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12,77 Milliarden gezeichnet Der deutsche Heeresbericht Das Wölfische Bureau meldet amtlich: Großes Hauptquartier, 18. April. Westlicher Kriegsschauplatz Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht Auf dem Kampffeld von Arras hat in einzelnen Ab schnitten die Artilleriersrigkeit wieder lebhaft eingesetzt. Im Borfeld unserer Linien beiderseits der Somme spielen sich täglich Gefechte anserer Posten mit Dortruppen -es Gegners ab; das Feuer nahm bei St. Quentin, dessen Kathedrale mehrere Treffer erhielt, zeitweilig zu. Heeresgruppe Deutscher Kronprinz Auf dem Schlachtfeld an der Alsne ruhte gestern vor mittag der Kampf; der Franzose führte seinen Durchbruchs stoß nach de« Mißerfolg des Bortages unter Wirkung der erlittenen Verluste mit den abgekämpften Divisionen nicht fort. Erst in den Abendstunden fehlen Tellangrlffe des Gegners eia. Auf dem Beaulues-RScken, auf den Höhen von Lraonne und nordwestlich des Waldes vo» La Dille aux Bols brache« seine Skurmwellen !« Feuer zusammen oder wurde» l« Rahkampf zurückgeworfeu. Aach bet Le Godat und Courcy am Alsue-Marne- Kanal fiud feindliche Angriffe abgewlesen worden. Die am frühe» Morgen elnfetzende» Angriffe der Fran zose» in der Champagne brache« nach stärkster, seit Tagen bereits gesteigerter Feuerwirkung in et^>a 20 km Brett« vor. Der auch dort vom Feinde erstrebte Durchbruch wurde in unseren Riegelstellungen aufgefangen. 2m Gegenangriff wurden den dort kämpfende» französischen farbigen Divisionen bereits erreichte Waldstücke zwischen MorouviHers und Auderive wleder entrisse« und ihnen an SOO Gefangen« und eine Anzahl vo« Maschinengewehren abgenommen. Bel de» Kämpfen am 18. 4. sind von den vielfach vom Gegner verwendeten Panzerkraftwage» 26 durch unser Feuer zerstört worden. Am gleiche« Tage wurden in Luftkämpfe« und durch Abwehrkanone» 18 feindliche z Flugzeuge abge- schossen. An mehreren Stellen griffen die Flieger durch Bombenabwurf und Maschiaengewehrfeuer in de« Infanterie kampf ein. Die Gefangenenzahl hat sich auf über 3006 erhöht. Heeresgruppe Herzog Albrecht Auf dem Unken Mosel-Ufer und südwestlich von Mülhausen vorübergehend rege FeuertäNgkeik. Nördlich vo« Münster in den Dogesen holten Stoß trupps 10 Gefangene aus den französischen Gräben. Oestttcher Kriegsschauplatz Die Lage ist unverändert. Mazedonische Seoul Westlich von Mona stir warf kraftvoller Angriff unserer Truppe« die Franzose« aus de« Stellungen auf der Le ro en a Stena, die in etwa 1 km Breite bei de» Märzkämpfe» la Feindeshand geblieben waren. Gegenstöße wurden ab- geschlagen, über 200 Gefangene mit «Freren Maschinen- gewehre» und Mlnenwerfer» einbehalten. Der Erste Seneralquartiermeifier. Lnd^ndorff. Pari» in fieberhafter Erwartung des Sieges (r.) Don der Schweizer Grenz«, 18. April. (Draht- bericht «asereS Sonderberichterstatters.) Aach Schwei- zer Blättermeldungen aus Paris erwartete man in der französischen Hauptstadt s^t mehreren Tagen mit fieberhafter Spannung den An griff der Franzosen im Abschnitt von Reims und Lraonne, der den Durchbruch der deutschenFront erzwingen und den end- gültigen Sieg herbeiführen sollte. Man war überzeugt davon, daß da« beispiellose Massenfeuer von 10 Tagen die deutschen Stel lungen zermürben unb einen weiterea ernsthaften Widerstand der Deutschen nicht mehr gestatten dürft«. Die Zeitungen meldeten am Montag am di« Mittagsstunden in Sonderausgaben den Beginn der Offensive, di« angeblich verheißungsvoll begann. Drei groß« Arme«« habe« danach gleichzeitig di« deutsch«« Li«ie« aa-' gegriffen uud im erste« Ansturm eine Front von 15 Kilometer Lüng« und mehreren Kilometer Tiefe gewonnen. Hierbei fielen den Fran- zosen das Dorf Lraonne und ivliO Gefangen« in die Hände. Die