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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.10.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191410110
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19141011
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19141011
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-10
- Tag 1914-10-11
-
Monat
1914-10
-
Jahr
1914
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Leipziger Tageblatt Seue -- llr. 5i8. Sonmags-Llnstzave. Sonntag, 11. Oktavec 1914. korps «inzutreten, das gebildet wurde, um das Heuer zu bekämpfen. Biele neutrale Schiffe haben Antwerpen verlassen Die Riesen-Petroleumreser- voire wurden geöffnet und das Petroleum in den Flutz geleitet. Gegen 2 Uhr nacht» war der Höhepunkt erreicht. Zu dieser Zeit war die Be schießung furchtbar Die Luft »ar erfüllt mit eine» schrecklichen Feuerwerk »plädierender Bombe«. Die Atmosphäre erschütterte unter der furchtbaren Kano nade, die keine Feder zu beschreiben vermag. B tu t- rot gefärbt waren die unermeßlichen R a uck>- wolken, die über die Stadt hinwegtriebc». Die erste Granate fiel über dem südlichen Teil Ant werpens. Gleichzeitig wurde über Hoboken ein Zeppelin sichtbar. Er warf Bomben auf die dortigen Petroleum behalte r. Eine Bombe traf den Behälter, der Inhalt fing Feuer und mäch tige Flammen schlugen turmhoch empor. Spater wurde der nordöstliche Teil der Stadt bombardiert. Die Vorstadt Beräum litt außerordentlich. Der Iustizpalast wurde angeblich von sechs (?) Z e p p c l i n - L u f t s ch i ffe n bombardiert und teilweise zerstört. Rotterdam, 10. Oktober. (Eigener Draht bericht.) In Selzaete, dem Zufluchtsort des Königs Albert, erklärte ein englischer Offizier, daß die Deuts.1>en Donnerstag mittels Notbrücke bei Termonde über die Schelde fehlen und zu gleicher Zeit gegen St. Nicolas verrückten, um Ant werpen auch noch von der Nordseite einzuschließen. Die Besatzung mußte den Rückzug antreten. Nach Einnahme der Stadt war an der holländischen Grenze immer noch Kanonendonner zu hören. Man schließt daraus, daß noch Nachhutkämpfe stattfinden. Teile -er besiegten treten nach hollan- über. Rotterdam, 111. Oktober. An zahlreichen Punkten der holländischen Grenze begeben sich belgische und c n g l i s ch e S o l d a t c n aus holländisches Gebiet, «m sich entwasf- nenundinternierenzu lassen. Bei Bath wurden allein 2VVV Engländer, die mit Schiffen dort eintrafcn, bei Putten wnrden 520 belgische Artilleristen interniert. Auch wurden viele Verwundet« über die Grenze geführt. Auch beiTer, neuzen überschreiten Engländer und Belgier ,n Hunderten die Grenze. Aus Terneuzen wird ge meldet, daß gestern den ganzen Tag aus Richtung Bank von Shonwcn Kanonendonner hörbar ge wesen sei. Rotterdam, 10. Oktober. Der „Nieuwe Notter- damjche Courant" meldet aus Vor wacht vom 9. Oktober: Von gestern abend dis heute früh zogen durch den belgischen Teil von Koe wacht unzählige Mu- nitionswagen, Automobile und K a - »allerie über Ovcrslag und Selzaete in der Rich tung aufOstende. — Aus Terneuzen wird dem selben Blatt gemeldet, daß belgische und englische Soldaten zu Hunderten über die Grenze kommen. die flüchtigen Sewohner Antwerpens. Den» „B. T." wird aus Rosendal gemeldet: „Das Furchtbar st e war der Zug der Zehn- lausende, die zu Fuß zur Landesgrenze gingen. Ich habe diesen Weg mitgemacht Von Antwerpen bis Rosendal war es ein ununterbrochener Zug von Menschen und Tieren. In tödlicher Angst geflüchtete Bauern trieben ganze Viehherden. Junge Leute führten Alte aus Hand wagen oder trugen sie auf dem Rücken. Mütter suchten ihre Kinder. Andere lachten laut Sie waren wahnsinnig vor Schrecken! LebensmiNel waren unterwegs nicht zu bekommen." General dr. von öeseler. Greifswald, 10. Oktober. (Eigener Draht- be richt.) Die