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vtrn-tao,». Februar 1922 kl. GegrLrwet 18S6 »ruck «. Pett-sr Llepl-b ck NelAaitzt, »retden. Postscheck, »to. t0«6 Dre-de» Nachdruck nur mtt deull.Quell enonoab« lDre-dn. Nache.» iulilll». Unvettangl« LchrlllstLcke werden nlchl aulbewadtt »e-chirnilchnsti N-chttiVni Dresden' gernlvrecher-kammelnummer! Iditl Nur tür Nacht«elvrich«! N,. rovll kchrllllellun, ». H,n»Ige,chilt«Ae0«! Dnsde»-«. t, Marleallrai« «/I» PqiiMebLb« b«t Ugllch »weimallaer Zustellung monalttch ».»0 MI. lelnlchlleßllch Ist Os«, ftr Dräger- lohn», durch Posttejug »,«0 «I. etnlchliekltch »« Big. Postgebühr lohne Postjustellungsgebühr) tri 7 mal wbcheniltchem Perlon», «ngeluummer Ist Plg., auherhalb Sachlen« l» Vlg. «njelgenprelle. Dl« «dilpotttge »0 mm öreil« Zelle 1'- Plg., sür auswürt« 40 Plg., dlr SO mm hielte Neklame-elle »00 PI,., «uherhow »60 Plg. ,b>. strllcnauichlag lt. Dar», Familien»»,eigen und Stellengeluche ohne Rabatt 16 Plg., außerhalb »5 Plg. Qlleriengebsthr »n Big. «U«w6rtlge Nuliräge gegen Porarttbeiahlung. Die Kandidaten der nativnalen Svvoiltion Duefterberg für Deutfchnationale und Stahlhelm, Hitler für -le Nationalsozialisten Vrünino Mische« »en Fronten Wenn jetzt nach längerer Pause der Reichstag sür zu» nächst vier Tage zusammentritt, bann geht es um mehr als «m einige sachliche Gegenstände der Tagesordnung: Bestäti gung des Termins der NeichSpräsidentenmahl, Erörterungen um GroenerS neue Bestimmungen für die Rekrutierung der Reichswehr oder um den Biersteuerkonfltkt. ES geht auch nicht nur um die Annahme ober Ablehnung eines Mist- IrauenSvotumS gegen die Reichsregierung. Das ist, ebenso wie die ReichSpräsidentensrage, die namentlich durch die Erörterungen auf der rechten Seite die Blicke der Allgemein heit auf sich gezogen hat, nur ein Teil der groben innerpolitischen Fragen, vor deren Lösung wir in den nächsten Monaten unausweichlich gestellt werden. Aenßerlich gesehen, hängt natürlich das Schicksal der Negie- rnng wiederum von einigen Gruppen der rechten Mitte ab. Die Deutsche BolkSpartet wird, wie ihr Vorsitzender in der letzten Zeit wiederholt betont hat, für die Annahme der Mißtrauensanträge stimmen. Aber das genügt genau so wenig, wie bet der letzten ReichStagSabstimmung. Entschet- bend sür das parlamentarische Schicksal Brünings wirb di« WtrtschaftSpartet sein. Ursprünglich haben die Führer dieser Partei erklärt, die BewährungSfrist der Regierung sei bis zur Aebruartagung abgelausen und die Partei werde dann in di« Opposition gehen. Unterdessen haben sich die Versprechungen, hie man der Partei hinsicht lich einer mitielstandSfreundltchrn Politik gab, keineswegs erfüllt. Di« Erhöhung der Umsatzsteuer war ein schwerer Schlag, besonders für Gewerbe und Handel. Die erhosste Belebung der Wirtschaft durch die Dezembernotverordnung Ist auSgebltrben. Ja, die Ausfuhr ist infolge der Abschnü- rungSpolittk der übrigen Welt außerordentlich tief gesunken. Obendrein hat die Regier««« die Durchbrechung der Han- belSverträgc durch das Ausland mit einem völlig unver ständlichen Gleichmut htngenommen. Die wirtschaftliche Be währungsfrist hat die Regierung also keineswegs zu nützen verstanden. Auch die ReichStagSfraktton der Wirtschafts partei hat das zu fühlen bekommen. Ihr Verhalten bei der letzten Abstimmung hat zu ernsten Auseinandersetzungen Innerhalb der Partei geführt. Nun hat -war Brüning der Partei erneut «ine Brücke gebaut und ihr die Senkung der vierstener in Aussicht gestellt, aber die Frage bleibt bestehen, welche AuSgleichSmabnahmcn der Reichskanzler bereit halte» wird. Der Zustand der RetchSsinanzen ist ja trotz Einsatzes der letzten Steuerreserven äußerst gefährdet, und »S ist nichts gewonnen, wenn der Reichskanzler, um mtttelstänb- lertsche Stimmen zu gewinnen, die Senkung einer wtrt- schaftSseinblichen Steuer verspricht und im Enbessekt dafür