Abendderichte stellten den Fortgang der günstig verlaufenden Osfcnfinc fest, Hobe« oder mit auffallendem Aachdru« den erbitterten deutschen Widerstand und di« kaum erwartete große Truppen macht und die Artllleriemafien hervor, di« die Deutschen den Angreifern «-ntgegenwarfea. Spätere offizielle Rachrichten betonten bereits das Einsehen energischer deutscher Gegenangriffe an ver- jchiederren Stellen der Angrifsssront; sie liehen damit durchblich««, dah der bestimmt erhofft« Durchftoh der dentfchen Front auf den ersten Ansturm nicht geglücht war. (r.) Ben der Schweizer Grenze, 18. Aprll. Draht bericht unseres Sonderberichterstatters.) Laut „Zürchcr Post' meldet die „Neue Korrespondenz" aus Paris, daß dieenglisch - französische Offensive sich auch auf den belgischen Ab schnitt bei Dixmuiden ausdehne, wo die Kanonade ständig zunehme. Man sei über die Absichten der Deutschen nicht recht klar. Sie hätten bei Dixmuiden die erste und auch die zweite Licke geräumt, jedoch ihre Batterien noch nicht zurückgezogen. Augen scheinlich bereiten die Deutschen eine Berteidigung in einer weiter rück wärts gelegenen Stellung vor. Das Ergebnis der sechsten Kriegsanleihe rvtb. Berlln, 18, April. (Drahlberlcht.) Das Ergebnis der sechste« Kriegsanleihe beträgt nach den bis heute vorliegenden Meldungen ohne die zum Umtausch angemeldeken älteren Kriegs anleihe« 12 Milliarden 770 Millionen Mark. Kleine Teilanzelgen stehen noch aus. UeberdleS sind die Zeichnungen der Feldtruppen, für die die ZeichnongSfrifi erst im Mal abläuft, «n der Summe nur zum Teil enthalten. Schon seht sieht außer Zweifel, daß durch die Gesamtzeichnungen auf alle sechs Kriegs anleihen die Summe von 60 Milliarden Mark überschritten wird. Was niemand für möglich gehalten hätte, ist eingetroffen. Das Ergebnis der bisher erfolgreichsten dritten Kriegs anleihe ist um 700 Millionen Mark geschlagen. Diese gewaltig Kraftäuherung bringt einen klaren Beweis dafür, wie u« geh rochen auch auf wirtschaftliche« Gebiet Deutschland »ach fast drei Kriegsjahren dastehk. Sie legt zugleich ein glänzendes Zeug nis ab für -le unerschütterliche Entschlossenheit des deutschen Volkes, den Krieg siegreich durchzuführen, und für sein« sichere Zuversicht auf einen vollen Erfolg. Erhöhte KampstätigLett der deutsch bulgarischen Truppen vor Monasttr (r.) Bo« der Schweizer Grenze, 18. April. (Drahi- berichk unseres Sonderberichterstatters.) Die „Nene Zürcher Zeitung' berichttt ans Mailand: Der Balkantorrespoubent des .Lorrier« della Sera' berichtet über «tue erhöhte Kampf tätigkeit der deutsch-bulgarische« Truppen auf dem Frontabschnitt von Monastir. Die Stadt selbst liege, besonder« nachts, fast immer unter feindlichem Artilleriefeuer. Dies ist besondexS bemerkenswert, zumal erst dieser Tag« die Salonikikorrespondeuten der französischen Zeitungen betonten, dl« kürzliche französische Offensiv« in Mazedonien hab« als Haupterfolg den zu buchen, dah die Deutschen und Bulgaren wenigstens so weil znrückgedrängt worden seien, dah eine weitere feindliche Beschießung von Monastir ausge schlossen sei. Die feindliche Offensive ein Verzweiflungsakt? (r.) Frankfurt a. M.» 18. April. (Eig. Drahtbericht.) AuS Bern meldet man der „Frkf. Ztg.': Hiesige über die Lag« der West mächte wohlunterrichtete Kreise sehen in der augenblicklichen e « glisch - französischen Offensive, Ke sonst unter günstigeren Witte- rungSverhältnissen unternommen worben wär«, eine notgedrungene letzte BerzweiflaugSoffenfive uud sind fest davouüber- zevgh dah England und Frankreich den Krieg im jetzigen Mahstab« nur noch zwei bis drei Monate fori sehen können, da bis dahin der Seeverkehr der Westmächte durch den deutschen U-Boot-Krieg in einer Weise gestört sein wirb, die eine energische Fortsetzung des Krieges