rechts und staatswissenschaftliche Fakultät der hiesigen Universität ernannte heute den Bezwinger Antwerz>ens, General Bese ler, einen Sohn Greifswalds, zum Ehrendoktor. Wiener Preszstimmen. Wien, io. Oktober. Die Blätter begrüßen den Fall Antwerpens als ein hoch bedeutsames militärisches und politisches Ereig nis, das die ganze Kriegslage günstig beeinflussen werde. Die Blätter betonen, daß die Stadt ihr Schicksal England zu verdanken habe, und verurteilen das Vorgehen Churchills. Das „Fremdenblatt" schreibt: Die Katastrophe von Antwerpen wird in der britischen Geschichte stets ein Denimal der Schänd« bleiben und ein dauerndes Beispiel der Völker, die auf England hoffen und vertrauen. Der neue große Erfolg der deutsche» Waffen wird auch bei uns mit freudiger Genugtuung begrüßt werden. Die „Reue Freie Presse" bezeichnet die Erobe rung von Antwerpen als das größte Ereignis in diesem Kriege. Mit dem Fall Antwerpens habe Deutschland ein Beispiel aufgerichtet, damit jeder sehe, wie England die Freunde, die sich ihnen an vertrauen, ins Verderben locke. Das „Reue Wiener Journal" jagt: Belgien iällt als erstes Opfer Grens, des Testament vollstreckers Eduards VII. von England Vielleicht wird es Frankreichs und Rußlands Machthabern noch klar werben, daß sie nichts anderes sind, als die Opf«r der perfiden englischen Politik Wien, 10 Oktober. Ebenso wie in Wien hat der Fall Antwerpens auch in ganz Oesterreich großen Jubel und lebhafte Genugtuung hervor gerufen. Die Stadt Innsbruck legte Flaggen schmuck an. Auch in Graz war die Beflaggung be reits im Gange: doch wurde sie beim Eintreffen der Meldung vom Tode König Carols eingestellt. der Eindruck in Holland. Aus Amsterdam wird der „Bost. Zeitung" gemeldet: Der Fall von Antwerpen hat auf die holländische Presse einen st arten Eindruck gemacht Sie sieht darin einen Wendepunkt für die kommende Kriegslage. Vie Lage an -er Msne. Mailand. 10. Oktober. Ein offizieller Bericht von 11 Uhr nachts au» Pari» meldet: Archer lebhafte« Kämpfe« in der Gegend »an Roqe ift nicht» neue» zu »er- merke«. Vie russisch-englische Marinekonvenkion. Wien, 10. Oktober. Di« „Wiener Allgemeine Zei tung" veröffentlicht einen Artikel des russischen Publi zisten Brjancantnow, eine» nahen ver wandten des russischen Botschafters in Konstanti nopel Giers, der zu den bestunterrichteten russischen Publizisten gehört. In dem Artikel, der am 11. Juli in der russischen Zeitung „Nowoje Zwene* erschienen ist, heißt es: Mit dem Gefühl tiefer Freude können wir unseren Lesern eine Nachricht mitteilen, deren un geheure internationale Bedeutung keines Kommen tars bedarf. Wie wir aus unzweifelhaften Stellen erfahren haben, wurde in Loudon zwischen einer verantwortlichen englischen Persönlichkeit und dem Grafe« Lenkendorff eine englisch russische Ak arine-Militärkonvention unterzeichnet. Ihr Tert wurde vom Konteradmiral Bitti (noch London?) gebracht nnd übergeben, dem deshalb anch die unerhörte Ehre zuteil wurde, den Monarchen zu derselben Zeit persönlich zu begleiten, während in Cherbourg ein feierlicher Gottes dienst anläßlich der Ermordung des Erzherzog» Franz Ferdinand stattfand. Wie uns mitgeteilt wird, ist die Konvention nicht nur defensiv, sondern sicht auch eine Lan dung der Engländer in Holland vor. Kraft der Konvention tritt di« russisch-baltische Flotte im Kriege unter das Kommando des Kommandanten der englischen Geschwader, deren Aufenthalt in Norwegen vorgesehen ist, damit sie, gestützt auf die freundschaftliche Neutrali tät Dänemarks, sofort nach Eröffnung der mili tärischen Operationen, oder genauer gesagt vor diesen, in den baltischen Gewässern erscheinen und gemeinsam mit der russischen Flotte unsere vorläufig noch ungeschützten User schützen. Selten waren wir in der Lage, die russische Re gierung zu einem Erfolge