil stammt, doch geeignet, die Zustände im Zarenreiche wirksam zu illustrieren. Mein Gewährsmann war auf die ersten Mel dungen von einer bedrohlichen Zuspitzung der Dinge nach Peteisburg geeilt. Hier traf er ein, als die österreichische Kriegserklärung an Serbien lwas nebenbei erst drei Tage später geschehen war) be kanntgegeben worden war. In der Deutschen Bot schaft trifft er den inzwischen auf so greuliche Weise hingeschlachteten Kettner an. Der sieht, seit Jahr zehnten mit dem russischen Leben vertraut, ia in gewissem Sinne mit ihm sogar ver wachsen, die Lage ungeheuer ernst; zweftelt keinen Augenblick mehr, obschon der Draht noch zwischen Peterhos und Potsdam spielt, daß wir vor dem Ausbruch des Weltkrieges stehen. Durch die Straßen wälzt sich heulend der Mob. Das Kampf geschrei heißt: „Oesterreich hat uns beleidigt." Wer dem vom patriotischen Monopolschnaps triefenden Häuf begegnet, muß den Hut lüften. Auch die Jswotschik» auf den Kutschböcken ziehen die national« Kopfbedeckung aus Seidenfilz genau so, al» ob sie durcy die heilige Kremlpforte führen oder vor der iberischen Mutter Gotte» hielten. Die besonneneren Leute, auch im einfachen Bolk^ stöhnen. Bon Südost wälzt sich die Cholera heran, der Milzbrand verwüstet vi« Viehzucht, die Dürr« verdarb nahezu im ganzen Reich die Ernte. Zudem liegt ihnen die Erinnerung an den japanischen Krieg noch in den Knoche»; sie glauben nicht, baß der neue Feldzug ihnen Gewinn bringen könnte. Von irgend einer nationale» Begeisterung keine Spur. Sogar das rein geschäftliche Vertrauen in die Leistungs fähigkeit des Zarenreichs ist so tief gesunken, daß in dessen Hauptstadt, in Petersburg, der Rubel nicht» gilt, indes deutsches Goldgeld, ja selbst Hundertmark scheine, mit Agio bezahlt werden. Von Vetersburg kehrt mein Gewährsmann, der gehofft hat, sich dem Zuge unseres Botschaiters an- schließen zu dürfen, nach Reval zurück. Hier ist die Stimmung selbstverständlich doppelt gedrückt. Die Stadt wimmelt von russischem Militär. Im großen ganzen scheint man das Baltikum preisgegeben und das Militär for genommen zu haben. Hier in der alten deutschen Hansestadt, die Rußland just dabei war, zu seinem größten Kriegshaien umzujchaffen, hat man desto mehr Truppen zusammengezo,:en. Auf Len baltischen Deutschen lastet eine un- sagbar niedergeschlagene Stimmung. Sie müssen, da sie nun einmal russische Untertanen sind, ihre Pflicht tun. Aber der Gedanke an den Bruderkrieg gegen Deutschland macht ihnen das Blut erstarren. Ab und zu ist die russische Re gierung freilich einsichtig loder auch nur mißtrauisch gewesen und hat dem einen oder anbei en Einbe rufenen als Bestimmangsort den fernen Osten zu- aewieien. Dann lelrctu allemal wehmütige Freude. Aber auch die estnuche Urbevölkerung will von diesem Krieg nich s wissen und es jäierru. »oweii wenigstens Estlano in Betrachi kommt, diesmal kein Aufstand «.es Landvolks gegen die deutschen Besitzer zu be fürchten zu lern. Die Uebersaurt von Reval nach Helsingfors, die ivnsi ein fünfstündiges Nachmitlagsvergnügen ist. in diesmal eine «ehr ernste Lache. Im Finnischen Meerbusen sind mit der herkömmlichen ruffiichen Umsicht die KreUi und Quer Minen gelegt. Einer davon soll ein paar Tage zuvor ein ganz neuer russischer Kreuzer zum Opier gefallen sein. Der Aufmerksamkeit des erprobten finnländischen Kapitäns gelingt es, «eine Pasta fiere — es sind ausichließlich Reichsdeutsche, die auf diesem We e in die Heimat zurückbesörderl werden sollen — an Sveaborg vorbei siche, in den Hasen zu geleiten. An den Anschlag säulen in Helsingssors