nicht mehr gestattet. Diese Aasicht wird in Kreisen vertreten, die in schweizerischen Ueberseehäusern zu Hause sind, vielfach französische Häfen besuchea und die dl« Frachtraumnot der Entente aus eigener Kenntnis einznschätzen wisse«. Ganz abge- sehen davou, daß die Frachten nicht mehr erschwinglich Pad, verlangen di« Matrosen, soweit sie überhaupt noch aoSfahrea wolle«, klein« ver möge« für jede Fahrt. Angesichts dieser Lage find deshalb auch die enlentefreundlichen Persönlichkeiten der genannte« Kreise der lieber- zeugung, dah die Westmächte in zwei, drei Monaten selbst de« aller- aotweadigfien Seeverkehr für die Fortführung des Krieges nicht mehr aufrechterhalten können und daher verfache« müssen, durch die jetzige Offensive den Krieg zur Entscheidung zu bringen. Ein aus England zurückgekehrter Berner hat zur Ueberfahrt über den Kanal olle sechs Tage gebraucht. Günstige Friedensausfichten? (r.) VonderSchweizer Grenze, 18. April. (D raht- bericht unseres SonderberichlerstatterS.) Der „Baffer Anzeiger' meidet aus Kopenhagen, die dort statt findenden inoffiziellen Friddensverhandlungen ständen augenblicklich nicht ungünstig. Schwierigkeiten lägen nur in den ganz unerfüllbarenForderungenEnglandS. (r.) Bon der Schweizer Grenze, 18. April. Draht- bericht nuferes Sonderberichterstatters.) Der .Basler Anzeiger" meldet ans Turin: Der Londoner Korrespondent der .Slampa' schreibt ,n dem Widerhall der aus den neutralen Ländern kommenden zahlreichen Friedensgerüchte in England: Selbst die verstocktesten Skep tiker können sich nicht verbergen, dah der Friede früher oder später ebenso nherraschend «intrete, wie der Krieg auSbrach. Graf Tiszas Stellung erschüttert? (r.) Wien, 18. April. (Drahtbericht unseres Sonderderichterstatters.) Das „Rene Wiener Tag- blatt' meldet: Hier verlautet, dah auch die Stellung des ungarischen Ministerpräsidenten unhaltbar ge worden zu fein scheint. Das Wesen der „Neuorientierung" C) Don Männern der Reckten nnd solchen, die durch die Gemeinsamkeit mancher Interessen sich ihnen verbunden fühlen, ist in diesen Tagen mit dem rollenden Pathos sittlicher Entrüstung gefragt worden, ob uns Daheimgebliebenen nicht die Schamröte ins Gesicht stiege? Da verbluteten draußen vor Arras gran- bärttge Familienväter und die kaum mannbare Jugend. Wir aber fänden Zeit, an Waklrechtsänderungen zu tüfteln und über Der- sassungsfragen uns das Hirn zu zergrübeln. Die Entrüstung wird schon echt sein, aber das Pathos ist falsch. Wie denn überhaupt die ganze Fragestellung schief ist. Man mißversteht, möchten wir glauben, den Komplex von Anregungen und Bewegungen, den wir unter dem Schlagwort von der Neuorientierung zusammenzufassen uns gewöhnten, wenn man die Dinge so darstellt, als handle es sich dabei nur um den wohlfeilen Sport von Männern vornehmlich formaler Deranlagung, die, derweil draußen das Haus an allen Ecken brennt, nach Philisterart sich behaglich die Hände rieben und darüber nachsönneits wie sie ihr bißchen persönlicher und par lamentarischer Macht erweitern könnten. Auch solche Leute mag es geben: die Menschen sind nun eben nicht allzumal Engel. Man kenn auch ohne weiteres einräumen, dah von manchen Organen der Linken die Dinge bisweilen auf den Kopf gestülpt und agita torisch, mitunter sogar demagogisch, ausgenutzt worben sind. Des halb ist es doch grundverkehrt, von dem .Pressesturm" zu sprechen, der den Leuten künstlich Empfindungen eingeredet hätte, die in ihnen überhaupt nicht lebten. Das hat auch kein machtlüsterner Parteiführer getgn und schon sicher kein Staatsmanns egst diese Ärk etwa nach Stützen gelangt und sich im Ainl zu halten versucht hätte. Die Bewegung ist überhaupt nicht gemacht worden: sie ist entstanden. Entstanden aus der Natur dieses Krieges, der die