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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.04.1917
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1917-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19170417012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1917041701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1917041701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlbindung: Seiten 9 und 10 in falscher Reihenfolge gebunden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-04
- Tag 1917-04-17
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Monat
1917-04
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Jahr
1917
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Leipzig und Umgebung Das Sterrevarrfbvingerr füv ^7 tä. Die von uns schort früher mttgetetlt und wie cruS der beson deren Borlage des Rates nochmals zu ersehen ist, sollen in diesem Jahre nur 160 Prozent des Normalsieucrsatzcs erhoben werden statt der im vergangener. Jahre erhobenen 170 Prozent. Für die Einkommen bis 2200 M. bedeutet daä eine Ermäßigung um den 17. Teil, für die Einkommen von mehr als 2200 M. tritt aber eine Erhöhung der Steuern ein infolge der beschlossenen Steuerzuschläge. ES wird die Leser interessieren, wenn wir ihnen berechnen, was sie in diesem Jahre an Staats- und Gemeindeeinkommenstcucr zu zahlen haben. In klammer setzen wir den im Vorjahre gezahlten Vescnntbetrog bei. ES sind zu entrichten: DaS Steueraufbringen 1917 1917 Skaatssteuer Gemeindesteuer Zusammen 1916 400- 500 »F 1, — 1,--^ l 1,- ^) 500— 600 ,, 2, 9,20 „ 5,20 ,, ( 5,40 „ ) 600— 700 ,, 3.- .. IM „ 7M ,, l 8,10 „ ) 700— 800 ,, 4,- ,, 6,40 ,, 10,40 „ i 10,80 „ ) 800— 950 „ 7,— „ NL0 „ 18,20 „ ( 18,90 ,, ) 950—1100 ,, w,— ,, 16,- ,, 26,— „ ( 27,- „ ) 1100-1200 „ IS,— „ 20L0 „ 33B0 „ ( 35,10 „ ) 1250—1400 „ 16,— „ '25F0 „ 41,60 „ ( 43,20 „ ) 1400—1600 „ 20,— „ 32,— „ 52,- „ < ' 54,- „ ) 1600—1900 „ . 26,- „ 41,60 „ 67FiO „ < ' 70,20 „ ) 1900-2200 „ 36,— „ 57,60 ,, 93,60 „ < 97,20 „ ) 2200—2500 „ «50,60 „ 80,96 „ 1S1H6 „ ( ,124,-20 „ ) 2500—2800 „ 61,'N „ 98,56 „ 160,16 „ ( !l51,20 „ ) -2800-3100 „ 7.3,70 „ 117,92 „ 191,62 „ < 180,90 „ ) 3100—3100 „ 85,80 „ 137,28 „ 223P8 „ < 210,60 „ ) 3400—3700 „ 99,— „ 158,40 „ 257,40 „ ( 243,- „ ) 3700—4000 „ 115,50 „ 184,80 „ 300,30 „ < 283;50 „ ) 1000—4300 „ 138,— „ 220,80 „ 358,80 „ (324,- „ ) Die neue Regelung der Steuern bringt es also mit sich, dah bei spielsweise die Einkommen von 1900—2200 M. gegen das Vorjahr 3,60 M. weniger an Steuern zahlen, dagegen die Einkommen von 2200—2500 M. infolge des zchnprozentigen Zuschlages 7,66 M. m e h r, wovon 4,60 M. auf den Staat und 2,76 M. auf dieStadt entfallen. Dns steigt nun immer mehr, und da bei den Einkommen von 4000 M. nn (bis 12 000 M.) ein Zuschlag von 15 Prozent erhoben wird, so be trägt das Mehr schon 34,80 M., wovon 18 M. auf den Staat und 16,80 M. auf die Stadt kommen. Die Zuschläge an sich können übrigens nur als ein Notbehelf bezeichnet werden. An den Grenzen, wo sie einsetzen oder wo sie er höht werden, wirken sie geradezu