Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.10.1914
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19141009024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914100902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914100902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-10
- Tag 1914-10-09
-
Monat
1914-10
-
Jahr
1914
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Sette 2. Nr. S15. Ndenü»Nvsgade. Leipziger Tageblatt. /rettag, 9. <v Klover 1914 Nahrungsmitteln begonnen. Gleichzeitig verfllgte die deutsche Militärverwaltung, daß die Verprovian tierung der deutschen Truppe» »om Mutterland, her zu erfolge» habe, um die kläglichen Neste der Ernte und der Lebensmittel in Russisch-Polen für die Be wohner von Russisch-Polen vorzubehalten. Vie Kämpfe mit den Russen in Ungarn. Budapest, 8. Oktober. Bei Tecsö und Kracs falva wurden 2V russische Kanonen erbeutet und mehrere Tausend Gefangene gemacht. Die Runen batten große Berlrtste. Tie sammelten sich bei Bocska und versuchten hier unsere sie verfolgenden Truppen aufzuhalten. Sie wurden von unseren Truppen anbegriffen. Eine vordringcnde russische TruppenabteUung wurde bei Telcsfalu ge schlagen und flieht in westlicher Richtung. Tecsö liegt noch 25 Kilometer westlich von dem in letzter Zeit wiederholt als geräumt gemeldeten Mara- märos Sziget entfernt. Italiens Haltung. Rom, 8. Oktober. (Eigener D r a h t b e r i ch t.) In der Zeitung „Viktoria" spricht der sizilianische Abgeordnete Bruno über die Haltung Ita liens. Er billigt seine Neutralität, die aber nicht bis zum Schluß des Krieges dauern dürfe. Wenn Italien in den Kampf eintrete, dürfe es seinen (bang nicht nach Rücksicht des (Gefühls nehmen, sondern nur nach den nationalen Interessen. Er bedauert die franzosenfreundliche Bewegung in Italien und erinnert daran, daß Italien Venedig und Nom den deutschen Siegen verdanke. An der Seite Frankreichs könne es nur "stehen, wenn nationale Interessen es verlangten, (hegen Oesterreich-Ungarn wäre eine freundliche Hal tung möglich, wenn es Trcntino abtretc. Gegen Deutschland spricht Bruno mit Wohlwollen und meint, daß das Bündnis mit Italien für Deutschland immer Wert habe. Wenn Italien am Kriege teil nehme, was nicht ausgeschlossen sei, so würde im Falle des Sieges für Italien ein wertvoller Lohn bleiben. preßzensur in üer Schweiz. Bern, 9. Oktober. (E i g. D r ahtbe r.f Der schweizerische Bundesrat hat ein Notgeseh ange nommen, das die politischen und militärischen Behör den während der Dauer des bestehenden mobilen Zu standes ermächtigt, alle Zeitungen, deren poli tische Haltung eine Verletzung des Neutra litätsprinzips darstellt, zeitweilig oder dauernd zu verbieten. Ein in letzter Zeit viel genanntes Züricher Blatt, das Lurch seine Deut- schenhetze unliebsames Aufsehen erregte, wurde von -er Bundesregierung unter Androhung von Zwangs maßnahmen ernstlich verwarnt. Vie ruMche Propaganda in Rumänien. Wien, 9. Oktober. Die „Mittagszeitung" meldet aus Bukarest: Die sozialdemokratische Parteileitung veröffentlicht einen Aufruf, in dem es heißt: Wir sind verpflichtet, die Aufmerk samkeit auf die (befahr zu lenken, welche für unser ganzes Land in der russischen Propaganda liegt. Die sogenannten unabhängigen Organe treiben eine schamlose Propaganda, um neben den Spione n des Zarismus eine rufsophile Stim- m ung zu erzeugen, unter dem Vorwande, daß