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AlAÄft lpo^ A Nachdruck verbot«» 1b. Fortsetzung. Lange währte die Stille. Endlich faßte sich das Mädel wieder. Noch einmal um- schlang sie mit beiden Armen den Hals des Mannes, der ihr zum zweiten Vater geworden war, und drückte einen Kuß auf feine Lippen. „Hoppla, langsam, ich will auch noch etwas abhaben!" Robert stand grinsend im Türrahmen. Im rechten Arm trug er einen mächtigen Blumentopf, während die Linke vorsichtig ein großes Paket durch die Tür balancierte. „Was is hier denn los?" krähte eine zweite Stimme, die aus dem Hintergründe zu kommen schien. Robert lachte hell auf. „Meine Herren, Sie wünschen?" Ganz Dame, hakte Ercte ihren Onkel leicht unter und erwartete mit dem Blick einer yoheitsvollen, siebenmal gekrönten Königin die Huldigungen. Und Robert begann im Tone ehrfürchtiger Unter- würsigkeit, aber mit lachenden Augen: „Wenn die Herrschaften die Dreistigkeit eines unwür digen Untertanen verzeihen wollen, der es wagt, vor das königliche Auge dero Gnaden zu treten, so nehme ich mir die Freiheit, alles Glück und aNen Segen zum heiligen Wiegen fest zu wünschen." Tiefe Verbeugung Der Blumentopf stand fast köpf. Aus dem unheimlichen Paket in der anderen Hand kamen unartikulierte Laute. „Seien Sie versichert, holdes Geburtstagskind, daß mich, trotz meines leeren Magens, der unter Einwirkung der Köstlichkeiten zu revoltieren beginnt, nur der einzige Wunsch hergetrieben hat . . ." „Oller Ouatschkopp!" wurde er unterbrochen, die Stimme kam aus der Papierverschalung. Die drei Zuhörer reckten die Hälse. Robert machte wieder eine Verbeugung, noch tiefer. Seine Linke stieg das sprechende Paket ermahnend aus den Fußboden. „Alter Dussel." Der gute steife Hut, von Opa Vohnsack ausgeliehen, Modell Anno siebzig, und viel zu klein, rutschte ihm dabei aus die Nase, denn er hatte ihn in Ermangelung einer ireicn Hand aus dem Kopse behalten müßen. Wie ein stör rischer Esel versuchte er, ihn zuriickzubugsieren, was dieser aber beharrlich verweigerte. Mit Gretes Würde war es aus. Sie lachte laut auf, und die übrigen stimmten mit ein. Robert ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Wie eine Kuh stapfte er ins Zimmer und blieb, da er die Richtung versehUe, vor Tante Tine stehen. „Schönste aller Frauen!" Tan/e Tine bekam einen roten Kopf und sah verlegen auf Onkel Philipp. Grete biß sich vor Vergnügen in Ihren Finger. Krippen Carsten machte ein sehr vergnügtes Gesicht. „Königin der Nacht, nehmen Sie zum Zeichen meiner lichten Dunkelheit — Verzeihung — Dankbarkeit diese Blume und tragen Sie diese zum Zeichen, daß auch Sie ein wenig Sympathie für mich haben, heute an ihrem Herzen." janle Tine machte ein ganz unglückliches Gesicht. Diese niedliche Ansteckblume hätte selbst einer Riesen dame vom Zirkus Beschwerden verursacht. „Ich wünsche von ganzem Herzen", fuhr Robert kort, „Ihnen ein ganzes Leben lang dieses Zeichen meiner Hoch achtung überreichen zu können." „Dann is hier der Urwald fertig", dröhnte Carstens Baß dazwischen. Abermals Verbeugung. Die riesige Bllltendolde kitzelte dabei Tante Tine heftig «n der Nafe. Der fröhliche Rossini Der geniale Komponist des „Barbier von Sevilla" befaß «inen köstlichen Humor, der ihn auch in den schmierigsten Lagen seines Lebens nicht verließ. Es gingen von dem geistvollen, jovialen Künstler schon bei seinen Lebzeiten eine Anzahl Anek doten um. Als man ihn einmal fragte, welche von den vielen Geschichten, die man von ihm erzähle, wahr seien, antwortete er: „Ich habe soviel erlebt; wie soll ich wißen, was wahr ist und was di« Leute erfunden haben; es wird schon was Wahres dran srin." * Einmal redete ihn irgendein Mensch an; ob er sich seiner nicht mehr erinnere: er habe doch bei einem Bankett, das die Stadt Mailand dem Meister vor Jahren gegeben habe, als offi zieller Vertreter der Stadt zu seiner Rechten gesessen; der Meister habe an diesem Abend