Volltext Seite (XML)
Berfallender ftmMrr KunftbeM in SreSdrn Gibt es keine Rettung für «»«feie» Knöffler» Meisterwerke? Kapital tn unserer Armut, Kapital für die Gegenwart wie in späteren Zeiten fiir unsere Nachfahren sind die Kunstschäve und die alten Baulichkeiten, an denen Dresden so reich ist. Ja, Dresden ist reich an solchen Kostbarkeiten. Aber — mochte sein Reichtum an derartigen Schätzen noch gröber lein: nie ivitrde sich daraus die Berechtigung verleiten lassen, diesen Reichtum unpfleglich zu behandeln, ihn verkommen zu lassen — wie eS, Gott sei'S geklagt, leider geschieht! Da Hilst kein entrüsteter Hinweis auf die der Bollen bung entaegengehendc Erneuerung des Zwinger». Ab- gesehen von den Einwendungen, die gegen eine solche Art der „Erneuerung' zu erhebe» sind — kann dieses eine un» geschehen machen, dab anderes wertvolles Gut an Denkmälern vergangener Zeiten zugrunde geht, ohne dab ein Finger gerührt würde, um der Vernichtung Einhalt zu tun? Da steht da» Knrländer Palais mit seiner gravitätisch vornehmen Fassade und den prachtvollen Sälen aus der Barockzeit, unbekannte Dresdner Schönheiten. ES steht da als ein verfallender Bau, kaum, dab es vor einigen Jahren dazu gelangt hat, daS Dach neu zu decken. Der Türkenbrun- nen auf dem I tt d e n h o s geht ebenso dem Berfall ent gegen, und es war ein War- nungSzeichen von eindringlichem Ernst, als vor wenigen Wochen ein gewaltiges Stück von einer der Figuren am Turme der Katholischen Hofkirche herunterbrach — Berfall, Vernichtung auch hier — und noch so manches Beispiel wäre an dieser Stelle zu er wähnen. Da gehen u. a. tn nächster Nachbarschaft dcS Zwingers zwei wertvolle Kunstwerke zugrunde, ohne dab sich jemand ihrer er barmte: die beiden köstlichen Felsen« brunnen Gottfried Knüsflers im nordwestlichen Hose des Taschenbergpalats. Werke, die wegen ihres hohen künstlerischen Wertes und wegen der Meisterschaft, mit der sie in die Ecken des HofeS hinein komponiert sind, unsere höchste Bewunderung erregen würden, wenn mir ihnen in Florenz oder Madrid oder wo sonst im Auslands begegneten, die aber unbeachtet schleichendem Verfall erliegen, weil sie „nur" in Dresden stehen. Dab beide Brunnen Werke von KnSsslcrS Meisterhand sind, kann daran nichts ändern — ist doch Gottfried Knöffler ein Beweis, wie auch ein hochwertiger Künstler trotz zahlreicher hinterlassener Werke bei der Nachwelt zuzeiten gänzlich in Vergessenheit geraten kann. Und doch war er unbestritten einer der ersten Meister seiner Zeit, ein Bildhauer, dessen Name in der Kunstgeschichte in einem Atem mit Balthasar Permoser und Lorenzo Mattielli zu nennen ist. Zum Hofbildhauer August ll. wurde er nach MattielliS Tode ernannt, und wie Graf Brühl, so lieben zahl reiche Ebelleute nicht nur aus Sachsen ihm Aufträge über Aufträge zukommen — ihm, als überaus geschätzten, hoch begabten Künstler. So finden sich Werke von ihm in dem berühmten Park von Wörlitz tn Anhalt, tn der Kirche zu Lübbenau in der Mark Brandenburg, in den Schlössern von NöhrSdors, Neschwitz, Stösitz in Sachsen usw. Ende der 1730er Jahre ist Knöffler nach Dresden ge kommen, einige zwanzig Jahre alt. Schüler des berühmten Bildhauers Glume in Berlin war er, und, obwohl Sohn eines armen Schäfers aus einem Dörfchen in der Leipziger Gegend, wurde er der Schwiegersohn seine» Dresdner Meisters, des bockachtbaren HosbtlbhauerS Thomae. und «S spricht sür den Ruf, den er genob, dab er zum Professor ernannt wurde, als 17S4 die Dresdner Kunstakademie ge gründet wurde. In Dresden — auf der Hauptstr. 