sie für Frankreich und für die französische Demokratie und Zivilisation seien. Wir haben Grund zu behaupten, daß die Propa ganda, die unser Verhängnis sein kann, nicht ohne Interesse ist. Sie führt uns direkt zum Krieg. Wir lenken die Aufmerksamkeit der arbeitenden Klassen und ces ganzen Volkes aus diese unglückliche shste malische Kampagne. Das Zusammengehen mit dem Zaren bedeutet die Msiegung der Demokratie, Unter drückung der Volksfreiheit und die Reaktion. Wir müssen uns gegen diele Strömung, gegen den Rubel, der rollt, wenden. Das rumänische Volk muß wissen: die russische Gefahr war und ist immer die größte. Schreckliche Auftän-e In Serbien. Wie», 9. Oktober. Die „Reichspost" meldet: Rei send« bestätigen, daß in Serbien schreckliche Zu stände herrschen. Die Verluste der Armee an Toten und Verwundeten sollen 75 00a betragen. Die ärztliche Hilfe sei unzureichend. Vom schwer- kranken König höre man wenig. Die Prinzen Alexander und Georg hätten nicht genügend Auto rität. Lügen über -ie wirtschaftliche Lage Viens. Wien, 9. Oktober. Um den von der Presse des Dreiverbandes verbreiteten unerhörten törichten Lügen über die wirtschaftliche Lage Wiens wirksam entgegenzutretcn, hat der Wiener Stadtrat beschlossen. allwöchentlich Mit teilungen über die wahre wirtschaftliche Lage Wiens, über die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln, Statistik der Lebcnsmittelpreise, über den Stand der Arbeitslosen usw. an alle Haupt städte der neutralen Staaten zu schicken. Der Wiener Stadtrat hofft, daß die Gemeindeverwaltungen dieser Hauptstädte in loyaler Betätigung des städtischen Gemeinsinnes diesen Mitteilungen die breiteste Oeffentlichkeit verleihen werden. Kriegshelm für Schwestern. Das nach Ausbruch des Krieges durch den Vater ländischen Frauenvercin (Hauptvereins in Berlin, Tiergartenstraße 28, gegründete „Krtegsheim für Schwestern" hat de» Zweck, wichen Schwestern, die sich in Ausübung ihres Berufes vorübergehend, z. B. bei Gelegenheit von Verwundetcntransporten, in Berlin aufhalten, völlig unentgeltlich Unterkunft und Verpflegung zu gewähren. Das Kriegsheim soll, wie wir hören, bisher nur wenig in Anspruch genommen sein, was offenbar nur dadurch zu erklären ist, daß das Bestehen des Heims in weiteren Kreisen bisher nicht bekanntgeworden ist. Die nach einer Unter kunft suchenden Schwestern werden daher auf die freundliche Aufnahmestätte verwiesen. Eiferne Kreuze. Das Eiserne Kreuz 1. Klasse erhielt der Komman deur im Reserve-Infanterie-Regiment 133 Oberst leutnant Schmidt. Ferner sind mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden: der Leutnant der Re serve im Landwehr-Infanterie-Regiment 102 Hans Hceger, Sohn des Gymnasialoberlehrers i. R. Heeger in Dresden-Loschwitz, der Leutnant der Re serve Kurt Hachen berger, Inhaber der Firma Langer <L Hachenbcrger, Chemnitz-Leipzig, der Hal- lcsche Stadtrat Deike, der als Offizier im Felde steht, der Stabsarzt und Chefarzt im 2. Reserve- Lazarett in St. Remy Dr. Alfred Kiesch aus Meerane, der Direktor der Mitteldeutschen Privat bank in Eisenach, W. Breustedt, der als Leutnant der Reserve im Infanterie-Regiment 49 Dienst tut, der Direktor der Halleschen Eewerbebank, Leutnant der Reserve Schachtzabel, der Leutnant der Re serve im Pionier-Bataillon 22 Architekt I o h. Kühn, Dresden, der Leutnant Wilhelm We niger, Sohn des Geheimrats Dr. L. Weniger in Weimar, der