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veile 8. Nr. 419. Morsen'Nusyave. Leipziger Tageblatt. Mittwoch. 19. Nuguv 1914. MMMWWM Kunst uncl ^issensetigfl «VMMWM ver To- fürs Vaterland. Bon Friedrich Hölderlin. Du kömmst, o Schlacht! schon wogen die Jüng linge Hinab von ihren Hügeln, hinab ins Tal, Wo keck herauf die Würger dringen, Sicher der Kunst und des Arms; doch sichrer Kömmt über sie die Seele der Jünglinge, Denn die Gerechten schlagen wie Zauberer, Und ihre Vaterlandsgcsänge Lähmen die Knie den Ehrelosen. O nehmt mich, nehmt mich mit in die Reihen auf, Damit ich einst nicht sterbe gemeinen Tods! Umsonst zu sterben, lieb ich nicht; doch Lieb ich, zu sallen am Opscrhügel Fürs Vaterland, zu bluten des Herzens Blut, Fürs Vaterland — und bald ist's geschchn! Zu eucb, Ihr Teuren! komm ich, die mich leben Lehrten und sterben, zu euch hinunter! Wie oft im Lichte dürstet' ich euch zu sehn, Ihr Helden und ihr Dichter ans aller Zeit! Nun grüßt ihr freundlich den geringen Fremdling, und brüderlich ist's hier unten; Und Siegcsboten kommen herab: die Schlacht Ist unser. Lebe droben, o Vaterland, Und zähle nicht die Toten! Dir ist, Liebes! nicht einer zu viel gesallcn. von -er Ritterrüstung zur fel-grauen Uniform. Als die Mobilmachung gegen den Feind in Ost und West angeordnet wurde, da verschwanden wie mit einem Zauberschlagc all die schonen, mannigfaltigen, zum Teil glänzenden Uniformen, in denen wir unsere Krieger zu sehen gewöhnt waren, und an ihre Stelle trat die unscheinbare feldgraue Uniform, jetzt und künftig das Kricgskleid unseres Heeres. Auch hat sich ja die neue Uniform in dem Tressen vor Mül hausen bereits vortrefflich bewährt, insofern die Franzosen nach der Aussage der Gefangenen unsere Truppen im Gelände nur m.t größter Mühe erkennen konnten. Welch eine lange und merkwürdige Ent wickelung ist es doch, die die Tracht des Kriegers seit jenen Tagen durchgcmacht hat, da er nicht anders als in eiserner Wehr, in Harnisch, Schienen und Helm ins Feld rücken konnte! Als die mittelalterliche Kriegsrüstung durch die Bedingungen der neueren Kriegführung unmöglich geworden war, da hat es zunächst eine ganze lange Zeit etwas, was man im heutigen Sinne Uniform nennen könnte, überhaupt nicht gegeben. Die Truppenkörper waren eben nicht „uniform", das will sagen: gleichmäßig, einheitlich gekleidet, sondern der Soldat kleidete sich, wie er konnte und mochte, und nur auf gemeinsame Er kennungszeichen wurde etwa geachtet und gehalten. Die Kriegsvölkcr des Dreißigjährigen Krieges sind, wie in der Nationalität, so auch in den Uniformen aufs bunteste durcheinander gewürfelt gewesen; und was die Offiziere und Generale angeht, so begnügten sie sich mit der Kavaliertracht der Zeit. Diesen Stil zeigt auch die militärische Kleidung Derfflingers, die im Berliner Zeughause aufbewahrt wird... Erst als die moderne Disziplin das Heerwesen zu be herrschen begann, dachte man auch auf Durchführung einer gleichmäßigen Soldatentracht, und es war im preußischen Heere kennzeichnenderweise das Regiment des alten Dessauers, dieses Musters und Meisters der Manneszucht, bei dem allgemein Uniform getragen wurde. Der Grenadier wurde damals noch in den weiten Ueberrock mit großen Aufschlägen gekleidet, der Surtout hieß. Aus dem Sourtout wurde später ein enger Taillenrock, und der Leibrock darunter wurde zur Aermelweste, dem „Kamisol". Zn Verfolg dieses Vorbildes hat dann Friedrich Wilhelm I. den Uniformzwang allgemein im preußischen Heere durch geführt, und es entwickelte sich nun dort die Zn- fanterieuniform des 18. Jahrhunderts, die sich im Laufe der Jahrzehnte zunächst nur wenig und lang sam geändert hat. Zn dieser Zeit bildete sich allmäh lich der Frackzuschnitt des Uniformrockes aus — wie ja auch der Zivil-Frack in derselben Periode ent standen ist. Ein weiterer neuer Bestandteil der Uniform, der in dem späteren 18. Jahrhundert ausgebildet wurde, war der Helm. Es ist dies jene Form des Helms, aus der unter andern der bayerische Raupenhelm, der französische Kürassierhelm und auch unser Fruerwehrhelm heroorgegangen sind, und der eine Zeitlang fast in allen deutschen Heeren vertreten ge wesen ist. Die Entstehung des Helmes wird von den Fachleuten heut allgemein auf den „antikischen" Ge schmack, auf den Stil des Klassizismus zurückgcführt: man wollte die Truppen in der Art der römischen Legionssoldaten ausgerüstet sehen. seit dem Be ginn des 19. Jahrhunderts ist aber diese Uniform mode schnell wieder verschwunden und an die Stelle des Helmes ist der bekannte „Tschako" getre ten. Der Tschako gehörte zu den charakteristischen Bestandteilen der Uniform, wie sic unsere Freiheits- tämpfer vor 100 Zähren trugen. Der Frack mit weitgcösfnctem Kragen, die dichten Knopsrcihen, das über der Brust gekreuzte Letcrzeug der Znsanteric- mannjchastcn bilden weitere wichtige Merkmale der Uniform dieser Zeit; und an die Stelle der Knie hosen, die vorher bei den Truppen allgemein ein geführt waren, traten jetzt die langen Hosen, deren Ahnen die „Pantalons" der französischen Revolutio näre waren. Das ist die Uniform, aus der sich dann allmählich die moderne Soldatentracht entwickelt hat. Der Frack wurde nach und nach zum Wasfcnrock, da man doch die Erfahrung machte, daß auch der Unter körper einen solideren Wetterschutz bedurfte. Das über die Brust gekreuzte Lederzeug machte dem Trag gürtel Platz und endlich hielt die Pickelhaube ihren Einzug. Sie ist eine Erfindung König Friedrich Wilhelms IV. und ist, wie bekannt, recht lange be spöttelt worben. Sie hat sich aber im ganzen doch so gut bewährt, daß immer mehr auch auswärtige Heere sie eingeführt haben. Zn bezug auf den Schnitt und Stil der Uniform hält sich ja nun unsere neue feldgraue Uniform im ganzen und großen an die Ueberlieserung; in bezug auf die Farbe aber be deutet sie eine große Umwälzung in der wcchselvollen Geschichte der Uniformen des deutschen Heeres. * Vaterländische Lieder, für das Rote Kreuz gesungen von Kammersänger Alfred Kaf., am Klavier: Prof. Dr. G. Henning. Die alten Lieder! Zn der Zeit der Not hat der Dichter sie mit seinem Herzblut geschrieben, und ein Volk rief sie inbrünstig zum Schlachtenlcnker empor, als cs los brach gegen korsischen Hochmut und welsche Tyrannei. Und vermachte sie, als der Sieg erstritten war, von Enkel zu Enkel als kostbares Vermächtnis. Dem Kinde ward es anvertraut, das beim unschuldigen .'Spiele des Reiters Morgengesang und das Lieb vom edlen Prinzen Eugenius anftimmte. Nun ist die Zeit wieder schwerthart geworden, der Kindermund ist jäh eingeschüchtert verstummt, aber ein mächtiger Chor hat die alten, treuen, deutschen Lieder an seiner Stelle angestimmt und ein siegvertraucndcs Volk ruft sie in lodernder Begeisterung von