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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.08.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140817016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914081701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914081701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-17
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
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Selle 2. Nr. 41S. Morsen-Nusgsve. Leipziger Tageblatt. Montag, 17. NngUlt 1914. rückfichtigun» aller wirklich dringenden Interessen von Landwirtschaft, Kandel nnd Gewerbe erfolgen und mit den jüngsten Jahresklassen beginnen. Niemand braucht also sein« bürgerliche Berufstätig- leit aufzugeben oder seine Stellung zu kündigen, be vor ihm ein besonderer Gestellungsbefehl zngeht. Aus allerem geht hervor, daß es völlig un« begründet wäre, wenn ängstliche Naturen etwa aus der Ausdehnung des Landsturmaufgebots über das gesamte Reichsgebiet den Schluß ziehen wollten, das; die militärische Gesamtlage weniger günstig geworden sei. Mit den Bor gängen im Operationsgebiet hat das Aufgebot des Landsturms unmittelbar nicht das geringste zu tun. Cs ist vielmehr, wie nochmals wiederholt sei, nichts weiter als ein planmässiges, schon in der FricdcnsvorbcreitUNg von langer Hand vorgesehenes Mittel, um in dem Kampf um Sein oder Nichtsein die völlig selbstverständliche Ausnutzung der gesamten Wehrkraft des Volkes zur Niederwerfung unserer Feinde durchzusehen. Helagerungszusianü in Sulgarien. S o s i a, lti. August. („Agcnce bulgare.") Das Amtsblatt veröffentlicht die Verhängung des Belagerungszustandes im Königreich. Die ersten gefangenen Franzosen in Kassel. Kassel, 16. August. (Cig. Meldung.) Die ersten gefangenen Franzosen, meist Verwundete, sind hier eingctrosfen. Sollati in Rom. Rom, 1V. August. Der italienische Botschafter in Berlin, Bollati, ist hier «ingetrosfen. Erfolge -er Gestenreicher. Wien, 1V. August. (Wiener k. k. Tel.-Korr.- Bur.j Die österreichisch-ungarischen Truppen war fen am 11. August nach heftigen Kämpfen den Feind aus einer seit langem befestigten, stark be setzten Stellung aus den östlichen Uferhöhen der Drina in der Nähe von Loznica und Lje »- nica. Dort und bei Sabac wurden am Nach mittag des 1t. August und in der Nacht zum 15. August zahlreiche mit großer Tapferkeit geführt« Gegenangriffe der Serben abgewiesen. Am IS. August setzten die österreichisch-ungarischen Truppen ihre Vorwärtsbewegung fort. Die B er löste der Serben sind schwer; auch die österreichisch-ungarischen Verluste sind nicht unbeträchtlich. Einzelheiten darüber fehlen. Montenegrinisch« Kräfte, die in das Ge biet Oesterreich-Ungarns einzudringen versuchten, wurden allenthalben zurückgeworfen. Im Norden setzten di« österreichisch-ungarischen Truppen ihre Vorwärtsbewegung in dem Raume westlich der Weichsel fort und sind auch östlich des Flusses im Vordringen begriffen. Minen in schwedischen unü öster reichisch-ungarischen Gewässern. Hamburg, 16. August. Die Deputation für Han del, Schiffahrt und Gewerbe erläßt folgende Bekannt machung: Nach Mitteilung der schwedischen Gesandt schaft sind an verschiedenen Stellen in den schwedischen Territorialgcwässrrn Minen ausgelegt. Um Un glücksfälle zu vermeiden, werden Schiffahrende auf gefordert, sich nach den Vorschriften der schwedischen Lokalbehörden zu richten und sich beim Auslaufen aus schwedischen Häfen Lotsen zu bedienen. Nach Mitteilung der österreichisch-ungarischen Re gierung find in den österreichisch-ungarischen