eine andere wtrtschastSfeindliche Maßnahme zur Durchfüh rung bringt. All das wird man sich in der Wirtschaftspartei ebenfalls vor Augen halten müssen. Da» parlamentarische Schicksal der Negierung steht also erneut ans des Messers Schneide. Brüning wirb zu seiner Rettung hinter den Kulissen wieder alle Minen seiner Verhandlungs kunst springen lassen müssen. Aber der Reichskanzler wird sich die Frage vorlegen Müssen, wie lange er diese Valancterübungen über dem parlamentarischen Abgrund noch burchstthren kann. Wenn nur einige wenige Stimmen über sein Schicksal entscheiden, bann kann jedes unvorhergesehene Ereignis ihn stürzen. Gelingt es ihm, die Februartagung des Reichstages zu über- stehen, bann steht bereits als neue Drohung die Aprtltagung des Reichstags vor ihm. Brüning hat die Gelegenheit ver- säumt, zurückzutreten, al» es sich um bi« Volks wähl Hindenburgs handelte. Hätte er damals seinen Posten grräumt, um die einmütig« Wiederwahl Hindenburgs zu sichern, bann wäre nicht für die Rechte der Weg zu Hin denburg frei geworden, er hätte auch der Entwickelung Raum gegeben, die die Bildung einer Regierung auf breiter nationaler Grundlage immer zwingender erheischt. Brtt- ntng glaubt, er habe alles getan, weil er dem Reichspräsi denten zweimal seinen Rücktritt angeboten hat. Naturgemäß konnte der Reichspräsident ein Opfer, das man seiner Kan didatur barbrtngen wollte, nicht annehmen. Da» mußt« auch der Reichskanzler wißen. Er hätte hier au» eigenem Entschluß und eigener Verantwortung, di« ihm ja für sein« RegierungStaten der Reichspräsident ebenfalls nicht ab nehmen kann, handeln müssen. Daß man selbst in den dem Reichskanzler nahestehenden Kreisen «ine Verbreiterung der ReichSregierung nach recht» angesichts der außenpolitischen Isolierung, bei der un» sogar die Initiative in der Trtbutpolitik entglitten ist, und an gesichts der starren Fronten im Inneren sür bringend not wendig hält, zeigt die Rede des bekannten ZentrumSabgeorb- neten v. Papen vor der rheinischen Bauernschaft. Er sagt mit ganz präzisen Sätzen, daß e» Ausgabe de» führenden deutschen Staatsmannes sein müßte, um die Gesahr de« Bürgerkrieg» und de» Untergang» im Bolschewismus zu beseiitgen, um den Kampf nm Hinbenvura zu vermeiden, die staatsausbauenden Qualitäten ber großen geistigen Be- »vegung der Rechten konstruktiv sür «in« Verbretterung der RegterungSsront nach recht» einzusetze». verll«, rr. Februar. Wie «lr erfahre«, werden dieDeutschnatioualevolkS» partet «nd der Stahlhelm im ersten Wahlgang sür die ReichSprästdentenwahl den zweiten Bundessührer des Stahlhelms, Oberstleutnant Duefterberg, ausstellen. Dieser Entschluß geht aus die Nachrichten znrück, wonach die NSDAP, die Kandidatur Hitler herauSbringen wird. In Kreisen der Deutschnationalen Bolkspartei wird betont, daß man auch «eiter an dem Gedanken der Harzburger Front sefthalte «nd hosse, im zweiten Wahlgang zu einer Ein- heitskanbibatur zu gelangen. Di« Ausstellung ber Kandidatur Duefterberg hat den Zweck, neben der Kandidatur Hitler alle Stimmen zu ersassen, di« ans der Snßersten Rechten auszu bringen find. — Die Deutschnationaleu «nd der Stahlhelm haben sich zum „Schwarzwetß- roten Wahlblock" z«samm«ngeschlosien. Hierzu erfahren wir von unserer Berliner Schrift leitung: Am Montagnachmlttag sanden mehrstündige Verhandlungen zwischen dem Führer ber Deutschnatlonalen. Dr. H« gen berg, und dem in Berlin eingetrossencn BundeSfUhrer des Stahlhelms über die NeichSpräsidenten- frage statt. Diese Besprechungen befaßten sich in erster Linie mit ber Aufstellung der Kandidatur Duefterberg, nachdem Klarheit bestand, daß Hitler für die Nationalsozialisten unter allen Umständcn zu kandidieren gedenkt. SeebdklS gibt SttlerS Kandidatur bekannt Berlin, 2S. Febr. In einer Generalmit» gliederoersammlung des GaueS Rerli« der NSDAP^ di« am Montagabend im überfüllten Sport palast