Osten nach Westen, von Norden nach Süden. Sie haben uns oft gescholten wegen unserer Gc- fühlsseligkcit, die Feinde, die uns jetzt die vaterländischen Worte unserer Dichter auf die Lippen drängen; aber sie haben nicht bedacht, daß aus dem deutschen Gemüte der deutsche Zorn, die deutsche Kraft erwächst! Der Sänger wußte es wohl, warum er den Tausenden, die der großen „Alberthalle" mächtige Weite dichtgedrängt stillten und ihm und dem Begleiter, den schon des deutschen Soldaten stolzestes Ehrenkleid schmückte, immer wie der zuiubelten, „vaterländische Lieder" singen wollte. Er wußte, daß der Funke glühender Begeisterung, den er mit seiner Kunst entfacht, sengende Flammen schlägt und das heilige Feuer hingehender Opferungs freudigkeit entfacht. So sang er denn von allem Hohen, was Mcnschenherz durchbebt, von allem Schönen, was Menschenherz erhebt, von der Heimat und dem teuren Vaterland«, von deutschem Welen und deutscher Art, von deutscher Treue und deutscher Rache. Gellende Hörner schmetterten drein und mutige Pferde schnaubten im Schlachtenbraus, klir rende Schwerter blitzten und feurig« Reiter sangen von dem Schatz im stillen Kämmerlein und dem seligen Coldatentöd auf dem Felde der Freiheit. Dann klang ein neues Lied, der Dichter hat es „Deut sches Soldatenlied" genannt, und es erzählt von dem Franzmann, der das Maul weit aufreißt, von dem Nuffcnkerl, dem falschen Wicht, von dem England, das den größten Mund hat, und unserem Krieg, der gerecht und gut ist, und unserem Kaiser, der uns zu Kampf und Sieg führen wird. Da gab es keine Grenze mehr für den Jubel und die tosende Be geisterung. Sie galten dem Sänger und dem Dichter, Franz Adam Bcyerlein, dem sich tausend Hände in stürmischer Dankbarkeit cntgegcnstrecktcn. Und in stürmischer Erregung klang dann wie aus einem Munde der Deutschen Treueschwur: „Lieb Vaterland, magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am Rhein . . .!" — * Vorstellungen zum Besten der Kriegshilfe im Beriiner königlichen Opernhaus. Tie Berliner könig lichen Schauspiele werden zum Besten der Kriegshilfe — vornehmlich zur Unterstützung der hilfsbedürftigen Familien einberufener Krieger — noch im Laufe dieses Monats im Opernhaus einige Vorstellungen zu ermäßigten Preisen veranstalten. Emgeleitet werden diese durch ein am Sonnabend, den 22. d. M. stattfindendes Konzert des königlichen Opernchors unter seinem Dirigenten Proießor Hugo Rüdel und unter der Mitwirkung erlesener Künstler owie des Generalmusikdirektors Leo Blech mit dem könig lichen Orchester. * Ein Aufruf des Deutschen Werkbundes. Gan; Deutschland ist empört über die nichtswürdigen Lügen Meldungen und Fälschungen der feindlichen Presse. Den Kampf gegen diese Niedertracht sieht auch der Deutsche Weltbund als leine Ausgabe an. Zn einem uns zugegangenen Aufrufe heißt es: „Der Deutsche Weltbund hat seine große Kölner Ausnellung, die dem deutschen Ge danken in der Welt zu dienen bestimmt war, ge schlossen, und er stellt sich und seine Beziehungen jetzt in den Dienst der deutschen Wahrheit in der Welt. Der Deutsche Wcrkbund ist in der Lage, alle noch möglichen Verbindungen der Post und der Schiff fahrt auszunutzcn und auf sicherem Wege Nachrichten und Zeitungen ins Aus land zu befördern Der Deutsche Werkbund bittet deshalb darum: 1. ihm Zeitungen in allen Svrachen zu senden, welche Lügennach- richten über