so unwahrscheinliche Mengen von Malkaroni-Pasteten gegessen. „Richtig", sagte Rossini, „an die herrlichen Pasteten erinnere ich mich genau. Von Ihnen weiß ich nichts." Rossini liebte nämlich eine gute Küche, war auch selbst ein vorzüglicher Koch; er aß gern gut und womöglich auch reichlich: Als er einst von einer Dame zum Frühstück geladen war und zu Ende dieses zwar guten, aber etwas knapp bemeßenen Mahles die entzückende Hausfrau ihm für die Liebenswürdigkeit seines Besuches dankte und ihm sagte: „Machen Sie mir doch bald wieder die Freude, mit Ihnen zu speisen, lieber Maestro!" Da antwortete Rossini: „Gewiß; ich bin sofort dazu bereit!" Ein unbekannter Musiker bat den Meister, eine Opern komposition von ihm zu prüfen. Rossini tat das und sagte zu dem Kollegen, er finde, daß sehr viel in dieser Opernmustk mit seiner eigenen Oper „Jtaliana in Algeri" Übereinstimme. „Ich schwöre", rief der andere, „ich hab« Ihre Oper nie gehört!" — „Das habe ich auch gar nicht behauptet", antwortete der sreundlich« Komponist, „wir haben eben beide von einem dritten abgeschriebenl" tte In Paris mußte Rossini erleben, wie irgendein unfähiger Opernkapellmeister Mozarts Don Giovanni „mordete". Im Zwischenakt ging Nölstvi zu jenem auj die Bühne und kraate ihn: Aufatmend senkte Robert das Nicsengewächs in Tante Tines Arme und hatte nun endlich Gelegenheit, die Finster nis von seinen Augen zu entsernen. Sein zu einem verbindlichen Lächeln verzogenes Gesicht verwandelte sich im Nu zu einer Grimasse. Mit einem Ruck stülpte er das Zündhütchen wieder auf den Kopf und riß mit einem wütenden Blick der kleinen harmlosen Frau den Blumentopf wieder aus den Händen, die dadurch beinahe ihr mitteleuropäisches Gleichgewicht verloren hätte. „Verzeihung. Das war ein Blindgänger." Tante Tine war ganz verdattert „Sie kriegen von mir morgen einen schönen Kaktus." Da erwachte Taute Tines Trotz. „Zgittegitt. Sie slechter Menlch" Grete aber lachte, daß ihr die Tränen kamen, was Ro bert nun wiederum kränkte. „Wenn du noch lange lachst, bekommst du auch einen." Beide hielten betroffen inne und schielten auf Carsten. Der tat, als habe er nichts gehört. Mit einem stillen, innigen Händedruck überreichte Ro bert den Blumentopf endlich an die richtige Adresse und wollte gerade eine neue Rede vom Stapel laßen, aber Car sten fiel ihm lachend Ins Wort: Nu stoppen Sie aber ab, junger Mann, ich hab' banni gen Hunger." „Sie haben recht, Herr Carsten, mir geht es auch so." „Und das Eßen wird kalt", echote Tante Tine. „Tine, sei still!" Drei strafende Augenpaare trafen Robert Der war aber unschuldig. Und obendrein ehrlich verblüfft. „Das ist mich doch ein bißchen zu stark." Tine Meyers Temperament stieg aus den Siedepunkt. „Oller Ouatschkopp." Tante Tine hätte schwören können, daß Robert diese Flegeleien beging. Sie hatte nämlich einmal etwas von Bauchrednern gehört und hätte ihm am liebsten ein ruuler- gehaucu. Philipp Carsten grinste boshaft. Grete sah mit offenem Munde abwechselnd aus Robert und sein Paket. Der schaltete endlich ein. „Du elender Bösewicht." Damit nahm er das umfangreiche Paket hoch und hielt es den beiden Frauen dicht vor die Stase. „Tas hier ist der Uebeltäter." Die Papierhülle fiel, und zum Vorschein kam ein großer Messingbauer, in dem sich ein buntschillernder Papagei ver gnügt schaukelte und höhnisch meckerte. „Hier, mein liebes Fräulein Grete, überreiche ich Ihnen zum Geschenk meinen beste» Freund und Leidensgenosse». Er ist ein netter Kerl, hört aus den Namen Gustav, ist stubenrein, was bei Tante Tine wohl die Hauptsache ist, frißt mit Vorliebe Apfeltorte und Schlagsahne sowie Bock wurst mit Salat und ist gewohnt, jeden Morgen mit einem liebevollen Kuß geweckt zu werden. Sehr musikverstündig, liebt hübsche junge Mädchen, genau wie ich, und hat auch sonst alle guten Eigenschaften eines besseren möblierten Herrn." „Oller Ouatschkopp." Verächtlich sah der Vogel nur mit