ungerecht. So zahlt jemand, der '.30 M. monatliches Einkommen hat, jährlich 300 M. Steuern, hat er aber 340 M. monatliches Einkommen, dann 358 M., auf das Mehr einkommen von sechs Monaten hat er also mehr' an Steurn zu ent richten. Dieses Verhältnis kann als kein ideales betrachtet werden. Allerdings finden sich an den Steuergrcnzen immer Ungerechtigkeiten, aber nicht in so weitgehendem Matze, wie sie jetzt durch die Zuschläge bcrvorgcrufcn werden. Sie sind daher auch nur für das Jahr 1917 bewilligt. Sollte sich zeigen, daß die Steuerschraube dauernd mehr angczogen werden mutz, so würde cs dringend wünschenswert sein, die Zuschläge mehr allmählich steigern zu lassen oder für die mittleren und hohen Einkommen einen neuen Skeuerkarif aufzustellen. * Verbotener Aufenthalt Jugendlicher auf öffenMchen Straßen und Plätzen. Am gestrigen Abend ist wahrzunehmen gewesen, daß sich noch nach 9 Uhr abends zahlreiche Schüler in bunten Mützen auf dem KönigSplah und an der Promenade Herumtrieben. Das Pollzeiamt er sucht uns, mitzuteilen, daß die Bekanntmachung vom 16. Mai 1916, wo- nach junge Leute unter 18 Jahren sich nach 9 Uhr abends nicht mehr auf der Straße aufhalten dürfen, noch in Kraft ist. Von heute ad werden alle Burschen nach 9 Uhr abends zur Haft gebracht, polizeilich bestraft und außerdem der Schule angezcigt werden, was auch -en Eltern zur Warnung dienen möge. * Ueber di« Anmeldung zum Landaufenthalt für Stadtkinder scheint noch Unklarheit zu bestehen. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dah sowohl die Landwirte, die zur Aufnahme von Kindern bereit sind, als auch die Kinder, die aufs Land hinaus möchten, dies den ört- lichen Vermittlungsstellen anmelden müssen. Sowohl auf dem Lande als auch in den Städten sind Ortsausschüsse gebildet oder im Ent stehen begriffen. Sofern solche Organisationen noch nicht bestehen, kann die Meldung bei bereits bestehenden Wohlfahrtspflege- und Frauen- vereinen, bei den Ortsbehörden, Pfarrern, Schulleitern oder anderen geeigneten Personen erfolgen, die für die Weitergabe der Gesuch« sorgen werden. Die Anbringung von Meldungen bei der Geschäftsstelle des Landesausschusses .Stadtkinder aufs Land' in Dresden hat dagegen eine unnötige Verzögerung im Gefolge, da der Landesausschuß die ein gehenden Anträge den örtlichen Stellen zur Erledigung überweist. Es sei noch besonders darauf hingewiesen, dah Anträgen von Stadtkindern, soweit sie von diesen selbst bewirkt werden, die schriftliche Zustimmungs- crkiärung der Eltern oder der gesetzlichen Vertreter beigefügt sein muß. * Ei» Pfund Fleisch für die nächste Woche. Ein volles Pfund Fleisch einschließlich Wurst soll in der Woche vom 23. bis 29. April an jede über 6 Jahre alte Person abgegeben werden. Kinder bis ,,u 6 Jahren erhalten r; Pfund Fleisch. Das Fleisch ist, wie üblich, vorher .zu bestellen, und zwar erhalten Erwachsene 200 Gramm Frischfleisch auf die Marken L 1—8 und 50 Gramm Wurst aus die Marken L 9 und 10, außerdem die Frisebsleischzulage zum billigen Preise auf die Marke 915 von der gelblichen Brotkarte Nr. 18,1. Kinder