Ge wässern Minen gelegt. Fremde Schiffe, welche in österreichisch-ungarischen Häfen liegen, erhalten die nötigen Anweisungen durch die betreffenden Hafen verwaltungen. Fremde Schiffe, die auf der Fahrt nach Oesterreich-Ungarn sind, sind zu veranlassen, die Häfen Triest, Fiume oder Gravosa aufzu suchen, wo sie die nötigen Anweisungen erhalten. Nicht auf Zlugzeuge sihkeßerr! Berlin, 16. August. sW. T. B.) In den nächsten Tagen werden Uebungsfahrtcn deutscher Luftschiffer über der Provinz stattfinden. Auf das Verbot, Luftfahrzeuge zu beschießen, wird er neut auf das entschiedenste hingewiesen. Das Oberkommando in den Marken. Gehässige Lügen. Wien, 16. August. (Wiener Korr.-Bureau.) Ein ausländisches Blatt brachte eine aus Petersburg stammende Mitteilung, wonach österreichisch-unga rische Truppen bei der Besetzung des russischen Grenzortes einen 89 Jahre alten beisitzenvcn Richter in ein Haus eingejpcrrt und dieses a n - geziindet hätten, weil der Richter sich ge weigert habe, sein Geld herauszugeben. Der Mann sei lebendig verbrannt. Derartige gehässige Lügen zu widerlegen, ist nicht notwendig, da die ganze Welt weiß, wie in diesem Kriege Kultur und Barbarei verteilt sind. Wenn diese gehässige Ausstreuung wiedergegeben wird, so geschieht es nur, um zu zeigen, mit welchen Agitations mitteln die Gegner Oesterreich-Un garns arbeiten. Da die österreichisch-unga rische Armee sich in der Kriegführung streng an die internationalen Gesetze und Gebräuche hält, werden Verleumdungen künftighin überhaupt nicht mehr registriert werden. Eine siänölge Delegation öes gesamten ukrainifthen Volkes in Vien. Wien, 16. August. (W. T.-B.) Nach Blätter meldungen beschlossen die ukrainischen Reichsrats abgeordneten, in Wien eine ständige Delega- ItonderukrainischennationalenOrga- nisationen einzusctzen, die aus drei Vertretern der unlängst gebildeten Zentralvertretung des ge samten ukrainischen Volkes besteht. Alle übrigen ukrainischen Reichsratsabgeordneten begaben sich nach Lemberg, um sich der Zentralorganisation für ihre Arbeiten im Lande zur Verfügung zu stellen. wür-elosl Major und Linienkommandant Breiten bach in Elberfeld erließ an sämtliche Bahnhofs kommandanten folgenden Befehl: Deutsche Frauen und Mädchen haben sich bei der Durchfahrt von Kriegs gefangenen teilweise würdelos benommen. Ersuche Bahnhosskommandanten, in schärfster .Weis» ^einzuschreiteu, sobald unsere nationale Ehre durch solche Elemente angetastet wird. Aus dem Telegramm ist nicht zu ersehen, in welcher Weise diese Frauen und Mädchen gegen die nationale Würde verstoßen haben. Der „Köln. Ztg." wird aber aus Düsseldorf gemeldet, daß belgische Gefangene mit Wein und Schokolade be wirtet worden seien, und aus sicherer Quelle wird mitgeteilt, daß auch auf dem Kölner Haupt bahnhof die Gefangenen bester verpflegt worden seien, als zum Teil unsere eigenen Truppen. Wenn sich das wirklich bestätigt, so ist kein Wort scharf genug, für dieses Treiben einer gedankenlosen Weiblichkeit. Weitere Mel-ungen. Der montenegrinische Generalkonsul in Hamburg hat in der vergangenen Woche sein Amt niedergelcgt. König Ludwig von Bayern empfing gestern vor- mittag l/^12 Uhr im Wittelsbacher Palais den mit der Leitung der preußischen Gesandtschaft betrauten Botschafter Freiherrn v. Schoen. Der Audienz wohnte auch der Minister des Asußern Graf Hcrtling bei. Die Rothenfelder Saline, Aktiengesell schaft, zu Bad Rothenfelde (Kreis Iburg) hat das neueingerichtete Kurhotel mit etwa 150 Betten als Kriegslazaett zur Verfügung gestellt. Außerdem hat sie 100 000 .lt