17, im Hause seine» Schwiegervater» — hat er bis zu seinem Tode 1770 gelebt. Ans dem innere« Re«ftädter Friedhof« ist er beigefestt tn einer Gruft, deren Denkmal er zu seinen Lebzeiten selbst errichtet hat. Stilistisch steht er an der Grenze — besser auf der Grenze »wischen Rokoko und Klassizismus, kunstgeschichtltch vergleichbar dem bekannteren französischen Bildhauer Houdon. Die beiden Brunnen am Taschenbergpalat» sind 17öS entstanden, von Gras Brühl in Auftrag gegeben, al» das Palais grundlegend umgebaut wurde. Gegenstücke sind es, eins tn der linken, eins in der rechten Ecke de» Bor- Hofes, und auch die Putten auf den hohen Pfeilern der Einfriedigung mit dem krästtgen, formschönen Gitter stammen zum Teil von Knöffler, zeigen aber auch schmerz- lich berührende Spuren der Zerstörung. Die Oberschicht tm Hof« de» Laschenbergpalak de» Sandsteins ist an vielen Stellen abgebröckelt, da auf dem Rücken, da am Arm, dort fehlt gar ein Fub- Stärker aber habe« di« Br««ne« gelitten. Das beigegebene Bild des linken Brunnens zeigt nur den grandiosen Aufbau des gesamten Werkes. ES lässt die Schäden nicht erkennen. Einen beklagenswerten Anblick bietet dieser wie der gegenüberliegende Brunnen. Da weisen die Kinder gestalten oben auf den Postamenten starke Beschädigungen aus. Selbst das Mauerwerk der Rückwand zeigt Spuren deS Verfalles und von der Umfassung des Brunnenbeckens unten fehlen grobe Teile, ebensv sind an der Muschel in der Mitte Stücke — anscheinend absichtlich mit Gewalt — loSgebrochen. Das barocke Felsenwcrk zu beiden Setten ist beschädigt, der TrttonSsigur ist die Nase abgeschlagen, die Hand und der Leib weisen Stellen arger Verwitterung ans, vom Schwanz der sischleibigen Meeresgcstalt sind nur noch einige Reste vorhanden. Der Kranich unter der Muschel stellt ein kläg- licheS Bild dar — der Kopf fehlt ihm und eines seiner Beine. Gleiche Schäden auch an dem anderen Brunnen, an dem eine Nereide in angstvoller Abwehr vergeblich versucht, e»n MccrcSnngeheucr vvn sich abzuhalten. ES mag unterbleiben, alle diese Scl-äden auszuzählen, die wohl noch schlimmer sind Felsenbrunnen von Gottfried Rnöffler al» an -em Geaenstück. Hingewieken sei nur darauf, dab hier von den Schlangen recht» und link» nur noch Rest« vor handen sind, und dab am Mauerwerk der Rückwand reckt» und link» lang herunter grobe Risse klassen, ebenso an der Umrandung de» Becken». An beiden Brunnen sind schon bet oberflächlicher Betrachtung Teile zu bemerken, bet denen e» nur eine Frage der Zett ist, wann auch sie abbrechen. Dem Berfall sind dies« Werke einer groben vergangen- hett auSgeliesert, obwohl sie h««t« «och,« r«tt«« wären. Heute noch. Ob auch nur über» Jahr noch, ist nicht zu sagen. Jeder Fachkundige weib, dab die gefährlichsten Schäden an solchen der Witterung ausgesetzten Plastiken äußerlich nicht sichtbar sind. Wer wagt etnzuwenden, es sei kein Gelb da, um etwa» zur Rettung dieser Brunnen zu tun? DaS Taschenbergpalais — bessen Schönheit übrigens auch erheblich vom Zahn der Zett benagt ist — ist staatlicher Besitz. E» werben Mittel auSaegeben für Zwecke, die mehr als fraglich sind. Hier handelt e» sich um Werte, die unersetzlich sind, Werte die die Erhaltung auch aus praktischen Erwägungen heraus ver- bienen. Auf dem Reichtum seiner Kunstdenkmäler beruht Dresden» Ruf. Diesen Ruf zu erhalten — fast möchte man sagen: zurllckzugewlnnen — kann im Interesse der heimischen Wirtschaft nicht genug geschehen. SS ist nur eine Frage der Geschicklichkeit, die Werbewirkung einer solchen Wieder- Herstellung kräftig auSzunützen. Dresden besitzt zahlreiche, sehr ansprechende Werk« von Knvssler» Hand — die reizenden Brunnen auf der Brühlschen Terrasse, im LoselpalaiS, im Harmontegebäude in der LanbhauSstrabe, um nur einige dieser Köstlichkeiten echtester Rokokokunst zu nennen. Al di« Stabt des Barock ist Dresden bekannt. Müßte «s nicht möglich sein, mit einer Wiederherstellung