erhalten 125 Gramm Fleisch aus die. Marken T 1—5 und 125 Gramm billige Fleischzulage auf die Maike OK von der gelblichen Brotkarte Nr. 18,1. Die An meldung hat bis zum Mittwoch, den 18. April, abends 6 Uhr, beim Fleischer zu erfolgen. Spätere Bestellungen können nicht berücksichtigt werden. In Gast- und Spcisewirtschaften, den Speiseanstalten oder bei anderen Massenspeisungen gelten die städtischen VorzugSfleischmarken nicht. Die Ausgabe des auf Neichsflcischkarte angemeldctcn Fleisches erfolgt am Mittwoch, den 25., die Ausgabe der billigen Fletschzulagc am Sonnabend, den 28. April. * Margarineausgobe. Auf dir an der Landesfettkarte befindliche Oelmarke mit dem Aufdruck «April 1917' werden 40 Gramm Marga rine zugeteilt. Die Karteninhaber haben die Margarine bis Donners- tag, den 19. April, bei ihrem Margortnekändler an zumelden und in der Zeit vom 21. bis 24. April bei diesem zu entnehmen. Gleichzeitig haben die Inhaber der rosa Margarinekarten, dos sind die von der Stadt mit Margarine zu versorgenden Niislungsbetriebe, auf die Marken ö 1—8 3 150 Gramm Margarine bei ihrem Margarinehändler anzumelden und zu entnehmen. * Butter und Schmalz für die nächste Woche. In der vorliegenden Nummer bringt der Nat der Stadt Leipzig eine Bekanntmachung über die Butter- und Schmalzvertcilung für die Versorgungswoche nom 24. bis 30. April. Auf die Marken 5L, K und 8 der gelblichen Brotkarte mit der Nummer 18,1 und die Besuchsbuttermarken für 24. bis 30. April werden je 50 Gramm Butter oder Schmalz zugeteilt. Den Käufern steht kein Wahlrecht zu, ob sie Butter oder Schmolz nehmen wollen. Auf die Eonderbuttermarken für 24. bis 30. April (Krankenmarken) wird die aufgedruckte Menge Butter zugeteilt. Die Verbraucher (aus genommen Besuchsfremde und Milikärurlauber) haben spätestens bis Sonnabend, den 21. April, ihren Butterbcdarf unter Abgabe der vor genannten Marken bet ihren Butterkleinhändlern zu be stellen. ES empfiehlt sich, daß die Butterklcinhändler ihre Kunden durch einen Anschlag im Schaufenster ihres Geschäfts hierauf aufmerksam machen und besonders zum Ausdruck bringen, daß mit den Marken 5 8, K und 8 der gelblichen Brotkarte mit der Nummer 18,1 die Butter anzumelden ist. Im Monat April ist bei den vier vorgenommenen Butter- und Schmalzverteilungen insgesamt so viel Butter bcreitgestellt worden, daß die Verbraucher, auf den Kopf und Monat berechnet, volle -L Pfund Butter erhalten, wie es die Landesfettkartc vorsieht. Nach dieser sind i m M onat insgesamt Pfund und nicht, wie vielfach irr tümlich angenommen wird, wöchentlich Pfd. Bukker zu verteilen. * Eieroerteilung. Die heutige Ausgabe enthält die Bekanntmachung über die 20. Eierverteilung. Die Verbraucher haben ihren Bedarf mit der hellbraunen Eiermarke 7 oder der grauen Eiermarke mit grüner 7 (von Karte 8) bls Donnerstag, den 19. April, anzumelden. Es empfiehlt sich, daß die Geschäftsinhaber ihre Kunden durch Anschläge im Schau fenster auf die Anmeldefrist aufmerksam machen. Die Entnahme der Eier seitens der Verbraucher in den Geschäften hat in der Zeit vom 24. bis 26. April