zu beglückwünschen, aber jetzt sind wir so glücklich, das tu» zu können. Das ungeheure, erstklassige Verdienst gebührt dem Botschafter Denken dorff, dessen Autorität und Popularität in England und Rußland der Entente diesen unvergleichlichen Erfolg eintrugen. Jetzt können wir, gestützt auf die englische Flotte und unsere endlich vollkommen bereite Armee, des Ende jener Politik der Abhängigkeit von Berlin fordern, die unvereinbar sowohl mit unserer Würde, als auch mit unserer inter nationalen Geltung ist. Die „Wiener Allgemeine Zeitung" bemerkt dazu: Die Ausführungen Drjancaninows, der erklärt, kein Dementizu fürchten, sind wohl geeignet, nicht bloß die englische Politik in die richtige Beleuchtung zu rücken, sondern auch den Neutralen, um deren Seele jetzt von der Triplcentente so eifrig ge kämpft wird, die Augen zu öffnen. Wir möchten unserseits dazu bemerken, daß es doch zum mindesten recht auffällig wäre, wenn der am 11. Juli in einem russischen Blatte veröffent lichte Artikel von der deutschen und von der öster reichischen Diplomatie, besonders von deren Ver tretern in Petersburg sowie von den des Russischen mächtigen Prcßvertretern nicht früher bemerkt worden wäre. Nußlan- bleibt Vefpotensiaat. London, 10. Oktober. Der „Manchester Guar dian" meldet aus Paris vom 4. Oktober: In Kreisen, die die liberalen Erklärungen des Zaren ernst nahmen, erregt die Verhaftung nnd Eefangensctzung des russischen Po litikers Burzew Aufsehen, der im Ver trauen auf die Proklamation des Zaren nach Petersburg zurückkehrte, um als Freiwilliger in die Armee cinzutretcn. Die sozialistisch« Partei er klärte sich dagegen, daß Burzew die Proklamation des Zaren annahm. Sie erklärte, daß Burzew nicht die Partei vertrete, die den Zaren ebenso entschieden bekämpfe wie früher. Es wird ferner bekannt, daß die russische Regierung die Freilassung zahl loser politischer Gefangener seit Aus bruch des Krieges verweigerte. Mehrere be deutende Sozialisten sind verhaftet, das letzte sozia listische Blatt ist unterdrückt. Gustave Hcrvä be absichtigte gestern im „Kucrre Sociale" einen an den russischen Botschafter gerichteten Leit artikel zu veröffentlichen, worin er ihn drängte, seinen Einfluß zur Freilassung Burzews zu be nutzen. Der Artikel wurde unterdrückt. Der II. des Er- Ver Ei- -es Aaren. . Vetter des russischen Zaren, der Herzog von Leuchtenberg, hat dem Vertreter italienischen Blattes „La Stampa" folgende klärung gegeben: „Mein hoher Verwandter Wilhelm und sein Verbündeter Franz Joseph pielen ein gewagtes Spiel, wenn sie noch an den chließ- lichen Lieg glauben: aber mit unseren 9 Millionen russischen Soldaten und in Kameradschaft mit den heldenmütigen Söhnen Belgiens, Englands und Frankreichs werden wir Deutschland und Oester reich »n einen Ring von Stahl schmieden, aus dem sie sich unmöglich befreien können. Zum Schluß müssen sie nachgeben." Der Journalist fragte darauf, ob es wahr sei, daß während der Winter monate ein Waffenstillstand adgeichlossen werden sollte. Hierauf antwortete der Herzog: „Diese Gerüchte sind vollständig absurd, denn der Zar hat einen Eid geleistet, er wolle Deutsch land und Oesterreichabfolut zu Boden schmettern. Die russischen Truppen, die an die Stra pazen des Winter» gewöhnt sind, werden darunter weniger leiden als die Deutschen. Es ist vollständig ausgeschloßen, daß der Zar seinen Feinden eine will- kommen« Ruhezeit gewähren würde. Ich bin der Meinung, daß mitten im Winter «roße Schlachten ausgelämpft werden, welche für Deutschlands und Oesterreich» Schicksal entscheidend fein werben." Der Mithilfe der Belgier beim Rinaschmieden muß der Zar nun schon entraten. Auch auf die Franzosen wird er nicht lang, mehr rechnen können. Und England? England wird ihn preisgeben, wie «» andere preisgegeden hat. Großfürst Nikolai — Thronfolger 