einem Auge auf seinen bisherigen Herrn, der ihn auch nur drei Stunden be sessen hatte, denn vordem war er der Liebling einer ganzen Schifssbesatzung gewesen, von der er alles das gelernt hatte, was für ehrenwerte Ohren nicht gerade schmeichelhaft klang. Er drehte ihm den Rücken zu und würdigte seinen großen Kollegen keines Blickes mehr. ..Robert. Sie sind dock ein lieber Kerl. Meinen Herz- sichen Dank." Und «he er es begriff, hatte er einen herz« hasten Kuß weg. Tante Tine war eifersüchtig auf den neuen sich an« bahnenden Familienzuwachs Entrüstet Uber das Benehmen dieser beiden und über die Mißachtung ihrer Kochkunst setzte sie sich einfach refolut an den Tisch und begann geräuschvoll die inzwischen halb kalt gewordene Hühnerbrühe zu schlürfen. „Na endlich!" Aufatmend folgte Carsten ihrem Beispiel. Der allgemeine Ansturm aus die Tafel setzte ein. Robert war für die nächste Viertelstunde unweigerlich taubstumm, aber ein Kenner und Genießer, was Taute Tine lniigjam wieder versöhnlicher stimmte. „Nanu?" Gustav besah sich das Familienidyll. Er war gewohnt, als erster bedient zu werden. Aber keiner kümmerte sich nm sein Recht. Das machte ihn wütend. „Mann über Bord!" schrie er. Er hatte es auf dem Dampfer auch mal gemacht und kannte die Wirknng. Die vier am Tisch blieben aber sitzen und amüsierten sich über ihn. Am meisten Philipp Carsten, der war ganz glücklich Uber seinen neuen Freund. Er steckte ihm gleich eine ganze Hühnerkeule zu. Ein guter Papagei frißt alles. Erst beim Nachtisch fand Robert seine Sprache wieder. „Wie wäre es, Geburtstagskind, wenn wir nächsten Sonntag mal eine kleine Spritztour nach Helgoland machen würden? Ich möchte gern mal bei Windstärke fünfzehn geschaukelt werden." „Die Hälfte würde Ihnen wohl auch schon ganz gut bekommen, außerdem gibt es höchstens Windstärke zwöls", sagte Carsten. „Na schön, Hauptsache ist aber, daß Sie auch mit dabei sind." „Dat Vergnügen können Sie haben. Aber ein bißchen weiter weg. Ich mache morgen noch einmal eine Reise nach Südamerika und brauche grade noch so 'n Quintje für die Kombüse. Da können Sie mitkommen." Robert war einen Augenblick verlegen, aber dann stimmte er scheinbar zu. „Das ist ja herrlich, Onkelchen, das ist ja einfach himm lisch." Begeistert schlug Robert dem alten Herrn aus die Schulter. „Ich habe immer gesagt, Sie sind ein prächtiger alter Herr. Das wäre zu überlegen! Wann soll denn die Reise losgehen?" „Morgen früh, klock sechs." „Ach du Schreck. Eher nicht? — Um diese Zeit gehen anständige Menschen erst ins Bett." „Sie sind wohl Nachtwächter?" „Das gerade nicht, aber sehr solid." „Dat scheint mir auch bald so." „Haben Sie denn schon Ihren Kosfer gepackt?" wandte er sich an Grete. „Wat woll'n Sie denn mit der Teer» ihren Kosfer? Haben Sie denn keinen?" Robert sah erstaunt auf Carsten. ..Selbstverständlich. Aber Fräulein Grete kann doch nicht bloß mit einer Hand« tusche nm die Welt segeln." „Ich hab' ja ok gar nicht gesagt, dat sie mit soll." „Wie bitte? — Nicht mit?" Robert machte ein wenig geistreiches Gesicht. „Nee, mein guter Mann, so wat gibt dat nicht. Wir beide fahren allein los. Die Deern bleibt hier und muß warten." „So? Warten! — Na, dann warte ich auch lieber." „Rix zu wallen. Sie kommen mit und damit basta." „Aber Onkel." Grete wagte erschrocken einen schüch ternen Versuch der Einrede. Aus dem Scherz schien Ernst zu werden. „Du kannst doch nicht einfach ..." „Wat kann ich nich, meine Deern?" Carsten schnitt ihr lachend das Wort ab. „Er muß mit, oder er kommt mir nich wieder ins Haus." „Aber warum denn, Onkel?" Wenigstens den Grund zu diesem eigenartigen Vor haben wollte sie wißen. „Er soll erst mal Mumm in die Knochen kriegen. Wer dich heiraten will, muß ein Mann sein und kein Papp« . kartou." tForttetzling kocht > „Die s)erle der Wskaya" / Die Stadt San Sebastian ist jetzt im Zusammenhang mit den Kämpfen in Spanien wieder in aller Mundo. Früher bannte