zu erfolgen. Für schlechte Eier wird nur Ersatz geleistet, wenn sie biS zum 28. April zurückgebracht werden und die Eierschale mit dem Preisstempel vorgelegt wird. Der Preis der Eier beträgt 28 Pf. für das Stück. * KartosfelauSgabe. Auch in der Woche vom 24. bis M. April gelangen wieder 4 Pfund Kartoffeln und an Stelle eines weiteren fünften Pfundes Kartoffeln 140 Gramm Mehl zur Ausgabe. Die Kartoffeln werden auf die Kartofselmarke II 3 gewährt und sind bis Sonnabend, den 21. April, anzumelden. Das Mehl wird in den ein schlägigen Mehlgeschäfken auf die Nübenmarke L 3 ausgcgeben. Die Abgabe und Entnahme darf nicht vor Donnerstag, dem 26. April, er folgen. * Oslermädchen und Fortbildungsschule. Der nationale Frauendienst bittet alle Hausfrauen, die Ostermädchen in ihren Haushalt eingestellt haben, dringend, den jungen Mädchen nicht nur den Besuch der von der Stadt eingerichteten Fortbildungsschule zu gestalten, sondern sie dazu anzohalken. Wenn es auch eine kleine Unbequemlich keit ist, die Mädchen zweimal wöchentlich freizugeben, der Nutzen für die Gesamtheit ist dagegen so groß, daß keine einsichtige Hausfrau vor dem unbedeutenden Opfer zurückschrecken wird, zumal wenn sie es sich recht klar macht, wie unermeßlich wichtig es ist, daß gerade jetzt alles eingesetzt wird, um die Heranwachsende deutsche Jugend zu tüchtigen, brauchbaren Menschen, unsere jungen Mädchen zu Hausfrauen und Müttern in -es Wortes höchster Bedeutung heranzuziehen. Der Unter richt, der nicht nur den Mädchen, sondern auch den Haushaltungen, in denen sie arbeiten, zugute kommt, ist unentgeltlich. Die Anmel dungen sind zwischen 16. und ^9. April, von 4 bis 5 Uhr, in den für die verschiedenen Stadtteile bestimmten Schulen zu bewirken (Leipzig-Nord: GohliS, Elsbethstraße 2, Süd: Hohe Straße 45, Ost: Stephaniplatz 1, West: Weißenfelser Straße 13). Die genaue Straßeneinteilung ist in der amtlichen Bekanntmachung vom 11. April ersichtlich. * Glückliche Gewinner. Bei der gestrigen Ziehung der Kgl. Sächs. LandeSlolterie wurde in der Kollektion George Meyer auf Nr. 22 716 der Gewinn von 200000 M. gezogen. * In der Bethaniengemeinde zu L.-Schleutzig findon die Kriegs- bet stunden nun wieder in der Kirche statt. 3m Stiftshaufe 33s Roman von E. Krickeberg. (Nachdruck verboten.) Frau Marunke stand auf. Die große, starke Frau sah in dem Dämmerlicht des kleinen Raumes aus wie ein Rtesenwcib, hoch, stark und fest. Ihr weißes Gesicht war nun wieder ruhig und in sich gesammelt, und ein Ausdruck stillen Befriedigtseins lag aus ihm. «Kommen Sie, ich werde Sie zu ihr führen.' Und während Sylvestra an ihrer Seite in den sinkenden Abend schritt, hatte sie daS seltsame Empfinden, als ob mit ziel sicherem, unaufhaltsamem Tritt ihr eignes Schicksal neben ihr ginge und sie einen Weg führte, den sie in ihren Träumen schon ost gegangen war, und dessen Ende sich in undurchdringliches Dunkel verlor. Aber sie sorgte sich nicht und bangte nicht, und sie schaute auch nicht zurück. Sicherlich stand sie vor einem ent scheidenden Wendepunkt in ihrem Leben. Sie, die Einsame, die selber