1 Kopenhagen, 10. Oktober. Der russische Heilig, Sgnod ordnete in seiner letzten Sitzung an, daß di» zur Beendigung de» Kriege» in allen Kirchen des Reiches unmittelbar nach den Gebeten für den Zaren und für den Thronfolger der Rame de» Großfürsten Nikolai Nikolajewitschi?) einzuflechten sei, was besonders bemerkenswert ist im Hinblick auf die Thronfolge, da nach dem jetzigen Kronprinzen, von dem e» sehr fraglich ist, ob er jemals regierungsfähig wird, vonRechtswegen der Bruder des Zaren Großfürst Michael Alexandrowitsch an die Reihe käme, der aber zugunsten des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch ausgeschaltet zu sein scheint. Londoner Nebel. rst Vom londoner Nebel heißt es, daß er nicht nur der Sonne den Schein nehme und den Tag in Nacht verwandle, sondern auch bei langer Dauer die Menschen tiefsinnig mache. Ein bedeutender englischer Arzt wollte sogar die Erscheinung des Spleens und die zeitweise gesteigerte Häufigkeit der Selbstmorde in Lon don auf den graudicken Nebel zurückführen. Wir wissen im Augenblick nicht bestimmt, ob gerade jetzt diese Naturerscheinung wieder besonders lästig geworden ist; aber wir schließen dies aus der Stimmung einiger Londoner Blätter. Sie werden spleenig. Die schlechten Nachrichten ans Belgien und Frankreich mögen dazu allerdings etwas beigetragen haben. Man fängt an, sich tiefsinnige Gebauten nocr Deutsch land zu machen und bedauert insbesondere, daß man sich nicht beizeiten über die militärische Leistungsfähigkeit tvr Deutschen besser unter richtete. TaS geht Lord Kitchener an; das war seine Sache. Wie uns heute drahtlich berichtet wird, bringt die Londoner „M o r n i n g p o st" mehr fache nachdenkliche Aeußerungen dieser Art. Zu nächst leitartikelt sie über die Kriegslage und schreibt: „Indem die Deutschen ungeheure Massen ins Feld warfen, gewannen sie sofortige Vorteile, deren Neutralisierung die Verbündeten schreckliche (!) An strengungen und viel« Menschen kosten wird. Lüt tich, Namur, Antwerpen und Mau- beuge müßen alle zurückerobcrt werden. Bevor dies versucht werden kann, müssen die deutschen Heere zurückgeschlagen werden. Diese Schläge hätten vermieden werden tönnen, wenn die Verbündeten den Feldzug mit größeren Truppen massen hätten beginnen können. Die Heeres- stärkcn, die zur Verteidigung Belgiens und der französischen Grenze ausgereicht-hätten, werden «richt genügen, um die Deutschen aus den besetzten Gebieten zu vertreiben, so daß die Versäum nisse aus der Fricdenszeit größere An strengungen, größere Verluste und größere Kosten verursachen werden, als bei mehr Voraus sicht notwendig gewesen wäre." Merkt man nicht, wie schwer der Nebel drückt und sogar die Gedankenfolge stört? Wenn das Londoner Blatt cinsieht, daß die Deutschen durch die Masse sofort überlegen waren, wo will cs da die Hoffnung hernehmen, daß hinter her auf feiten Frankreichs und Englands die nötige Masse zur „Neutralisierung" der deut schen Erfolge, zur Wicdereroberung von Lüttich, Namur, Antwerpen nnd Maubeuge beschafft werden könne! An die Million Soldaten Kitche- ners glaubt es doch ohnehin nicht. Um sich selbst zu überlegen, bringt es obendrein einen Be richt seines militärischen Kriegs de- richterstatters, in dem es heißt: „Woher die Deutschen die Truppen nehmen, um ihre Linie so weit verlängern zu können, während sie östlich der Maas Gegenangriffe ausüben, ist ein Geheimnis, da» gegenwärtig nicht ge- löst werden kann. Man muß sich notwendig vergegenwärtigen, daß di« militärischen Kräfte Deutschlands noch lange nicht völlig ent wickelt sind. Hinter den ausgebildeten Truppen der ersten und zweiten Linie und den alten Sol daten des Landsturms befinden sich etwa 100 000 halbausgebildete und 8 Millionen unausgebildete Leute, die ihrem Alter nach im Notfälle dienst pflichtig