dieser beiden Brunnen die Werke und die Persönlichkeit KnösslerS al» eines spezifischen Dresdner Künstlers tn den Vordergrund Werbung sür DreSde« mit neuen, bisher zu Unrecht vernachlässigten Schön heiten zu rücken? Der ganze Reichtum Dresdens ist längst nicht genügend bekannt, geschweige denn, soweit BerkehrSwerbung in Frage kommt, voll . auSgenützt. Erhaltung seiner Kunstwerke und Kunstwert« bedeutet für Dresden Erhaltung seiner Anziehungskraft auf de» Fremden. l>. N. Na» wist der Ralienale Deutsche Sledlerbund? Im Hotel Stadt Petersburg sprach der Führer des Nationalen Deutschen SiedlerbunbeS, E. Haase, über die Ziele und Wege des Bundes. Siedlung sei nötig, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Deutschlands Ernährung unabhängig vom AuSlande zu machen. Große Moor- und Hetdeflächen harrten noch der Urbarmachung, aber bis jetzt sei man noch nicht energisch an die Kultivierung dieser Ge biete herangegangen. Viel Geld set aber durch unzweck- mäßige Siedlung verwirtschaftet worden. Der Bund will landwirtschaftliche, gärtnerische und Wohnsiedlung tn An- griff nehmen, und zwar auf genossenschaftlichem Wege. Jeder Siedler soll am Aufbau seiner eigenen Siedlungs stelle Mitarbeiten. Zu je 100 oder 2K Mann würden die Siedler zu dieser Arbeit angesetzt werben. Diese Siedlun gen sollten tn bescheidenster Weis« eingerichtet werde«, da mit der Siedler nicht von Anfang an in übermäßiger Welse mit Schulden belastet set. Spätere Ernteerträgntffe könnten bann zur Vergrößerung der Gebäude benutzt werden. Der Absatz der Erzeugnisse soll genossenschaftlich organisiert wer- den. Unterricht über landwirtschaftliche und gärtnerische Fragen soll die Siedler slir ihre Tätigkeit vorberetten. Die Siedlungstätigkeit müsse vor allem auch dem Ziele dienen, der Bedrohung des deutschen Osten- durch Polen entgegen- »»wirken. ' — Borsprachen in WohnungSbanangelegeuheiten. Vom ArbeitS- und Wohlfahrtömtntstertum wird daraut hin gewiesen, daß rin persönliches Borsprechen von Bauwerbern oder anderen Personen in deren Auftrage zwecklos ist. Bau werber haben sich in allen Fällen an die zuständigen Ver- teilungSstellen zu wenden, bet denen auch etwaige schriftliche Anträge zu stellen sind. Die VertetlungSstellen werden er sucht, dies tn geeigneter Weise bekanntzumachen. gläubigen wohl spottend genannt werden. Man kann doch nicht aus Deutschtümelei Anhänger des H. FranciScnS oder Domentcus FranziSkusser und Domenik'mcr nennen, sondern müsse nach dem Lateinischen FranztSkäuer oder Domini- kLner sagen. Es sind in dem deutschen Sprachgebrauch allerhand Fremdworte eingebürgert, weil wir sür diese keine ent- sprechenden Uebersetzungen haben. Sv zum Beispiel daS Wort Regisseur. Regie wird, im Gegensatz zu S6rie, immer mit dem Ton aus i ausgesprochen. ES stammt freilich vom lateinischen rogiinsn, die Leitung. Der Mann führ' im Theater das Regiment, französisch regime. Wir Deutschen sollten also sagen RSgie, nicht aber Reichte. Oder sollen wir ein Zeichen dem g hinzusügen, damit der Leser erkennt, daß eS nicht deutsch ausgesprochen werden darf, denn für das französische g hat unser ABC kein Zeichen. Der Führer der deutschen NcgimSnter heißt Oberst, der Regisseur wäre mit Regierer zu übersetzen. Aber der regiert ja nicht, er führt nur die Regle! Die Sprachwissen schaft sollte nnö darüber belehren, ob es richtig ist, dasselbe Fremdwort einmal lateinisch, bann wieder französisch aus zusprechen, um als Gebildeter tm „Salon' sich halten zu können. Will ich daö einem dummen Jungen erklären, so befragt mich dieser mit dem ärgerlichen „Warum?" „ES ist Sprachgebrauch, allo geheiligt!" In den Zeitungen las ich freundliche Worte über meine Lebensarbeit, man nannte mich darin einen „langjährigen" Professor der Dresdner Hochschule. Ich erinnere mich nicht, baß mir ein Jahr länger gewesen sei als der „Kalender" anordnet. Also scheint mir Absicht der Zeitungsschreiber ge wesen zu sein, die Leser bet Wahren der Höflichkeit davon zu unterrichten, baß den Studenten die Jahre, tn denen sie bet mir hörten, länger erschienen seien, als sie tatsächlich waren. Dann hätten sie doch klarer sich anSgedriickt, wenn sie mich «inen langweiligen Professor genannt hätten. Aus die An frage im Deutschen Sprachverein wurde mir mttgcteilt, lang, jährig sei Sprachgebrauch für vieliährig. Aber der Spraci>gebrauch ist selten einheitlich. Da tauchen allerhand Worte vor mir ans, die in verschiedenen deutschen LandcSteilen verschieden ausgesprochen werden. Die Maler SüddentschlandS schaffen die Köpte eines alten Bildes, die in Norddcutschland eine Kopie, hier heißt eS Mosaik, dort Mosaik, Tunnel ober TunnSl und anderes mehr. SS klänge doch recht sonderbar, wenn ich erzählen wollte, „der kleine August ist im August geboren", obgleich beide Worte doch demselben Stamme angehören. Mir machen die Engländer Spaß, die von ihrer Reise durch Italien und Deutschland erzählen, die Reize von p.mmelfei sÄmalsN und Bätscherätsch fBächarach! rühmen. Wie heißt der große Wasserfall tn den Bereinigten Staaten: Neiägerä oder Niagara? Ist da» da» klüger« Volk, bas die Worte nach seiner Aussprache um bildet, oder das der fremden folgt? Heißt sür uns die Hauptstadt von Frankreich Pari oder Parts, die von Sachsen DreSde oder Dresden, die von Oesterreich Vienne oder nächstjährige natürlich bat bat. Wahrscheinlich meckerten aber die Schaf« damals schon bäh bäh. Sollten wir das alte griechische ai überall ander» aussprechen? Da» afrikanische Land heißt /Vigxptos, die Lateiner sprachen ArgyptuS aus. also das si als ae. Dort war es männlich, tn Rom weiblich, tm Deutschen ist eS meine» Wissens sächlich. Wer rettet mich vor Un- btldung? Mein Bruder, Archäologe svon arctialos, alt, aber auch altväterisch, überaltet, bämltchf, Professor an einer Uni versität Lateinisch univoi-sita»!, verschaffte sich die Erlaub nis, tn einem athenischen Gymnasium dem Unterricht bei zuwohnen. DaS Gymnasium ist auch dort nicht mehr eine Lehrstätte vorzüglich der Gymnastik. DaS Wort stammt von gvmnös, nackt, weist also auf «inen Ort der so modernen „Nacktkultur". Ich habe noch nie einen deutschen Gymnasial lehrer nackt gesehen, habe auch keinerlei Sehnsucht danach. Auch waren tn Athen Lehrer wie Schüler „sittlich" gekleidet. Mein Bruder wollte griechischen Knaben zeigen, wie der deutsche Gelehrt« griechische Wort« ausspreche, und trug ihnen eine Stelle aus der JltaS vor. Diese antworteten mit schallendem Gelächter. Was ist der langen Ausführungen kurzer Sinn? Ihr Philologen und Germanisten, lehrt uns, wie wir die Fremd wort«, die unvermeidlich sind, auSfprechen sollen, „kon- seaucnt", um mich eines heute sehr beliebten Ausdrucks zu bedienen. Also nach des wackeren PartenschmibtS Buch: folgerichtig, beharrlich, stetig, ztelbewußt, standhaft. Ich bitte, dab die für uns auszustellenden Sprachgcsetze „ratio nell" beschossen sein möge». Ferilich übersetze ich das Wort anders als üblich, nämlich tm Sinne der Verfassung der Ver einigten Staaten von Amerika, bi« fordert, baß ein Gesetz reasonadls set. Kommt der höchste Gerichtshof zu der An sicht, daß bas nicht der Fall ist, so kann er «S sür ungültig erklären. DaS französische Wort raison kommt von ratio, der Verstand. Ich fürchte den Vorwurf, baß ich bloß zu ratsonnieren die Absicht habe, also meinen Verstand mäkelnd Uber den anderer zu setzen versuche. In Wien nennt man das raunzen. Da» Wort gefällt mir besser. Als Raunzer übersetze ich rationell wie