mit des Lebens erbärmlichen Nöten zu Kämpfen hakte, wollte sich zur Mutter und Versorgerin eines fremden Kindes machen, dessen Eigenart sie nicht kannte und von dem sie nicht :inmal wußte, ob es ihre Zuneigung gewinnen und ihrer wert sein würde. Aber die Mutter Marunke hatte ihre schützende Hand über die junge Menschenblüte gehalten, und da verdiente sie von vornherein Vertrauen. Tausend Fragen brannten in Sylvestras Seele, doch sie sprach keine aus. ES war etwas Feierliches, Gehobenes in dem Wesen der alten Frau. So schreitet einer, der im Begriff steht, eine Weihegabc auf einem Opferattar niederzulegen. Bevor sie aus dem einsamen Wege auf die Gasse hinaus traten, wo die Leute trotz der Dunkelheit noch vor den Türen saßen und die Nachbarn hinüber und herüber schwatzten, blieb Frau Marunke stehen, und ohne Einleitung sagte sie: «Schon lange, bevor sie starb, hatte sie mir gesagt, sie hätte einen Brief für ihr Kind geschrieben, er läge in ihrem Schreibschrank, und falls ihr etwas Menschliches passieren sollte, verließe sie sich dar auf, daß ich ihn heimlich nehmen und für ihre Tochter bis zu ihrem achtzehnten Jahr oufheben würde, dann sollte ihr daS Ge heimnis ihrer Geburt enthüllt werden.. Der Geheimrat muß auch um das Schriftstück gewußt haben, denn als wir endlich nach sei nem Tode das festverschlossene Zimmer aufbrachen und nach dem Briese suchen konnten, fanden wir den Sekretär schon gewaltsam geöffnet und alles Geschriebene entfernt. Wir konnten nicht wissen, ob er den Brief gefunden hatte oder nicht, aber der Arg wohn, daß er noch in einem Versteck des Möbels liegen könnte, hat uns nie verlassen. Sie hätte uns den Aufbewahrungsort ge zeigt, wenn der Tod nicht ganz plötzlich gekommen wäre. Der Geheimrat war nach der letzten schrecklichen Szene noch nicht aus dem House, als sie in ihrer sinnlosen Verzweiflung das Gift nahm, das sie wohl schon lange für den äußersten Fall bereit hielt. Ihm kam das ebenso unerwartet wie uns. Er hatte bestimmt auf ihre unverwüstliche Lebenslust gebaut und gemeint, wenn er nur erst einmal Ernst machte, würde sie sich in den Verzicht finden. Er hatte nicht mit der Mutterliebe gerechnet. Ich muß es ihm lassen, er hat verzweifelt versucht, sie zu retten, und als es ihm nicht gelang, war er wie ein Irrsinniger. Ihr Tod ist auch der Nagel zu seinem Sarge gewesen." «Hat denn niemand am Ort bei dem so plötzlichen Tod eines jungen, gesunden Menschen Verdacht geschöpft? «Sie galt in der Stadt ja schon lange für nicht ganz richtig, und ich mußte den Glauben noch bestärken, denn wie wollte ich sonst den Leuten das wüste Rasen auf dem Klavier ost die halbe Nacht hindurch erklären? Und ihm als Arzt war eS leicht, den Totenschein auf Gehirnschlag auSzustellen. Er hat die Leiche sofort aus dem Hause schaffen lassen nach einem Ort, wo er sie verbrennen lassen konnte. Danach bat er die Zimmer verschlossen, wie sie waren, den Schlüssel zur Wohnung heimlich unter die Türschwclle geschoben, wo wir ihn nur durch Zufall wiederfanden, und ist Hals über Kopf adaereist. Wahrscheinlich hat er wieder kommen und