zum Leutnant beförderte Bizefeldwebel Hugo S ch ü tz, der Leutnant der Re serve Dr. Atay, Statistiker des Deutschen Städte tages. Vor Antwerpen erhielt der Oberleutnant und Regimcntsadjutant Heinrich Schenk das Eiserne Kreuz. Er ist der Sohn des Generalleutnants z. D. Exzellenz Schenk hier, der sich 1870/71 ebenfalls das Eiserne Kreuz erwarb, er ist der Enkel des verstor benen Generalleutnants Freiherrn von Senden, der 1870 71 Kommandeur der I I. Division war und auch das Eiserne Kreuz besaß. Stiftungen für Ostpreußen und -en österreichisch-ungarischen Hilssverein. Die Berliner Stadtverordneten nahmen einstimmig die Vorlage des Magistrats an, an den Deutschen 2 t i ft u n g s fo n d s zur Ver wendung für O st Preußen einen Beitrag von 250 000 .tt zu leisten. — Gleichzeitig gelangte eine Vorlage zur Annahme, nach welcher dem öster reichisch-ungarischen Hilfs verein zur Fürsorge für die Angehörigen der Wehrpflichtigen ein Betrag von 40 000 überwiesen werden soll. weitere Mel-ungen. In de» drei militärischen Gefangenlagern der Mark betrug der Stand der Kriegsgefangenen am 1. d. M. 4 3 000 Mann. Mit Lrsatzmannschasten zur Front nach Süöpolen. (Zur Veröffentlichung zugelassen durch das Oberkommando in den Marken.) , Von einem Schriftsteller, der als Kavallerie- Offizier in Südwestpolen Dienst tut, wird uns ge schrieben: Ich halte Pferde- und Mannschastsersah an die Front zum Regiment zu bringen. Von Ostpreußen war die aktive Truppe südwärts <rn die schlesisch russische Grenze dirigiert, meine Richtung war, zu nächst Czenstocha u. Von deutschen Truppen über flutet, bot uns dieser Mittelpunkt Südwest-Polens keine Möglichkeit des Ouartiers. Pferde und Mann schaften genossen di« erste Nacht in Rußland gleich unter freiem Himmel auf der Bahnhofsrampe, von wo wir Gepäck: Waffen und Liebesgaben, mitnehmen wollten. Zumal für die Kriegsireiwilligen, von denen mancher noch eine recht stubenoerwöhnle Haut trug, gab's sogleich einen Vorgeschmack des Kommen den. Am andern Morgen ging es von Czenstochau vorwärts, Sandboden, wüste Ebene, ab und zu Wald. Die kleineren Ortschaften auseinandergezogen und teilweise verlassen. Die Städte bewohnt und belebt von Juden im langen Kaftan und Schirmmütze. Die Juden versuchen geichäftlich noch möglich zu machen, was zu machen ist. In der Regel bezahlt wohl der deutsche Soldat, häufig auch mit Bons. Bei Nowo Nadomsk stießen wir auf die Bagage unseres Regiments, das einen mehrtägigen Ausklürungsauftrag erhalten und sich von der Ba gage getrennt hatte. Man hätte noch keine Fühlung mit dem Feinde und alles strebte vorwärts. Der weitere Weg ging die Eisenbahnlinie entlang. Unsere Eisenbahner hatten rund 20 Brücken wieder in Stand zu setzen, die von den zurückgehenden Russen zerstört worden waren. Das dauerte aber nicht lange, so ziemlich im Tempo des Anmarsches ging auch die Durchführung des Eisenbahnbetriebes vor sich, so daß sich für die Heranschaffung von Truppen, Proviant usw. vermehrte und verbesserte Möglich keiten boten, als die vorhandenen Fahrstraßen sie ge währten. Am 1. und 2. Marschtage wurden die Heeresstraßen für unsere Verhältnisse ganz unglaub lich. Unbefestigt, im tiefen Sande zogen sie sich ohne Baumfassung, ohne alle Merkmale durch die Land- chaft. Kein Wunder, daß die Bagage im langsam sten Schneckentempo sich vorwärts bewegte, Pserde- adaocr die Heeresstraße kennzeichneten