roaganodio mit verständig und ver ständlich, da bei un» gelegentlich Besehe gegeben werden, die leider so wenig da» «ine wie das andere sind. E» wäre mit hin die Forderung berechtigt, baß die Gesetzgebung sich nach meinem Vorschlag verhalte, wenigsten» die deutsche. Mir klopft daS Herz, indem ich dies nieberfchretbe: Ist «» verständig, rationell, wenn ich mich tn diese Frag« mische, ich, «tn Dilettant tn diesen Dingen. Aber da» Wort stammt vom lateinischen ckolsotaro, da» mein Wörterbuch mit „er götzen" übersetzt. Mir macht di« Lache eben Svaß, und ich würde mich nicht entrüsten, wenn andere mich deshalb ver höhnen, ich werde sie a"ck nickt Pedanten nennen, denn ich weib nicht, wa» da« heißt, pocka bedeutet aus den Füßen stehen, pscko» sind die Füße! Angeblich bedeutet Pedant einen Mann von nur einem Fuß Höhe. Einen solchen gtbt'S ja gar nichts Wien, die von Preußen Bcrläng oder Berlin? Soll ich mit einem Italiener über die Schönheiten der Städte von Mai land oder Milano, Venedig oder Venetta sprechen? Wie soll ich mich dazu verhalten, daß ArraS vlämisch Atrecht heißt, Lüttich Ltöge, vlämisch Lnik, Antwerpen französisch AnverS. ES ist sehr erfreulich, dab wir in Deutschland Räume haben, die wir Büro und nicht mehr Bnreau schreiben. Welche Not muß ein französischer Schulmeister haben, den Kindern zu erklären, baß das Zusammenschen eines e mit einem a und einem u ein o ergeben. Was das Wort etgent- lich besag», ist Gegenstand wissenschaftlicher Forschung ge worben. Angeblich stammt eö aus dem Italienischen, wo tmrra ein grobes Wollentuch heißt. Also wäre das Büro der Ort des „grünen Tisches", wie wir Deutsche sagen, nicht eine Schreibstube. Tun wir recht, den Franzosen zu gehorchen, die das Wort Borda tn seiner Endsilbe mit einem lächer lichen Aufwand von Buchstaben auSstattcn: Bordeaux? Die englischen Buchstaben th heißen tt ätsch, werben aber als ein sanftes S gesprochen. Welche Schwierigkeit sür den kleinen Schüler! Eine amerikanische Lehrerin, die deutsche Getsteögeschtchte aus einem englischen Buch erlernt hatte, sand, dab der größte deutsche Theologe, Dichter und Musiker das th in ihrem Namen haben. So sprach sie Löser, Goisi und Besoffen au» «Luther, Goethe, Beethovens. In Deutschland höre ich den einen von Musikern sprechen, den andern von Musikern. Unterscheidet man den, der mit den Musen zu tun hat, von dem, der eine Kunst betreibt, die nach Wilhelm Bujch mit Geräusch verbunden ist? Man erzählt mir von Leuten, die sich Techniker nennen. Sollten sie im Zeitalter de» Steges der Technik über die Kunst den Namen der griechischen Göttin des Sieges, der Nike, dem Worte sür Kunst, lScsirmo, anzufttgen sür richtig halten? Ist all das nicht eine Beleidigung Deutschlands, ein Grund, sich an den Völkerbund zu wenden, damit endlich Einheit in der Welt geschaffen werde, Wir können sicher sein, dab der Bund sich nicht übereilen wirb. Er kann ja die Frage — wie andere — alljährlich aus die nächstjährige Tagesordnung verschieben. Ich schreibe das Parthenon, obgleich der Grieche der Parthenon sagt, da partdonon ursprünglich „der Jung frauen" bedeutet, und baß das männliche Wort cstlcos, Haus, zu ergänzen ist, dab der Bau also „Haus der Jungfrauen" heisst. Aber das Wort Haus hat im Deutschen sächliches Ge schlecht — dasür kann ich nichts! Die Bezeichnung sür Jung- sran ist tn bemerkenswerter Einmütigkeit in allen Sprachen weiblich. Mein Enkel ist Schüler einer Quarta, hat also Anspruch aus die BerufSbezeichnuug Quartaner. AIS ich da» Wort Cicero aussprach, belehrte er mich, daß der alt« Herr jetzt Kikero heiße, man sage doch auch Konsul, nicht Zonsul. Ein griechischer Bukoliker, also Schilderte ländlichen Leben», läßt die Lämmer dal dal rufen, wir lesen das