kleben große Plakate, die zur Arbeit an den Befestigungswerken von Sveaborg einladen. So tüchtig ist d ese russische Kriegsver waltung, daß sie erst am Tage nach der Kriegs erklärung sich darauf besinnt, ihre finnländische Seefeste in den kriegsmäßigen Zustand zu bringen. Aber der Aufruf ergeht umfvnst. Große Ladungen von Zement sind auf dem Felseilanb aufgetürmt, acer die Hände, die ihn verarbeiten »ollen, fehlen. Die Finnländer. Finnen und Schweden treu vereint, üben passiven Widerstand. Was iollten sie auch sür den Augenblick anderes tun? Die Waffen hat man ihnen genommen Seit Anfang der Wer Jahre, »eit das eigene ftnnländische Militär aufge hört hat zu existieren, sind die Finnländer gegen eine jährliche Buße von 20 Millionen finniicher Mark vom Kriegsdienst befreit. Aber für die Folge kann der russischen Macht auch hier eine nicht zu unierschätzeude Gefahr erwachsen. Die ganze Jung- mannschait blieb ja im Lande: kräftige, »chlanke, zähe Gestalten, und keiner unter ihnen, der nicht im Gurt »ein langes finnisches Mester trüge. Die Russen scheinen sich die»er Gefahr auch bewußt zu »ein. Auch Finnland wimmelt, genau so wie Reval, von rustijchem Militär. Aber, wohlverstanden, das ganze Finnland, nicht bloß Helsingiors. Die alten Regimenter, die im letzten Jahrzehnt im Groß fürstentum standen, hat man zurückgenommen. Ver mutlich befürchtete man, daß sie zu sehr schon sich akklimatisierten. Dafür muß die finnländische Bahn immer neue Transporte von Petersburg her befördern. Ausgesuchte, echt russische Leute, mit ebensolchen Gepflogenheiten: das erste, was sie in dem neuen Lano tun, ist, daß sie die ihnen entbehr lich scheinenden Ausrüstungsgegenjtändc, z. B. die neuen Stiefel zum Preise von anderthalb finnischer Mark loszu chlagen versuchen. Mein Gewährsmann, der das Russische ohne fremden Akzent spricht, fragt wählend der Bahnfahrt nach Norden einen dieser russischen Krieger, warum sie denn hierher beordert wären; der Feind sei doch in weiter Ferne. Der Krieger antwortet bedeutsam: „Vielleicht ist der Feino doch nicht so fern." So kommt der Zug der armen Vertriebenen, auf allen Bahnstationen von der Einwohnerschaft demon strativ begrüßt, in langsamer, hier und La unter brochener Fahrt nach Lornea. Hier enden die Gleise der finnischen Staatsbahn. Karriolwagen bringen di« Reisegesellschaft dann nach -aparanda. wo di« schwedische Eisenbahn ibr«r harrt. Di« Fahrt durch Schweden gleicht einem Triumph, zug Am herzlichsten und zugleich am machtvollsten gestalten sich diese Kundgebungen der Sympathie beim Abschied von Schweden, in Trelleborg. Dort umsäumen Taufende den Kai — auch die Studenten von Lund sind h,rübergekommen — und al» der Dampfer vom Ufer stößt, geleiten ihn, die Schweden sind treffliche Sänger, in vielstimmigem Chor die Klänge der Wacht am Rhein. Man steht: er fehlt uns in diesem Kampf wider den Zarismus nicht an starten Sympathien. Aber erst nach dem ersten wirklich entscheidenden Schlag werden diese freundlichen Stimmungen sich in Hand, lungen umzusetzen beginnen... Kriegs-Merlei. 