zu Verpflegungszweckcn bereitgcstellt. Der in Budapest verhaftete frühere russische Kon sul in Serajewo, v. Igelstroem, ist, da er schwer leidend ist, wieder frei gelassen worden. * Die Dampfschissahrtslinic von Rottendam nach Christiania wird in der nächsten Woche wieder er öffnet werden. * Der Budapester Magistrat hat beschlossen, dem Waitzner-Ning den Namen Kai sei-Wil helm-Ring und der Pariser Gasse den Namen Berliner Gasse zu geben. Außerdem soll die Serbe ngasse in Bulgarengasse umgetauft werden. Der Kriegerat in Paris verurteilte einen fran zösischen Handelsange st eilten, der beim Verbrechen der Spionage ergriffen wurde, einstim mig zum Tode. was in Rußland alles möglich ist. Von der unglaublichen Tatsache, daß die Rusten vor der Kriegserklärung den holländischen Dampfer „Alcor" kaperten und in dem Eingang des Hafens von Hangö versenkten, haben wir schon berichtet. Jetzt erfahren wir auch, daß bei dieser Ge legenheit gleich die ganze Hafenanlage von Hangö mit zerstört worden ist. Nähere Einzelheiten weiß die „Frankfurter Zeitung" zu berichten: Danach wurde der Dampfer „Alcor" kurz vor der Ankunft in seinem Bestimmungshafen Kronstadt ungehalten und trotz seines Protestes ver anlaßt, nach Hangözu steuern. Dort wurde er von einem russischen Lotsen — die finnischen Lotsen scheinen sämtlich durch Rusten ersetzt zu sein — quer vor den Hafeneingang gebracht. Russische Offiziere kamen mit Mannschaften, die riesige Dynamit bomben trugen, an Bord und befahlen, das Schiff binnen einer halben Stunde zu räumen. Der Protest des Kapitäns war wirkungslos. Nach Verlauf von hl Stunde erfolgte eine riesige Explosion und der Dampfer verschwand in den Fluten. Die Besatzung und die Passagiere würben auf das Polizerbursau geschafft und sahen schon auf dem Wege dorthin, wie man anfing, die Hafenanlagen niederzureißen. Kräne und Kaimauern wurden in die Luft gesprengt, am anderen Morgen waren nur Trümmerhaufen vorhanden. Das Tollst« aber kommt noch. Nachdem die Be- satzung und die Passagiere des „Alcor" nach Helsing- fors gebracht waren, wurde dem Kapitän, der darauf bestand, ein offizielles Zugeständnis des Neutrali tätsbruches zu erhalten, mitgeteilt, Laß die ganze Zerstörung von Hanaö wie auch die des I „Alcor" auf einem Mißverständnis des « Hangöer Hafenkommandanten beruhe. Der Hafenkommandant toll ein Telegramm aus Petersburg mit der Anfrage erhalten haben, wir lange Zeit er gebrauchen würde, um den Hasen zu blockieren, worauf er im Uebcreifer die gänzliche Zer störung eigenmächtig befahl. Der Admiral äußerte sich vertraulich dahin, daß nach seiner Meinung die Behörden in Hangö vermutlich betrunken gewesen wären. Der Hafenkommandant wurde ver haftet und erhängte sich kurz darauf in seiner Zelle. Gestenreich marschiert. (Zur Veröffentlichung von dem Ober kommando in den Marken zügel ass en.) Von Paul Schweder. (Unber. Nachdr. verb.) 3. L 8. Berlin, 11. August. 2Ras ist's mit Oesterreich? So fragt man den, der in den letzten Tagen die Doppelmonarchie von ihrem südöstlichsten Zipfel aus auf dem Wege durch Ungarn über Wien nach Oderberg durchquert hat, und die bange Frage lautet: Marschiert Oesterreich? Man hat so gut wie gar nichts von den bisherigen Operationen des Bundesgenosten gehört, und die Siegesmeldung von dem Einzug in Belgrad, der irgendeine greifbare Siegesnachrtcht bisher nicht ge folgt ist, lann hier und da die Vermutung wach rufen, als ob Oefterreich-Ungarn gegenüber den deutschen Erfolgen etwas säumig sei. Da ist es angebracht mit aller Entschiedenheit zu betonen, daß dieselben