Ordnung schaffen wollen, aber das war wohl mehr, als er ertragen konnte. Er war ein kranker Mann seitdem, und drei Jahre danach ist er gestorben, ohne seinem Kinde einen ehrlichen Namen gegeben oder für seine Zukunft gesorgt zu haben. Die Angst vor der Schande hat lauter bei ihm geredet als daS Gewissen. DaS Hot er mit der Gründung der Kleinkinderbcwahr- anstalt zu beschwichtigen gewußt.' Sic gingen weiter, beide schweigend, voll Grimm und Trauer. Der Mond war inzwischen aufgegangen. Er stand als blasse, schmale Sichel just im Straßeneinschnitt am Himmel, und hier und da flimmerte ein mattes Sternchen in seiner Nachbarschaft. Die Luft war schwül und schwer von dem süßen Dust der blühen den Linden. .Wie sind Sie zu dem Kinde gekommen?' fragte endlich Sylvestra. .Er hak mir nach ihrem Tode sagen müssen, wo es sich be * Die Ausstellung "vn Gesellens! ichcv. und LebrlinqSarbeiter» im Städtischen Kaushause, die einen sebr re.'.en Besuch zu ue,zeichnen batte, wurde am geistigen Nachmittag e'ne, schlick, n Feier ge schlossen. An Stelle des erkrank.en pcnsst.enüen de > Innluwsaus- schusscS der vereinigten Innungen *'eio.:,!os, Obermeister-, Tbc. l bi in, begrüßte der stellvertretende Vei nstende, Obermeister Collen, dir cischienenen Teilnebmer und besondere d-e Ek'-engäsle. Von den 7öst AusslellungScu betten baden 26 Gesellennücke die Zensur .. niSgezeichnct*. l23 Gesellenstücke und t-8 Lctvlu'g-mrbetten die Zensrn «sebr gnl" er- betten: außerdem sind eine ardßere Anzahl Arbeite» durck Geldprämien in der Gesamlhöhe von 1021 M. cinsgezc» .bner ivoGen. Oer Vorstand des Ausstellungsausschusses sei in diesem Jobre sebr schweren Herzen-, cm die Ausstellung beranc,e»i iinl<„, denn m.rn beb st<b getiugi, ob cs nickt vielleicht besser sei, die oe.fiu au'gcn'ei'deten stttini und Kräfte anderen Aufgaben des Valeiiunöes dienstbe,' zu machen. Aber die Erkenntnis der, erziekerijcke-, Rttrtes der Am-stellung Nir den Nack- wuchs im Handwerk sei sckiic» ich au Icklaoneb. nd tu- die V.-, nnsloltunä gewesen. Trotz aller Hindernilic lnst'e iste Ansü.nuea ihre Amgade voll erfüllt. Line Anzahl Stucke sei ne» areß-r hündwe» Kstcver Liebe angefertigt worden, und sie bätte» sicher belebiend gcmiikl. De> gut« Besuch babe von dem großen Inlecesj» d.-r Leioziger Bürg, cjchast für das Unternehmen Zeugnis geoche,,. ?l -,^ann ermahnte Obermeister Collen die Lehrlinge, d«e nnnmebr ibre ^Krz"-» iven^» neben, zu weiterem Fleiß und wettere» For'bi du>iu. iertwale - 'd steizerte» sich die Ansprüche, die an den Handrverhvr aestttit wurden Ei" sollten deshalb immer aus Vervollkommnung in ihrem Vecufe bedacht sein, damit sie tüchtige Handwerker und Inancknare 'll'tgtteder der merttck lichen Gefellschast werden; dann je» ivn.