und di« Ver sorgung der vorwärtsetlenden Truppen zu wünschen übrig ließ. Automobile hatten fast keine Möglich keit. Erst am 3. Marschtage kamen wir aus ge pflasterte Straße, wenigstens die Hauptstraße erwles uns diese Gunst, und das Tempo wurde wieder normal. Jetzt setzte ein strömender Regen ein. den ein schneidender Wind uns snigcgenpeitschte. Grau lag die Ebene vor uns. Nach Einbruch der Dunkel heit, völlig eingewcicht, nahmen wir Quartier in den Hausfluren einer kleinen Landstadt, damit die Pferde, die den ganzen Tag von 5 Uhr ab keine Rast und keine ordentliche Fütterung gehabt hatten, nicht zu sehr außer Ordnung kamen. Hier lagen bereits Ar tillerie und Infanterie. Die Straßenausgänge waren verbarrikadiert. Die Russen waren 3 Tage zuvor noch dort gewesen und hatten den Ort in nördlicher Richtung verlassen. Am anderen Tage bekamen mir endlich Fühlung mit dem aktiven Regiment. Es hatte stärkere russische Kavallerie ost- und nordwärts festgestellt und neue Nufklärunos- und Sprungaufträge bereits teilweise erfüllt. Aber es ging weiter noch nach Norden. Kein Tagesmarsch mehr trennte uns von L als ich endlich -ie Pferde und Truppen dem aktiven Regi ment zuführte. Es befand sich allerdings auch am äußersten, nördlichsten Flügel in unmittelbarer Füh lung mit dem Gegner.^ Und nicht nur nord- und ost wärts waren die Rusten festgestellt, auch westwärts war russische Kavallerie im Vormarsch mit dem Auf trage. unsere Truppen, die von K aus ins Innere Polens Vordringen, zu stören oder aufzu halten. Die Aufklärungsarbeit unserer Kavallerie ist keine leichte dort, wo wir standen. Viel Sumpf und Bruchland, viel Wald und Gehölz, -ie Ortschaf ten ohne besondere Kennzeichen. Der Feind, der das Land kennt — von Czenstochau ab ist jede größere Stadt Garnison —, ist in unmittelbarem Vorteil und die Patrouillen kommen wohl wieder und melden und haben erkundet, aber sie haben auch häufig genug cingcbüßt. Der Kosak greift nicht offen an, er wartet, bis sich die Gelegenheit bietet. Er hängt sich an den Meldereiter, er überrascht die abgerissene Patrouille. Die größere Formation, die Schwadron wird meist unlrehelliqt gelüsten. Auch Tscherkessische Reiter waren gesichtet worben. Es sind hier wohl nicht viele, aber sie scheinen ihren Namen und Ruf zu verdienen. Fühlung ist wohl gewonnen, aber der Feind steht nicht und vermeidet -en Kampf. Leiprig «na Umgebung Leipzig, 9. Oktober. Zamttkenaachrlchterr. Geboren: Herrn Lubdirektor Kurt Hunger und Frau Helene geb. Breyer in Leipzig ein Mädchen. GeZlorben: Herr Rudolf Üterhard Reiche» in L.-Connewitz, Simildenstr. 36, Beerdigung Sonnabend nachm. 4 Uhr Connc- witzer Friedhos. — Herr Frichrich Strobel in Leipzig, Lange Straße 32a, 27 Jahre alt, Beerdigung Sonntag mittag >/,12 Uhr Südlriedhos. — Herr Lehrer Richard Hossmaun in Leipzig- Stölteritz, Sommerfelder Str. 1t, Einäscherung Sonntag nachm. '»4 Uhr Südsriephof. — Herr Hermann Hauptvogel in Leipzig- Sellerhausen, 40 Jahre alt, Beerdigung Sonntag vorm. 1t Uhr Eellerhäuser Friedhof. — Herr Heinrich August Prügel in L.-ätohlis, 65, /Zähre alt, Beerdigung Sonntag vorm. '»12 Uhr Gohliser Friedhos. — Frau Clara oerw. Unof geb. Krause in L.-Stöttcritz, Holzhäuser Str. 85, Beerdigung Sonnabend nachm. Z-2 Uhr vom trauer Hause aue. — Frau Ida verw. Wolf geb. iöeisjlcr ,n L. Reudnitz, Oststr. 