Verhältnisse, die gegenwärtig für das Deutsche Reich Geltung haben, auch für Oesterreiä)-Ungarn maßgebend sind. Man kann nicht gut mit Nachrichten aufwarten, ohne die Absichten der österreichisch-ungarischen Heeresleitung vorzeitig zu entschleiern. Aber das muß denn doch im Inter esse der Heeresleitung sowohl als auch des ge waltigen Kriegsheeres der verbündeten Doppel monarchie mit aller Entschiedenheit betont werden, daß es drüben ebenfalls rüstig voran geht und da); vor allem der Aufmarsch sich mit derselben Exaktheit vollzogen hat wie bei uns. Nur ist zu be denken, daß Oesterreich-Ungarn in Wirklichkeit zwei mal mobil gemacht hat: das erstemal. als es gegen die Serben ging und nur die Reserven einberufen wurden, und das zweitemal, als Deutschland die Kriegserklärung an Rußland ergehen ließ und dem zufolge Oesterreich-Ungarn sich veranlaßt sah, auch noch den gesamten Landsturm aufzurufen, der aber nicht etwa das letzte Aufgebot darstellt, sondern viel mehr unserer Landwehrformation entspricht. Den Verlauf beider Mobilisierungen konnte ich auf der Heimfahrt von Semlin nach Berlin un gestört beobachten. — Soweit man über den groß angelegten Kriegsplan der Oesterreicher überhaupt etwas sagen kann, läuft er im wesentlichen darauf hinaus, nicht etwa in die Mausefalle htnein- zukriechen, die man für die österreichisch-ungarisch« Armee mit russischer Hilfe auf der Linie Kra- gujewatz—Ntsch aufgebaut hat, sondern die serbischen Herrschaften nach Möglichkeit zu umzingeln. Die ersten Anzeichen, daß diese Umzingelung eines ganzen feindlichen Landes vollkommen gelungen ist, machen sich schon jetzt bemerkbar; denn die im Osten an grenzenden Staaten Rumänien, Bulgarien und Griechenland denken natürlich gar nicht daran, den serbischen Nachbar irgendwie zu verproviantieren, und noch mehr Schwierigkeiten werden den Serben von den neuerworbenen Gebieten im Süden be reitet, von wo aus ebenfalls die Zufuhr bereits stockt. Es bleibt also nur noch Montenegro, besten einziger brauchbarer Zufuhrhafen Antivart jedoch inzwischen von Kreuzern der österreichischen Mittelmeerflotte beschossen worden ist, so daß die braven Monte negriner Mühe haben werden, sich selber ausreichend zu verpflegen, zumal da sie ja inzwischen nuch noch mobil gemacht haben. Außerdem beginnt sich im gegenwärtigen Augen- blick auch Albanien zu rühren. Unter diesen Um ständen erscheint es unbillig, schon jetzt irgendwelche entscheidenden Waffentaten von der verbündeten Armee verlangen zu wollen. Selbst gegen einen Ein marsch in Belgrad bestehen zurzeit noch die schwersten Bedenken. Notorisch ist die Stadt längst von allen Einwohnern verlassen, nachdem von der Laudon-SHanze von Semlin her die ersten Schüsse auf die Fe)te abgegeben worden sind. Der Bahnhof und das Zollhaus ist zerstört. Das Post- und Teie- graphenamt ist beim Abzug der serbischen Behörden versiegelt oder unbrauchbar gemacht worden. Gleich zeitig sind die Kaufhäuser und Hotels von den zu rückgebliebenen Komitatschis ausgeplündert worden, während die Bankhäuser ihre festen Bestände in Eisenkisten verpackt und in unterirdischen Gewölben an der Save versteckt haben. Dazu kommt, daß durch die Beschießung seitens der Donaumonitoren auch schon hier und da Feuersbrünste entstanden sind, und wieweit etwa in der Stadt und auf der Feste Minen gelegt sind und sonstige Annehmlichkeiten der Ein ziehenden harren, ist noch ganz ungewiß. Die öster reichisch-ungarischen Truppen würden also ähnliche Lüttich. Wer vom deutschen Grcnzbahnhofc Herbesthal aus westwärts ins belgische Land hinein gen