Deutschland und die deutsche Kriegsführung enthalten, und 2. ihm vertrauens würdige Persönlichkeiten im Ausland zu nennen, an die zur Aufklärung wahrheitsgetreue Nachrichten und zutreffende Zeitungsberichte gesandt werden können. Wir bitten um schriftliche Mit teilung an die Geschäftsstelle des Deutschen Werk bundes: Berlin, Schöneberger Ufer 36a. Der Deutsche Werkbund." * Krieasfonds. Der Vorstand und Aufsichtsrat der Pensionsanstalt deutscher Journa listen und Schriftsteller in München haben beschlossen, von den Mitteln des Stiftungsfonds 50 000 für einen Kriegsfonds abzuzweigcn, aus dem hilfsbedürftigen Familienangehörigen der im Felde stehenden Mitglieder der Anstalt Unter stützungen gewährt werden. Auch die Genossen, schäft deutscher Bühnenangehöriger wird einen Hilfsfonds für die Angehörigen der im Felde stehenden Bühnenkünstler sammeln. Zn der soeben erschienenen Nummer des „Neuen Weg" teilt das Präsidium mit, daß Guido Tielscher für diesen Zweck 300 .tt gestiftet hat, und daß beschlossen worden ist, einen Ünterstützungssonds zu gründen. Spenden nimmt die Zentralkasse der Genossenschaft an. Das Präsidium der Genossenschaft ist ferner be müht, existenzlosen Bühnenkünstlern kosten, lose Unterkunft und Verpflegung zu ver schaffen. — Der Verein Berliner Künstler beschloß in einer außerordentlichen Generalver sammlung, 15 000 aus der Darlehns- und Unter stützungskaffe zu entnehmen, und mit diesem Geld« alle die Mitglieder zu unterstützen, die durch den Krieg jeglichen Erwerbs beraubt sind. * Das Bekenntnis einer russisch-polnischen Künst lerin. Dem „B. T." geht folgendes Schreiben von Wanda Landowska zu: In dem Abendblatt vom 14. d. M. Ihrer ,ge>chätzten Zeitung lese ich folgendes: „Frau Wanda Landowska, «ine russisch« Untertanin, ist ebenfalls Lehrerin an der Königlichen Hochschule für Musik. Sie ist in Berlin geblieben. Ich würde Ihnen zu großem Dank verpflichtet sein, wenn Sie dies ergänzen möchten und erwähnten, daß ich keine Russin bin. Ganz im Gegenteil — ich bin Polin. Während der Haß der Deutschen gegen die russische Regierung kaum zwei Wochen alt ist —ist der unsrige mindestens hundert jährig, und trotz seines Alters hat er nichts an Frische, nichts an Stärke verloren. Ja, es ist wahr, ich bin russische Untertanin. Aber meine Brüder, die in Kalisch und Czenstochau die deutschen Truppen mit Jubel begrüßt haben, sind auch russische Unter tanen. Leider! Das ist nicht unsere Schuld. Wir sind es nicht freiwillig geworden, wir haben nie Lust gehabt, es zu bleiben. Wir sind immer die unge, horjamsten Söhne des Zaren gewesen, und wir können ihm nicht verübeln, daß er in einer für ihn so schweren Stunde seine undankbaren polnischen Kinder verlassen hat. Gebe Gott, es sei für ewig! Wanda Landowska. - * Die Mitglieder der Sonnenfinsternis-Expedition der Berliner Universitätssternwarte haben bisher nichts von sich hören lassen, und man ist über das Schicksal der Astronomen ernstlich besorgt. Während die Expedition des Potsdamer astrophysikalischen Observatoriums aus der Heimreise glücklich in Buka rest angekommen ist, sind alle Versuche der Babels berger Sternwarte, über die Herren Dr. Freund lich uno Dr. Z u r h e l l e n, die sich zur Beobach tung der Sonnenfinsternis nach Feodosia begeben hatten, Erkundigungen einzuziehen, fehlgeschlagen. Ueber ihren Aufenthalt konnte nichts in Erfahrung