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Whe«h«v<sabe Dle Untersuchung -er „Niobe"-Katastrophe SKr« «ewalt - Kein Berstdulden »er Beiatzm« Dee amtliche Veetcht Berlin, 27. Juli. Ueber den Untrrgang des Segelschul- schifseS „Niobe" wird folgendes amtlich mitgeteilt: DaS Segelschulschtsf „Ntobe" passierte am 26. Ault 14 Uhr Uber Backbord liegend beim Winde (Stärke 2 bis 8) Kurs Siidost 5 Seemeilen scharf bas Fehmarn-Belt-Feucrschiss. Der Kom mandant ließ wegen einer Gewitterwolke Uber Felmarn die Obersegel von der Steuerbor-wache bergen. Die Backbord wache hatte währenddessen OffizterSunterrtcht unter Deck. Nach dem Bergen der Obersegel wurde an die Steuerbord wache Oelzeug ausgegeben. ES setzte dann gegen 14,25 Uhr eine stark wachsende Bö «in, in der sich das Schiff hart über legte und dem Ruder nicht mehr folgt«. ES wurde „Beide Wachen klar »um Manöver" besohlen. Das Schiff legt« sich währendbefsen aus die Seite und faul um 14,27 Uhr in kürzester Frist. ES ist anzunehmen, daß der vermißt« Teil der Besatzung mit dem Schiff in die Tiefe gegangen ist. Das Sinken des SchifseS wurde vom Fehmarn-Bell - Feuerschiff und vom Dampfer „Therese Rust" bemerkt, die das Rettungswerk in vorbildlicher Weise durchgestihrt haben. Rach Len bisherige« Meldungen liegen keine An, haltSvunkt« vor, daß Lei der Führung d«S Schisses und de« RellunaSwerk irgend etwas fehlerhaft ge, wes en oder versäumt ist. ES ist vielmehr anzunchmen, daß ausschließlich höhere Gewalt die Veranlassung zur Katastrophe und zu den schweren Verlusten an Menschenleben gewesen ist. Bon der Marine st atton Kiel wird noch mitge- tcilt: Die „Niobe" passierte gestern um 14 Uhr Fehmarn- Bclt-Feuerschifs mit südöstlichem Kurs im Abstand von einer halben Seemeile bet Windstärke 2 bis 8. Da im Süden über Fehmarn Gewitterwolken hochzogen, ließ der Kom mandant die oberen Segel durch eine Wache bergen, während die anderen Wachen unter Deck Unterricht hatten. Nach dem Bergen der oberen Segel setzte plötzlich eine sehr starke Bö ein, in der sich das Schiss in kürzester Zeit ganz auf die Sette legte und in wenigen Minuten sank. Bei dem plötzlich sehr stark llberliegenden Schiff war es dem unter Deck befindlichen Teil der Besatzung nicht mehr möglich, an Deck zu gelangen. Sie müssen mit dem Schiff in die Tiefe gegangen fei«. Die Laucherarbeit hat besonnen Kiel, 27. Juli. Der BergungSbampfer „Simson" ist heute früh an der Unfallstelle im Fchmarn-Velt ein getroffen und hat die Taucherarbeit begonnen. Die Un glücksstätte ist in der Nacht mit Scheinwerfern eingehend, aber leider ohne Erfolg abgesucht morden. Später kam starker Seegang aus. Bei Anbruch des Tages trafen zwei dänische Flugzeuge, ein Küstenrettungsboot aus Gsedser und der dänische Jischeretschutzkreuzer „Island Falk" ein. Bericht eines Geretteten seines sehtgen Führers, des Kapitänleutnants Ruhfuß, legte. Korvettenkapitän Kümpel betonte, baß die „Niobe" in jeder Weise voll seetüchtig gewesen ist. Dem Kapitänleut nant Ruhsuß könne er nur das allerbeste Zeugnis ausstellen. Er sei ein tüchtiger und erfahrener Seeoffizier, in dessen Händen die Leitung des Schisses gut aufgehoben war. Auch die BewachungSosfiziere waren alle längere Zeit an Bord. Es liege bisher auch nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vor, daß sich die Führung des SchifseS irgendwelche Fehler hätte zuschulden kommen lassen. Wie im übrigen die Leitung der Reichsmartne noch mit teilt, wird zunächst das sogenannte Haverieversahren eingeleitet, daneben das gerichtliche TodesermittlungSver- sahren. Bon dem Ausgang dieser Verfahren wird es ab hängen, ob «in kriegsgerichtliches Verfahren gegen den Kom mandanten, Kapitänleutnant Ruhsuß, etngelettet wird, was man aber angesichts der ganzen Sachlage als vollkommen ausgeschlossen zu betrachten hat. Aus Kreisen der ReichSmarinelettung wir- im Zu sammenhang mit der Katastrophe erklärt, baß eine Segel- schulausbtldung des Osfiziersnachmuchses der Reichs marine unbedingt notwendig ist, da die Marine- Offiziere selbstverständlich auch das seemännische Patent für große Fahrt erwerben müßen und dieses Patent nach den Bestimmungen der Handelsmarine von einer SegelschisfS- ausbildung abhängig ist. .... Beileidstelegramm der ReMvrtistdrnten Berlin, 27. Juli. Anläßlich des Unterganges des Segel- schulschisfs „Niobe" hat der Herr Reichspräsident an den Chef der Martneleitung, Admiral Dr, b. c. Raeder, nachstehendes Beileidstelegramm gerichtet: „Zu dem schweren Verlust, der die Marine betroffen hat, sende ich tieferschüttert den Aus druck herzlichster Teilnahme, der in gleicher Weise in warmem Mitempfinden allen Hinterbliebenen gilt. Das Andenken der in treuer Pflichterfüllung im Dienste des Vaterlandes dahingegangenen Kameraden wird stets in hohen Ehren ge halten werden." * Ihr Beileid zum Untergang der „Niobe" haben ferner zum Ausdruck gebracht das preußische Staatsministcrium, die bayrische Staatsregierung, der dänische Verteidigungs minister, der evangelische Oberktrchenrat, -er Oberbürger meister von Kiel und der Norddeutsche Lloyd. Die Dienst gebäude in Hamburg und Kiel haben halbmast geflaggt. DaS Bettet- Sachsens Dresden, 27. Juli. Die sächsische Staatsregic- rung hat an den Reichswehrmintster ein Beileidstelegramm gerichtet und darin gebeten, die Anteilnahme Sachsens den Hinterbliebenen der beim Untergang des Schulschiffes „Niobe" Umgekommenen zu übermitteln. Amtltlde Selber für dir Preußrnwahlea? Schwere Anschuldigungen gegen die frühere Prenßenregiernng Berlin, 27. Juli. Von einer zuverlässigen Stelle erhält der „Lokal-Anzeiger" eine Mitteilung über einen Be schluß des früheren preußischen Staatsmintsteriums, der sich aus die Verwendung von amtlichen Geldern für Wahlzwecke bezieht. Anfang April 1932 habe eine Sitzung des preußischen Staatsmintsteriums stattgefunden, in der der Beschluß gefaßt worden sei, den im preußischen Etat enthaltenen „Fonds zur Bekämpfung des Ve r b r e ch e r t u m s", der mit 260 600 Reichsmark festgesetzt ist, Im Etatsjahr 1932 zu überschreiten, und zwar bis zur Summe von zwei Millionen Reichsmark. Das Eigenartige an dieser Ueberschreitung sei die Bestimmung des preußischen EtatsgesetzeS, wonach dieser Fonds zur Be kämpfung des Verbrechertums als einziger Fonds im ge samten preußischen Etat nicht von der preußischen Ober- rechnungSkammer nachgevrüst wird. Deshalb sei auch in derselben Sitzung des preußischen Staatsmintsteriums der Beschluß gefaßt worden, die auf dem Wege der EtatSüber- schrcitung besorgten zwei Millionen für