Lüttich fährt, dessen Blick umsaßt eine reizende, hochkulti vierte Landschaft. Grüne Höhen zu beiden Seiten, reich bebaut mit Gemüsefeldern; behäbige Dörfer im Tale, auf den Höhen schmucke Landhäuser, die vom Wohlstand" der Bewohner Zeugnis ablcgen, und überall wohlgepflegte Gärten mit schönem Blumen schmuck. Die Belgier sind tüchtige Landarbeiter und passionierte Gärtner. Das ist die liebliche Land schaft, der zum großen Teile die alten flämischen Meister ihre Motive zu jenen reizvollen Bcrgland- schäften entnähme», die für ihre Gemälde so kenn zeichnend sind. Aber kaum nähert sich die Bahnlinie aus dem reizenden Vcsdre-Tale dem der majcstäti- sck»en Maas, so ändert sich das Bild wie mit einem Zauberschlage. Trüb und dick wird die Luft; grau und bleiern wälzt sich, von Fabrikabwässern ver unreinigt, die Maas; die hübschen Dörfer, die freundlichen Landhäuser verschwinden, Hammer schlag, Fabrikarbeit erdröhnt, und die zum Teil wil den, zum Teil kümmerlichen Gestalten der wallo nischen Arbeiter- und Arbeiterinncnbevölkerung tauchen immer häufiger auf. Wir nähern uns dem alten Lüttich. Und plötzlich zeigt sich dem Auge des Reisenden ein erstaunliches Bild: die Silhouette dieser großartigen, zugleich uralten und ganz modernen Stadt, deren Name jetzt auf den Lippen aller Deut schen schwebt. Kein Städtrbild Belgiens kann sich, was den An blick aus der Ferne betrifft, mit Lüttich messen. Durch die Berge hindurch, die jetzt und zum Teil schon seit alters her, mit Befestigungen gekrönt sind, windet sich die breite Maas und die reißende Ourthe. Am Fuße des Berges der alten, im Norden der Stadt gelegenen Zitadelle, drängen sich dicht die Häuser, die Türme der alten Stadt zusammen, und sie klimmen, immer eng zusammengeschart, den Berg selbst hinan. Das ist die Altstadt, die bis in die 'Neuzeit hinein ein einziges Gewimmel von unregel mäßig geführten, winkligen, düsteren und meist schmutzigen Gassen uitd Straßen war und zum Teil noch ist, daraus die alten Kirchen mächtig empor streben. Die Neuzeit hat hier Lust und Licht ge schaffen. Großartige Boulevards sind in die Altstadt hineingehauen worden; und wer vom Bahnhof aus Lüttich durchwandert, der stößt bald auf diese mo dernen Anlagen, aus den Square und den Boulevard dAvroy, die den Mittelpunkt des modern-eleganten Ledens von Lüttich bilden. Die Maas entlang sind neue, schöne Kais angelegt worden, und das ist die Stätte, wo sich dqs Handels- und Verkehrslcb'u Lüt tichs am lebhaftesten, am amüsantesten entwickelt. Man hat Lüttich manchmal seiner Lage nach mit Paris vergleich wollen, und — soviel muß wahr jein — die Lütticher Maarkai» erinnern wirklich ein wenig an die Seinekais von Paris. Auch hier ent faltet sich ein Geschäftslebcn unter freiem Himmel, besonders auf dem Quai de la Batte sowie auch auf dem weiter nördlich mitten ins Hüusergewirr ein gebetteten alten Markte. Lebensmittel, Bücher, Trödelware aller Art, Hunde, Vögel und Gott weiß was noch alles wird hier feilgeboten; Straßen musikanten geben ihre Stückchen zum Besten, und das ganze lebenslustige Temperament des Wallonen prägt diesem Treiben seinen Stempel auf. Hier, am linken Ufer der Maas, und hier allein, kann man das alte Lüttich finden, das wir uns vorstellcn, wenn wir an die ehrwürdige Geschichte dieser berühmten Stadt denken. Freilich hat Lüttich viel zu viel ge litten, als daß cs noch heule jenen Reichtum an Denkmälern der Baukunst auswciscn könnte^ wie die berühmten belgischen Städte drüben in Flandern. Noch 1791 haben die französischen Ohnehoscn die schöne Lambertskirche