sind." Geheimnis? Freilich, wenn man im Nebel fitzt nnd die Hand nicht vor den Augen sieht. Weiß denn die „Morningpost" nicht, daß in Deutschland 6ä Millionen Menschen wohnen nnd daß es dort eine allgemeine Wehrpflicht gibt? Wo ist denn da ein Geheimnis, „das noch nicht gelöst werden kann"'? Viel geheimnisvoller ist die bodenlose Unwissenheit der englischen Presse. Wissen macht bescheiden, Unwissenheit aber siihrt leicht zur Unterschätzung anderer. Auch dazu liefert das Blatt einen Beitrag. Ein englischer Soldat hat dem Kriegsberichterstatter der „Morningpost" erzählt: „Man hatte uns gesagt, die Deutschen könnten nicht kämpfen. Aber auf mein Wort, sie kämpften in der Schlacht an der Aisne w i e Dämonen. Dir Stimmung des Feindes im ganzen ist nicht schlecht. Wir können seine Infanterie in ihren Verschanzungen singen und Harmonika spielen hören." Fa, das ist's; man hat den armen Teu feln, die man für ein paar Schillinge Tage lohn anwarb, viel vorgelogen — natürlich zum guten Zweck. Englische Gefangen« erzählen ja auch, daß ihnen noch vor der Einschiffung ge sagt wurde, es ginge ins Manöver! Man bat die Soldaten belogen, hat das englische Volk belogen, und die Obertügncr haben sich selbst belogen. Nun sitzt man im dicken Lügen, nebel und staunt über die cksmusä 6»rm»ns, die an der Aisne „wie Dämonen" kämpfen und trotz aller Not und Entbehrung das Singen und Harmonikaspielen nicht verlernt haben Zeppelin über (psien-e. Unter der Ueberschrist „Der Zeppelin über Ostende" berichtet die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung": E» war 10»/. Uhr nachts, und ganz Ostend« lag schon lange in tiefer Finsternis, als ein telephonischer Aufruf« «»Ldourout den Platz kommandanten von Ostende Oberst Viel 1 man » davon verständigte, daß «in Zeppelin, von Oudenarde kommend, Thourout in der Richtung auf Ostende passierte. Schon einig« Minuten später konnte man da» furchtbare Surr«n der Ma schinen ein«» Zeppelins 200 Meter über d«n Dächern des schlafenden Ostende hören. Der Zeppelin suchte mit dem Lichte seiner gewaltigen Scheinwerfer den Strand ab. Dann nimmt er Richtung nach dem Bois de Boulogne und dem Strandbahnhofe und alsbald zerreißen vier furchtbare Detona tionen die Stille der Nacht. Die Bürgergarde von Gent, die am Bahnhofe steht, gibt wohl ein paar Gewehrschüße auf das Luft schiff ab, aber mit Windeseile entschwindet dieses in der Nacht. D:r Knall der Detonationen hat natürlich ganzOstende au» demSchlafe geweckt, und 10 Minuten später eilt alle» nach dem Strandbahnhofe. Aber wenn auch der sternen übersäte Himmel von wunderbarer Klarheit ist, so ist es doch unmöglich, den Schaden zu erkennen, den die Bomben angerichtet haben. Erst der Morgen gibt Aufschluß über seine Größe. Die erste Bombe ist in eine Lichtung de» Bois de Boulogne gefallen. Sie hat ein Loch von mehr als 10 m Umfang und 6'/, m Tiefe gerissen. Ueberall sind Staub- und Erd klumpen zu sehen. Die zweite Bombe ist auf einen kleinen Platz zwischen Bahnhof und Strand niedergegangen. Jin Umkreis von 5 Metern ist das Erdreich von ihr zerwühlt worden. Eine dritte Bombe ist auf dem Straßenpslaster explodiert. Obwohl sie sich nur einen Meter tief in den Boden eingewühlt bat, hat sie doch eine furchtbare Detonation verursacht. Auf 500 Meier im Umkreis sind alle Fensterscheiben gesprungen und eine Säule aus blauem Stein ist 200 m vom Bahnhof fortgeschleudert worden. Den größten Schaden aber Hal die vicr:e Bombe angerichtet. Sie ist in dem Bureau eines Fischexporteurs namens Willems explodiert, und das phantastische Zcrstörungswerk, das sie dort ungerichtet hat, gibt einen Begriff von ihrer Kraft. Sie hat das Dach durchschlagen und fortgeschleudert, ist dann auf einen schweren, unge wöhnlich starken Geldschrank niedergegangen. Vcm dieiem Geldichrank waren nur noch ein paar Stücke