man sic nur als eines der luxuriösesten und elegantesten See bäder Europas und der Welt. San Sebastian, die stierte der Viskaya. wie dieser Badeort vielfach auch genannt morden ist, blickt erst auf ein halbes Jahr hundert seiner Existenz zurück. Es war vordem ein kleines, völlig unbekanntes Fischerdorf, in das sich kaum semand ver irrte. Dann wurde es mit einem Male von dem Margucse von Salamanca aus dem Nichts heraus in den Mittelpunkt der mon dänen Geselligkeit sowohl ocr spanische» als auch der französi schen Aristokratie gerückt. Dieser Marquese von Salamanca war der Tyu des Groß- spekulaiiten. Er mar es auch, der durch keine Finanzspekulatio nen das Eisenbahnwesen auf der Ibevisckren Halbinsel über ein paar unbedeutende und schlechte Linien hinaus eriveikerte und technisch vervollkommnete. Schon bei diesen Transaktionen hatte der Marquese Millionen auf Millionen verdient. Aber sein Ehrgeiz — vielleicht ivar es auch leine Habgier — ließ ihn nicht ruhen. So kaufte er denn eines Tages der kleinen, armen Gemeinde von San Sebastian kost das gesamte Terrain ab und errichtete auf diesem Hotels. Villen und Badeanlaaen. Alles entstand wie durch einen oelxümen Zauberspruch. Aber die Spekulation des spanischen Granden schlug zunächst „Verzeihen Sie gütigst, von wem ist die Musik, die Sie da dirigieren?" „Aber, Maestro, das Ist doch Mozart!" „Mozart? Sieh mal an, das habe ich gar nicht gemerkt!" «r Der große Mann könnt« sich bei seiner Berühmtheit und Beliebtheit so manche Rücksichtslosigkeit leisten. So traf ihn einmal der König von Portugal in Parts; dieser stand in dem Ruf rin wirklich guter Tellospieler zu sein. Er bat denn auch Rossini, ihm doch eines seiner Werke aus dem Cello vorspielen zu dürfen. Rossini hört sich das Spiel an, und als ihn der König zum Schluß fragte: „Na, wie habe ich das gespielt?", ant- «ortrt, Rossini: ,Hür «inen König ging «st" Mie sich der Ular- cstiese von Salamanca verspekulierte restlos fehl. Trotz aller Reklame und Propaganda für sein See ¬ bad kamen nur ivenig Gäste. Zusammenbruch erfolgce aus Zu sammenbruch. und tatsächlich ist dann der Grünoer und Schöp fer des modernen San Sebastian auch als armer Mann >r«- starben. San Sebastian ist erst später zu dem Ruhm gelangt, der seinem Gründer vorgcschwebt haben mag. und zwar dann, als die Königin Marie-Christine von S cm men, die Mutti-c. des späte ren Königs Alphons XIII., aus irgendeinem Grunde ihren Som- mermisenthalt plötzlich an die baskisckx: Küste verlegte. Die Kö nigin kehrte dann von Jahr zu Jahr zurück. Sie ließ sich an der Küste non Son Sebastian das wundervolle Schloß ..Miramos" bauen, das mehr und mehr zum Zentrum des Lebens und Trei bens der spa»isck>en Hochanstokratic wurde. Der Dicke in der rasenden Drelftm Jin Hanse der Svenska Banken, einem der größten Ge bäude Stockholms, befindet sich eine gewaltige Drehtür, die auf den geringsten Anstoß einen Elektromotor auslöst, der sie eine halbe Drehung vollsiihren läßt. Infolge des Versagen» des Ausschalters, der den Mechanismus zum Stehen zu brin gen hat, wurde vor kurzem ein wohlbeleibter Herr aus Göte borg In die peinliche Lage »ersetzt, über st Minuten lang mit der nicht zum Anhalten z» bringenden Tür im Kreise herum zurasen. Die Geschwindigkeit der Drehung machte ein „Aus steigen während der Fahrt" vollkommen unmöglich. Mau mußte erst den Maschinisten alarmieren, um den Vedäuernswerten au« seinem Karussell zu befreien. 0 Uhr 37 — die Todesmnmte Ein englischer Medlzinalstatistikcr hat 28 500 Todessäil« daraufhin untersucht, zu welcher Tageszeit sie ciugelreten wa ren. Nach seinen Feststellungen tritt der Tod meist zwischen Usck 10 Uhr, seltener nachts ein. Eine Ausnahme macht nur die Zeit zwischen 0 und 1 Uhr, in der sich die Todesfälle wieder häufen, um bei 0 Uhr 37 ihren Gipfelpunkt zu erreichen. Un gefähr um die gleiche Minute erklettert auch die Gcburtenkuroe «In sonst ni« «rreichtes Maximum.