demokratischste Einrichtung ist, die je die Welt gesehen Hot. Er wird im allgemeinen und ganz besonders bei uns von einem Volksheer auf denkbar breitester, ganz und gar demokratischer Grundlage geführt, fast schon einem Milizheer. Die Massen schlagen unsere Schlackten, zermürben sich in Stellungskrieg und Grabenkämpfen, schassen in den Munitionsfabriken, und ihre Weiber füllen die Lücken, die in der heimischen Wirtschaft dir Streiter ließen. In der Höllenstein des Trommelfeuers werden sie freilich nicht viel nach Derfasiungsausschüß und Wahlrechtsreform fragen: ganz sicher nickt. Vermutlich haben sic nach diesen drei langen, unsagbar schweren Jahren nur noch einen Gedanken: mach Ende, o Herr, mach Ende. Und gib uns Sieg und Frieden. Darum bleibt es doch Pflicht einer sittlich geführten und auch einer nur klug vorausschauenden Politik, das Vaterland, in das sie noch Mühsal und Todesnot znrückkehren sollen, so einzurichlen. daß sic in ihm sich nicht als Stiefkinder fühlen. Das ist der Urgrund, der gar nickt fortzurückendc und erst recht nicht fortzudiskukierende, oller Neuorientierung. An ihrem Anfang aber steht das Kaiserwork ans den letzten schwülen Juli lagen von 1914: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche. Don links gerichteten Politikern und ihnen nahe stehenden Blättern ist dann hernach in der Richtung manches ver sehen worden. Die riefen, nachdem das Modewort erst einmal ge funden war, unausgesetzt nach der Neuorientierung. Jedesmal, wenn der Kanzler von neuem seinen Willen bekundet hatte, nach dem Kriege dessen Lehren auszunuhen, hörte man die gleiche Klage: Worte, nichts als Worte, nun laßt uns endlich Taten sehen! In Wahrheit hatten auch die Taten längst begonnen. An dem Tage, wo man für die Bahnhofsbuchhandlungen die Sperre der sozialdemokratischen Blätter aufhob, wo man ihnen gestattete, in die Schützengräben zu flattern, sozialdemokratische Stadträte be stätigte und den Polen in der Sprachenfrage enkgegenzukommen anflng, war mit der Neuorientierung auch in der Praxis Ernst ge macht worden. Gewerkschaftsführer sozialdemokratischen Ge präges wurden zu Ratspflegern der Regierung, das Hilfsdienst gesetz war ein weiterer, sogar recht beträchtlicher Schritt auf diesem Wege, und schon vernahm man: das Arbeikskammergeseh würde wieder eingebracht werden, nun würde die Regierung den Arbeitersekretären den Zutritt zu den Kammern nicht mehr ver wehren. Auch die Härten des Koalitionörechtes, das bisher zu einseitig die Arbeitnehmer band, war man im Begriff zu mildern und die Reste des Jesuitengesetzes zu beseitigen. So also stand eS nicht, daß die Regierung sich nur mit Verheißungen und Ver tröstungen auf die Zukunft begnügt hätte. Vieles, was in der Vergangenheit Mißmut und Verstimmung geweckt hatte, ward In aller Stille abgebauk, und wer gerecht ist, wird bekennen müssen: mehr als bei den Parteien war das Wehen eines neuen Geistes — des Geistes von 1914 — zu spüren. Vielleicht hätte sie das mehr unterstreichen sollen. OefterS und lebhafter, als sie zu tun pflegte, darauf Hinweisen können, waS alles von ihr bereits im Dienste der neuen Ideen und der neuen Zett geschah. Cs wäre auch nützlich gewesen, wenn sie bei -er einen oder anderen Aemterbesetzung nickt wieder in den alten Topf gegriffen, nicht wieder nur den nämlichen AnwärterkreiS berücksichtigt hätte. Und ganz besonders günstig hätte es gewirkt, wenn sie, was jeden Tag möglich war, den König von Preußen veranlaßt hätte, durch diese oder jene Berufung ins Herrenhaus frank und frei zu dokumentieren: von nun ab weht ein anderer Wind. Herr von Bethmann hat es vorgezogen, die Neuorien tierung zunächst einmal auf leisen Sohlen marschieren zu lasten. Er wollte, wofür an sich ja mancherjet anzufüyren ist» die Rei-