am Markte zerstört. Doch kann sich Lüttich noch immer bedeutender Kirck>enbautcn rühmen. St. Jakob ist ein spätgotischer Prachtbau, darin sich die ganze Lust dieses Volksstammes am üppigen Spiele der Formen ausgelassen hat, St. Martin, obwohl gleichzeitig mit der Jakobs kirche nach einem Brande wieder aufgebaut, zeichnet sich im Gegensatz zu ihr durch einfache Strenge und große Verhältnisse aus, und die Kathe drale von St. Paul schließlich ist im Besitze von sel tenen Schätzen, unter denen das kostbare Sühne- gescl)cnk Karls des Kühnen, eine Gruppe von email liertem Kolde, die den reuigen Fürsten, von seinem Heiligen patronisicrt, kniend darstellt, das berühmte Kleinod bildet. Unwillkürlich leulr dies merkwürdige Stück den Blick aus Lüttichs Geschichte zurück. Wohl konnte Karl der Kühne Reue empfinden, da er damals, nach der Eroberung der Stadt im Jahre 1168, ihre ganze Bevölkerung. 10 000 Personen, hatte niedcrmetzeln lasten. Diese Szene wirkt wie ein Symbol der gan zen Geschichte von Lüttich. Es ist eine selten wilde, selten blutige Geschichte. Das Volk, das hier am Ufer der Maas wohnt, ist von je ein unbändiges, irrihcitslrotzigcs Volk gewesen, »nd Lüttichs Ge schichte ist eine Geschichte unaufhörlicher Kämpfe — der Bürger gegen ihren Bischof, gegen die Barone, dann gegen die burgundim-en Herzög', gegen Maxi milian l. und so fort. Dazu ist die Stadt infolge ihrer strategisch so wichtige» Lage immer und immer ivicdcr der Gegenstand harter Kämpfe gewesen Ein brandenburgischer Feldmarschall. Otto von Sparr, hat sie im Jahre 1619 eingenommen: und als Forster, der große deutsche Rciseschriststeller, im Jahre 1790 in Lüttich weilte, da wehte gerade die preußische Fahne über ihre» Mauern: General von Schliessen mit «>OoO Mann hatte damals Stadt und Zitadelle besetzt. Ganz andere Bilder bieten sich, wenn man die Maas überschreitet. In „Outremcuse" ist das neue Lüttich zu finden. Das ist das Viertel der modernen Arbeit, der Fabriken, der Arbeiter. Beruht doch Lüttichs Bedeutung neben seiner Lage vor allen Dingen auf den Stcinkohlcirgrubcn der Umgegend, auf deren alten Erubcngängen die Stadt selbst zum Teil ruht. In einem doppelten Sinn« ist es wahr, wenn Victor Hugo von Lüttich gesagt hat. es ruhe auf Vulkanen, und wenn ein belgischer Schriftsteller es die „glühende Stadt" genannt hat. Glühend ist das Blut und das Temperament des Wallonen, glühend die Arbeit, die hier geleistet wird. Vor allem ist es die altberühmte Waffenerzeugung, die Lüttichs industriellen Ruhm ausmacht. Die Gilde der Lütticher Waffenschmiede war schon im Mittel- alter von unbändigem Stolz erfüllt, und die Ee- wchrerzcugung bildet noch heute einen Ruhm und einen Stolz der alten Maasstadt. Wenige Kilometer südwestlich von Lüttich aber liegt der Flecken Sc- raing, dessen großartige Maschinenbauanstaltcn, ein« Gründung des englischen Emigranten John Cockerill, eine kleine Stadt für sich bilden; und wie der wenige Kilometer südlich hat sich das mächtige Zinkwalzwerk von Anglcut angesiedelt. So stößt Aeltestcs und Modernstes wie im Bilde, so auch in der Arbeit von Lüttich hart aufeinander, und der Eesamteindruck, den man erhält, erinnert in man chem an gewisse Teile unseres rheinisch-westfälische» Jndustriebezirks. Denn auch hier haben die An lagen uno Werkstätten der modernen Arbeit rück sichtslos vielfach die ursprünglick>e Schönheit der Landschaft entstellt, aber zugleich haben sie einen neuen Zug, einen eigenen neuen Reiz in dcks Bild eingesührt: den der gewaltig tätigen, triumphieren- den Menschenkraft und ihrer