ftattsaud, teilt« der Berliner Gauleiter, Reichstags» abgeordneter Dr. Goebbels, unter minutenlangen stür misch«« Heilrusen den Anwesende« mit, »aß Aböls Hitler als Kandidat für di« ReichSprästdentenwahl anfgeftellt wird. Er erklärte u. a: „Wir wollen als Präsidenten eine« Führer, einen Mann, der aus dem Volke hervorgegangen ist, der mit uns kämpft und führt, der mit unö leidet und empfindet. Wir wollen einen Präsidenten, von dem jeder deutsche Mann und jede deutsche Fran sagt: Dem Manu möchte ich die Hand drücken, weil ich weiß, daß in seiner Hand derselbe Pulsschlag schlägt wie der meine. Als vor vier Wochen zum ersten Mal in diesem Saale diese Krage auf geworfen wurde, da standen spontan >5 000 Menschen aus und jubelten dem Namen unseres Führers zu. Ich selbst saß damals zitternden Herzens daneben und durste nichts sagen. Vielleicht war das gut so, denn ich glaube, ich hätte nicht die Kraft gesunden, das, was bereits beschlossen war. Ihnen in Ihrem Ueberschwang zu verschweigen. Heute, Parteigenossen, bin ich vielleicht der erste Glückliche, der Ihnen sagen darf: Hitler wirb unser Reichspräsident! Ich ivelß wohl, daß Ihr mich versteht, wenn ich sage: „Hitler wird unser Reichspräsident" und nicht vorausschtcke: Unser Kan didat. Denn wenn ich sage, er wird unier Kandidat, dann weiß ich auch, daß er unser Reichspräsident wird. Hitler selbst war in ber Versammlung nichtanwesend. Dar Mgwmm »es RlMtms eingeleitet werden, in der er lediglich den Termin für die ReichSprästdentenwahl begründen wird. Daran schließt sich sofort die politische Aussprache. Von der Bay rischen Volkspartei wurde noch der Antrag gestellt^ der Aeltestenrat möge bei der ReichSregierung anregcn, auch über die Ostcrzeit einen Burgfrieden ähnlich wie zur Weihnachtszeit eintreten zu lassen. Abg Dr. Ober fohren sD.-N.j machte darauf aufmerksam, daß schon aus formellen Gründen es unmöglich sei, den Aeltestenrat mit derartigen Angelegenheiten zu besaßen. Außerdem sei es durchaus möglich, daß dieser Burgfriede in die Agt- tattonszett für den zweiten Wahlgang zur ReichSprästdentenivahl fallen würde. Bereits am Montagnachmittag hielten einige Fraktionen Sitzungen ab um sich mit ber politischen Lage zu befaßen. Die Fraktion der Dentschen Volkspartei beschloß, einen MißtrauenSantrag gegen das Gesamtkabinett einzubringen «nd bei der Abstimmung Fraktions zwang anSzuvben. Die Deutsche VolkSpartei wird Ihren Antrag mit einer be sonderen Erklärung verbinden, in der die selbständige oppo sitionelle Stellung der Partei hcrvorgehoben wir». Im FraktionSztmmcr der Sozialdemokraten tagte der Diese Erkenntnis des ZentrumSabgeorbneten scheint tat. sächlich das Kernproblem der innerpolttischen Entschei- düngen zu sein, um die in dieser Reichstagssitzung gerungen werben sollte. ES ist eine Entscheidung nicht nur des Reichs- kanzlerS, sondern vor allem der Parteien der politi schen Mitte. Sic lautet: Will sich die Mitte ber Rechten an schließen oder ber Sozialdemo kratie, will sic in Zukunft mit der Harzburger Front ober mit ber roten Eisernen Front zusammenarbeiten. Neutralität gibt eS nicht mehr. Das hat niemand unmißver- stündlicher auSgebrttckt, al» ber politische Kopf der Gegen seite, der preußische Ministerpräsident Braun. Für ihn ist ja die Eiserne Front nichts anderes, al» eine Zweckgrün- düng, um die müde und schweigsam gewordene, von einer Wahlniederlage zur anderen taumelnde Sozialdemokratie au» der Lethargie herauszureißen und mit neuem Leben zu erfüllen. In ber Wochenzeitung de» Reichsbanner», di« sich jetzt zweckentsprechend „Wochcnzeitung ber Eisernen Front* nennt, hat er ganz nüchtern die Pläne feiner politischen Richtung bargelcgt. Sie gehen auf nicht» andere» au», al bte Mitte wieder fest für die Bestrebungen ber Sozialdemo kratie etnzuspannen. Er nennt drei Etappen, aus denen die Eiserne Front ihr Ziel erreichen mtiße. Al» erste