8. L S. Berlin, 1«. August. Würdelose „Damen" und Kriegsgefangene. Bei einem gewissen Teil der Frauenwelt scheint, wie schon in der Morgenausgabe kurz berichtet, der jüngst durch die Presse gegangene Appell wegen de» Verhaltens gegenüber Kriegsgefangenen wirkungs los verhallt zu sein. Düsseldorfer Blättern ist folgende Schilderung entnommen: „Wie ist in den letzten Tagen öffentlich davor gewarnt worden, an die Kriegsgefangenen, die jetzt in größeren Transporten unsere Bahnhöfe passieren, die eigene Selbstachtung vergessende Freundlichkeiten zu verschwenden. Es ist eine Angelegenheit des patriotischen und des rein mensch. lichen Taktes, die Feinde unseres Vaterlandes, die als Kriegsgefangene vor jeder unbilligen oder gar ungerechten Behandlung sicher sind, nicht wie liebe Freunde zu behandeln. Eine Frau, die das nicht begreift, hat in den Reihen der jenigen, die der Gedanke der Fürsorge um unsere tapferen Vaterlandsverteidiger und um die vom Elend des Krieges betroffenen Volksgenossen zu einer gemeinsamen Liebestat zusammengeführt hat, nichts zu suchen. Als auf dem hiesigen Haupt- bahnhofe der erste Gefangentransport ankam, haben sich leider Szenen abgespielt, die diesen Takt voll, ständig vermissen ließen. Einzelne unserer Damen konnten der Versuchung nicht widerstehen, die Ee- fangenen anzusprechen und in eine Unterhaltung zu verwickeln. Es war ihnen offenbar ein „pikanter Reiz", mit waschechten Ausländern „fran zösisch zu parlieren" und vor ihnen ihren „Charme" zu entfalten, und der Umstand, daß es „grimmige Feinde" waren, vor denen sie die Künste ihrer Koketterie spielen lassen konnten, hat diese Pikanterie gewiß noch verstärkt. Daß ein solches Auftreten einer durch nichts zu entschuldigenden Schamlosigkeit ohnegleichen gleich kommt, scheint diesen edlen Frauen nicht einen Augenblick ins Bewußtsein zu treten. Wenn sich solche Auftritte wiederholen, soll man die Schuldigen mit Schimpf und Schande vom Bahnhof jagen. Aehnliche unwürdige Szenen werden übrigens auch aus Köln berichtet. Dort bekam eine dieser „Damen", die nicht wissen, was sie der deutschen Frauenwürde schuldig sind, von einem Gefangenen eine Abfuhr, durch die die Unwllrdigkeit eines solchen Verhaltens drastischer gekennzeichnet wurde, als es durch die schärfsten Entrüstungskundgebungen geschehen könnte. Er warf nämlich das Glas Rotwein, das ihm von zarter Frauenhand kredenzt wurde, der holden Spenderin vor die Füße. Dieser Feind unseres Vaterlandes hatte jedenfalls mehr Ehre im Leibe al» die Frauen, die, um ihr Sensatiönchen zu bekommen, die eigene Selbstachtung in den Wind schlagen. Es muß Vorsorge getroffen werden, daß sich solche Szenen nicht wiederholen können. Auch aus Stuttgart wird gemeldet, daß sich bei der Ankunft der ersten französischen Gefangenen auf dem dortigen Haupt bahnhofe Szenen abspielten, die große Entrüstung hervorgerufen haben. Ein Teil des Publikums, namentlich Damen, drängte sich an die Gefangenen heran, um diesen Liebes, gaben und Blumen zu überreichen. — Das Generalkommando in Stuttgart gibt bekannt, daß im Wiederholungsfälle Personen, die sich würdelos Vas stille Leuchten. öllj Roman von Paul Erabrin. cLo^xri^Ul O»vlN s» > Li < o, c». n>.. .11., i.eipr.lx.1 Mit unbarmherzigen, lodernden Blicken hatte sie ihn durchbohrt, eine heisse Röte im Antlitz; wie in einer gewaltigen befreienden Ent ladung lang aufgespeicherten Grimms schleuderte sie ilnn oie Worte entgegen, mit der ernsten Absicht, gerade ihn damit zu treffen. Aber Holten blieb ganz ruhig. Mit über legenem Lacljeln hielt er diesem rasenden An sturm stand. — Er kannte sie besser! Er wußte, was im letzten Grunde hinter dieser ausbrechen den Leidenschaft glühte — und mit geheimer Bewunderung genoß er nur das herrliche Bild, das ihre Schönheit in diesem Zustande wilder Ekstase bot. Jetzt ivar sie wieder, wenn auch diesmal nur im geistigen Ringen, ganz die lei denschaftliche, sich aufbä.imende Brunhilde! Seine unerschütterliche Ruhe begann sie schließlich zu verwirren. „Sie glauben nicht, daß es mir Ernst ist?" herrschte sie ihn an. „Aber vollkommen, meine