Werke. Kunst UN- Wissenschaft. Kleists Pritt?, vo» Homburg. „Der Prinz von Homburg", dieses leiden- schaftdurchglühtc und dabei wundervoll zusammcn- gesaßtc Drama des Dichters, der sein deutsches Leid nicht mehr zu tragen vermochte, ist gleich der „Her mannsschlacht" jo recht geschaffen für unsercStimmung. In diesen Zeiten der Not fühlen wir tief in unserm Blut, welchen Hort wir in Kleist besitzen. Und es erging wie in der „Hermannsschlacht". Auch hier erstanden einzelne Züge in ungekanntem Licht und hatten eine Wirkung, die sie in anderer Zeit nicht vermochten. Die Rede des Kcttwitz im fünften Aufzug, die von Earl Huth allerdings auch meisterhaft gesprochen wurde, habe ich noch nie so leuchten gesehen. Aber auch der eigentliche Streit zwischen Gefühl nnd Satzung, zwischen dem nicht zu bändigenden Triebe zum Sieg und der strengen Forderung der Mannes zucht, wie sie eben nur dem deutschen Heere eigen ist, bleibt für un» nicht nur ein Problem. Und vor allem die Lust am Kampf für die heimische Erde schlug wie eine Flamme in unsere Brust. Das lodernde Wort: „In Staub mit allen Feinden Brandenburgs!" löste unendlichen begeisterten Bei fall. Und dann erklang: „Wir treten mit Beten vor Gott den Gerechten"... Die Aufführung, für die besonder» den Herren Mamelok, Winds und Huth sowie den Damen Otto und Schippang gedankt sei, erwies wieder, daß das Theater eben doch etwas ganz anderes sein kann als eine Vergniigungs- oder Unterhaltungs stätte. Jetzt verspricht cs fürwahr wieder ein Tempel unserer Volksseele zu werden. Ur. b. L. " Vortragsabende der Deutschen Bühnengenossen- schast. Das Präsidium der Genossenschaft deutscher Bühnenangehörigcr hat für Berlin die Ver anstaltung von patriotischen Kunstdarbie- tungen beschlossen, die dem Publikum während der Kriegszeiten Trost und Erhebung, dem „Rote n Kreuz" finanzielle Beihilfe und den mit wirkenden Künstlern, deren Existenz durch den Krieg vernichtet wurde, Lebensunterhalt bieten sollen. Die Veranstaltungen sollen im Zirkus, im Theater und in den in allen Stadtteilen und Vororten vorhandenen großen Sälen und Lokalitäten stattfinden. Als Ein heitspreis für den Besuch auf allen Plätzen ist der Betrag von 50 Pfennig, einschließlich Zettel und Garderobe, vorgesehen. Zeit, Ort und Inhalt der ersten Aufführungen wird demnächst bckanntgegeben werden. * Der frühere Hosopernfänger Emil Fischer ist im Alter von 77 Jahren in Hamburg gestorben. Er war einer der bedeutendsten Sänger, besten Ver körperung von Hans Sachs, Sarastro und Wotan in der ganzen Welt Anerkennung und Ruhm erntete. Im Jahre 1885 ging Fischer nach Amerika und feierte dort große Triumphe. Lange Jahre hindurch war er auch Gesanglehrer in New Pork. Er wird in Hamburg beigcsetzt. * Hochschulnachrichten. Aus Kiel wird berichtet: Die r-onia Ic^onsti für Nationalökonomie wurde in der rechts- nnd stautswissenschaitlichen Fakultät der Universität Kiel Dr. iur. et phil. Fritz Karl Mann erteilt. — Für das Fach der Geschichte habiiltierte sich an der Straßburger Universität Dr. phil. Adolf Rein. — Zum Rektor der Universität Bern wurde für das Studienjahr 1914/15 der Pro fessor für Anatomie in der veterinär-medizinischen Fakultät, Dr. med.TheodorOskar Rudeli gewählt. — Prof. Dr. v. Wiese und Kaisetswaldau, der Studiendirektor der Düsseldorfer volkstüm lichen Hochjchulkurse und Lehrer für Volkswirtschaft an der Kominnnalakavemie. hat einen Ruf als Pro- scssor der Ctaatswissenschaften an die Kölner Hochschulen zum 1. April nächsten Jahre» an genommen.
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