bezeichnet er die Sicherung de» NeichSpräsidentenpostenS vor einem Kandidaten der Harzburger Fron». Er tritt, wie in den letzten Tagen alle sozialdemokratischen Führer, für Hin denburg ein, aber nicht au» innerer Ueberzengnng, son dern in der parteitaktischen tteberleaung, daß man einmal einen Vertreter der nationalen Opposition verhindern müße, und baß man zum zweiten durch die Initiative der Eisernen Front die Mitte wieder an die Sozial- bemokratie seskele. Dann ist sür Brann der Weg frei, da» jetzige preußische System, nm dcssentwillen die So zialdemokratie Brüning bisher tolerierte, vor dem Wähler sturm zu retten Braun weiß, daß die Nolle der Sozial- bemokratie in Deutschland auSgelpIelt ist, wenn er die Preußenwahlrn verliert. Preußen soll deshal- da» Boll ¬ werk de» Sozialismus so lange bleiben, bis Brann die dritte Etappe erreicht steht, da» zentralistische Ein heitsdeutschland unter der Herrschaft der Eisernen Front. Für diese Ziele soll die „Eiserne Front" marschieren und sür diese Ziele soll die politische Mitte durch sozialisti- sche» Wohlverhalten in der NeichSprästdcntenfrage geködert werben. Braun führt die „Eiserne Front" mit dem Blick aus Preußen gerichtet, bewußt an die Mitte heran, in der Hoffnung, daß diese der politischen Initiative Braun» und seiner Hintermänner und dem Wiederaufleben der SPD. in den Massenaufmärschen der Eisernen Front erlieg«. Die Hossnungen Brauns geben so weit, daß er bereit» an eine Vorverlegung der preußischen Wahlen auf den zweiten Wahlgang zur Reichspräsidentschast denkt, um womöglich den Fclbmarschall für einen Erfolg der Weimarer Koalition in Preußen in Anspruch zu nehmen. Der AkttonSplan ber Eisernen Front verdient also volle Aufmerksamkeit aller derer, denen im nationalen Interest« eine Niederlage der Sozialdemokratie al» Vorbedingung de» Wiederaufstieg» notwendig erschein«. Dir Mittelparteien stehen in dieser Reich-tagSsitzung vor der unausweichlichen Frage, wollen sie sich sür die Linke entscheiden, oder wolle« sie den Anschluß an die nationale Front vollziehen. Erhält die RetchSregierung abermals «in Vertrauensvotum, ohne die organisatorische Verbreiterung nach recht» ge- künden z« haben, dann versinkt vor allem die Reichsvrasi- dentenfrage in dem Strudel parteipolitischer Leidenschaften, und damit wäre der erste Teil der sozialdemokratischen Spe kulationen in Erfüllung gegangen. Durch da» Zögern der Mitte und ber ReichSregierung wird lediglich erreich«, daß die unvermeidliche Entscheidung zwischen der Linken und der Rechten aus einen Zeitpunkt verlegt wird, an dem au» außenpolitischen Gesichtspunkten »ine starke nationale Ne- gierung unbedingt erforderlich ist Eine Klärung der Fronten schon jetzt zu bringen, schein« drsdald die zentrale Ausgabe dieser ReichStagSpertode zu sein. Sir SntichMungen tasten -rritas vralrtiaalilnog nnaarar KorUnar SvürUUaltnog Berlin, 22. Februar. Der Aeltestenrat des Reichstages befaßte sich heute in einer Sitzung, ber auch die deutsch- nat tonalen und nationalsozialistischen Ver treter wieder beiwohnten, mit dem Arbeitsplan für die am Dienstag beginnende kurze Sitzungsperiode. Mit der Be ratung des Termins der ReichSprästdentenwahl soll eine all- gemeine politische Aussprache verbunden werden. Am Schluß dieser Aussprache, voraussichtlich am Frei, tagabend, werden die Abstimmungen über den Termin der ReichSvräfldentenwahl, über di« Mißtrauens anträge, Uber die Anträge aus ReichStagsanslöfung «nd über die fonftwie von de« Parteien als dringlich bezeichneten Anträge ftattsinden. Zu diesen Anträgen gehören vor allem diejenigen auf Auf hebung oder Aenderung von Notverordnungen. Mit Aus nahme -er Dienstagsitzung, di« um 8 Uhr beginnt, sollen die NeichStagssthungeu täglich um 12 Uhr ihren Anfang nehmen. Die DienStagsttznng wird durch «ine kurze for melle Rede, des R e > ch S t n u e n m i n i st e r S Groener