die preußische Landtagswahl vom 24. April zu verwenden. Man habe in der Sitzung des Staatsministeriums den Schlüssel sestgelegt, nach dem die Summe von zwei Millionen Reichsmark auf die drei preußischen Regie rungsparteien verteilt worben sei. Der „Lokal- Anzeiger" fordert, daß die neue preußische StaatSregterung über diese Angelegenheit sofort eine Untersuchung etnleitct und über alle Einzelheiten der Vefsentlichkeit Mitteilung macht. Wie von zuständiger Stelle mitgeteilt «irb, ist seitens des ReichSkommistars eine eingehende Untersuchung über diese Angelegenheit eingeleitet worden. Das Ergebnis der Untersuchung wird bald der Oessentltchkeit mitgeteilt «erde«. Breuer aus -er Polizeihaft entlassen Berlin, 27. Juli. Der Schriftsteller Robert Breuerist auf Veranlassung des BernehmungsrichterS im Polizei präsidium aus der Haft entlassen worden. Gronau in Kana-a Montreal, 27. Juli. Wolfgang v. Grona« ist mit seinem Dornierwal gestern 29,07 Uhr Ostamerikanischer Zeit (1,07 Uhr MEZ.) bei einem Borort von Montreal ans dem Wasser niedergegangen. v. Gronau erklärte einem Vertreter der Canadian Preß, der Hauptzweck seines Fluges sei die Festlegung einer Flug- postltnic von Europa nach der Pazisikküste Uber Island, Grönland und den amerikanischen Kontinent. Er beabsich tige, in Fortsetzung seines Studiums der hiesigen Flugver- hältuisse am Donnerstag nach Detroit zu fliegen und dann über Chtkago, Milwaukee und Winnipeg nach der P a z t s i k k ü st e. Aus diesen Flug gedenke er zwei Wochen zu verwende». Die Liste der Vermißten Hamburg, 27. Juli. Ein Unteroffizier der Marin«, der einen der Geretteten -er „Niobe" gesprochen hat, machte dem „Hamburger Fremdenblatt" über die Ursachen -es Unglücks folgende Angaben: „Der 1. Offizier sah die Bö, die der „Niobe" zum Verhängnis wurde, herannahen. Er erhob seine Stimme zu dem Kommando „Ruder scharf steuerbord". Kur» nachdem der Offizier das Kommando gegeben hatte, legte sich die „Niobe" schon auf die Seite und innerhalb weniger Minuten «ar sie anf dem MeereS» gründ. Die Ueberlebenüen haben sich dadurch gerettet, daß sie Schwimmwesten und Rettungsgürtel ergriffen oder sich an nmherschwtmmenbe Holzstücke anklammerten. Ver wundet ist nur der Koch, der sich bet dem Unglück durch siebendes Wasser schwer verbrüht hat. Trotzdem hatte der Koch noch die Energie, in« Wasser zu springen und sich durch Schwimmen oben zu halten." DaS Gerücht, daß einige von den UeberleLenden im Fischerboot «ach Laaland gerettet worden seien, scheint sich nicht zu bestätigen. Kapitän Müller von dem Hamburger Dampfer „Therese Ruß" teilt dem Vertreter des WTB. mit: Die Stärke der Bö schätze ich auf 8 bis 9 Gekundenmeter. Die Sicht war getrübt. Mit Hilfe eines Motorboote» gelang es uns, 40 im Master treibende, darunter den Kommandanten, zu retten. Wir haben bann mehrere Stunden an der Unfall stelle gekreuzt, ohne daß es uns gelungen wäre, wettere Schiffbrüchige zu retten. Im Augenblick der Katastrophe müssen nach Ansicht dcö Kapitäns auf der „Niobe" sämtliche Luken geöffnet gewesen sein, so daß das Schiss im Augenblick voll Wasser lies. Das Schiff war voll seetüchtig vrabtmalgnng unnaror SarUnar Sobrlttlaltung Berlin, 27. Juli. Vor Pressevertretern äußerte sich heute der frühere Kommandant