gebracht werden, und die Vermutung, da« die beiden Gelehrten, die übrigens auch militärpflichtig sind, fesigehalten werden, gewinnt an Wa-rjchein- lichteit. * Eine nationale Kundgebung deutscher und österreichischer Historiker. Eine bedeutsame Kund gebung der vereinigten deutschen und österreichischen Wissenschaft ist in kurzer Zeit zu erwarten. Das Scptemberheft der in München erscheinenden „Süd deutschen Monatshefte" wird eine nationale Kund gebung deutscher und österreichischer Historiker zum Kriege enthalten. Niemand ist ja in diesem Augen blicke, soweit die Wissenschaft in Betracht kommt, be rufener, sich über die Bedeutung und das Recht dieser. - Krieges zu äußern, als die Geschichtsforscher; und man darf erwarten, daß diese Kundgebung eine würdige Antwort auf das verlogen« Gefasel bilden wird, das der französische Geschichtschreiber Gabriel Hanotaux sich zu leisten für gut befunden hat. * Hochschulnachrichten. An der Technischen Hochschule in Hannover ist die Würde eines Doktor-Ingenieurs ehrenhalber ver liehen worden: dem Geheimen Baurat Professor Hugo Koch in Berlin, dem Geheimen Regierungs rat Professor Hans Arnold in Hannover, dem Senator und Bürgermeister der Freien und Hansastadt Bremen Dr. jur. Karl Georg Varkhauien, dem königlichen Baurat Otto Taats in Hannover und dem Fabrikbesitzer C. Otto Eehrckens in Ham burg. — Der außerordentliche Professor für theo retische Physik an derZüricher Universität Dr. Max v. Laue hat einen Ruf als Ordinarius an die Universität Frankfurt erhalten und angenommen. — Dem Privatdozenten für neuere deutsche Sprache an der Prager deutschen Universität Dr. Ferdinand Joseph Schneider ist der Titel eines außerordentlichen Professors verliehen worden. — Der ordentliche Professor für Physik der Erde an der Wiener Universität, Dr. Wilhelm Trabert hat den Titel und Charakter eines Hofrates erhalten. — Zum Rektor der könig lichen Akademie zuBraunsberg ist für die Amts periode voni 15. Oktober 1914/1917 der Professor der Philosophie und Pädagogik Dr. phil. Wladislaus Switalski gewählt und bestätigt worden. — Ge heimrat Professor Dr. Oskar Brefeld» der ausge zeichnete Botaniker der Universität Breslau, vollendet am 19. dieses Monats das 75. Lebensjahr. — Nahezu 2000 Kandidaten der Medizin haben, wie wir erfahren, das Notexamen be standen. — An Stelle des an die Berliner Handels hochschule berufenen Professors Dr. Joseph Eßlen ist Dr. jur. Eugen Großmann zum ordentlichen Pro fessor der Nationalökonomie an der Universität Zürich ernannt worden. * Ein Leitfaden der praktischen Kriegschirurgie, verfaßt von Dr von Oettingen, ist rm Verlage von Steinkopff-Dresden soeben erschienen. Vas stille Leuchten. 42j Roman von Paul Grabein. Aber halt! Klang es da nicht plötzlich irgendwoher wie ein Glöckchen — und nun wie ein leises Meckern ? Holten spähte um sich. Rich tig, da sah er ja drüben oben an der Berglehne, hier und da unter FelSvorsprüngcn die Ziegen, die er vor vierzehn Tagen auch hier oben angetroffen hatte, ganz sich selbst überlassen in der Einsamkeit. Das hcranziehcude Gewitter spürend, hatten die Tiere jetzt ihre Zufluchts stätten aufgesücht und vermerkten nun mit ihrem Ruf das ungewohnte Austaucl-en menschlicher Gestalten in der Felsenödc. „Also hab' ich mich doch nicht getäuscht!" wandte sich Holten an Frau Jutta. „Nun muß auch die Hütte ganz in der Nähe