-i, die Znstvntt sicher. Hnrani wurden die Namen der Gesellen und Lehrlinge, deren' Ausstellungs arbeiten ausgezeichnet worden lind, bekanntaegeben, wormst Ooerm.stier Eöllcn die Ausstellung mit dem Wunsche, den sie ein Ansporn gew'sni sein möge zu weiterem Schassen, für gejchloljeu erklär,e. * Die 37. Generalversammlung de.; Hereins deuischcr Kürschner, E. V^ dem fast alle Inhaber der größeren Firmen Deilstchianes und zum Teil auch aus dem Ausland als Atitglieder anzebören. ; ndei Dienstag, den 17. April abends 8 Ui>r im Großen e^aaic des Zoo logischen Gartens statt. Am .0ci>iwv,h, den 18 und Donnerstag, den 19. April, folgt anschließend narb vorbei,recnngcncr Modenmnbl, w,e all jährlich, die große p e I z in o d e n - R e u h e i i c n a u s st c > 1 u n g. Trotz der Kriegszeit hat das Kurscbiierkmstlgemcrbc fast keinerlei Ab schwäcbung erlitten, während in Paris, Ai.rza, Wien, Peiershnig. Lon don usw. keinerlei pclzinod.iincuh.tten zu ei warten stnd, jo daß auch für Nichtfacbleutc der Besuch d'-ste. Ausstellung sehr empfehlenswert ist. ' Oessentlrckc Handelslehranstatt zu Leipzig, Aus die 6. Kr>.>;>- anleihr sind in 455 Einzelzeicbnungen >>1200 . ll gczeicbne: worden. Pie Zeichnungen auf die ,5. Kriegsanleihe h-ttrugen H^dstst Dl. * Schreiben, Stenographie ,,nd fremde Sprachen. Für strebsame Herren und Damen aller Heilste beginnen berste Dienstag abends 8 Uhr im Verein für Volkswobi, Gemeinnütziger Gejclljcbast für Leipzig und Umgegend, weitere Unterrichtskurse in: Schönschreiben, Stenographie, Englisch, Russisch rind Svanst'cb für Anfänger und Vor geschrittene zu volkstümlich billigen Preisen. Wie aus der beustgcn Anzeige hcrvorgeht, ist die Anmeldung von abends 7 Ubr an in der Löhrstraßc 7, I., erbeten. * Vcrbandsjugendheim Wctlin. hon berste Dienstag ob wird das Verbandsjugendheim Wettin. Kar-linenstrane I I, wieder geöffnet. Die ethnographischen und sremdspracbUchcn Kurse, die wegen Koklenmangels unterbrochen werden mußten, sollen bis zn ihrem Abschluß sortgeseßi werden. Näheres darüber wird noch bekanntgegeben. p. Fremdenverkehr. Nack den beim polizciamt erstatteten .Mel dungen sind in der Zeit vom 8. bis mit 14. Avril 4036 Reichsdeutsche und 146 Reichsausländcr in den hiesigen Gasthäusern abgestiegen. p. Ehepaar ermordet! 2 0 0 0 ll Belob n n n g ! Am Sonntag, den 1. April, abends zwischen 7 und 9 Uhr, sind die Landwirischeleu.c Friedrich Pasch und Berta geb. S ch m a b l aus ihrem Besitztum, dem Titschenhos bei N c w i g e s, durch Schüsse aus zwei verschiedenen Revolvern ermordet worden. Da eia Teil der Behältnisse zwar durch wühlt, aber anscheinend nichts entwendet worden, namentlich aber oie Vorräte an Lebensmitteln und an barem Gclde unberührt ivaren. liegt über des Tat noch, ties.es Dunkei. Anscheinend find die Täter gestört worden. Ein Schubfach eines Kleiderschcankes ist in der Weise erbrochen worden, dah das Schloß mit einem Stcinmeijen be»ausgestemmt ward-r ist. Die Eheleute waren allein aus dem Hose und sind meuchlings er schossen worden. Ein Kamps hat anscheinend nickt stattgcsundcn. Für sachdienliche Mitteilungen, die zur Ermittlung und Ergießung der Täter führen, ist eine Belo b n n n g bis zu ''000 t< ansgesetzl worden, lieber etwa hier gemachte Wahrnehmungen, die Bezug auf den Mord baden können, wird um sofortige Mitteilung an die Kiiminalableilung gebeten. p. Eigentümer gesn-ht! In Verwahrung der Kciminalableilung befinden sich G e I d t ä s ch ch c n, die von Taschendiebstählen berrührei. Die Bestohlenen werden ersneltt, sich zu melden. Vergnügungen Battenberg -Variete. Allabendlich der glänzende Splelplan mil irrna Ofteney an der Spitze und den übrigen hervorragenden Künstlern Palmengarten .