des gesunkenen SchulschisfeS „Ntobe", Korvettenkapitän Kümpel, der das Kom- ma.»do über dieses Schulschisf vor zwei Jahre» i» -te Hau- Hamburg, 27. Juli. Die an Bord der „Niobe" in der Ausbildung begriffenen künftigen Kadetten und Unteroffi ziere befanden sich seit dem 1. Juli an Bord, und zwar 45 Unterofsiztersanwärter, 4 Baumetsteranwärter, 9 Sani- tätSanmärter und 16 Seeofsiziersanwärter. Es sind davon u. a. gerettet: 4 UnteroffizierSanwärter und 2 der Sanitäts- ofsizierSanwärter. Vermißt werden: Kapltänleutnant Engel, Siegfried Heinrich» AuS- btldungsossizier, Oberleutnant zur See Schiffer, Wach offizier, Marinestabsarzt Dr. Sander lRichardj, Schiffs arzt, Marineoberzahlmeister Schtrmann. SckifsSzahl- meister, OberbootSmannSmaat Tamm (Fritz), Oberboots mannsmaat Eul sAntonj. Motorengesreiter Grogmann (Adolf), Obermatrosenaefretter Lammert lHansf, Ober- matrosengefretter Küster sKarl), StgnalstabSgefreiter Bebernisz (Otto), Öbersunkgefreiter Kocher (Rudolf), ZimmermannSgefretter Maschkowski (Paul), Obermaat Kretschmer sPaul), OberverwaltungSgast Engels (Walther), Maschinist Kirch» ein (Walther), Ober- hetzergcfretter Sprtck (August), ObersanttätSgast Stock (Otto), -te OberbootSmannSmaate Habermann, Lofs, Moritz und Will, Obersignalgefreiter Müller, die Stgnalgefreiten Kresse, Krauß, van Gemmer, Guerk und Rothe, Obcrsignalgast Saeckel, Matrosen-Obergesretter Schulz, Stgnalgesretter Ient sch, Matrosen-Gefretter Saenger. Matrosen, die künftig Seekadetten «erben «ollen: Andersen sHanS), Guß (Erik), Freygang (Klaus), Geiger (Hellmuth), Gerlach (Karl-Hellmuth), Gruner (Werner), Hofmann (HanS), Hoyer, Krelleuberg (Kurt), Letsewih (HanS-Joachim), Lütge (Karl), Manseck (Günther), Hiscnbach (Erich), Otten (Edwin), Pfeffer (Hellmuth), Pietsch (Georg), I Klötzky, Rudloff (Harald), Schlangenfelbk (Curt), Schmidt (HanS-Günther), Schmidt (Dimitri), l Schrewe (Fritz-Georg), Schulz (Werner), Spetzler , (Richard), v. Tttrcke (Dictor), Vogler (Herbert), Weißmüller (Otto), Lötng (Hans-Georg), Rin au I (Manfred),- Freiwillige der SanitLISossizierSlansbahn der Marin«: v. Albedyhll, Brunk, Dr. med. Gelhaar, Gutjahr, Kruse, Renner, Medizinalpraktikant Heitmann, Zivilangestellter Hamel. Gtn Dresdner unter -en Vermißten Besonders tragisch ist der Untergang des ans Dresden stammenden Oberleutnants Reinhard, »eil sei« Bruder vor 10 Tagen in GreisSwald von Kommunisten ermordet «orden ist. Bon den vermißten Offiziersanwärtern bcS Schulschiffes stammen fünf aus Berlin, von den übrigen aus Westfalen einer, Hannover einer, Schleswig-Holstein zwei, Pommern drei, Hessen-Nassau einer, Bremen einer, Lübeck einer, Grenz mark einer, Rheinland drei, Schlesien einer, Bayern einer, Freistaat Sachsen einer, Thüringen einer, Mecklen burg einer und Ostpreußen zwei. Am Mittwochmorgen gegen 12FV Uhr ist der Kreuzer „Königsberg" mit den 40 Geretteten der „Niobe", die er vom Kreuzer „Köln" übernommen hatte, in den Kieler Hafen eingelausen und ankert vor der Wik. Die Geretteten werben in der Kaserne in der Wik untergebracht. Der Inspekteur des BildungSwesenS ist mit dem Kreuzer her- cingekommen und wirb der Martneleitung Bericht geben. Rach einem Befehl der Martneleitung wird heute die gee kamt« Reichsmarine znr Trane» halbmast flagge».