sein." Er hatte recht. Gleich daraus hatten sie die Stelle erreicht, wo unter ztvei riesigen gegen einander gestürzten Blöcken sich eine Art Höhle gebildet hatte, die durch eine primitive Holztür geschlossen ivorden war. Gerade fegte ein ge waltiger Windstoß, der Vorbote des heran brausenden Umvettcrs, mit wildem Wirbeln über die Halde, ihnen heftig Sand in die Augen schleudernd und wie toll an ihren Gewändern zerrend — da traten sie eilends in das schützende Obdach. „Gott sei Dank!" atmete Frau Jutta auf. „Grab' noch vor Toresschluß." Und sie sah sich in dem halbdunklen Raum um. Ein roh aus Steinen gefügter Herd, einige hölzerne Melk geräte und eine Lagerstätte aus Rasenerde, das war die ganze Ausstattung des Raumes. Durch die weiten Fugen der mit Steinen verstopften Rückwand ptiff eisig der Wind. Draußen fielen schon die ersten schweren Tropfen klatscl>end aus das Gestein nieder. „Es zieht fürchterlich!" Fröstelnd schauerte sie in ihrer dünnen Seidenbluse zusammen. Holten stand noch an der Tür. 9tun zog er diese heran, und eS ward völlig Nacht in der Hütte. „Ein reizendes Idyll!" klang Frau Juttas Stimme halb lachend, halb ärgerlich, in der Finsternis. „Soll das so bleiben?" Er ging nach der Stelle, von der ihre Worte kamen. Er fand diese Situation in der Tat höchst reizvoll. Wie wunderbar das war, wenn er so gar nichts von ihr sah und nur die Stimme an sein Ohr klang. Jetzt fühlte er erst, welch eigener Zauber auch in ihrer Art zu sprechen war. Weich, schmeichelnd und doch so entschieden war der Ton, ein Abbild ihres ganzen Wesens. Schweigend lauschte er auf neue Laute aus ihrem Munde. „Mein Gott — wo stecken Sie denn eigent lich? Geben Sie wenigstens ein Lebenszeichen von sich!" rief sic, und streckte unwillkürlich tastend die Hände aus. Da traf sie seinen Arm, er stand dicht neben ihr. Mit einem Ruck zog sic die Finger zurück, die einen Augenblick ihn weich gestreift hatten. „Nein, so geht das nicht! Machen Sie die Tür wieder auf," befahl sic. „Es wäre vor Zug nicht auszuhaltcn," wandte Holten ein. „Ich will lieber Feuer machen." „Gut — aber nur schnell!" begehrte sie un geduldig. „Ich finde diese Dunkelheit abscheu- lich." Ein Geräusch des Streichens, und eines der Streichhölzchen flammte auf, die Holten bei sich trug. „Schade," scherzte er, während er hinter dem Cteinherd nach trockenem Holze suchte. „Ich fand es riesig gemütlich. Ueberdies sorgt der Himmel ja jetzt für Beleuchtung." Ein fahles Aufleuchten erhellte für einen Augenblick den Raum — ein ferner Blitz. Sie antwortete nicht, sondern stand schweigend, die Arme verschränkt, und starrte aus das winzige Lichtchen hernieder, das er auf bie Herdplatte gesetzt hatte. Nach einigen vergeblichen Versuchen war cs Holten geglückt, die Holzscheite zum Brennen zu bringen, und anheimelnd knisternd, einen harzigen Brandgeruch verbreitend, begann das Feuer aufzulohen. „So!" Holten richtete sich vom Knien auf. „Nun können wir ein gemütliches Plauderstünd chen abhalten — au coin cku keu!" scherzte er. „Sie sind bei mir zu Gast — in meinem Bergschloß. Darf ich Ihnen einen Platz auf dem Divan an bieten, meine gnädigste Frau?" Und er wies lächelnd auf die Lagerstätte. „Danke, ich ziehe einen Fauteuil vor," ging sie auf seinen Ton ein und kauerte sich auf einem, wohl zur Sitzgelegenheit bestimmten Stein nahe dem Herd nieder. „Wie Sie belieben," und