72, Beerdigung Sonntag mittag 1 Uhr Siidsriedhos. Wetterbericht der König!. Sachs. Landeswetterwarle zu Dresden. Voraussage für den 10. Oktober. Keine wesentliche Aenderung. Sonnenaufgang 6 Uhr 20 Minuten, -untergang 5 Uhr 23 Minuten. Mondaufgang 8 Uhr 1 Minute, -Untergang 1 Uhr 11 Minuten. Wetternachrichten vom 9. Oktober. Pom Pöhlberg: Berg nebelfrei, Nebel in den Tälern. Pilotaufstieg ist wegen Regens aus gefallen. * Das Eiserne Kreuz erhielt der Leutnant d. R. im Reserve-Iägerbataillon Nr. 13 Hellmuth v. Has«: er befindet sich zurzeit als Verwundeter in Leipzig. * Meldungen über Vermißte. Von vielen der in den Ve r l u st l i st e n der König!. Sächsischen Armee als „vermißt" Gemeldeten gelangen direkte Nach richten aus der Kriegsgefangenschaft an die Ange hörigen. Für das Nachweisebllro Dresden, König straße 15, würde die Kenntnis davon zur Vervoll ständigung der Listen wichtig sein, da von den feind lichen Staaten noch keine Eefangenenlisten dem Deutschen Reiche überwiesen wurden. Um Benach richtigung des Nachweisebüros mit genauer Angab« der Nummer, Truppenteile, ev. Verwundung und Aufenthaltsort wird gebeten. — Hierbei sei mit geteilt, daß die Angehörigen von Vermißten, die keine Nachricht über deren Verbleib haben und an nehmen, daß sie sich in Gefangenschaft befinden, sich wegen Auskunft an das Comite international de la croix rouge, agence de prisonniers de guerre, Genf, wenden können. Dieses befördert auch offene Briefe und Geldsendungen an Gefangene in Frankreich. * Ein Abschieds- und Wohltätigkeitskonzert ver anstaltet das Direktorium der Bugra am kommen den Montag abends 8 Uhr im Hauptrestau rant der Ausstellung zum Besten der Kriegs unter st ützungskajse des Leipziger Musiker-Vereins (Lokaloerein 5 des Allg. Deutschen Musiker-Verbandes). Der Musikerstand leidet zweifellos am schwersten unter der jetzigen Zeit, deshalb soll diese Unterstützungskasse unter den Musikern und deren Familien überall dort Linderung bringen, wo der Krieg besonders arge Wunden schlägt. Da sich die Musiker häufig in den Dienst der Wohltätigkeit stellen, wäre ihnen ein voller Er folg nur zu wünschen. Besondere Zugkraft dürfte die Veranstaltung auf alle Musikfreunde schon des halb ausüben, weil das Orchester aus Mitgliedern des Leipziger Musikeroereins auf 00 Musiker ver stärkt und das Programm ein ganz auserwähltes ist. Als Deutsch-Oesterreich-Ungarischer Konzertabend ge dacht, werden Glanzstücke unserer besten Tonsctzcr zur Aufführung kommen. Da sich Herr Kapellmeister Willy Olsen und sein Ausstellungsorchester mit diesem Konzert aus Leipzig verabschiedet, werden es sich die Leipziger nicht nehmen lassen, ihm einen Herz, lichen Abschied zu bereiten und recht zahlreich er scheinen. Vie hundert Lage. 22s Roman aus dem Jahre 1815, von M. von Witten. Eine sengende Schwüle brütete zwischen dein Korn. Die grclleuckitende Lnst schien zu stehen. Otto wähnte zu ersticken Er hielt sich nicht länger. „Herr Rittmeister, bars ich erfahren, wie es kommt, daß Sie, gerade Tie mir den Brief meiner Fran überbringen?" Wie stnrmzcrsetztc Schreie klang's. Das Ange hing an der weißen Kokarde, nm sich dann drohend in den Blick des andern zu bohren. Uebcr das bewegliche Antlitz des Franzosen zuckten Lichter und Schatten in raschem Wechsel. Er fühlte die (Gegnerschaft, und er snckuc sich dem Blicke des Preußen, unter dem ihm heiß und unbehaglich wnrde, zu entziehen. „Nichts ist einfacher!" antwortete er