gnädigste Frau!" Er verneigte sich sehr verbindlich zu ihr hin. „Sie sagen mir ja gar nichts ReueS. Ihre Werke predigen ja alle dasselbe." „Nun also! Und dennoch wagen Sie Ihre Behauptung aufrecht zu erhalten?" „Dennoch!" Fest sah er sie an, mit zwin gendem Blick. „Ich kann es vollkommen ver stehen, wenn manche Frauen den von Ihnen geschilderten Abscheu vor dem Manne empfin- den — die Frucht schmachvoller Enttäuschungen, die sie an sich selbst oder an anderen schmerz lich erlebt haben. Ich gebe Ihnen sogar ohne weiteres zu: Ich selber finde das sogenannte starke Geschlecht in seiner erdrückenden Niehr- heit nichts weniger als imposant. Die für Mannhaftigkeit gehaltene Gefühlsroheit, die brutale Rücksichtslosigkeit, die niederen unver- feinerten Leidenschaften, die neben der Arbstt fast allein ihr Leben auSfüNen, machen mir die meisten Männer genau so verächtlich Ivie Ihnen — pardon, wie jenen Frauen!" läclMe Holten. „Aber dennoch sage ich: Jene Frauen haben unrecht, wenn sie keine Ausnahme zuge- stehen; denn gottlob, es gibt auch noch Männer feinerer Kultur! — Und im übrigen, trotz Ihrer flammenden Entrüstung, lebt doch auch in jenen Frauen tief verborgen der unaus rottbare Wunsch, das angeborene Sehnen nach dem idealen Manne, der frei von jenen häß- icheu Flecken ist, und dem, wenn er kommen ollte, mit Hellem Jauchzen ihre innerste Seele ich erschließen würde — dem Besieger und Herrscher!" Fest den Blick auf seine Züge geheftet, hatte Frau Jutta Holten gelauscht. Seine Worte hat ten wogende Empfindungen in ihr auSgelöst. Die Erinnerung an jenen Moment schoß in ihr auf, wo er droben auf den Bergen furchtlos sein Haupt dem Steinhagel hingegeben — für sie! wo er sie mit starker Faust gepackt und trotz ihres Widerstrebens niedergezwungen hatte in den Schutz des Felsens. War er nicht selbst einer von jenen Ausnahmemäunern, die er meinte? Und hatte er nicht allzu recht, lvenn er von jenem geheimen, sich selbst nicht ein gestandenen Sehnen des Frauenhcrzens sprach, nach einem Manne, anders als die anderen? Aber dem Besieger und Herrscher hatte er ge sagt! Ha! Die Worte hatten die Leidenschaften in ihr iviedcr wild auflodern lassen. Leider ja! — Es war auch in ihrem Herzen noch ein nicht ganz ausgetilgter Rest tausend jähriger FrauensNavcrci vorhanden, jenes blöde Sehnen nach dem männlichen Heiland; aber viel stärker noch war der Haß, der sich auflehnte gegen die Grundlagen der eigenen Natur, und sich losreißen wollte, ganz, restlos, in unab lässigem Ringen von jener letzten schwachen Fessel törichter Gefühlsduselei. Und gerade ihm hier, dem Dreisten, Selbstsicher», wollte sie es beweifen: Er irrte sich! Sie war die Frau nicht, die sein Mannesheros niederzwang. Im Gegen teil! Der Kamps war noch längst nicht aus! Und sie wollte nicht ruhen, bi» auch er, gleich all den anderen, ein Sklave jener „niederen Leidenschaften", die er eben so hochmütig au an deren gerügt, sinnlos bettelnd zu ihren Füßen lag. Daun wollte sie ihm hvhnlachend den Fuss auf den Nacken setzen und sagen: Geh! Ich ver achte dich, weil du ein Schwächling bist, gleich allen anderen! — „Sehr schön!" kam es mit kühlem Spott von ihren Lippen. „Stur verfallen Sie selbst, mein Verehrtcster, in denselben Fehler, dessen Sie jene Frauen zeihen. Auch Sic werden Aus nahmen zugestehen müssen: Es gibt Frauen, die von jenem geheimen Sehnen nichts wissen oder doch cs auszurotten wissen. Verlassen Sie sich darauf!" Ihre bestimmte Art machte ihn aufsehen. Sollte diese Frau, mit weiblichem Reiz so ver schwenderisch begnadet, wirklich eine jener dämo