in allen 4 Ecken des Zimmers zu sehen. Durch die Gewalt des Luftdruckes war auch die Stiege des Hauses gesprungen und ein kleiner Eisen kasten, der in dein Geldschrank gelegen hatte, hatte sich tief in die hölzerne Diele eingebohrt Zwei französische Torpedoboote gesunken. Paris, 10. Oktober. Der „Temps" meldet aus Toulon: Die Torpedoboote Nr. S33 und 347 sind gestern vormittag auf hoher See zusammengestoßen und sofort gesunken. Die Besatzungen wurden gerettet. Ein Matrose ist schwer verletzt. Da die Torpedoboote in einer Tiefe von 300 Meter liegen, ist cs unmöglich, sie zu heben. bulgarisch-serbische Spannung. Sofia, 10. Oktober. (Meldung der Agence Bulgare.) Der b u l g a r i sch e G es a n o te in Ni sch unter nahm letzlhiii bei dem serbischen Ministerpräsidenten Schritte wegen der unhaltbaren Zustände, unter Lenen die Bulgaren Mazedoniens seufzen. Seine Bemühungen wurden gewiß durch die unleugbaren Tatsachen unterstützt, über die sich unsere Presse leider täglich äußern muß; denn wie man aus den Kommentaren der serbischen Presse entnehmen kann, hat der serbische Ministerpräsident Pasitsch weder den Ton, noch genügend überzeugende Gründe gefunden, um die Vorstellungen des bulgarischen Gesandten zu entkräften, oder ihm Ge nugtuung zu geben. Die serbische Presse setzt allen berechtigten Klagen und Protesten Bulgariens die Fabel von anocbtich von der bulgarischen Regierung unterstützten Banden entgegen. Nußlan- un- Persien. Paris, 10. Oktober. Die Agence Havas meldet aus Petersburg: Vlättermeldunoen zuiolge hat Rußland die Forderung Persiensabgelehnt, russische Truppen aus Asserdeidjan zurück zuziehen, mit der Angabe, daß die russischen und die anderen ausländischen Interessen nur durch eine russische Besetzung gewährleistet werden könnten. Rügland habe übrigens wiederholt, daß es nicht beabsichtige, sich irgendwelches persisches Territorium anzueignen. Wien, 10. Oktober. Ueber Konstantinopel wir» aus Teheran gemeldet, daß das persische Parla ment in der nächsten Woche zu wichtigen Beschlüßen Zusammentritt. furchtbare Krisis in -er englischen Saumwollin-usirie. London, 10. Oktober. Nach einem Bericht der „Times" weilt Sir Charles Macara iin Inter esse der Baumwollindustrie zurzeit in Lonvon. Keine Industrie Englands litt durch den Krieg so schwer, wie gerade die Baumwoll - industrie. Viel« Fabriken in Lancashtre stehen still. Die gesamte Industrie wird ihren Betrieb in wenigen Wochen einstellen müßen, wenn die Regierung nicht helfeird eingretft. Nach in den „Manchester Evening News" veröffentlichten Mit teilungen des Sekretärs der Gewerkschaft der Baum wollspinner zahlt die Gewerkschaft ihren ar beitslosen Mitgliedern wöchentlich 15 000 Pf u n d Sterling Untcrstützungsgelder aus. Der Sekretär befürwortet den direkten Ankauf von Baum wolle in den amerikanischen Südstaaten unter Aus schaltung des Zwischenhandels der Liverpooler Baum- wollfilmen. Die ganze Baumwollindustrie England» liege brach, weil einer geringen Anzahl von Speku lanten in Liverpool und New Pork Spekulationen in Baumwolle von riesigem Umfang mißlangen. Englan-s weitere Hilfstruppen. Haag, 10. Oktober. Der Häuptling Khama vom Bamangwato stamm im Betschuanaland hat dem englischen König seine Loyalität ver sichert und die Bereitwilligkeit erklärt, Eng land auf alle mögliche Weise zu helfen. Vas entführte Unterfeeboot. Aus Turin wird dem „B. T." gemeldet: Das entführte Unterseeboot: st immer noch nicht nach der Heimatwerft Spezia zurückgekehrt, angeblich weil die eingeleiteten diplomatischen Verhandlungen sehr langwierig verlaufen. Der Korrespondent der „Gaietta de Popolo" will wißen, daß sofort nach Ausbruch de» Kriege» ein höherer ras lisch er M«. rtneofftzier, der sich angedltch jetzt noch an der fraii-
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