ans Ottos deutsche Anrede in deutscher Sprache, die er vollkommen beherrschte, m,t einer liebens, würdig harmlosen Miene, indem er sich etwas niedcrbengend, zärtlich den Hals seines präch tigen Pferdes klopfte. „Kn<iamo «kg Jäger ist mir weitläufig verwandt. Aber nicht nur aus diesem (Grunde habe ich ältere Anrechte als Sie, mein Herr." Das schmale Haupt wandte sich ein wenig — ein Seitenblick, gleich einem Pfeile aus dem Hinterhalt geschossen, traf Otto. „Madame war von ihrem Vater — ehe er nach Rußland ging — mir zugesprochen!" Der Brust des Preußen entrang sich cm Stöhnen. „Damals! Damals, mein Herr!" wehrte er gequält. „Aber jetzt! Jetzt! Wie kommen Sic jetzt zu diesem Briefe?" „Den Sie noch nicht eines Blickes gewürdigt haben?" gab der andere mit gut gespielter Ent- rüstung zurück. Otto fuhr zusammen, grub die Zähne in die Unterlippe und krampfte die Rechte fester um den Zügel, daß sich ihm die Fingernägel schmerz- haft in- Fleisch gruben. -- - 7 7 Es war wahr! Ungelesen stak dieser Brief noch immer unter dem roten Aufschläge seines Aermels. Und dabei hatte seine Seele doch in verzweifelten Nächten nach einem Wort, nach einem einzigen Wort von ihr geradezu geschrieen! Aber nicht nm eine Welt hätte er's vermocht, das Schreiben vor den Augen dieses Mannes zu erbrechen. Graf Duboit aber vermochte von diesem erd- fahlen, starren Profil seines Gegners nicht einen einzigen Gedanken abzulescn. „Wie ich zu dein Briefe komme?" nahm er daher die Frage Ottos wieder auf — so ganz von obenhin. „Sehr ciizfach, mein Bester. Bei Kuckämv clo Jägers Rückkehr nach Paris erlaubte ich mir natürlich, Madame meine Aufwartung zu machen. Und als ich im Begriffe stand, mich anläßlich meines Abgangs zur Armee persön lich bei ihr zu verabschieden, da vertrante sie mir die Besorgung jenes Billetts an, damit es sicher in Ihre Hände käme." Es war das alles im leicbtcn Planderton von feinen Lippen geflossen. Als ginge keinen von ihnen beiden das alles etwas an. Jetzt aber schlvcbtc ein verstecktes Drohen durch die dunkle, sich etwas hebende Tlimine: ein stechender Blick traf Otto. „Ich dächte, einen sicherer» Wea als de» eingeschla- genen hätte ich nicht wählen können. Madame sendet Ihnen ein letztes Abschiedswort, mein Herr! Sie bereut die Verirrung tief, Frank reich, — und sei es auch nur für Tage, — untren geworden zu sein und einem Feinde ihres Vater landes ihre Hand gereicht zu haben." „Einem Feinde ihrcs Vaterlandes?" Otto war hernmgefahren. Auge in Auge maß er sich mit dein Gegner. Aus dein Gcwitlerstnrm der Gefühle, der seine Brust unter den Erklärungen des Franzosen durchtobte, losten sich hvlmlachend, ihm gellend im Ohre hastend, diese letzten Worte. „Einem Feinde ihres Vaterlandes?" wieder holte er. „Und was sind Sie?" „Nicht ein Feind Frankreichs — mein Herr, ich muß sehr bitten!" Graf Duboitö elegantes Figürchen reckte sich hochfahrend auf. „Nur ein Feind Napoleon-!" ' - - „Tosta von Jager vergötterte Napoleon!" Das war ein Schrei, der blitzartig eine abgrund tiefe Qual enthüllte. Die Regung eines flüchtigen Mitleids spie gelte sich in den Zügen des Grasen. Seine graziöse Hand federte über den aufgezwirbelten Schnurrbart hin. Ein liebenswürdig gewinnendes Lächeln, dem sich ein Schimmer von Verlegenheit beimischte, umspielte seine Lippen. „Das habe ich ja auch bis vor wenigen Tagen getan! Da müßte man ja ein Stock sein, wenn man