nischen Naturen sein, die den Mann so verhäng nisvoll narren? Eine lockende Sirene, die statt heißer Liebe den kalten Tod in ihren Armen bringt? Aber nein! Noch vermochte er es nicht zu glauben. Und gerade diese Kälte, die ihren sinnverauschenden Liebreiz umwehte, zwang ihn immer näher zu ihr, auch die letzte Tiefe ihres Wesens zu ergründen. Der summende Teekessel mahnte Frau Jutta an ihre Hausfrauenpflicht. Mit all der Anmut, die er vorhin an ihr bewundert hatte, schenkte sie ihm nun, als ob sic eben über die gleich gültigsten Dinge geplaudert hätten, den Tee ein und präsentierte ihm Zucker und Rum. Dann aber nahm sie das Thema wieder auf. „Wir haben da eben die eine Seite der Frage erörtert." Sie griff nach einer neuen Zigarette: „Sie geben mir wohl, bitte, Feuer — oder habe ich Ihrem Mannesstolz etwa zu schwere Wunden ^schlagen?" lächelte sie ihn versübrer.ich an. „Danke vielmals! — Sie mein ten vorhin, daß der Wille der Krau an der Schwelle ihres Herzens ende. Wie steht's nun aber damit beim Mann? Ich bin einigermaßen neugierig, Ihre Meinung auch darüber kennen -u lernen." (Fortsetzung in d« Movg»«u»g»b«.) „Beim Mann spielt das Herz nur eine sekundäre Rolle." „Im allgemeinen überaus richtig!" spöttelte sie schon wieder. „Nur wohl nicht im Stadium akuter Verliebtheit." „Eine Kinderkrankheit, meine gnädigste Frau, von der der Mann verschont bleibt." „Wollen Sie das im Ernst behaupten," un gläubig iah sie ihn an, „daß der reife Mann keiner echten Liebe mehr fähig ist, einer Leiden schaft, die sein ganzes Wesen erschüttert und in Aufruhr bringt?" Haltens Stirn hatte sich gefurcht, schweigend sog er einige Sekunden an seiner Zigarette. Was stieg da doch plötzlich ein trauriges Mäo- chenautlitz vor seiner Seele auf? Liebe eine Kinderkrankheit, des Mannes nicht würdig? Wollte er es wirklich sagen, jenem lieben Wesen ins Gesicht, dem er einst einen Tempel in seinem Inneren anfgcrichtet hatte? War es nicht eine Brutalität schlimmster Art? Aber freilich, dieser stille, schöne Tempel war ja in Trümmer ge sunken, die raulje Faust des Schicksals hatte ihn zerschmettert, und über d.-n tot n weißen Rosen wucherte jetzt in seinem gestörten Herzen das giftige Unkraut des Spottes, des Zweifels, der Welt- und Menschenvcrachtung. Aber: Weg mit falscher Sentimentalität! rief es alsbald schrill in seinem Herzen. Werde hart, unbedenklich — wer das Leben nicht mit Füssen tritt, den tritt es selbst nieder! Und er erwiderte langsam: „Sie nennen da zwei grundverschiedene Dinge in einem Atem. Liebe, jener holde Traum schwärmender Jugend, zerslattert vor dem sehen den Auge des Mannes. Leidenschaft — das ist cS, was ihm bleibt." „Damit geben Sie doch zu: Auch der Manneswille ljat seine Grenzen!" lvarf sie ihm schnell entgegen. ü beneh m«n düng allgen weil Krieg Empf« Al! 1870" dortig dem e den B andere Mecklc di« Le brach unsere! mit al der M mit he wurde Großhc für ied Postkai Lieben nahm I steiges vorübe Größer sangen mit he haben i müssen, gericht Staa Arbeite bei Piss bahnda herbe ig leistete, — Der auf der trunken Wege n Port, ti biß ihn ihn zu bescher elektrist fahren, über ve und stri drei Mi ner m> die sich depesche trug er werden Eefängr gisch di< Bestimn tungen haben v! Haft eir der Näl zu mach schrifi war. 2 Strafe c Eine ist in N In eine den abg das Erg ersten T ligten, i stiegen, ner re ortsübli wurde d Thüi * Al drücke Herzog!' machunx geworde träften Str, Stephan warre Roßbach Kantstr, Fichtestr Moschel, Ferd.-Rl Weststra Könneri Fritzsche! Hardeni
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