Holten ließ sich seinerseits auf dem Lager an der Felswand nieder. Wie sie da im Feuerschein ihm gegenüber saß, rot angeglüht von der Lohe, das dämonisch schöne Gesicht mit seinen jetzt sich so scharf zeich nenden Linien zur anderen Hälfte tief beschattet! Wie eine Zauberin grauer Vorzeit kam sie ihm vor, die iu einsamer Höhle still brütend einen geheimnisvollen Trank kochte, ein Menschenschick sal zu entscheiden. So saßen sie beide schivei- gend, während draußen in peitschendem, auf prallendem Guß Regen und Hagel nieder prasselten. Aber sie wußten es, ein jeder von ihnen beschäftigte sich in seinen Gedanken mit dem anderen. Ein geheimer Zauber webte wirk lich in dieser Höhle. Äc ahnten es, die Stunde der Entscheidung war da. Jeden Augenblick konnte da das Wort fallen, das Klarheit schuf in dem Dunkel verworrener Beziehungen, bie unausgesprochen zwischen ihnen bestanden. Und ein jeder von ihnen bereitete sich vor auf diese Entscheidung. Da wieder ein fahles Aufzucken draußen am uachtschwarzen Firmament, das seinen Schein zu ihnen in die Hütte warf, und nun der Donner — aber anders als draußen in der Ebene. Krachend, als wollten die Riesenlcibcr der Berge ringsum zerberste« und sich im näch sten Augenblick zermalmend auf sic stürzen, warf sich der furchtbare Schall zwischen den Fels wänden herum — ein Ton von so grandioser Wildheit, daß er wohl das Herz erbeben machen konnte. Frau Jutta war von ihrem Sitze aufge sprungen. „Fürchten Sie sich?" fragte Holten, zn ihr ausschauend. Aber sie ivandte ihm ein verächt lich lächelndes Gesicht zu. „Was dachten Sie dann in diesem Augen blick?" „Vielleicht sehr Selbstüberhebendes!" Stolz aufgerichtet stand sie vor ihm, mit wild leuch tenden Augen und heißen Wangen. „Aber ich kann mir nicht helfen. In solchen Momenten 1 wie jetzt, ivo Himmel und Erde einzustürzen ' drohen, da möchte ich aufjubeln vor Wonne, vor Kraftgefühl! Da sehe ich den Feuergeist der Schöpfung, der mit erzitternden Welten lachend spielt, und ich fühle mich mit ihm eins: Geist von seinem Geist! Und mit ihm verlache ich die jammervollen Schwächlinge, die sich dieses Göttergenusses nicht erfreuen können, die sich bange verkriechen möchten." Holten war aufgesprungen. Ihre Ekstase hatte auch ihn hingerissen. Beim großen Gott, diese Frau war das Wunderbarste, das er je gesehen! Da, jetzt in dieser Minute hatte sich ihm zum erstenmal ihr Wesen hüllenlos gezeigt, der Mantel der abwehrenden Kälte und Ironie war von ihr gefallen, und großzügig, gewaltig, hart, wie eine eherne Statue, aber glänzend, in edelster Schönheit stand ihr Bild vor ihm, wohl wert, daß ein Mann in Verehrung die Knie vor ihm beugte. Dicht trat er an sie heran, seine Blicke ver zehrten sie in schrankenlos sich ergießendem Be wundern. Sic sah es, und als ob ein zwingen der Bann aus der elementaren Gewalt der in ihm ausbrechenden Empfindungen aus sie über gehe, überfiel sie in diesem Augenblick ein son derbar betäubendes Gefühl: Ihr war, als müsse das Meer abgrundstiefer Mannesleidenschaft, das sie spielend gereizt, das sich jetzt noch bet telnd und schmeichelnd zu ihren Füßen duckte, im nächsten Moment im tosenden, betäubenden Aufschnellen auf sie stürzen und sie im sinn verwirrenden Sturz begraben unter seinen brau senden Wogenbergen. (Fortsetzung in der A-endansgat«.) 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