diesen Menschen nicht hätte anbeten wollen, diesen Menschen, der Frankreich zu so unerhörtem Glanz und Ruhm geführt. Aber, aber" — er pfiff durch die Zähne — „alles in der Welt hat seine Zeit, lind dieses Mannes Zeit ist zu Ende! Ich bitte Sie! Er, der sich zum Herrn Europas gemacht, weil er Europa unter die Gewalt seines Halbgottwillcns zwang, — er begibt sich selbst dieses seines vornehmsten Machtmittels und erklärt in Frank reich die konstitutionelle Monarchie! Damit hat er sich selber die Schlinge über den Kopf ge worfen. Die Frage ist nur noch, wer sie zu zieht. Das ist uns fern von seinem Einfluß, auf nnsercin Ritt zur Armee klar geworden. Und darum ziehen wir — mein Ehef, General- rallcntnant Bonrmont, und sein ganzer Stab — es vor, zu den Fahnen des rechtmäßigen üönigs von Frankreich zuriickznkehrcn. Und seien Tic gewiß," — einen Ausruf von Leichtsinn und lächelnder Zuversicht im Gesicht, zwinkerte er zu Otto hinüber, — „auch Toska wird ihren Abgott vergessen, sobald er gestürzt ist, und wird den Bourbonen huldigen lernen, wenn erst — wenn erst" — er tat verlegen, errötete und schlug die Augen verschämt wie ein junges Mädchen nieder, — „ich darf cS wohl sagen, daß Sie mir Avancen gemacht — —!" ^Hahaha!" Ein Lachen wie das Gurgeln und To>en eines cingedämmten Bcrgstromes. „Aber, Monsieur," — mit einem Ausdruck gekränkter Eitelkeit hob sich der Franzose im Sattel — „was ist da zu lachen?!" „Haha!" In Ottos Brust quirlte uud wir- belte alles wie in einem Hexenkessel durchein ander. „Das wäre allerdings zum Lachen, wenn es nicht — wenn es nicht !" Mit einem Ruck brach Otto ab. Sein Weib hatte iHn ver- lassen — nicht aus dem unüberbrückbaren Zwie spalt heiligster Gefühle heraus, — verlassen, nicht um des hehren Glaubens willen an diesen Mann, der dem einen ein Gott, dem andern ein Teufet war — nein! Nein! Sie war von ihm gegangen um einer Liebschaft willen! Zu dem da! — Zu dem da! Den er hätte niedcrknallcn mögen, wie einen tollen Hund! Sollte der etwa noch die Genugtuung haben, daß er ihm eben den Todes stoß versetzt? Daß er ihm sein Heiligenbild in Trümmer geschlagen? Lieber tot! Mit unheimlicher Ruhe, kerzengerade auf seinem Pferde sitzend, zog Otto den Brief unter dein Acrmelaufschlag vor. Im nächsten Augenblick zischte ein Streichholz aus. Er hielt den Brief darüber. Seine Hände zitterten nicht. „Sagen Sic, Maoame —." Der Brief fing Feuer. Gierig leckte pie Flamme daran auf. „Sagen Sie Madame, daß —Das Papier wurde braun, es wurde schwarz — kräuselte sich und sank knisternd auf den Sattelknopf. Er drückte es, jeden Funken vernichtend, mit sichern Fingern in sich zusammen. „Sägen Sie ihr, daß ich, sobald der Krieg mir Zeit zu Privatange legenheiten läßt, — ihrem Wunsche gemäß die Scheidung cinleiten werde." Seine Hand öffnete sich. Die verkohlten Fetzen taumelten zur Eroc. Wie ans ein ungelöstes Rätsel blickten die runden Augen des Franzosen ans Otto von Jä ger. Daß er so rasch seinem Ziele nahe kommen würde, das hatte er denn doch nicht gedacht. „Monsieur, ich werde mir die Ehre geben, Madame Ihre Worte getreulich auszurichten," glitt es noch zögernd, ungläubig von seinen Lippen. „Tun Sie oaS!" nickte der andere. Da ging das Lächeln einer unverhohlenen Befriedigung, eines leuchtenden Triumphes über des Grafen Züge. (Fortsetzung in der Morqe«ausqaLeF
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)