-seiil« Lintritt b > Pf., Niiidcr 8- Pf leinlchlichlich siädlischcr Karlen, steuer), Miltiar frei, -stachinillag» -ü. l-Uhr-Tee mit konzcrl vom.'»unstlkr-üiiinleli .-»»red Weide, unler Mitwirkung von ,Zrau euhe Meder-Wol, <.UiNglicd de» Slaüiibeaiei-ii 2lm Biüthner-Flügel: ,Zr>. Ellsadetl) Philipp, öonniag, den 2.'. April, finden zwei Konzen, statt. Aus die vorictihalien Dauerkarten, die bis Dezember IS17 giillig find, jel besonder aufmerksam gemacht. fand. Ick hielt ihn ja in Händen. Wenn ich den Mund anf- gclan hätte, würde er getrost haben auswandcrn können. Es war bei anständigen Leuten in guter Pflege, bis er starb. Du hörten die Zahlungen auf, und seitdem ist es mein. Ich hätte es so gern zu mir genommen, aber das durste ich nichl, um nicht des Dokkors Verdacht zn erregen. Wenn cs eine Strafe für die Friedrichs gibt, dann ist eS die, daß der Bruder dis heutigen Tages nichts vom Vorhandensein dieser Schwester weiß." Sic blieben vor einem kleinen, schmalen Hanse stehen, das sich mit seinen drei Fenstern Front wie verschüchtert zwischen zwei stattlichen Nachbarn zusammenducktc. Im Erdgeschoß be fand sich neben dem Flur nur ein Zimmer nach vorn heraus, die Fenster waren mit Holzläden verschlossen, aus deren herzförmigem Ausschnitt Licht schimmerte. Man hörte ein schülerhaftes Klavierspiel, nnd dazu wurde mit einem Stock der Takt geklopft. Frau Marunke zögerte, einzutrcten. „Vielleicht werden Sie finden, daß das Kind nicht gut unter gebracht ist, aber ich wußte keinen besseren Ort al^bci dem treuesten freunde seiner Mutter. Und ich bin gcwM daß es in ihrem Sinne ist, denn sie hat gewünscht, daß er ihr Kind adoptierte, wenn der eigene Vater ihm seinen Namen verweigere. Es hält sich selber für seine Tochter und glaubt, daß es in früheren Jahren und deshalb bei fremden Leuten gelebt habe, weil es der Vater in seinem unsteten Schauspielerleben nicht bei sich haben konnte." „Und Sie haben für die Kleine gesorgt und ihr Erziehung bestritten? — Was für eine brave, grundgute Frau Sic sind.' „Es gehört keine besondere Gutheit dazu, wenn man Mutter und Kind von Herzen lieb hat.' Sie traten in den stockdunklen Flur des kleinen Houses und tappten auf den Eteinfliesen ein paar Schritte bis zu einer Tür, an der Frau Marunke energisch klopfte, um sie gleich darauf, ohne Antwort abzuwartcn, zu öffnen. Ein tiefes, niedriges Zimmer tat sich auf, das nur notdürftig durch eine an dem alt modischen Tafelinstrument brennende Kerze erhellt wurde. Am Klavier saß, eifrig übend, ein halbwüchsiger Junge, und neben ihm, den unvermeidlichen Taktstok in der Hand, stand dürr und schief zu Sylvestras grenzenlosem Staunen die groteske Gestatt des alten TanzmeisterS oder „KlavierpaukcrS'. (Fortsetzung in der nächsten Morgen-Ausgabe.)
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